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38 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 2. der Popularität des Gegenstandes wegen, als etwa deshalb, weil die garnicht leichte Aufgabe besonders glücklich gelöst erschiene. Was den zum ersten Mal im Jahre 1890 im »Sioux City Volks freund« abgedruckten Christbaum betrifft, so gefiel er dem Besteller, einem amerikanischen Zuckerwaarenfabrikanten weit besser als mir, sonst würde er wohl schon damals behufs Anregung weiterer Kreise in der Papier-Zeitung »mitgetheilt« worden sein. Im Jahre 1893 fand ich in Mankato, Minn., an der »Mankato Post« einen Accidenzsetzer, der mich wesentlich besser verstand, obwohl wir über die der Baumkrone nach unten hin zu gebende Form so wenig übereinstimmten, dass mir die zustande gekommene Figur stets mehr wie eine zugedeckte Zuckerbüchse denn als ein Tannenbaum vorkam. Gleichwohl wurde derselbe (bis an die Firma und Adresse) so buchstäblich von anderen Blättern nach gedruckt, dass aus der Gesammtheit aller Nachdrucke auch nicht das geringste Bestreben, geschweige ein Versuch zu entnehmen war, wie etwa der Form des Baumes noch nachgeholfen werden könnte. Das einzige, was aus diesen Nachdrucken allfällig als Richtschnur abgeleitet werden konnte, bestand in der zweifellos nachgewiesenen »Brauchbarkeit« der Idee. In diesem Jahre brachte die »Mankato Post« den Christbaum wieder und zwar als die vollständig unveränderte zugedeckte Zuckerbüchse vom vorigen Jahre her. Da ich schon immer meine Hoffnungen darauf gesetzt hatte, in Deutschland die denkbar formrichtigste Ausführung des Christbaums und anderer figuralen Zusammensetzungen erreicht zu sehen, so gebe ich die vorstehende Nachbildung aus dem genannten Blatt mit der ausdrücklichen Bemerkung, dass damit nicht ein maassgebendes Vorbild, sondern eine Anregung zum Weiterschaffen geboten werden soll. Ferner mag bemerkt werden, dass in diesem Christbaum das zuckerbüchsenartige Einwärtslaufen der untersten Aeste bereits vermieden und der Untersatz mit Verwendung deutschen Materials etwas reicher geschmückt wurde. Haltbarer Golddruck. Man hört oft über die geringe Dauerhaftigkeit des Gold druckes an Einbänden klagen, und es ist nicht zu leugnen, dass in dieser Hinsicht von den Buchbindern theils durch Unwissen heit, theils durch Oberflächlichkeit viel gesündigt wird. Vor einiger Zeit wurde eine derartige Klage aus London laut, die sich in Nr. 83, Seite 2654 der Papier-Zeitung, Jahrgang 1894 abgedruckt findet. Was dort von einem Mann der Wissenschaft gesagt wurde, hat seine Berechtigung auch für ein anderes als für das Londoner Klima. Eine Beleuchtung dieses für die Buch ausstattung so wichtigen Gegenstandes dürfte daher gerade zur gegenwärtigen Zeit, wo man dem kunstgerechten Einband wieder die ihm gebührende Aufmerksamkeit zu schenken beginnt, für viele unserer Leser von Interesse sein. Diejenigen Vergoldungen, welche schwarz werden oder nicht am Leder und Kaliko haften, tragen den Grund ihrer geringen Dauer schon von der Arbeit her in sich und werden in jedem Lande und jedem Klima ihrer Vernichtung anheimfallen. Die geringe Dauerhaftigkeit kann verschiedene Ursachen haben: Zunächst in der flüchtigen und oberflächlichen Arbeits weise; sodann im verwendeten Blattgold und endlich in dem über triebenen Sparsamkeitsbestreben, das bereits auf dem Punkte ange langt ist, bei billigen Einbänden anstelle der soliden Blattgold titel schnell vergängliche Bronzetitel zu drucken. Das Blattgold wird aus metallurgischen Gründen nie ganz rein verwendet, sondern stets als Legirung mit härteren, wider standsfähigeren Metallen, theils mit Kupfer, theils mit Silber und Zinn. Jenachdem das eine oder andere Metall zugesetzt wird, entsteht eine dunklere oder hellere Färbung. Gold, welches mit Kupfer legirt ist, zeigt eine dunkle, vornehm wirkende Farbe; es ist, weil am goldhaltigsten, auch am theuersten. Leider ist dieses ruhig und vornehm wirkende Gold nicht zugleich auch das halt barste, weil das beigesetzte Kupfer oxydirt und eine dunkle, unscheinbare Färbung annimmt, die auch die Goldfarbe beein trächtigt. Das mit Silber legirte Gold zeigt eine helle Färbung, die bei weitgehendem Zusatz fast bis zur Silberweisse gesteigert wird. Dieses helle Gold wirkt minder vornehm, es prahlt und zeigt bei gutausgeführter Vergoldung einen hohen strahlenden Glanz. Es hat, wenn der Silberzusatz nicht zu gross ist, den Vorzug, Jahr hunderte hindurch unverändert zu bleiben, kann also als das haltbarste Blattgold gelten. Die dunkle oder helle Färbung des Goldes kann beim Ornament druck vorzüglich zur Erzeugung wirkungsvoller Abwechselungen ausgenutzt werden. Aus diesem Grunde sind die Goldschlägereien bestrebt, den Anforderungen des Kunstbuchbinders durch Her stellung möglichst weitgehender Farbennuancen entgegenzukommen. Man unterscheidet daher nicht weniger als sieben verschiedene Sorten Blattgold, die alle in ihren Legirungen und den dadurch bedingten Färbungen von einander abweichen. Die Namen dieser Legirungen sind, von der dunkelsten Sorte angefangen, nach folgende: 1. Dukatengold, 2. Rothgold, 3. Orangegold, 4. Gelb gold, 5. Dunkelcitronengold, 6. Citronengold, 7. Grüngold. Das Grüngold ist demnach die hellste, das Dukatengold die dunkelste Färbung. In der Mitte liegt das Gelbgold, von dem nach beiden Seiten die Abstufungen nach der hellen und dunklen Färbung ausgehen. Das Gelbgold ist zugleich zu alltäglichen Arbeiten, bei denen keine besondere Stimmung erstrebt wird, die empfehlenswertheste Farbe, da es sich gut verarbeiten lässt und einen hübschen Goldton zeigt. Ihm steht an Zweckmässigkeit gleich das dunkle Citronengold, das sich noch besser verarbeiten lässt, obwohl der helle Goldton nicht zu allen Leder- und Kaliko farben gleich gut wirkt. Die angeführten Sorten gehören alle dem sogenannten »echten« Blattgolde an. Sie sind genügend widerstandfähig gegen die Ein wirkung äusserer Einflüsse und halten sich Jahrhunderte lang in ihrer Goldfärbung, wie alte Einbände deutlich beweisen. Aller dings ist auf den Vergoldungen sehr alter Einbände meist der Glanz verschwunden, auch sieht das Gold in der Regel auffallend dunkelgelb aus. Ob das Gold im Laufe der Jahrhunderte gedunkelt ist, oder ob ursprünglich ein sehr dunkles Orangegold gewählt wurde, lässt sich heut nicht mehr unterscheiden. Ebenso ist es schwer zu sagen, ob der Glanz infolge äusserer Einflüsse ver schwand, oder ob die Vergoldung infolge einer ungeschickten Behandlungsweise während des Vergoldens überhaupt niemals Glanz besessen hat. Ob der Druck Glanz zeigt, ob nicht, ist nämlich sehr oft das Ergebniss einer mehr oder minder geschickt ausgeübten Technik, besonders bei Handvergoldungen. Hier hat es der Vergolder in der Hand, durch zweckmässige Arbeit einen hohen Glanz zu erzeugen, er kann aber auch durch ungeschicktes Arbeiten die Vergoldung verderben und einen glanzlosen, unansehnlichen Metall aufdruck liefern. Daher sieht man von ungeschickten Arbeitern oft Einbände, bei denen die Vergoldung den Eindruck macht, als wäre Bronze aufgestrichen und in das Leder eingebrannt. Bei Pressvergoldungen, die meist auf Kalikobänden ausgeführt werden, ist dies weniger der Fall, weil der Druck, den die Presse ausübt, stets gleichmässig erfolgt. Auch ist dieser Druck so schwer, dass durch denselben das Gold Glanz erhält, sofern der Grund mit einigem Verständniss aufgetragen und die Presse nicht über heizt wird. Geschieht letzteres, so verbrennt der zu vergoldende Stoff, und das Gold hält entweder nicht, oder steht grieseiig und glanzlos da. Einigermaassen wird daneben auch der Glanz des Golddruckes durch das verwendete Gold bedingt. Das dunkle Gold, welches einen starken Kupferzusatz hat, ist durch letzteren hart und spröd geworden, es zerreibt sich leicht, und um es bis zum Glanze zu glätten, ist ein sehr starker Druck nöthig. Bei Handvergoldungen und auch bei Pressvergoldungen auf Leder wird der Druck selten bis zu der Kraft gesteigert, die nöthig ist, um das kupferhaltige Orangegold bis zum Hochglanz zu glätten, und dieses behält daher einen ziemlich matten Glanz. Dieser matte Glanz soll indessen durchaus nicht als ein Fehler hervorgehoben werden, im Gegentheil, wenn das Orangegold mit Verständniss gedruckt und der erreichbar mögliche Glanz vorhanden ist, so wirkt dasselbe gerade infolge des zurückhaltenden, milden Glanzes auf geeigneten Deckenfarben sehr vornehm, und ist besonders zu Ledervergoldungen dem Weissgolde vorzuziehen. Mit dunklem Golde wird allerdings nur ein geübter Vergolder wirklich Gutes leisten. Denn die Sprödigkeit desselben erschwert naturgemäss auch seine Verarbeitung. Die ganze Behandlung desselben ist schwieriger als die des Weissgoldes. So erfordert schon das Auflegen des Blattes auf das Goldkissen mehr Uebung; denn wird hierbei nicht das nöthige Geschick entwickelt, so zerreisst das spröde Gold, wogegen das schmiegsamere Weissgold weniger empfindlich ist. Ebenso ist es beim Zerschneiden, wo es leicht rupft, desgleichen auch beim Aufträgen und Vergolden, wo es sich bei unvorsichtiger oder ungeschickter Behandlung zerreibt oder doch Risse bekommt. Noch mehr als beim Vergolden macht sich die Sprödigkeit des dunklen Goldes beim Goldschnittmachen geltend. Dunkle Goldschnitte wirken bedeutend vornehmer als helle; man wählt