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PAPIER-ZEITUNG. Nr. 15 Zollerhöhung in Schweden. Ein Papierfabrikant schreibt uns: Wie wir erfahren, ist in dem gegenwärtig tagenden schwedischen Reichstage eine Gesetzvorlage eingebracht, laut welcher 1. der Eingangszoll auf Papier von 10 Oere das Kilogramm auf 50 Oere das Kilogramm, 2. der Preis des Gewerbescheines für ausländische Handlungs reisende von 100 Kronen auf 300 Kronen für den Kalender monat erhöht werden soll. Die Seele des Ganzen ist der Abgeordnete Nunktell, Papierfabrikant in Grycksbo, und die Regierung ist anscheinend mit ihm eines Sinnes. Leider ist zu befürchten, dass die Vorlage Gesetz wird, denn heute werden uns bereits Aufträge von schwedischen Kunden annullirt, weil die Papiere nicht vor Inkrafttreten des neuen Zoll gesetzes würden im Lande sein können. Es ist wohl zweifellos, dass die Annahme dieser Vorlage, die ja einem Papier-Einfuhrverbote gleichbedeutend ist, der gesammten deutschen Papier-Industrie einen empfindlichen Schlag versetzen würde; um so mehr wundert es uns, dass die uns vor Augen gekommenen Fach- und Tageszeitungen bisher nichts über diese Angelegenheit geschrieben haben. Wir möchten deshalb hiermit Ihre Aufmerksamkeit auf Vorstehendes lenken und Sie bitten, sich zur Sache zu äussern. Im Besondern wird es werthvoll sein, zu wissen, ob seitens Deutsch lands eine Einwirkung in Schweden beabsichtigt ist, oder ob wir uns auf einen Zollkrieg gefasst machen müssen, — oder ob nichts geschieht. x. Antwort: Deutschland kann Schweden an der geplanten Zollerhöhung nicht hindern, aber auf diplomatischem Wege ein wirken und nöthigenfalls schwedische Erzeugnisse in gleicher Weise durch hohe Zölle ausschliessen. Dies hiesse einen Zollkrieg zwischen zwei befreundeten Völkern eröffnen, der beiden zu Gunsten Dritter sehr schaden würde. Um dies zu verhindern, sollte die dazu berufene Vertretung, nämlich der Verein Deutscher Papierfabrikanten, sofort beim Reichskanzler vorstellig werden, damit dieser von der Sachlage und deren möglichen Folgen Kenntniss erhält und Gegenmaass- regeln ergreift. Dem Herrn Einsender ist das Fach für hoffentlich rechtzeitige Warnung zu Dank verpflichtet. Nothlage der Pappenfabrikation. Eingesandt. Veranlassung zu diesen Zeilen giebt mir die jetzige geradezu traurige Lage der Fabrikanten von grauen sowohl als braunen Pappen. Graue Pappen, für die vor etwa vier Jahren immer noch ein annehm barer Preis erzielt wurde, tragen heute kaum noch die Herstellungs kosten, von einem Verdienste ist längst nicht mehr zu reden. Während der wasserarmen Jahre 1892/93 wurde mir von einem Abnehmer, mit dem ich schon viele Jahre arbeitete, mitgetheilt, dass er Offerte in grauen Pappen zu viel niedrigerem Preise als von mir habe, wenn er mir wieder Aufträge zuwenden solle, müsse ich ebenso billig werden. Ich erfuhr dann auch, dass eine grosse Papierfabrik diese Offerte gemacht hatte. Da Wassermangels wegen diese Fabrik im Betriebe gestört war, hatte sie ihre Fangstoffgruben geleert, den Fangstoff viel leicht mit etwas schmutzigem Holzstoff durch die Holländer gequirlt und graue Pappen gemacht. Dazu gehörte keine Kraft, und das wenige Wasser langte hierfür noch aus, man konnte wenigstens die Arbeiter noch etwas beschäftigen. Da diese Pappen aber nicht für Jedermann brauchbar waren, fanden sie schwer Abnehmer, und die Hersteller boten sie, auch durch die Papier-Zeitung, zu einem Preise aus, den ich hier nicht nennen will. Den Händlern aber war dies eine willkommene Handhabe, mit diesen Offerten wurde der kleine Pappenfabrikant gedrückt, und wir sehen ja wie weit es heute gekommen ist. Herunter gebracht ist der Preis schneller als erhöht. Aehnlich sieht es mit den braunen Lederpappen aus. Wenn der kleine Fabrikant, der alles Risiko, Verantwortlichkeit, Lasten und Beschwerden unserer philantropischen Gesetzgebung zu tragen hat, nebenbei selbst nicht mehr verdient als ein Arbeiter, ja oft das nicht, dann wird aber auch die Zeit kommen, wo es keine kleinen, vielleicht auch keine mittleren Pappenfabrikanten mehr giebt. Sollte es nicht möglich sein, dass auch hier, innerhalb der Pappenfabrikanten ein Schutzring geschlossen würde, dass ein Minimalpreis für graue sowohl als braune Lederpappen festgesetzt würde, unter dem kein Fabrikant verkaufen dürfte? Ich bin fest überzeugt, alle Pappen fabrikanten würden einer solchen Vereinigung beitreten. Vielleicht lassen sich Stimmen aus den betheiligten Kreisen hören. M Die Columbia Straw Paper Company, Gesellschaft für Stroh papier, welche gegen 40 Fabriken in 9 verschiedenen Staaten — vornehmlich Ohio, Indiana, Illinois und Iowa — umfasst, ist in Konkurs gerathen. Die Gesellschaft wurde 1893 mit vier Millionen Dollars Aktienkapital gegründet und hat für eine Million Dollars Obligationen ausgegeben. Es werden Anstrengungen gemacht, mit den Gläubigern einen gütlichen Vergleich abzuschliessen. Rücksendung von Photographien. In der Reihe • Offene Stellen« der Papier-Zeitung befinden sich heute mehr als je Anzeigen, in welchen drei-, vier- und mehrfachen Wünschen, vornehmlich aber jenen der Photographie-Beigabe Ausdruck gegeben wird. Diesen letzteren Wunsch kann ich für meine Person niemals als ein kaufmännischen Charakter tragendes Verlangen ansehen, zumal der auf die betreffende Stelle reflektirende Handlungs beflissene seine Photographie indirekt — ich spreche von Zeichen- Briefen — an eine ihm gänzlich vorenthaltene, vielleicht auch, je nach dem Grad der Feinheit des Hauses, niemals bekannt werdende Firma fortgeben muss und ihm, als Ersatz für sein Entgegenkommen, noch alle Schritte benommen werden, sein Bild zurückfordern zu können. Ich bin jetzt 15 Jahre lang in Stellung und habe während dieses langen Zeitraumes gerade durch die zu verdammende Zeichen- > Manie < fünf Photographien verloren. Das sechste Stück mag für mich nun auch todt sein. In Nr. . . der Papier-Zeitung, unter Zeichen suchte eine Firma einen Buchhalter, gleichfalls Photographie- Einsendung bedingend; aber die durch Nachkommen dieses Wunsches bedingte Zurücksendung fand, trotz zweimaligen Mahnens durch die Expedition der Papier-Zeitung nicht statt, und man schleuderte mir lediglich »tiefes Stillschweigen« entgegen. Eine derartige Moral, die eine materielle Schädigung des Handlungsgehilfen seitens des eine Arbeitskraft suchenden Prinzipals bedeutet, ist im Kaufmanns-Stande sehr zu bedauern, zumal jeder Prinzipal wissen dürfte, dass Stellen suchen bisweilen viel Geld kostet. Denn es ist dem Kommis wohl zu viel zugemuthet, seine Photographie, sein Eigenthum, zum Nimmer wiedersehen fortgeben zu sollen. W. Schon der gewöhnliche Anstand erfordert, dass die Photographie den Bewerbern zurückgesandt wird. Wir selbst können jedoch in der Sache nichts thun, da wir nur die einlaufenden Briefe an den Aufgeber der Anzeige weiter zu befördern haben, und nicht berechtigt sind, seinen Namen zu nennen. Wir haben uns übrigens über den gleichen Gegenstand schon wiederholt aus gesprochen. D. Red. Papierfabrikation in Russland. Der Leiter einer grösseren Papierfabrik im Innern Russlands, der uns vor kurzem besuchte, machte Mittheilung über dortige Verhältnisse, die vielfaches Interesse bieten. Seitdem in Russland zwei Jahre die Cholera geherrscht hat, wird der Verkehr mit Lumpen von den Behörden so sehr erschwert, dass die kleinen Sammler sich garnicht mehr damit abgeben wollen. Infolgedessen kommen lange nicht mehr so viel Lumpen auf den Markt wie früher, und die Papier-Fabrikanten sind auch dort gezwungen, andere Rohstoffe zu verwenden. In früheren Zeiten bestanden die russischen Lumpen zum grössten Theil aus Leinen und Hanf, welche von den Bauern selbst gesponnen und verwebt wurden, aber die überall vordringende Kultur liefert ihnen jetzt Baumwollwaaren so billig, dass sie es nach und nach aufgeben, ihre Kleiderstoffe selbst herzustellen. Die russischen Lumpen enthalten deshalb jetzt an Stelle der früheren festen Fasern viel Baumwolle, und zwar solche von sehr geringer Festigkeit. Es scheint, dass nach dem Innern Russlands Baumwollwaaren von geringer Güte geliefert werden, und die Bauern tragen diese wohl so lange, bis sie kaum noch zusammenhalten. Die grösseren Papierfabriken sind deshalb, soweit sie nicht schon Strohstoff-Anlagen besitzen, zur Sulfitstofffabrikation über gegangen und stellen jetzt einen grossen Theil des nöthigen Lumpen-Ersatzes selbst her. Schwefel stellt sich im Innern des Reichs, in die Fabrik geliefert, auf etwa 12 bis 14 M. die 100 kg und Tannenholz, soweit sich dies annähernd feststellen lässt, auf etwa 5 M. das Raümmeter. Die Wälder in der Nähe der Fabriken und Eisen bahnen sind nämlich in Russland schon bedeutend gelichtet, sodass die Zeiten der spottbilligen Preise auch dort aufgehört haben. Die Vertheuerung des Holzes hat auch zur Folge, dass das selbe nicht wie früher ausschliesslich als Brennstoff dient, sondern zum grossen Theil durch Naphta-Erzeugnisse ersetzt wird, wie unser Korrespondent in Nr. 6 schon berichtete. Die Arbeitslöhne sind sehr niedrig und bewegen sich für Männer ohne Fachgeschicklichkeit zwischen 60 Pf. bis 1 M. den Tag. Dafür leisten aber die Leute viel weniger als bei uns, sodass zwei und mehr Mann nöthig sind, um dieselbe Arbeit zu verrichten, die in Deutschland einer leistet. Auch hier sehen wir wieder die merkwürdige Erscheinung, dass die Ausgabe für Arbeits löhne auf 1 Pfund Papier in allen Ländern ziemlich gleich ist, obwohl in Deutschland die Löhne zwei- bis dreimal so hoch als in Russland, und in Amerika dreimal so hoch als in Deutschland sind. Der Papier verkauf ist durch die schlechte Verwerthng der Ernten sehr erschwert und schleppend, und auch über die Preise wird wie überall geklagt.