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PAPIER-ZEITUNG. Nr. 9. Berichte unserer Korrespondenten. Aus Transvaal in Afrika. Johannesburg S. A. R., 6. Januar 1895. Wir sind hier mit, einer neuen Zeitung beglückt worden, die ihrem politischen Programm nach das Verhältniss zwischen dem »Transvaal-burgher« und dem -»uitlander« in bessere Bahnen zu lenken sich bestreben wird. Diese Zeitung »The Johannesburg Times«, ist von dem sogenannten Minenkönig Robinson ge gründet, der sich gegenwärtig auf seiner Vergnügungsyacht auf dem Wege nach Europa befindet. Mit welchen Schwierigkeiten die Herausgabe einer Zeitung in den entfernteren Gegenden Süd-Afrikas, wo deren Erscheinen eine Noth wendigkeit geworden, verbunden ist, zeigen die Erfahrungen des Ingenieurs, der es übernahm, die Maschinen für die Druckereien und letztere selbst in Barberton und vor kurzem in Buluwayo aufzustellen. Man hatte mit den grössten Hinder nissen bezüglich des Transportes und der Maschinerie zu rechnen, da der gesammte Verkehr durch Ochsen wagen vermittelt wird. Die Maschinen für den »Rhodesia Rerald,« die weitest im Norden, diesseits des Zambesi, herausgegebene Zeitung, füllte sechs solcher Wagen, welche die Entfernung von 800 bis 900 englische Meilen von Vryburg zurückzulegen hatten. Unglücklicherweise waren die Satztypen so schlecht und unübersichtlich verpackt worden, dass sie in einem vollkommenen ple mle Zustande am Bestim mungsorte eintrafen. So dauerte es auch Wochen, bis die Typen sortirt wurden, und wenn ein Theil der Maschinerie in Unordnung gerieth, wusste man sich keinen Rath, da kein Fabrikant in der Nähe war, der auch nur die geringste Reparatur vornehmen konnte. Als eines Tages in Barberton der Papiervorrath zuEnde war, musste die gesammte, damals wöchentliche, Ausgabe auf »wrappers« (Packpapier) und »sugar paper« (Zuckerpapier) gedruckt werden. Der in Buluwayo herausgegebene »Buluwayo Chronicle«. macht die raschesten Fortschritte, und obwohl nur eine kleine Bevölkerung von 1 bis 2000 Seelen dort ist, leben doch in der Umgegend gleichfalls viele gebildete Leute, die sich nach jeder gedruckten Neuigkeit reissen und sogar jeden Lesestoff, der ihnen in den Weg kommt, verschlingen, da sie eben sonst vollkommen vom Verkehr mit gebildeten Menschen abgeschnitten sind. Bücher werden auf meilenweite Entfernung verliehen und machen so oft die Runde, bis die Deckel zerfallen, und auch so sind sie oft noch willkommen. In Buluwayo scheinen die Aussichten für die Gewinnung von Gold noch nicht nahe zu sein, und vorläufig ist es wohl noch das Land der Verheissungen. Die Arbeiter, besonders Maurer, die in der Hoffnung auf reichlichen Verdienst ihrer Händearbeit sich den entsetzlichen Strapazen der Reise unterzogen, haben kaum eine andere Beschäftigung für ihre Hände, als ihre und fremder Leute Taschen. Für die Zukunft ist jedoch, wenn erst einmal die wirkliche Minen arbeit beginnt, — jetzt sind alles noch Präliminarien, — eine Ausbeute zu erwarten, welche die gesammte Welt in Erstaunen setzen wird, zumal wenn erst die Verkehrswege durch Eröffnung einer Eisenbahnverbindung, die der geriebene Präsident der Cape Colony, Cecil Rhodes, anbahnt, erleichtert sind. Dann dürfte Mashonaland und Matabeleland einer glänzenden Zukunft entgegen- sehn. G. Harzleimung. ,20. Januar 1895. Vielleicht haben nachfolgende Erinnerungen einiges Interesse für die Leser der Papier-Zeitung: In den dreissiger Jahren, ich war z. Z. eben schulpflichtig, kam in die Papierfabrik meines Geburtsortes ein Herr Rummenei (wenn ich nicht irre mit Vornamen Karl, wohnhaft in Frankfurt a. M.), welcher die Papierfabriken bereiste, um gegen eine gewisse Vergütung und Ver pflichtung das Harzleimkochen, bez. das Leimen des Papiers zu lehren. Selbstverständlich begriff ich wegen meiner Jugend von alledem wenig, doch kann ich mir heute den freundlichen Herrn noch lebhaft vorstellen, weil er in unserer Familie verkehrte, wohl weil mein Vater der alleinige Mann der Fabrik war, dem dieses grosse Geheimniss (z. Z.) an vertraut wurde. Die Notizen bez. das Rezept über die damalige Harzleimkochung, wiesiemein Vater gemachtund aufgezeichnet hat, habe ich aufbewahrt. Es ist merkwürdig, dass sich die damalige Zu bereitung des Harzleims von der heutigen nur dadurch unterscheidet, dass heute die Sodalauge abgezogen wird, was damals nicht geschah. Der Name Rummenei ist in unserm Fach heute noch ehren voll vertreten, vielleicht sind dies Verwandte des oben genannten, und infolgedessen wohl im Stande, näheres über die Sache mitzutheilen. Ist es richtig, dass Herr R. in Frankfurt wohnhaft war, so ist es ja möglich, dass er im Auftrage Illig’s (vergl. Nr. 103, Jhrg. 1894, S. 3301) handelte; die Papierfabriken des Odenwalds waren in der damaligen verkehrsarmen Zeit auf Frankfurt und Darmstadt angewiesen. Schreiber Dieses kennt die Gegend sehr genau. C. Gefängnissstrafe durch das Unfallgesetz. .... 24. Januar 1895. In Nr. 6 der Papier - Zeitung war ein Unfall mit tödtlichem Aus gange mitgetheilt, sowie die hierauf erfolgte Verurtheilung von drei Personen, darunter ein unthätiger Theilhaber zu Gefängnissstrafen, ohne dass Näheres über die Begründung des Urtheils usw. angegeben war. Bei der Wichtigkeit der Sache darf wohl erwartet werden, dass Sie die Einzelheiten noch folgen lassen. (Geschieht hier anschliessend. D.Red.). Es ist für jeden Fabrikanten von grossem Interesse, alle solche Fälle mit ihren Einzelheiten kennen zu lernen, weil er sich hierdurch am besten vor ähnlichen Unfällen und der darauf folgenden Strafe schützen kann, und genaue Mittheilungen hierüber sind von höherem Werthe als andere Dinge, welche schliesslich nur den Geldbeutel berühren. Der hier vorliegende Fall erscheint noch dadurch von besonderem Interesse, dass ein »unthätiger Theilhaber«, also eine Person, welche nur mit einem gewissen Kapital betheiligt, mit der Geschäftsleitung nichts zu thun hat, ebenfalls zu Gefängniss verurtheilt wurde. Wenn sich dies thatsächlich so verhält, was wohl bezweifelt werden muss, dann ist das Urtheil des betreffenden Gerichts von ausserordent licher Tragweite. Das Fortbestehen vieler Fabriken hängt von dem Gelde des stillen Theilhabers ab, welcher dasselbe dann jedenfalls herausnehmen und an solcher Stelle unterbringen wird, welche ihn nicht mit entehrender Strafe bedroht. Das Kapital, welches schon jetzt für industrielle Zwecke sehr schwer zu haben ist, wird sich noch mehr zurückziehen, da sich dann auch der Inhaber von Fabrik-Aktien, welcher auch als »unthätiger Theilhaber« betrachtet werden muss, vor dem Gefängniss nicht mehr sicher fühlen kann. Wenn auch nicht bezweifelt werden soll, dass die bisherigen Ver- urtheilungen zu Recht erfolgt sind, so erscheint es doch sehr empfehlenswerth, alle solche Fälle seitens der Berufsgenossenschaft scharf im Auge zu behalten und namentlich neue und besonders auf fällige Urtheile des Gerichts den Mitgliedern zur Kenntniss zu bringen. Ferner sollte die Genossenschaft auch bereit sein, nach der mehrjährigen Thätigkeit mit dem Arbeiterschutz, im gegebenen Fall den Arbeitgeber durch gemeinsames Vorgehen gegen etwaigen üebereifer und Härte bei der Ausführung der Strafbestimmungen in Schutz zu nehmen. L s Das in Gernsbach erscheinende »Schwarzwälder Tageblatt« brachte in seiner Nummer 68 vom 8. Dezember Nachstehendes über die von uns mitgetheilteVerurtheilung. Da dieser Fall grösseres Interesse erregt hat, werden wir gern Näheres darüber veröffent lichen, falls uns ein Leser weitere Einzelheiten mittheilen kann. Gernsbach, 8. Dezember. Am letzten Mittwoch kam vor der dritten Strafkammer zu Karls ruhe die Anklage gegen die Inhaber der Sägemühle von Wielandt & Weber, Ph. Weber & F. Winter, sowie gegen den Aufseher des Werkes, Hasenohr, wegen fahrlässiger Tödtung zur Verhandlung. Aufseher K. Hasenohr hatte am Morgen des 4. Juni den 15 Jahre alten Gregor Merkel und den 16 Jahre alten Rochus Holzapfel beauftragt, aus dem Sägmehlraum, welcher unter der auf der Gemarkung bertsrotl gelegenen Sägemühle liegt, und in welchen das Sägmehl von den Gattersägen herabfällt, solches in Kisten zur Maschine zu schaffen. Das Getriebe des Werkes läuft in demselben Raume, namentlich unter den Gattersägen eine glatte Transmissionswelle, und an der Längsseite der zur Welle gehörende Transmissionsriemen. Eine hübsche Anzahl Kisten war von den beiden jugendlichen Arbeitern bereits weggeschafft worden, als G. Merkel plötzlich, während er in allernächster Nähe der Welle Sägmehl einfasste, von der Transmission an seiner Schürze erfasst und unzählige Male im Kreise herumgeschleudert wurde. Als sein Kollege dies wahrnahm, stellte er sofort das Werk ab, und als er zurückkehrte, lag Merkel, seiner Kleider vollkommen entledigt, blutend und bewusstlos am Boden. Er hatte zahlreiche äussere und innere Verletzungen erhalten und erlag noch am selben Tage seinen gräss lichen Schmerzen. Wenn die Eigenthümer des Geschäfts den Anord nungen der Fabrikinspektion Folge geleistet hätten, welche bereits unterm 28. Oktober 1892 beantragte, unterhalb der Gattersägen die Transmission zu verschalen, oder aber eine Anordnung dahin zu treffen, dass der Sägeraum während des Betriebes nicht betreten und das Sägemehl erst nach Abstellung des Werkes weggeschafft werde, so wäre dieses Unglück verhütet worden. So hatte nun die Nichtbeachtung dieser Anordnung diese traurige Folge verursacht und wurden Ph. Weber zu 2 Wochen, F. Winter zu 4 Wochen und Aufseher K. Hasenohr zu 1 Woche Gefängniss verurtheilt. Aus Kanada. Das vielseitigste industrielle Unternehmen Kanadas ist die E. B. Eddy Company Limited in Hull, welche Zweiggeschäfte in Montreal, Toronto, Quebec, St. John N. B., Halifax, Hamilton, Kingston, Winnipeg, Victoria, Vancouver, St. John Nfdl. hat. Die Gesellschaft besitzt neben Zündholz- und anderen Fabriken 4 Papier-Fabriken, 3 Holzstoff-Anlagen, je eine Fabrik für Papier beutel und-Säcke und lackirte Pappwaaren. 1500—1800 Arbeiter werden beschäftigt, die Löhne in 1894 beliefen sich auf etwa 375000 Dollars (1600000 M.). Die fünf Papiermaschinen der Gesellschaft erzeugen, wie »The Paper Trade« mittheilt, durch schnittlich 240 Tonnen Papier und Pappen aller Art in der Woche.