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Kopirbücher-Fabriken. Schluss zu Nr. 7. Alles in Allem ist die Kopirbücher-Fabrikation als Sonder geschäft jungen Kaufleuten, die sich selbständig machen wollen, nicht zu empfehlen. Können sie eine alte, gut eingeführte Fabrik kaufen, so mögen sie ihr Glück versuchen; aber ein neues Geschäft gründen, — das lasse der junge Kaufmann bleiben! Viel eher kann ein solches Geschäft noch von einem Buchbinder gegründet werden, der genügend kaufmännische Kenntnisse besitzt, um die Geschäftsführung besorgen zu können. Ein Buchbinder versteht die Technik, kann die Arbeiter anstellen und vielleicht da und dort an der Arbeit sparen, während ein Kaufmann von solchen Dingen keine Ahnung hat. Aber auch ein Buchbinder wird sich derartige Geschäfts gründungen wohl zu überlegen haben. Befindet er sich nicht in einer Stadt, in welcher er tüchtige Arbeitskräfte, besonders geschickte Mädchen, zur Verfügung hat, so steht auch er den Verhältnissen machtlos gegenüber. Den Mädchen fällt der ver antwortungsreichste Theil der Arbeit zu, nämlich das Paginiren. Alle anderen technischen Einbandfehler entdeckt ein tüchtiger Fachmann sofort, das Paginiren aber ist reine Vertrauenssache; denn man kann nicht Blatt um Blatt nachsehen, ob hier alles in Ordnung ist. Man muss auf die Zuverlässigkeit der Mädchen bauen, und hier baut man in zehn Fällen auf Sand. Es ist eben ungemein schwierig, ein neues, bunt zusammengewürfeltes Arbeiter personal auf derartige Sonderarbeiten einzurichten, für den Kauf mann doppelt schwierig, weil er weniger von den Arbeiten versteht, als jeder Buchbinderlehrling. Man wird einwenden, dass sich der Kaufmann einen tüchtigen Fachmann als Werkführer halten kann. Das kann er, wenn es ihm gelingt, einen Umsatz zu erzielen, der es gestattet, ein Werkführergehalt zu bezahlen. Dazu gehört jedoch bei dem geringen Gewinn, den die Kopirbücher-Fabrikation abwirft, schon ein sehr grosser Umsatz, und dass er diesen in den ersten Jahren erzielen wird, bezweifle ich. Darin besteht eben die grosse Gefahr dieses Sondergeschäfts. Ein Kaufmann kann es nicht ohne tüchtigen Werkführer, ein Buchbinder nicht gut ohne einen tüchtigen Kaufmann, der zugleich reisen muss, begründen. Beide verschlingen aber ein hohes Gehalt, das nur bei entsprechendem Massenumsatz zu erübrigen ist Bei einem neugegründeten Geschäfte, das nicht schon eine sichere Grundlage hat, ist dieser Umsatz kaum zu erwarten, und der Unternehmer riskirt, mindestens den Gehalt des Werkführers oder des kaufmännischen Leiters zuzusetzen. Man denke sich unter einer Kopirbücher-Fabrik kein Riesen gebäude, in welchem Hunderte von Arbeitern emsig thätig sind. Zu dieser Höhe bringt es kaum ein altes Weltgeschäft. Ein Anfänger aber muss viel bescheidener rechnen; er muss schon zufrieden sein, wenn er in einem Miethshause einen geräumigen Saal mit ein oder zwei Dutzend Arbeitern besetzen kann. Die Kopirbücher werden als Massenartikel hergestellt, und 24 Arbeiter können bei täglicher Beschäftigung schon Vorräthe erzeugen, die der junge Kaufmann nur bei grosser, geschäftlicher Gewandtheit verkaufen kann. Fabrizirt ist auch hier schneller als verkauft, und wer eine Kopirbücher-Fabrik als Sondergeschäft begründen will, der sehe sich erst nach einem Absatzgebiete um. Welches Kapital erfordert nun die Errichtung einer kleinen Kopirbücher-Fabrik, die für den ersten Versuch eines Anfängers mit vorsichtiger Beschränkung angelegt wird? Folgende Rechnung möge diese Frage beantworten: Maschinen sind nöthig 1 Schneidemaschine mit schnellem Rück gang des Messers und Selbstpressung M. 565 1 Pappenscheere 315 2 Packpressen, jede 180 Mark . . . . „ 360 1 Rückenrundmaschine. . „ 525 1 Anreibmaschine „ 190 3 Paginirmaschinen, jede 425 M. . . . „ 1275 M. 3230 Kleinere Werkzeuge, Tische u. dergl. . „ 570 M. 3800 Mit dieser Einrichtung kann der junge Anfänger seine ersten Versuche machen und, wenn diese glücken, zur Vervollständigung noch einige Paginirmaschinen anschaffen. Denn die Leistung, welche ein Mädchen an der Paginirmaschine erreicht, ist nicht allzu hoch, und häufen sich die Aufträge, so wird die Nach bestellung von Paginirmaschinen nöthig sein, während mit den übrigen Maschinen schon grosse Aufträge zu bewältigen sind. Soll die Fabrik mit Dampfbetrieb eingerichtet werden, so kommt zu obiger Rechnung noch der Preis der Transmission sowie eine kleine Erhöhung für die Maschinen. Die Anschaffung einer eigenen Dampfmaschine ist nicht zu empfehlen, da solche Unkosten ein derartiges Sondergeschäft nicht tragen kann. Wer keine Dampfkraft vorfindet und pachten kann, der thut besser, mit Handbetrieb zu arbeiten. In diesem Falle könnte vielleicht anstatt der Räder-Schneidmaschine eine Hebel-Schneidmaschine treten, die schnelles Arbeiten gestattet, und die Bedienung nur einer Person erfordert, obwohl auf derselben das Schneiden des zähen Seidenpapiers sehr anstrengend ist. Eine Drahtheftmaschine anzuschaffen, empfiehlt sich nicht, weil zu Kopirbüchern die Fadenheftung vorzuziehen ist. Denn das Anfeuchten der Kopirblätter wird nicht immer vorsichtig ausgeführt, die Feuchtigkeit dringt dabei oft in den Buchrücken, und die Folge ist, dass die Seidenpapierblätter von den harten Drahtklammern durchschnitten werden und herausfallen. Das lässt sich nur durch das Einlegen von dicken Papierstreifen in das Innere jeder Lage verhindern. Dieses Einlegen erfordert indessen so viel Zeit, dass man durch die Drahtheftung gegen die Handheftung, bei welcher keine eingelegten Streifen nöthig sind, nicht viel gewinnt. Wer mit Maschinen heften will, der möge eine Fadenheftmaschine anschaffen, jedoch nur dann, wenn er sicher Aussicht auf Absatz hat. Denn eine Fadenheftmaschine kostet 3600 Mark. Mit der Fabrikeinrichtung allein ist das Geschäft jedoch noch nicht in Betrieb zu bringen. Viel wichtiger als das Maschinen- Anlagekapital ist das Betriebskapital. Mit diesem sehe man sich genügend vor. Man bedenke, dass der Gewinn gering und nur durch Massen-Einkäufe gegen Kasse zu erzielen ist. Der Umsatz, den man erzielt, ist daher im wahren Sinne ein Geldumsatz, und besitzt man nicht das nöthige Betriebskapital, um aushalten zu können, so ist es besser, garnicht erst anzufangen, weil man in diesem Falle doch bald wieder aufhören muss. y Aluminium in den graphischen Gewerben. Ueber den Fortgang der vor etwa 3 Jahren unter so grossen Hoffnungen angestellten Versuche betreffend die Verwendbarkeit des Aluminiums in der Lithographie ist seither alles so still geblieben, dass wir uns um Auskunft an verschiedene Fachleute gewendet haben und in nächster Zeit in der Lage sein werden, über den Stand der Frage zu berichten. Was ferner die Verwendung des Aluminiums zur Herstellung von Winkelhaken betrifft, so ist ein Erfolg bis jetzt auch hier nicht zu verzeichnen. Wir entnehmen darüber dem Journal für Buchdruckerkunst das Folgende: Die Hoffnungen, welche man auch in dem typographischen Berufe für die WeiterentWickelung dieses Metalls in der Verwendung hegte, sind bei letzterem nicht in Erfüllung gegangen; vielfach hat es sich herausgestellt, dass Winkelhaken aus diesem Metall nicht länger als zwei Jahre brauchbar sind. Nach dieser Zeit sind sie vollständig aus dem Winkel. Nach zweijährigem Gebrauch zeigt der Aluminium- Winkelhaken ein gänzlich verwittertes Aussehen, seine Oberfläche ist ganz uneben und rauh geworden. Büchertisch. »Die jüngeren Prinzen«. Historischer Roman von A. von der Elbe. Verlag von Schall & Grund in Berlin W. 62. 304 Seiten 8°. Preis geheftet 4 M., gebunden 5 M. In dem als zweiter Band des vierten Jahrgangs der Veröffent lichungen des »Vereins der Bücherfreunde, Berlin«, in obigem Verlag erschienenen Roman beweist A. von der Elbe von neuem seine Stärke und Umsicht in Behandlung des historischen Familienromans. Er weiss nicht nur, wo er alle zu seinem Gemälde nöthigen Quellen-Angaben zu suchen hat, sondern er lässt es sich auch alle Mühe kosten, diese Quellen zu erforschen. »Die jüngeren Prinzen« spielen in Hannovers Vorzeit am Hofe des Kurfürsten Ernst August. Es handelt sich um die Intrigue der jüngeren Söhne des Kurfürsten gegen das Gesetz, das dem Erstgeborenen die Rechtsnachfolge sicherte und die jüngeren Prinzen auf die Gnade des Vaters oder Bruders anwies. Bis jetzt war ein solches Gesetz im Hause der Welfen unerhört. Auch die zärtliche Mutter stand auf Seiten ihrer jüngeren Söhne. In lebhaft spannenden Szenen und im wirksamen Kolorit des 17. Jahr hunderts wird das Leben jener Zeit am Hofe und im Bürgerhause geschildert: Eine Periode von neu aufstrebendem Luxus und unbe schränkter Souveränität. Historische Personen treten auf und werden, wie die Geschichte ihr Wesen charakterisirt, vorgeführt. Die leitende Idee, dass nach einem ehernen Naturgesetz alles, was dem Ganzen zu Gute kommt, über das Interesse des Einzelnen grausam hinwegschreitet findet auch auf unsere Zeit Anwendung.