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»8 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 5. Und demgemäss mass auch die Zurichtung genau passen, da sie immer über genau dieselbe Stelle im Schriftsatz hinweggeht, nur mit dem Unterschied, dass es einmal von links, das andere Mal von rechts geschieht. Ausserdem ist auch eine Regulirung des Cylinder drucks selbst dadurch ermöglicht, dass die beiden Laufschienen durch Schrauben höher oder niedriger gestellt werden können. An dieser Stelle wollen wir auch beifügen, dass vor 25 Jahren ein seither verstorbener Xylograph Küchli in Höttingen bei Zürich eine Cylinder-Handpresse aus Holz gebaut hatte, welche jedoch über einen Einlegrahmen mit einem Rücken von Zinkblech und / P eingelegtem Filz nebst - ( ) Matrizenrähmchen hin- . wegzugehen hatte und a b folgerichtig zu jedem Fig. 1, Druck hin- und zurück ¬ bewegt werden musste. Das wesentlich Neue an dieser Handpresse ist übrigens nicht diese Cylinderregulirung, die sich ja an dem Vorbilde des ver besserten Korrektur-Abziehapparates auch findet, sondern die Beschaffenheit des zu beiden Enden wiegenartig aufwärts gebogenen Fig. 2. Rahmens, der auch das hauptsächlichste Patent einschliesst und »Rocking Tympan « (Schaukel- oder Wiegenrahmen) genannt wird. Erstens ist dadurch, dass der Druckfilz aus dem Rahmen entfernt und auf den Cylinder übertragen wurde, das bei der Tiegelhandpresse so lästige Schmitzen beinahe ausgeschlossen. Es gelangt nämlich immer nur so viel von der Papier fläche des Druckbogens mit dem Schriftsatz in Berührung, als der Umfang des rollenden Cylinders bedingt; ferner wird vermöge der wiegenartig aufwärts gebogenen Enden des Rahmens der gedruckte Theil der Papierfläche unmittelbar hinter dem Cylinder vom Schriftsätze abgehoben. Wenn nun noch in Erwägung gezogen wird, dass der Rahmen zugleich Matrize ist, indem kreuz weise mit den Mittelstegen der Form übereinstimmende verschieb bare Metallbänder in dem Rahmen angebracht sind, welche den Bogen tragen, so ist es augenscheinlich, dass dem Schmitzen und Abschmutzen in dreierlei Richtung vorgebeugt wird. Das Einlegen des Bogens, der trocken oder gefeuchtet sein kann, geschieht einmal zur Linken, das andere Mal zur Rechten vom Cylinder durch einfaches Auflegen auf den mit Anlege marken und Endgreifern versehenen Rahmen. In unserer Abbildung erscheint der Bogen durch den vom linken nach dem rechten Ende gelangten Cylinder gedruckt. Durch das Gewicht des in diesem Augenblick auf den rechtsseitigen Endgreifern ruhenden Cylinders wurden diese geöffnet. Der gedruckte Bogen kann also ebenso bequem abgehoben wie der nächste Druckbogen eingelegt werden. Im Augenblick der Linksbewegung des Cylinders schliessen sich die von dem Druck befreiten, in der Abbildung nicht sichtbaren Greifer, welche das Bestreben nach der Rahmen fläche hin haben, und halten den Bogen, der am entgegengesetzten (linken) Ende durch leichten Druck auf den Greiferhebel c (Fig. 2) festgespannt wird, ihrerseits ebenfalls fest. Gebaut wird die»Eureka« genannte Hand-Cylinderpresse von der Eureka Press Co., New Prague, Minnesota. Die Preise betragen von $ 175 (700 M.) für sechsspaltig Folio bis $ 240 (960 M.) für neunspaltig Folio. Kopirbücher-Fabriken. Vor einiger Zeit war in buchgewerblichen Zeitschriften eine Anzeige zu lesen, durch welche sich ein Fabrikant erbot, jungen Kaufleuten und anderen Interessenten mit einem Kapital von 10- bis 15000 M. eine Kopirbücher-Fabrik einzurichten. Die Kopirbücher- Erzeugung wurde als »sicher einträglich« bezeichnet, die Erzielung des Absatzes auch ohne Geschäftsreisen in Aussicht gestellt. Derartige Anzeigen sind sehr geeignet, junge Leute, welche sich selbständig machen wollen, auf ein Gebiet zu leiten, auf dem sie leicht bittere Enttäuschungen ernten können. Wer die Anzeige liest, ohne die Kopirbücher-Fabrikation aus Erfahrung zu kennen, der kann nicht anders glauben, als das gesegnete Geschäft entdeckt zu haben, welches mit geringem Anlagekapital ohne Reisespesen es dem jungen Kaufmann ermöglicht, glücklicher Fabrikant zu werden. In der Jugend träumt man gern von schnellen Erfolgen, und kommt dazu noch ein verlockendes Anerbieten, so glaubt man die Taube schon sicher in der Hand zu haben, und stürzt sich Hals über Kopf in ein ungewisses Abenteuer. Daher ist es nicht unmöglich, dass infolge der Anzeigen eine Reihe von neuen Kopirbücher-Fabriken gegründet werden, welche die schon jetzt übergrosse Konkurrenz ins Unerträgliche steigern würden. Schreiber dieses hat in der Kopirbücher-Fabrikation ein Haar gefunden. Er möchte nicht gern, dass Anderen Gleiches wider fahre und gestattet sich daher, seine Erfahrungen über dieses »sicher einträgliche« Geschäft allen Denen zu unterbreiten, die Lust haben, sich in ein Unternehmen zu verwickeln, aus dem sie sich vielleicht nur nach bitteren Enttäuschungen und unter Geld einbussen wieder herauswickeln können. Als ich noch jung war, hatte ich das Unglück, eine Anzeige zu lesen, in welcher eine Kopirbücher-Fabrik unter den günstigsten Aussichten zum Kauf angeboten wurde. Auf meine Anfrage erhielt ich ein Verkaufsanerbieten, das mir, im Fall ich die Fabrik kaufen würde, grosse Kundschaft, grossen Gewinn, eine sorgenlose Existenz — kurz, eine selten glückliche Zukunft in Aussicht stellte. Zur Besichtigung der Fabrik wurde ich auf einen bestimmten Tag eingeladen. Mir aber währte dieser Termin zu lange, und um das seltene Glück sicher einzufangen, machte ich mich einige Tage früher auf den Weg. Mit der Bahn angekommen, begab ich mich, ohne den Besitzer zu benach richtigen, sofort in die gepriesene Fabrik. Hier standen sehr viel Maschinen, aber seltsamerweise fehlten die Arbeiter. Zwei Mädchen machten rein, ein alter Mann ging schläfrig aus einem Saale in den anderen, — das war das ganze Arbeiterpersonal. »Warum« — sagte mir der alte Mann — »sind Sie nicht an dem bestimmten Tage gekommen? Da hätten mehr Leute gearbeitet.« Dadurch bedenklich geworden, zog ich Erkundigungen an geeigneter Stelle ein und erfuhr, dass der Betrieb der Fabrik wegen unlohnender Beschäftigung oder wegen Mangel an Auf trägen eingestellt sei. »Die Kopirbücher-Fabrikation« — sagte mir ein erfahrener Fachmann — »ist kein lohnendes Geschäft mehr. Die Zuchthausarbeit hat sich dieses Artikels bemächtigt, und die Preise sind auf das Aeusserste heruntergedrückt.« Die Fabrik kaufte ich nicht, beherzigte aber auch die Warnungen des erfahrenen Geschäftsmannes nicht. Der Gedanke an die Kopirbücher verfolgte mich wie ein unseliges Gespenst, und ich entschloss mich endlich, selbst eine Fabrik zu gründen, in welcher ich neben Kopirbüchern noch einige gleich gesegnete Sonder-Erzeugnisse pflegen wollte. Ich wurde Kopirbücher- Fabrikant. Vier Jahre quälte und sorgte ich mich mit den unheimlichen Seidenpapierbüchern ab, und wenn ich jetzt an diese Zeit zurückdenke, so tippe ich unwillkürlich mit dem Zeigefinger gegen die Stirn, — ein Kompliment, das meiner damaligen Fabrik- Idee gilt. Es ist wohl wahr, dass Unmassen von Kopirbüchern verbraucht werden, aber es werden noch grössere Unmassen fabrizirt, und da jeder Fabrikant verkaufen will, so unterbieten sie sich gegenseitig in den Preisen. Wer am billigsten liefert, ist der gesuchteste Lieferant, und diese zweifelhafte Ehre hat seit langer Zeit das Zuchthaus. Es giebt in Deutschland eine grosse Zahl Geschäfte, welche Kopirbücher fertigen. Diese Fabrikation liegt nicht nur in den Händen von Kopirbücher-Fabrikanten, sondern jede Geschäfts- bücher-Fabrik stellt Kopirbücher her. Wer nun weiss, mit welcher Kapitalkraft unsere grossen Geschäftsbücher-Fabriken arbeiten, wer weiss, welche gewaltigen Vertriebsmittel diesen zur Verfügung stehen, der wird jeden jungen Anfänger, der kein Kapitalist ist, bedauern; dem wird der Glückwunsch zum Geschäftsanfange den Beigeschmack einer Leichenrede haben. (Fortsetzung folgt).