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Verwendung von überhitztem Dampf zum Mas chinenb etrieb. Im vierundzwanzigsten Jahresbericht 1893 des Bayerischen Dampf kessel-Revisions-V ereins veröffentlicht Oberingenieur Reischle einen interessanten Bericht über die Verwendung von überhitztem Dampf zum Maschinenbetrieb, welchen wir mit gütiger Erlaubniss des Herrn Direktor Gyssling wiedergeben. Die Eigenschaft des gesättigten Wasserdampfes, sich bei jeder von aussen erfolgenden Wärme-Entziehung, also insbesondere bei der Berührung kälterer Wandungen, mit oder ohne Veränderung seiner Spannung theilweise oder ganz zu verflüssigen, bringt — so nützlich sie im Oberflächenkondensator wirkt — für den Dampfbetrieb im allgemeinen zweierlei Nachtheile mit sich: durch die Bildung von Dampfwasser in der Dampfzuleitung den Verlust an nutzbarem Dampf gewichte, bei ungenügender Entwässerung auch Beschädigungen oder sogar Zerstörungen der Maschinen und durch den beim Eintritt in den Maschinen-Cylinder und während eines Theiles der Expansion erfolgenden Niederschlag an den Cylinderwandungen beziehungsweise durch die damit im Zusammenhänge stehende Nachverdampfung beim Austritte eine beträchtliche Erhöhung des Dampfverbrauches der Maschine über den theoretisch nothwendigen. In letzterer Hinsicht mag darauf hingewiesen werden, dass die am Ende des Dampfeintrittes im Cylinder nachgewiesene Dampfnässe betrug: nach Hirn’s Versuchen an seiner ungemantelten Logelbacher Maschine 36 pCt., nach Professor Schröter’s Versuchen an der mit Mantelheizung versehenen Zweicylindermaschine der Augsburger Kamm garnspinnerei (1880) 191/2 pCt., an der ebenfalls mit Mantel-, Receiver- und Deckelheizung versehenen Dreicylindermaschine der Zwirnerei und Nähfadenfabrik Göggingen (1890) 181/2 pCt.; von letzterer Ziffer waren am Ende der Expansion noch 10 pCt. vorhanden. Die eben genannten Zahlen beweisen, dass man trotz aller im Laufe der Zeit zur Verminderung der Eintritts-Kondensation in An wendung gebrachten Mittel (Umhüllung der Cylinder mit schlechten Wärmeleitern, Verkleinerung des schädlichen Raumes, Vergrösserung der Kolbengeschwindigkeit und der Kompression, Trennung des Dampf- Ein- und Austrittes, Heizung des Mantels, der Deckel und bei sehr grossen Ausführungen auch des Kolbens mit Dampf, mehrstufige Expansion usw.) noch weit davon entfernt ist, die mit zunehmender Spannung und abnehmender Füllung wachsende ungünstige Einwirkung der Cylinderwandungen auf den Eintrittsdampf zu verhindern oder wenigstens auf ein zu vernachlässigendes Maass zu beschränken. Diese Thatsache kann übrigens nicht überraschen, wenn man bedenkt, dass für Entstehung der Eintrittskondensation hauptsächlich die Temperatur verhältnisse der schädlichen Eintrittsräume, des Kolbens und der Cylinderdeckel maassgebend sind, von denen die beiden ersteren selten, die letzteren auch nur bei den besseren Ausführungen von Dampf maschinen geheizt zu werden pflegen, und dass sämmtliche genannte Flächen oder wenigstens die Kolben und Cylinderdeckel unmittelbar vor dem Eintritt neuen Dampfes mit kälteren Räumen — der Atmosphäre, dem Kondensator oder dem Receiver — in Verbindung gestanden hatten. Diesem zuerst von Hirn experimentell ermittelten, der Wirth- schaftlichkeit des Dampfmaschinenbetriebes so ausserordentlich abträg lichen Missstande sowie der Bildung von Dampfwasser in der Leitung kann nun, wie ebenfalls Hirn schon vor vielen Jahren nachgewiesen hat, durch die Anwendung überhitzten Dampfes in ausgiebiger Weise begegnet werden. Denn indem wir dem gesättigten Dampfe bei gleich bleibender Spannung Wärme zuführen, erhöhen wir seine Temperatur unter gleichzeitiger Vergrösserung seines Volumens für jede zugeführte Wärmeeinheit um ungefähr 2 0 (genauer 2,08 0 C), nähern ihn in seinem Verhalten immer mehr den Gasen und befähigen ihn, bis zu einem gewissen von dem Maasse seiner üeberhitzung abhängigen Grade Wärmeentziehung bei konstanter Pressung ohne Kondensation, nur mit Temperaturerniedrigung, zu ertragen. Durch Anwendung der Üeberhitzung werden wir mithin sowohl den Verlust an Dampfgewicht (nicht aber, wie wir später sehen werden, an Wärme) durch die Leitung als insbesondere denjenigen durch die Cylinderkondensation wirksam zu bekämpfen im Stande sein. Letztere wird im allgemeinen dann eintreten, wenn die mit dem Dampfe in Berührung stehenden Innenwandungen kälter sind als die Sättigungs- Temperatur des Dampfes; es wäre also vom theoretischen Standpunkte aus dafür zu sorgen, dass diese Wandungen über die Sättigungs- Temperatur des Eintrittsdampfes erwärmt werden, in welchem Falle Sicherheit darüber bestände, dass auf keinem Punkte des Kolbenweges die jeweilige Sättigungs-Temperatur die Temperatur der Wandungen überschreite. (Die Lösung der Frage, ob nicht — wie manche Erscheinungen vermuthen lassen — unter Umständen überhitzter Dampf sich an kühleren Wandungen auch dann niederschlägt, wenn die Temperatur letzterer über seiner Sättigungstemperatur liegt, wäre auf dem Wege des physikalischen Experimentes zu entscheiden.) Da jedoch die als konstant gedachte mittlere Temperatur der Cylinderwandungen immer zwischen derjenigen des eintretenden und des austretenden Dampfes liegt, so müssten zur Verwirklichung der bezeichneten theoretischen Forderung so hohe üeberhitzungsgrade 111 Anwendung kommen, dass nicht nur das Material der Rohrleitungen und ihrer Packungen, sowie der Cylinder mit ihren Steuerungen und Abschlussorganen an und für sich darunter leiden müsste, sondern dass auch mit den bis heute erhältlichen (Schmiermittel nicht genügend geschmiert werden könnte. Letzteres wäre in dem bezeichneten theoretisch günstigsten Falle um so weniger möglich, als in demselben von einer Unterstützung der Schmierwirkung durch Benetzung der Cylinderwandungen mit Wasser keine Rede wäre, und auch die Erzeugung und Fortleitung sehr hoch überhitzten Dampfes heute noch auf Schwierigkeiten stösst. Als Schmiermittel kommen hier für die Hochdruckcylinder nur die besten hochsiedenden Cylinder-Mineral- öle, als Stopfbüchsen-Packungen nur solche von Metall in Betracht; auch ist zu beachten, dass diese Cylinder für überhitzten Dampf mit unverbrennbarem Isolirungsstoff umhüllt werden müssen. Aus praktischen Gründen werden wir daher im einzelnen Falle den üeberhitzungsgrad des in Cylinder und Dampfmantel eintretenden Dampfes so zu wählen haben, dass zwar die mittlere Temperatur der inneren Cylinderwandungen unterhalb des Sättigungspunktes des Eintrittdampfes liegt, also die Anfangskondensation nicht gänzlich vermieden wird, dass aber letztere keinen grösseren Umfang annehmen kann, als dass das sämmtliche niedergeschlagene Wasser noch während der Expansionsperiode wieder verdampft zu werden vermag. In diesem nach Thunlichkeit anzustrebenden Falle wird die Eintritts-Kondensation schlimmsten Falles nur durch Erhöhung der Expansions-Endspannung, also durch Vergrösserung des Verlustes in Folge unvollständiger Expansion, eine geringe nachtheilige Wirkung ausüben. Näheres über die Erreichbarkeit dieses Zieles könnte erst dann angegeben werden, wenn für jeden vorkommenden Fall der Verlauf der Expansionskurve des überhitzten Dampfes bekannt wäre, was jedoch bis jetzt bei der Verwickeltheit des Gegenstandes auch für die gesättigten Dämpfe noch nicht der Fall ist. Dass hierbei in der Regel während der Expansion ein Uebergang des erhitzten in den gesättigten Zustand stattfindet, ist wahrscheinlich. Wie weit durch die Wahl zweckmässiger Verhätnisse die Eintrittskondensation herabgemindert werden kann, ist aus neueren Versuchen noch nicht bestimmbar. Hirn kam bei 231 0 C. Anfangs temperatur und ca. 5 Atm. Anfangsspannung (also etwa 231—145 = 86° C. Üeberhitzung) bis auf eine Dampfnässe von 61/2 pCt. am Ende der Einströmung herab. Zu dem durch die Verminderung der Leitungs- und Cylinder kondensation erreichbaren Gewinne kommt noch ein theoretischer durch die mit der Üeberhitzung verbundene Erhöhung der Dampfenergie; indess beweisen einschlägige von Grashof, Schröter, Zeuner u. A. ange stellte Betrachtungen, dass dieser letztere Gewinn ziemlich geringfügig ist. Wir stehen also hier vor dem seltenen Falle, dass die Praxis beträchtlich mehr hält, als die Theorie verspricht. Der Grund liegt, wie nach Obigem klar ist, darin, dass die Letztere das wichtige Gesetz des Wärmeaustausches zwischen Dampf- und Cylinderwandungen noch nicht mit der für die Zwecke rechnerischer Behandlung genügenden Klarheit und Einfachheit dargestellt hat. Es liegt in der Natur der Sache, dass die Verwendung überhitzten Dampfes bei denjenigen Dampfmaschinen die grösste Ersparniss erwarten lässt, welche hinsichtlich der übrigen zur Verminderung der Cylinderkondensation zweckdienlichen Vorkehrungen am mangelhaftesten eingerichtet sind; eine gering belastete, langhubige, ungeheizte, schlecht umhüllte Eincylinder-Kondensations-Dampfmaschine wird daher mit besonders grossem Vortheile überhitzten Dampf zugewiesen erhalten, während in der modernen Dreicylindermaschine — wie nicht nur die einfache üeberlegung, sondern auch die neuesten vom Elsässer Verein von Dampfkesselbesitzern ausgeführten Versuche ergaben — bei den gebräuchlichen Dampfspannungen und zulässigen Ueberhitzungsgraden kaum so viel eingespart werden kann, dass sich die Anlegung von Ueberhitzern lohnt. Hierüber wird später noch Näheres anzugeben sein. Dagegen wurde bei neunzehn Versuchen, welche der Elsässische Verein in den Jahren 1890—1892 an den verschiedenartigsten mit Kondensation versehenen ein- und zweicylindrigen Dampfmaschinen vorgenommen hat, eine mittlere Dampfersparniss von ca. 19 pCt. (Üeberhitzungsgrad ungefähr 50—60 0 C.) festgestellt. Professor ümwin fand an der 400 P. S. Logelbacher Kompoundmaschine bei 66 0 Üeberhitzung 20,8 pCt. Dampfersparniss, Professor Kennedy an einer kleinen schnell gehenden Auspuffmaschine von 130/130X285 und 4 Atm. Kesselspannung nur 128/ kg Dampfverbrauch pro Stunde und Pferdekraft, Professor Ewing an einer neuen mit Kondensation ver sehenen Dampfturbine von Pärson bei 55 0 Üeberhitzung, einer Anfangs spannung von 71/2 Atm. und 4500 minütlichen Umdrehungen eine Dampfersparniss bis zu 27 pCt.; Bryan Donkin in London giebt für seine eincylindrige Kondensations-Versuchsmaschine bei etwa 28 0 C. Üeberhitzung eine Dampfersparniss von 15—27 pCt., je nach dem Expansionsgrade, an. Forts, folgt. 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