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Stahlfedern. .... 7. Januar 1895. In Nr 99 v. Jgs. ist in einer Mittheilungun ter der Ueberschrift »Stahlfedern* ausgesprochen, dass die aus England eingeführten Waaren ebensowohl eine Ursprungsbezeichnung erhalten müsste, wie die nach England gehenden deutschen Fabrikate. Dies ist ein gefährlicher Wunsch, der jedenfalls nicht unwidersprochen bleiben darf. Ein Made-Gesetz für Deutschland würde unausbleiblich die Bevorzugung aller Waaren zur Folge haben, die so augen fällig als ausländische .bezeichnet wären. Wer kennt denn nicht die alte Vorliebe der Deutschen für das Ausländische; eine Vorliebe, die fortwährend mit allen Mitteln und trotzdem vergeblich bekämpft worden ist. Wer kennt nicht die Machenschaften der Industriellen, die ihren Waaren ein ausländisches Mäntelchen umhängen, nur damit der Deutsche sie begehre. Ein Made-Gesetz würde dieser Vorliebe geradezu Vorschub leisten. Bis jetzt konnte man ihr hin und wieder mit dem Nachweis begegnen, dass die ausländische Waare ursprünglich deutsche sei. Für die Zukunft wäre das unmöglich. Unmöglich wäre aber auch der Vertrieb der von England bezogenen Waaren nach ausserdeutschen Ländern, die sich fürder hüten werden die deutsche Mittelsperson zu benutzen. Gerade in dieser Beziehung haben ja die Engländer sehr trübe Erfahrungen mit ihrem Gesetze gemacht. Haben wir denn überhaupt aus den Folgen, die das englische Gesetz für seinen Urheber gehabt hat, so wenig gelernt, um genau den gleichen Schnitzer begehen zu wollen? Wir hören ja alle Augenblicke, wie sehr sich die Gesetzgeber in dem Nationalstolze des Briten getäuscht haben, und wie wenig sich dieser bei seinen Einkäufen um die deutsche Prägung kümmert. Der in Nr. 99 geäusserte Wunsch weist nach dem Ziele, englische Fabrikate in Deutschland überhaupt unmöglich zu machen. Denn ein Made-Gesetz nur für Stahlfedern kann man weder verlangen noch erwarten. Weshalb sollte man aber ausländischem Fabrikate im allgemeinen den Eingang verwehren oder erschweren? Ich habe mir sagen lassen, dass England z. B. nicht nur minderwerthige Stahlfedern, sondern auch Federn von einer Güte herstellt, wie sie Deutschland nicht zu fabriziren imstande ist, weil ihm die geschulten Arbeitskräfte fehlen. Ich habe mir ferner sagen lassen, dass unsere deutschen Stahlfederfabrikanten jahraus jahrein ver suchen, englische Arbeiter herüberzuziehen, um mit ihrer Hilfe die Feder fabrikation hochzubringen. Wenn das zutrifft, weshalb sollten wir denn auf die guten englischen Federn Verzicht leisten? Der Vortheil läge aber nur darin, dass durch die Prägung in England angefertigt, die schlechte englische Stahlfeder gekennzeichnet und dadurch vielleicht die billige deutsche Feder im Absätze gefördert würde. Und um solch’ einen Eierkuchen ein Made-Gesetz? Ein grosser Theil englischer Federn trägt die englische Firma, und dennoch hat dieses untrügliche Zeichen ihres Ursprungs den Absatz nicht gehindert; durch einen weiteren Zusatz wird das auch nicht erreicht werden. Allerdings würde ein solches Gesetz einer ganzen Reihe von Geschäfts zweigen einen Dienst erweisen, jedoch in einem der Absicht entgegen gekehrten Sinne. Die Schneider- und Konfektionsbranche bezieht alljährlich aus England Unmengen von Tuchen. Es wird ihr oft schwer, das Publikum, das darnach verlangt, von der Echtheit zu überzeugen; durch die Prägung würde aber diese Schwierigkeit beseitigt werden. Und wo wirklich deutsches Tuch als englische Waare untergeschoben wird, nicht um zu übervortheilen, sondern in der Absicht, dem etwa ebenbürtigen deutschen Fabrikate Eingang zu verschaffen, wird solche Täuschung zu Gunsten heimischer Waare für die Folge nicht mehr begangen werden können. Nein, nur kein solches Gesetz, es wäre wie Feuer zu fürchten! nichts Schlimmeres könnte unserer Industrie angethan werden als ein »in England angefertigt« oder die berechtigte Folge »in Frankreich hergestellt«. Rothwerden des Sulfit-Zellstoffs beim Bleichen. Von Ferdinand Wolesky. Behandelt man Sulfit-Zellstoff, gleichgiltig nach welchem Verfahren er erzeugt worden ist, im Holländer mit einer wässerigen Chlorkalklösung, so bemerkt man zunächst ein Rothwerden des selben. Bei grösserem Zusatz an Chlorkalklösung wird die rothe Verbindung zerstört, der Stoff wird heller und heller, d. h. er wird gebleicht. Diese Verfärbung wurde dadurch erklärt, dass der im Chlorkalk enthaltene Aetzkalk auf die noch im Sulfitstoff vor handenen Fette, Harze und deren Zersetzungsprodukte einwirke, und die Färbung hervorrufe. Diese Ansicht wurde durch die Arbeiten von Dr. Aug. Harpf widerlegt und richtig als eine Einwirkung des Chlors erkannt. Dass in der That freies Chlor die Ursache des Roth- oder Braunwerdens ist, lässt sich in der Weise bestätigen, dass man den Sulfitstoff in das Bleichlokal einer Papierfabrik bringt und darin einige Zeit liegen lässt. Schon nach kurzer Einwirkung findet man den Stoff rosa gefärbt, wie jedem Praktiker bekannt ist, der seinen Sulfitstoff im Bleichlokal selbst oder in dessen Nähe aufbewahren muss. Gleiche oder ähnliche Färbungen bekommt man mit den oxydirend wirkenden, in folgender Tabelle aufgeführten Stoffen: sind sehr verdünnt, jene von Quecksilberchlorid etwas konzentrirter anzuwenden. Name des Reagensmittels Sulfit-Zellstof (Mitscherlich) la | Ila Sulfit-Zellstoff (Ritter-Kellner) la ] Ila Natron- Zellstoff Holz schliff Chlorkalklösung Ferricyankalium (rothes Blutlaugensalz) Eisenchlorid Quecksilberchlorid Kaliumbichromat (rothes chromsaures Kali) Kaliumpermanganat (Uebermangansaures Kali) Anmerkung: Die Lös rosa | rosa violett ¬ roth rosa J rosa rosa ungen von rosa rosa violett roth rosa rosa rosa Eisenchlo rosa rosa violett roth rosa rosa rosa rid, Kalium rosa rosa violett rosa rosa rosa rosa bichromat schwach rosa schwach rosa schwach violett • g i o 1 _ I Le E (558 ( 8 E E 4 E • • )555 u. Kaliumpc gelb grün rmanganat Bei Anwendung der genannten Reagentien kann man so vor gehen, dass man Sulfitzellstoff in die wässerigen Lösungen taucht. Die Töne, die man mit Eisenchlorid erhält, sind je nach der Konzentration von schwach violettrosa bis violettroth. Dieses Verhalten des Sulfitstoffs gegen Oxydationsmittel ist äusserst interessant. Für die Praxis hat nur die Kenntniss der Einwirkung von Chlor auf den Sulfitstoff eine Bedeutung, insofern der Praktiker damit rechnen muss, wenn er weisse Papiere minderer Güte zum Theil aus ungebleichtem Sulfitstoff anfertigt. Meistens erhält man ein schönes weisses Produkt, dagegen kommt es vor, dass die Masse bei derselben Stoffmischung einen unangenehmen röthlichschmutzigen Farbton annimmt. In letzterem Falle waren entweder die Zeuge, die man in den Ganzzeug-Holländer ein getragen hatte, nichtchlorfrei, und diese Spuren von Chlor bewirkten die besprochene Rothfärbung, welche die unangenehme Tönung bewirkte, oder der zugesetzte Sulfitstoff lag längere Zeit in einem Raume, dessen Luft mit Chlor geschwängert war und wurde infolgedessen rosa gefärbt. Kennt man aber die Ursache der Erscheinung, so wird man auch in den meisten Fällen Abhilfe treffen können, indem man dem Zeuge ein beliebiges Antichlor zusetzt, auswäscht und dann erst mit dem Einträgen des ungebleichten Sulfitstoffs beginnt. Beim Prüfen von Natron-Zellstoff zeigten sich dieselben Erscheinungen, sie traten jedoch nicht so deutlich auf wie bei Sulfitstoff. Die Färbungen, besonders mit Eisenchlorid und Ferricyan- kalium sind so charakteristisch, dass man sie als Reagens auf ungebleichten Zellstoff in weissem Papier, welches 30 pCt. un gebleichten Sulfitstoff enthielt, verwenden wollte, wobei jedoch die Rosafärbung nicht eintrat. Die Inkrusten des Holzes können die Ursache der Verfärbung allein nicht sein, da Holzschliff auf die genannten Reagentien nicht einwirkte, während doch gerade bei Holzschliff, der die ganzen Inkrusten, soweit sie nicht im Wasser löslich sind, enthält, die Reaktion am schönsten entstehen müsste. Der Vorgang bei der Zellstoff-Fabrikation scheint nicht so einfach zu sein, und die angewandten Chemikalien allein, oder durch sie hervorgerufene Umsetzungen können die Ursache bilden. Auch die ziemlich grosse Menge von Chlor, die nothwendig ist, um den Zellstoff zu bleichen (18 bis 22 pCt.), scheint darauf hinzuweisen, dass das Chlor äusser der bleichenden Wirkung noch eine andere auszuführen hat. Das Nichteintreffen der Rosafärbung in Papieren, die mit ungebleichtem Sulfitstoff gearbeitet sind, spricht dafür, dass die fragliche Verbindung oder Verbindungen im Wasser löslich sind. Wenn auch durch diese Betrachtungen die Frage nicht end- giltig gelöst ist, so werden sie vielleicht Andere in ihren Arbeiten unterstützen. Salz-Verbrauch in Papierfabriken. Im Berichtsjahr 1893/94 wurden im Deutschen Zoll-Gebiet 535060 Tonnen (zu 1000 kg) Salz zu gewerblichen Zwecken steuer frei abgelassen; davon entfielen auf Papierfabriken 26 000 kg. Es wurden verabfolgt: in der Provinz Sachsen . . an 1 Empfänger 20000 kg Siedesalz, im Grossherzogthum Hessen » 1 „ 6000 » » zusammen an 2 Empfänger 26000 kg Siedesalz. Dagegen 1892/93 » 7 » 31600 » » Zur Denaturirung des an Papierfabriken abgabenfrei verab folgten Salzes wurde Petroleum benutzt.