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Buchgewerbe Buchbinderei © © Buchdruck © © © © © © Buchhandel © © © Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme. Gesundheitspflege für Buchdrucker. In Nr. 97, Jahrg. 1893, Wurde fleissiges Lüften und Reinigen der Arbeitsräume dringend empfohlen. Viel nöthiger aber ist namentlich für Setzer öfteres gründliches Lüften der besten »guten Stube«, die man besitzt, der Lunge. Es ist erstaunlich, zu sehen, wie dies vernachlässigt wird. Erst wenn Husten und Brust schmerz sich einstellen, läuft man zu Arzt und Apotheker, die dann ausflicken sollen, was man durch jahrelange systematische Vernachlässigung verdorben hat. Leute; die gesund sind, können sich nicht vorstellen, wie schlimm es ist, kränk und siech zu sein. Man lernt erst schätzen, was man verlor. Die vielen Beispiele lungenkranker Berufs genossen, die lange Todtenliste an Schwindsucht gestorbener Kollegen in gewissen Berufsklassen sollte Denjenigen eine ernste Mahnung sein, die sich noch körperlich wohl fühlen. Gerade Unter den Buchdruckern giebt es viele Fatalisten, die ohne Nach denken in den Tag hineinleben und ihren Körper rücksichtslos allerlei Gefahren aussetzen, meinend, ihr Loos sei im Schicksals buche längst eingetragen, und gütes oder böses Verhalten ändere daran nichts. Andere wieder, die eine schwächliche Konstitution besitzen oder durch Vererbung, schlechtes Leben und dergl. krankes Blut in ihren Adern haben, lassen sich durch das Bei spiel gesunder, kräftiger Personen zu mancherlei Ausschreitungen verführen, die jenen scheinbar nichts schaden, bei diesen aber der Keim zu langen Leiden sein können. Wer sein Leben mit Gewalt verkürzen will, der findet wohl bessere Wege dazu, als den eines langsamen qualvollen Absterbens durch Lungenschwindsucht. Gerade diese häufige Krankheit mit stündlichem Tod vor den Augen ist in ihren Folgen so fürchter lich, dass Jeder alles Mögliche thun sollte, ihr Entstehen zu ver hüten. Dies ist tausendmal besser, als sie bekämpfen, wenn ihre Vorboten sich einstellen. Besonders Schriftsetzer sind dieser Krankheit durch ihren Beruf und ihre Arbeitsweise ausgesetzt. Ein kluger Mann hat zwar irgendwo ausgeführt, dies sei nicht wahr, Staub gebe es in Setzereien nicht mehr, als in vielen andern Berufsarten, und die Lungenschwindsucht fordere hier keine unverhältnissmässigen Opfer. Gewiss giebt es Gewerbe, die noch staubiger und in mancher Beziehung schädlicher sind, als das Schriftsetzen, aber dass der in Setzereien umherfliegende, aus den Setzkästen fortwährend reichlich aufgewirbelte Staub den Lungen der Setzer von Vortheil sei, wird Niemand ernstlich behaupten wollen. Staub ist immer schädlich. Hierzu kommt, dass bei der Berufsthätigkeit des Schriftsetzers der linke Arm den ganzen Tag fest am Körper liegt, und dass Viele, namentlich Kurzsichtige, durch vornüber gebeugte Haltung ihren Brustkorb verkümmern. Der in die Lungen gelangende Staub wird durch regelmässiges Athmen, Schleimabgabe usw. von den mittlern Lungenpartieen wieder ausgeschieden, wenn diese gesund sind. Der Staub setzt sich nur da fest, wo er Ruhe findet — in den Lungenspitzen, und ist hier erst durch eingetretene Eiterung der Anfang gemacht, so ist ein schneller Fortschritt der Krankheit unausbleiblich. Nach dem Dargelegten ist es klar, was Jeder zu thun hat, der mit Staub umgeht und vor Schwindsucht sich sichern will. Man sorge, dass möglichst wenig Staub in die Lunge kommt, und schaffe den hineingelangten Staub durch täglich mindestens einmaliges gründliches Auslüften wieder heraus. Man lasse den Fremdkörpern in den bedrohtesten Punkten, den Lungenspitzen, keinen Tag Zeit, sich festzusetzen und Eiterung zu verursachen. In den Setzersälen muss durch grösste Sauberkeit, öfteres Aus blasen der Kästen und nasses Aufwischen des Fussbodens gesorgt werden, dass möglichst wenig Staub entwickelt wird. Jeden Morgen sollte feucht aufgewischt, nicht gefegt werden. Sodann athme man mit dem Munde nur aus, mit der Nase ein. Der feine Haarbesatz der Nase und der enge Schleimweg fängt den Staub wie ein Filter ab. Man gewöhne sich an Tiefathmen auch während der Arbeit. Die meisten Menschen athmen viel zu wenig, was zur Folge hat, dass das Blut nicht genug Sauerstoff erhält, nicht genug gereinigt wird. Schlechtes Blut aber macht den Körper widerstandsunfähig und ist ein guter Nährboden für allerlei Krank heiten, insbesondere für Lungenschwindsucht. Wenn man auf sich achtet, wird man finden, dass man das Athmen oft ganz unterlässt oder nur kleine Züge macht. Dies ist ein arger Fehler. Man zähle beim Athmen, damit die Muskeln des Brustkorbs an grössere und regelmässige Thätigkeit gewöhnt werden und auch dann arbeiten, wenn man sie nicht überwacht. Um die verbrauchte Luft schnell aus der Lunge zu entfernen, stosse man sie durch den Mund aus und athme frische in langem Zuge so tief ein, wie der Brustkorb aufzunehmen gestattet. Jeder Theil der Lunge sollte mit jedem Athemzuge frische Luft empfangen; bei den meisten Berufsmenschen aber, die nicht durch harte körperliche Anstrengungen, wie Lastenheben, Holzhauen und dergl., zu öfterem Tiefathmen gezwungen werden, wird nur ein ganz kleiner Theil der Lunge in Thätigkeit versetzt, das übrige Lungennetz liegt still und dient als Staubfänger. Wenn man auf dem Nachhause wege, bei, Spaziergängen usw. beim Einathmen in Gedanken langsam zählt, 1—2—3—20 oder soweit man kommen kann, und dies als Maass festhält, so wird man bei beharrlicher Fortsetzung dieser Lungen-Uebung bald gute Erfolge bemerken. Auch Sing- Hebungen, wenn sie nicht in verdorbener Kneipenluft stattfinden, sind sehr zu empfehlen. Die Lungenspitzen, der regelmässige Ausgangspunkt der Schwindsucht, werden durch dieses einfache Tiefathmen, so gut es sonst ist, nicht berührt. Um dahin zu kommen, muss man Lungengymnastik treiben. Jeden Morgen, ehe man den Ober körper durch Kleidung beengt, nehme man bei geöffnetem Fenster, aber vor Zugluft bewahrt, folgende Uebungen vor: 1) Arme senkrecht in die Höhe; 2) Arme waagrecht nach vorn, dann seitwärts, dann nach hinten; 3) rechter Arm in die Höhe, linker nach unten, dann um gekehrt; 4) abwechselnd eine, dann die andere, dann beide Hände hinter den Kopf; 5) Arme gestreckt nach vorn, Kopf gebeugt, dann Kopf nach hinten übergelegt; 6) verschiedene beliebige Verdrehungen des Oberkörpers bei gestreckten oder gehobenen Armen; in jeder dieser Stellungen 6—10 tiefe Athemzüge mit Zählen. Lungenkranke werden diese Uebungen nach Erfordern ein geschränkt und in temperirter Luft oder mit einem Respirator (Wollbinde vor der Nase) vornehmen müssen. Gesunde athmen durch die Nase ein, durch den Mund aus. Sehr dienlich ist es, nach den Lungen-Uebungen allgemeine Bewegungsgymnastik zu treiben. Dies befördert den Stoffwechsel und regt die Muskulatur an, die bei den meisten Stadt-Menschen verkümmert. Man nehme Hanteln von je etwa 10—15 Pfund Gewicht und stelle bei geöffnetem Fenster folgende Uebungen an: 1) Arme nach unten und 6—12 Mal Kniebeuge; 2) Arme 10—15 Mal nach vorn gestreckt; 3) Arme herab, dann in steifer Haltung langsam seitlich heben, bis sie nach oben gestreckt sind, dies 6—10 Mal; 4) In der Kniebeuge Arme von der Brust aus nach oben 6—10 Mal strecken; Alle Uebungen auf den Zehenspitzen, damit die ganze Unter leibs-Muskulatur in Mitthätigkeit kommt. Ausserdem kann man freie Uebungen ohne Hanteln, unter denen namentlich Unterleibsverdrehungen, Beinstrecke, Rumpf beuge usw. sehr förderlich sind, auf den Zehenspitzen vornehmen. Ferner ist Langhinlegen mit freiem Aufrichten des Oberkörpers zu empfehlen. Die meisten dieser Uebungen können mit Tiefathmen verbunden werden, sodass die Lungengymnastik zum Theil fortfällt und das Ganze in einer Viertel- oder halben Stunde abgemacht ist. Nach den Uebungen sind kalte Abreibungen des ganzen Körpers (im Winter mit Wasser von 18—20° R in geheiztem Raume, im Sommer mit gestandenem Wasser) sehr nützlich, um