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636 Sachliche Mitthellungen finden kostenfreie Aufnahme. Buchdruck 099 eee Steindruck Buchgewerbe Nr. 20. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Berliner Typographische Gesellschaft. Sitzung am Mittwoch, 14. März 1894, im Vereinslokal, Alte Jacob- strasse 128, abends Punkt 9 Uhr. Tagesordnung: 1. Geschäftliches. — 2. Vortrag: Unfallverhütungs-Einrichtungen in Deutschland und Amerika. — 3. Der internationale Muster-Austausch des deutschen Buchdrucker-Vereins. — 4. Bericht der technischen Kommission. — 5. Fragekasten. Gäste sind willkommen! Von 8 Uhr ab liegen die neuesten Fachschriften im Vereinslokale aus. Um zahlreiches und pünktliches Erscheinen bittet der Vorstand. Phantasie-Schriften. Wo Drucksachen den Zweck haben, die Aufmerksamkeit auf ein Erzeugniss oder eine Einrichtung zu lenken, ist den Bestellern stets eine vom Gewöhnlichen abweichende Ausführung erwünscht. Wenn eine solche Abweichung nicht zugleich als Absonderlichkeit oder Verirrung erscheinen soll, ist es nöthig, dass der Ausführende einen richtigen Maassstab für die zulässigen Grenzen freier Form gestaltung besitzt. Beispiele für geschickte und anziehende Abweichung vom Normalen auf dem Gebiete der dekorativen Schriftdarstellung findet man weniger in Erzeugnissen des Buchdrucks und der Lithographie als in den Arbeiten geschickter Schilder-Fabrikanten. Bei diesen ist es stets Aufgabe, eine die Augen auf sich ziehende Darstellung zu schaffen. Diese Darstellung darf aber nicht durch Plumpheit oder Aufdringlichkeit verletzen, sondern soll auf den Beschauer durch freundliche, gefällige, möglichst eigenartige Anordnung einen angenehmen Eindruck machen. Dass auf diesem Gebiete einzelne Schilderfabrikanten den Buch druckern und deren Lieferern, den Schriftgiessern, um ein gutes Stück voraus sind, ist eine bemerkenswerthe Erscheinung. Wer mit Interesse für die Erscheinungen der Oeffentlichkeit Berliner Hauptstrassen durchwandert, findet neben gut ausgeführten Schild-Inschriften landläufiger, normaler Art auch eine ganze Reihe von solchen, welche reiche Phantasie und daneben auch Verständniss für die Grundsätze der Schriftformung und die Zu lässigkeits-Grenzen freier Abweichungen bekunden. Solche Abweichungen sind vielfach höchst interessant und blickfesselnd. Ich habe von einigen solcher Schilder mit einem feinen photographischen Hand-Apparat Aufnahmen gemacht und danask zeichnerische Vergrösserungen gefertigt, von welchen die hier eingschalteten Abbildungen abgenommen sind. Der Zweck dieses Aufsatzes forderte nicht, dass diese Nach bildungen streng den Urbildern entsprächen. Es lohnte sich auch nicht, alle Feinheiten mit voller Schärfe wiederzugeben. Zweck dieser Skizzen ist lediglich der, auf jene eigenartige, anziehende Art der Schilder-Ausführung, wie sie von tüchtigen Berliner Schilder- Fabrikanten neuerdings vielfach geübt und von geschmack begabten Geschäfts-Inhabern gern verwendet wird, aufmerksam zu machen. Es ist interessant, zu beobachten, mit welchen Mitteln der eigenartige Reiz dieser Inschriften erzielt wurde. Bei Abbildung 1 zeigen einige Buchstaben ganz absonderliche Formen, so z. B. das S in »Schuhwaaren«, das J in »Jacoby«. Die angehängten Schnörkel sind zur Raumfüllung benutzt, und die Schräg- und schräge Bogenstellung bringen Leben in das Gesammtbild. Das zweite Beispiel ist etwas weniger wild angeordnet. Interessant sind hier die geschickt manierirten Versalien, sowie die eigenthümliche Form des u in der Hauptzeile. Ein Willkür-Akt wunderlichster Art, über den mancher Buchdrucker den Kopf schütteln wird, ist das zweite, nach unten verlängerte s in der ersten Zeile »Tapisserie«. Sehr eigenartig und glanzvoll wirkt das in Abbildung 3 dar gestellte Schild. Es ist in der Friedrichstrasse in Höhe des 9qusgqbb Fig- 3. ersten Stockwerks angebracht. Die drei Wörter sind schräg gestellt, und zwar so, dass immer der Anfang des folgenden unter Mitte oder Ende des vorhergehenden Wortes trifft. Weitere Veranschaulichung von Phantasie-Schriftformen bieten die nachstehenden Grossbuchstaben: Die Ausführung dieser Prunkschriften erfolgte überall in Gold auf schwarzem Grunde, theils hinter Spiegelglas in flachen, theils frei in erhabenen Goldbuchstaben auf glatt geschliffenem schwarzem Marmor oder sonstigem Gestein. Die Wirkung solcher Schilder ist ungemein reich und vornehm. A. H. Anerkennung deutscher Drucke. Das in Philadelphia er scheinende Fachblatt Paper and Press spricht sich über den Katalog der Firma Karl Krause, Leipzig, in folgender Weise aus: »Eine der prächtigsten Preislisten, die uns je zu Gesicht gekommen ist, wurde uns von Karl Krause, Leipzig, eingesandt, deren Maschinen für das Papier-Gewerbe weltbekannt sind. Diese Preisliste, ein Prachtstück von einem Buch und als Muster lithographischen und typographischen Drucks unübertrefflich, enthält einige 240 Seiten, auf welchen die Vorzüge der verschiedenen von Herrn Krause hergestellten Maschinen beschrieben sind. Jede Seite ist in Sauber keit und harmonischer Anordnung vorzüglich und zeigt, was die Deutschen leisten können. — Die Decken des Buches sind ebenso eschmackvoll wie das Innere.« Diese Anerkennung deutscher ‘rucke ist um so werthvoller, als das Blatt »Paper and Press« selbst Vorzügliches im Druck leistet.