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568 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 18. nahe zur Hand gerückte Schilf hebt. Das Ausheben einzelner Spalten aus dem Winkelhaken ist zeitraubend und giebt Gelegenheit zum Zusammenwerfen der kleinen Satztheile. Im übrigen kommt es beim Tabellen- bez. Ziffernsetzen durchaus nicht allein auf den sogenannten guten Griff des Setzers an, sondern ebensosehr auf die Fähigkeit, eine mehrstellige Ziffer schnell aufzufassen, richtig im Gedächtniss zu behalten, bis sie gesetzt ist, und ohne Suchen die Stelle des Manuskripts wieder zufinden, wo die folgende abzulesen ist. Viele Setzer bedienen sich eines Divisoriums oder bilden sich — weil dieses zu um ständlich ist, ein solches durch einen eingeschlitzten verschiebbaren Kartonstreifen, — die schnellsten und dabei korrektesten Setzer dagegen bedürfen eines solchen Hilfsmittels nur in seltenen Fällen, wo z. B. im Manuskript sehr vielstellige Ziffern eng aneinander gedrängt zusammenstehen. Was nun das in jenem Aufsatze empfohlene Verfahren anlangt, beim Druck von Tabellen mit Querlinien die Abschluss linien unter dem Kopf mit den Querlinien zu drucken und die senkrechten Linien ohne Unterbrechung von oben bis unten durch laufen zu lassen, so ist hierbei zu beachten, dass dies nicht in allen Fällen gut aussieht, zumal wenn der Kopf mit Schrift gefüllt ist. Will man dies aus drucktechnischen Gründen dennoch thun, so wähle man zur untern Abschlusslinie des Kopfes eine solche, die etwas kräftiger wirkt, als alle übrigen Linien des Kopfes, achte aber beim Druck besonders darauf, dass diese Linie nicht etwa den Querlinien zu liebe in der Färbung der Hauptform gegenüber grau erscheint. —s— Schriftgiesserei- Neuheiten. J. G. Scheiter & Giesecke, Leipzig. In rascher Folge bringt diese rührige Giesserei Schrift um Schrift auf den Markt, sodass es scheint, als wolle sie ihr 25jähriges Jubiläum durch besondere Beweise ihrer erstaunlichen Leistungs fähigkeit einleiten. Das letzte Heft der von der Firma heraus gegebenen »Typographischen Mittheilungen« enthält z. B. eine Garnitur Antiqua-Brodschrift, ihrer Lesbarkeit wegen »Schul schrift« genannt, in nicht weniger als 15 Graden, eine dazu passende Kursiv in 13 Graden, eine von uns schon früher be sprochene umstochene Mediaeval-Schreibschrift, zwei wirksame Anzeigen- und Titelschriften und drei figurenreiche Einfassungen. Dies alles sind Erzeugnisse der letzten Zeit, die hier mit solcher Wucht auftreten, daneben mit so hoher Vollendung in jeder künstlerischen und technischen Beziehung, dass man den gewohnten Maassstab gänzlich verliert, und den Vorsatz fasst, sich über nichts mehr zu verwundern. Wir haben oft darauf hingewiesen, wie vortheilhaft die amerikanischen Buchdrucker mit ihren eigenartigen Schriften arbeiten können, und dass es erwünscht sei, anstelle der militär frommen Erzeugnisse, die unsere Giessereien uns jahraus jahrein vorgesetzt haben, ähnliche wirksame Phantasieschriften fürAccidenz- Ausstattung hier zu erhalten. Man hat uns darauf eben so oft entgegnet, erstens wolle der deutsche Buchdrucker solche Schriften nicht, und zweitens hänge der deutschen Buchdruckerkunst ein Zopf hinten, den abzuschneiden es noch nicht an der Zeit sei. Die Firma J. G. Scheiter & Giesecke hat sich an diese Einreden vernünftigerweise nichtgekehrt, undihrelinksschräge »Propaganda«, wie die uns heute vorliegende, nachstehend abgedruckte Schrift »Columbus« werden zweifellos von den deutschen Buchdruckern so willig aufgenommen werden, wie Regen von ausgedörrtem Erdreich. Beide Schriften haben den Block-Charakter, das heisst, sie haben keine Haarstriche und zeigen keine Verzierungen. Was diese Schrift wirksam macht, wurde allein erreicht durch eigen artige Form der Striche einiger Buchstaben: A B E F G H N 0 RSVW aecemmnnssvw Diese wenigen Buchstaben sind der im übrigen strengen Blockschrift, einem ältern Zeugniss der Firma, beigegeben, sodass ' durch verhältnissmässig geringe Aufwendungen eine neue Schrift geschaffen und die ältere für Diejenigen, die sie bereits besassen, besser verwendbar gemacht wurde. Die »Breite halbfette Grotesk«, zu der die Ergänzung gehört, hat übrigens sehr hübsche, edle Formen: ABCDEFGHIJ KLMNOPQRS T U V W X Y Z abcdefghijklm nopq rstuvwxyz 1234567890 Text: 1 Satz etwa 7 kg ohne Ergänzungs-Typen, 8,6 kg mit denselben. Diese Ergänzung einer an sich strengen Schrift durch freiere Buchstaben hat für den Buchdrucker den grossen Vortheil, dass er damit nach Belieben mehr oder weniger streng arbeiten kann, indem er nur die Buchstaben der Grundschrift verwendet oder diese mit den Ergänzungsformen theilweise vermischt, wie hier in drei Anwendungen gezeigt ist: HEROS HEROS HEROS Auch in den nachstehenden Probezeilen ist diese Vermischung verschieden geschehen, sodass sich erkennen lässt, wie vielfältig man die Zeilen je nach der Art der Arbeit gestalten kann. Geschichte FIGURINES ANTIQUES Baukunst Corpus: 1 Satz etwa 5,5 kg, Ergänzung allein etwa 1,1 kg. Russische Dekorationsmalereien 3 SECOND EDITION 4 Cicero: 1 Satz etwa 6,3 kg, Ergänzung allein etwa 1,3 kg. Geschichte der Völkerwanderung Mittel: 1 Satz etwa 7,3 kg, Ergänzung allein etwa 1,5 kg. Leipzig COLUMBUS Marburg Tertia: 1 Satz etwa 7,7 kg, Ergänzung allein etwa 1,5 kg. Wasser-Verhältnisse Doppelcicero: 1 Satz etwa 10 kg, Ergänzung allein etwa 2 kg. Heimathsklan Doppelmittel: 1 Satz etwa 11,6 kg, Ergänzung allein etwa 2,4 kg. Geor Busch 4 Cicero: 1 Satz etwa 20 kg. Ergänzung allein etwa 4,5 kg. Amber 5 Cicero: 1 Satz etwa 31,2 kg, Ergänzung allein etwa 7,2 kg.