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Entwurf eines Preussischen Wassergesetzes. Es ist für die Papierfabrikanten von Wichtigkeit, sich mit den Bestimmungen des vorgeschlagenen Gesetzes bekannt zu machen, ehe es zum Geltendmachen von Einwendungen zu spät ist. Der Entwurf ist im Verlage von Paul Parey in Berlin erschienen. Demselben ist eine » allgemeine « und eine »besondere « Begründung beigedruckt. Preis 3 M. Von Interesse für die Papierfabrikation ist Abschnitt 3 des ersten Theils, welchen wir im Wortlaut wiedergeben. Vorschriften zur Reinhaltung der Geicässer. § 24. Es ist verbotenen ober- oder unterirdische Gewässer abzuführen oder sonst einzubringen: a) Stoffe von solcher Natur, dass durch dje Abführung oder sonstige Einbringung eine ansteckende Krankheit verbreitet werden kann; b) Stoffe von solcher Beschaffenheit und in solcher Menge, dass die Abführung oder sonstige Einbringung 1) eine gesundheitsschädliche Verunreinigung des Wassers oder der Luft, 2) eine erhebliche Belästigung des Publikums zur Folge haben kann. Welche Stoffe, und welche Mengen unter dieses Verbot fallen, bestimmt der Oberpräsident der Provinz. Soweit auf Grund dieser Vorschrift allgemeine Bestimmungen getroffen werden, sind sie in den Amtsblättern der betheiligten Regierungen zu veröffentlichen. § 25. Durch Königliche Verordnung können die Bestimmungen des § 24 auf Meeresbuchten und Haffe ausgedehnt werden. § 26. Das Röthen von Flachs und Hanf in Wasserläufen ist verboten. § 27. Dungstätten und Abortgruben müssen auf Anfordern der Polizeibehörde so eingerichtet werden, dass durch sie eine Verunreinigung von Wasserläufen unbedingt, von andern ober- oder unterirdischen Gewässern aber insoweit ausgeschlossen ist, als dadurch gesundheits schädliche Folgen entstehen können. § 28. Ausnahmen von den zur Durchführung des § 24 zu b getroffenen allgemeinen Bestimmungen können mit Ermächtigung des Oberpräsidenten der Provinz vom Landrathe, in Stadtkreisen vom Regierungspräsidenten zugelassen werden, wenn solches aus über wiegenden Gründen eines öffentlichen oder gemeinwirthschaftlichen Nutzens geboten erscheint. Der Landrath oder Regierungspräsident können Ausnahmen von dem Verbote des § 26 aus überwiegenden Gründen eines gemeinwirthschaftlichen Nutzens, sowie ferner in dem Falle zulassen, wenn wegen Beschaffenheit der Oertlicbkeit die Benutzung des Wasserlaufs zur Flachs- und Hanfbereitung zur Zeit nicht entbehrt werden kann. § 29. Auf die nach § 28 zulässigen Ausnahmefälle finden die Vor schriften der §§ 54 und 56 bis 58 Anwendung. § 30. Unternehmungen, die vom Staate aus Gründen des öffent lichen Wohles, oder in Fällen gemeiner Gefahr auf Anordnung der Polizeibehörde, oder auf Grund einer Verleihung (§§ 68 flgde.) aus geführt werden, bedürfen unter den Voraussetzungen des § 28 der Zulassung der dort bezeichneten Behörden nicht. § 31. Durch die Vorschriften der §§ 24 bis 29 werden weitergehende Befugnisse der Polizeibehörde, polizeiliche Anordnungen zum Zwecke der Reinhaltung der Gewässer zu erlassen, nicht berührt. Die in § 29 erwähnten Vorschriften lauten: § 54. Wesentliche Veränderungen einer genehmigten Anlage bedürfen der Genehmigung, namentlich wenn sie eine vermehrte Nutzung oder Verunreinigung des Wassers, oder eine Veränderung des Wasser standes oder der Richtung oder der Gefällverhältnisse des Wasserlaufs zur Folge haben. § 56. Bei der Genehmigung ist erforderlichen Falls vorzuschreiben, welche Vorkehrungen zur Beseitigung oder Verminderung zu besorgender gemeinschädlicher Folgen von dem Unternehmer zu treffen sind. § 57. Die Genehmigung erfolgt unbeschadet entgegenstehender Privatrechte. § 58. Die Genehmigung kann ohne Entschädigung zurückgenommen werden, wenn die für deren Ertheilung gesetzlich in Betracht kommenden öffentlichen Interessen die Zurücknahme erfordern, sowie wenn nicht innerhalb Jahresfrist, vom Tage der Behändigung der Genehmigung an den Unternehmer an gerechnet, mit der Ausführung des Unternehmens begonnen, oder das Verleihungsverfahren nachgesucht ist. Auf die bei dem Inkrafttreten dieses Gesetzes bestehenden Anlagen finden die Vorschriften der §§ 24 bis 27 keine Anwendung, soweit den Inhabern die Befugniss zusteht, vermittels dieser Anlagen Stoffe in ein Gewässer abzuführen (§ 300). Der Entwurf hat das Eigenthum an den schiffbaren Strömen dem Staate, an den nichtschiffbaren natürlichen Wasserläufen den Anliegern zugewiesen. Bei den geschlossenen Gewässern und künstlichen Wasserläufen entscheidet sich die Eigenthumsfrage im allgemeinen nach § 1, welcher folgendermaassen lautet: Die Gewässer unterliegen den für Grundstücke geltenden Vor schriften des allgemeinen bürgerlichen Rechts, soweit nicht dieses Gesetz ein Anderes bestimmt. Soweit nicht das Eigenthum an ihnen anderweitig bestimmt ist, sind Schifffahrtskanäle Eigenthum des Staates, sonstige künstliche Wasserläufe Eigenthum der Anlieger (§ 12). Der Eigenthümer muss gegen volle Entschädigung die Benutzung des Wasserlaufes und dessen Veränderung für andere nützliche Zwecke gestatten, wenn das neue Unternehmen einen den Nachtheil des Eigenthümers erheblich übersteigenden Vortheil verspricht und anders nicht zweckmässig ausgeführt werden kann (§ 44). Ueber die Unterhaltungspflicht sagt § 131: Die Verpflichtung zur Unterhaltung liegt rücksichtlich 1) der Ströme und ihrer Nebenarme (§ 10) dem Staate; 2) der Hochwasserflüsse den Provinzial- (Kommunal-) Ver bänden und 3) der übrigen natürlichen Wasserläufe den Gemeinden (Guts bezirken) innerhalb ihrer Bezirke; 4) der künstlichen Wasserläufe, soweit sie nicht etwa unter Ziffer 2 fallen, dem Bigenthümer ob. Eine Verpflichtung zu einer über den Begriff der Unterhaltung hinausgehenden grössern Regulirung der Wasserläufe liegt den Verbänden nicht ob. § 52 bestimmt: Folgende Anlagen und Benutzungsarten bedürfen der Genehmigung: 1) Alle Anlagen an Strömen und Schifffahrtskanälen; 2) eine über die Grenzen des Gemeingebrauchs (§§ 59 flgde.) hinausgehende dauernde Benutzung der Wasserläufe zu Ab wässerungszwecken, wenn dadurch zum Nachtheile anderer Betheiligter der Wasserstand des zur Aufnahme benutzten Wasserlaufes erhöht, oder dessen Wasser verunreinigt, oder die Unterhaltung des Wasserlaufes erschwert wird; 3) Anlagen zur Veränderung der Hochwasserflüsse und der sonstigen Flüsse und Kanäle oder zur Benutzung des in ihnen befindlichen Wassers. Ausgenommen sind Anlagen behufs Erfüllung der gesetzlichen Unterhaltungspflicht, ferner solche Anlagen, die innerhalb der nach den §§ 64 flgde. den Eigen thümern zustehenden Nutzungsbefugnisse errichtet werden. Jedoch bedarf es in diesem Falle der Genehmigung, wenn es sich um eine Veränderung handelt und der Eigenthümer des Wasserlaufes nicht zugleich der Unterhaltungspflichtige ist. Die »Genehmigung« dient nur zur Wahrung des öffentlichen Interesses, nicht aber zur Schaffung einer gesicherten Rechts stellung für den Unternehmer. Die Bestimmungen über »Ver leihung« (§§ 68 bis 91) empfehlen wir den Betreffenden zu besonderer Beachtung. Ueber die Rechte des Eigenthümers enthält der Entwurf folgende Paragraphen: § 64. Dem Eigenthümer ist die Benutzung sowie eine zum Zwecke der Benutzung vorzunebmende Veränderung des Wasserlaufs gesetzlich gestattet, soweit sich nicht aus diesem Gesetze Beschränkungen ergeben, oder Rechte Dritter entgegenstehen. Bei den gesetzlich im Eigenthume der Anlieger stehenden Wasser läufen hat jeder das Recht auf antheilige Nutzung, und zwar, soweit es sich um gegenüberliegende Ufergrundstücke handelt, nach dem im § 11, Ziffer 1 angegebenen Maassstabe. § 65. Bei der Benutzung und Veränderung des Wasserlaufs darf der Mitgebrauch der übrigen Eigenthümer nicht beeinträchtigt werden. § 66. Das aus dem Wasserlaufe abgeleitete Wasser muss, soweit es nicht bei der Benutzung verbraucht wird, in das ursprüngliche Bett des Wasserlaufs zurückgeleitet werden, bevor es auf derjenigen Seite, wo die Ableitung stattfindet, das Ufer eines fremden Grundstücks berührt. Auch darf kein Rückstau über die Grenze des eigenen Grund stücks hinaus und keine schädliche Trockenlegung, Ueberschwemmung, Versumpfung oder sonstige Beschädigung fremder Grundstücke herbei geführt werden. § 67. Das nach § 64 dem Eigenthümer zustehende Recht darf ohne das Eigenthum an dem Wasserlaufe und, soweit es sich um einen gesetzlich im Eigenthume der Anlieger stehenden Wasserlauf handelt, ohne das Eigenthum an dem Ufergrundstücke auf andere nicht über tragen werden. Die Ausübung ist übertragbar. Wenn mehrere Eigenthümer über eine Anlage einverstanden sind, so gelten deren Grundstücke in Ansehung der Zulässigkeit der Benutzung und Veränderung als ein einziges Grundstück. Jede verliehene oder genehmigte Stauanlage muss mit einem Merkzeichen versehen werden, an welchem die zulässigen Stau höhen bezeichnet sind. Ueber die Setzung und Bezeichnung des Merkzeichens ist eine Urkunde aufzunehmen. Die Erhaltung der Höhepunkte muss durch Beziehung auf unverrückbare und unver- gängliche Festpunkte gesichert werden. Die Paragraphen 161—163 lauten: § 161. Es ist verboten, grössere aufgestaute Wassermassen plötzlich abzulassen, falls dadurch Gefahren oder Nachtheile für fremde Grund stücke oder Anlagen, oder für das öffentliche Wohl entstehen. § 162. Der Wasserstand darf bei Stauanlagen nicht über die durch das Merkzeichen festgesetzte Höhe aufgestaut werden.