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S04 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 1®. es ganz anders gedacht!« — Ein Anderer hat irgendwo eine Farbe gesehen, die in dieser Anwendung, auf dem gewählten Grunde und zu den Farben der Umgehung ausgezeichnet passte. Bei nächster Gelegenheit wird die gleiche Farbe, so gut man es aus dem Kopfe weiss, anzuwenden versucht. Aber da die andern Bedingungen fehlen, so ist der Ausfall gleich dem vorigen, und es wird wieder so lange probirt, bis man wieder bei der eigenen Unfähigkeit angelangt ist. Hierin Hilfe zu schaffen ist sehr schwer, wenn man allein auf Zureden angewiesen ist. Wenn auch Der oder Jener die Richtig keit dieser Betrachtungen einsieht und den Willen hat, es einmal auf andere Weise zu versuchen, so fehlt doch meist der Muth, ohne den der Wille eben nutzlos bleibt. Aber man sollte sich wenigstens dazu aufraffen, in geschäftsstillen Zeiten gelegentlich Muster zu machen, dies und das zu versuchen, einmal um sich selbst zu belehren und seine Anschauung zu kräftigen, zum andern, um bei Erfüllung wirklicher Aufgaben nach irgend einem der Muster zielvoll arbeiten zu können, ohneprobiren zu müssen. Das Muster machen soll natürlich planvoll geschehen, kein blindes Umher tappen sein, dann wird es sich auch lohnen. Wir sind gern bereit, das Unsere zu einer Besserung beizutragen, indem wir jedem Fachgenossen unsern Rath unentgeltlich zur Ver fügung stellen. Man sende uns Entwürfe oder Probedrucke ein, erwarte aber keine briefliche Antwort, die wir, da wir viel beschäftigt sind, nicht geben könnten. Unsere Ansicht werden wir unter der Rubrik »Kleine Mittheilungen« äussern, und den Rath, den wir ertheilen, so halten, dass auch Andere daraus lernen können. Da wir Erfahrung in solchen Angelegenheiten haben, und da in unserer Redaktion zahlreiche hübsche Muster aus dem In- und Auslande zusammenlaufen, so glauben wir unsern Fachgenossen werthvolle Dienste leisten zu können, und es soll uns freuen, wenn wir dazu recht oft Gelegenheit finden werden. Berliner Typographische Gesellschaft. Sitzung am Mittwoch, 28. Februar 1894, im Vereinslokal, Alte Jacob- strasse 128, abends Punkt 9 Uhr. Tagesordnung: 1. Geschäftliches. — 2. Besichtigung und Besprechung der von der Redaktion der Papier-Zeitung zur Verfügung gestellten Kalender. — 3. Referat der technischen Kommission. — 4. Journal-Revue. — 5. Frage kasten. Gäste sind willkommen! Von 8 Uhr ab liegen die neuesten Fachschriften im Vereinslokale aus. Um zahlreiches und pünktliches Erscheinen bittet der Vorstand. Ausstellung im K. Kunstgewerbe-Museum zu Berlin. (Besuchszeit: Dienstags bis Sonnabends 10—3 Uhr. Sonntags 12—3 Uhr.) Im Lichthofe des Königlichen Kunstgewerbe-Museums ist seit Dienstag, den 20. Februar, die Ausstellung kunstgewerblicher Erzeugnisse Nord-Amerikas, welche bei Gelegenheit der Welt- Ausstellung in Chicago von der Königlichen Staatsregierung an gekauft wurde, eröffnet. Die Ausstellung umfasst Möbel, vorzüglich Stühle, Silberwaaren, Glas, Tapeten, Korbwaaren, Handwerkzeuge, Eisenarbeiten, Schlösser und in besonders reicher Entfaltung Beleuchtungskörper für elektrisches Licht. Zu gleicher Zeit sind die Neu - Erwerbungen des Museums ausgestellt. Die Ausstellung wird bis Anfang April dauern. Die Galerie mit den brennenden Lichtkörpern (aber nur diese) wird auch Dienstags und Freitags Abends von 7—9 Uhr zugänglich sein. Das Glasfenster der Mayer’schen Kunst-Anstalt in München — für die Buchhändlergilde in London bestimmt — bleibt noch bis zum 26. d. M. ausgestellt. Unsere Reichsdruckerei. In der Reichstags-Sitzung am 15. Februar 1894 sprach Abg. von Heereman beim Etat der Reichsdruckerei dem Staatssekretär von Stephan seine besondere Anerkennung dafür aus, dass er die Sonntagsruhe in diesem Institut, dessen Leistungen auf dem Ge biet der Gravir- und Druckkunst, der Kartographie usw. besonderes Lob verdienen, in einem so erfreulichen Maasse zur Durchführung gebracht habe. Staatssekretär v. Stephan dankte für diese Anerkennung, welche besonders den Männern gebühre, die an der Spitze dieses Instituts stehen. Abg. Schmidt-Elberfeld gab dem Wunsche Ausdruck, dass die Erfahrungen und Entdeckungen der Reichsdruckerei auch andern Industriellen zugänglich gemacht werden. Druckerei und Kundschaft. Es giebt viele Leute, die Drucksachen brauchen, die aber nicht hinreichend geschult sind, um ihre Empfehlungen in richtiger Form zu Papier zu bringen. Den Meisten gelingt der Satzbau nicht, Viele begehen Fehler in der Rechtschreibung, und Andern scheinen die Satzzeichen Dinge zu sein, die man nach Belieben fortlassen darf. Es giebt ferner manche Drucker, die von ihrer Muttersprache womöglich noch weniger wissen, oder die so gewissenlos sind, ganz genau auszuführen, was der Auftrag geber zu Papier brachte. Wenn nun zwei so geartete Elemente Zusammentreffen, dann giebts ein doppeltes Unglück. Hier ein Beispiel: Photograph-Art-Atelier von Lindenau Moselstrasse 8. Gegründet 1884. H. Ludewig Prost Weihnachten Bernau Königstrasse 2 (vis ä vis dem Rathhause.) Gegründet 1868. Kochgeehrkes Sußfifum! Zu dem bevorstehenden Weihnachtsfeste, erlaube ich mir ganz ergebenst, meine werthen Kunden darauf aufmerksam zu machen, dass Festaufträge nicht zu lange aufschieben zu wollen, da sonst beim besten Willen nicht rechtzeitig, in meiner, bei mir gewohnten, vorzüglichen Ausführung, liefern kann. Copien jeder Art, vom kleinsten bis zum lebensgrossen Bilde, werden aufs Peinlichste, sorgfältig dargestellt Die beste Aufnahmezeit ist Morgens von 9 bis 3 Uhr Nachmittags. Aufnahmen werden nur von mir selbst vorgenommen. Für Kinderaufnahmen, ist durch die neuesten Requisiten, aufs Beste Sorge getragen, und immer das Atelier geheizt. Ich wiege mich in der Hoffnung, recht bald Ihre geehrten Aufträge entgegenehmen zu können und zeichne hochachtend H. Ludewig. Obiger Inhalt ist auf gewöhnliches rothes Affichenpapier ohne allzugrosse Sorgfalt gedruckt; die uns anstössigen Stellen haben wir unterstrichen. Wir wollen Demjenigen, der das Druckwerk verschickt hat, die Hoffnung lassen, dass es allseitig Beifall gefunden habe, und das, was gesprochen nicht gerade schlecht sich ausnimmt, auch gedruckt durchgehen könne. Unsere Aufmerksamkeit gilt nur dem Drucker dieses Machwerkes, dessen Namen wir aus unverdienter Schonung verschweigen. Welchen Bildungsstand muss dieser Kunstgenosse, müssen seine Hilfstruppen haben, dass sie sogar in der vom Besteller jedenfalls flüchtig geschriebenen Titelzeile die Punkte hinter Photograph(isch)- Art(istisches) fortliessen! Ueber die Verpflichtung eines Druckers, auf Taktlosigkeiten wie Prost (!) Weihnachten aufmerksam zu machen, liesse sich streiten. Aber den ungefügen Satzbau des Anschreibens selbst hätte kein gewissenhafter Drucker unver bessert gelassen. Und der jüngste Setzer-Lehrling müsste im Stande sein, die Interpunktionen richtigzustellen. Zur Ehre des Druckers soll angenommen werden, dass er von seinem Gewerbe nichts versteht, dass er nur aus Unkenntniss solche Arbeiten in die Welt schickt. Er hätte sonst auch nicht seine Firma an den Rand des Blattes gesetzt. Aber wenn Jemand nicht die geringste Fähigkeit für die Ausübung eines Ge werbes hat, dann soll er doch lieber die Finger davon lassen. Lieber in Ehren Handlanger sein, als ein »Buchdruckereibesitzer« traurigster Gestalt. Amerikanisches Schriftsystem. In Nr. 15, S. 468, Spalte 2, Abs. 6, muss es statt 0,1683 bez. 0,166 Fuss heissen: Zoll. Der Satz lautet in richtiger Fassung so: Im Jahre 1882 hatte diese grosse Giesserei (George Bruce’s Son & Co. in New York) also noch ihr eigenes Schriftsystem, dessen Pica 0,1683 Zoll engl. maass, während die Pica des Punktsystems nur 0,166 Zoll engl. misst. Gleichzeitig sei ein Druckfehler berichtigt, der sich im nächst folgenden Absatz findet. Es heisst dort, der amerikanische Punkt messe 0,166 Zoll, während es heissen muss, die amerikanische (Standard) Pica hat dieses Maass.