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Berliner Typographische Gesellschaft. Zur Aufnahme hat sich gemeldet Herr Maschinenmeister Paul Ritter, Büxenstein’sche Druckerei. Die Sitzung vom 14. Februar war zahlreich besucht. Die Besprechung der von der Redaktion der Papier-Zeitung vorgelegten Kalender konnte wegen plötzlicher Erkrankung des Referenten nicht stattfinden. Ueber das Preis-Ausschreiben zur Anfertigung einer Mitgliedskarte entwickelte sich eine lebhafte Aussprache, namentlich über die Frage, ob die besten Entwürfe mit Geld- oder mit Ehrenpreisen bedacht weiden sollten. Die Gesellschaft entschied sich schliesslich für den ersteren Modus und setzte 3 Preise zu 20, 15 und 10 M. aus. Die Entwürfe sind bis zum 1. April an den Vorsitzenden einzusenden, sie müssen mit einem Motto versehen sein und ein verschlossener Umschlag beigegeben werden, der aussen dasselbe Merk wort trägt und innen den Einsender namhaft macht. DieKarte soll eine Höchstgrösse von 10 X 15 cm nicht überschreiten, für 2farbigen Druck eingerichtet und so gehalten sein, dass sie ohne besondere Schwierigkeiten zu angemessenem Preise hergestellt werden kann. Ein Preisrichter-Ausschuss wird über die eingegangenen Entwürfe entscheiden und nach der Bestimmung der 3 Preise die verschlossenen Umschläge öffnen, sowie darüber bestimmen, welcher von den drei besten Entwürfen zur Ausführung gelangen soll. Die preisgekrönten Entwürfe bleiben Eigenthum der Gesellschaft, die übrigen können von den Ein sendern zurückverlangt werden. — Zu Preisrichtern wurden gewählt die Herren Obermaschinenmeister Jahn, Buchdruckereibesitzer Theinhardt, Levin, Wieck und Baumeister. Der Fragekasten enthielt drei Fragen. Die erste betraf die Abhaltung von Vortragsabenden in der Gesellschaft; sie wurde vom Vorsitzerfden dahin beantwortet, dass für die nächste Zeit mehrere interessante Vorträge in Aussicht ständen. Eine zweite Frage behandelte die Stellung von quer gesetzten Tabellen innerhalb laufender Werke; sie wurde dahin beantwortet, dass der Kopf solcher Tabellen stets gegen den Bundsteg gerichtet sein müsse. Die dritte Frage betraf den Einfluss der Abdämpfe von Gas- und andern Motoren innerhalb der Druckerei-Räume auf den Druck bez. das Trocknen der Farbe auf dem Papier. Diese Frage wurde der technischen Kommission, welche am nächsten Dienstag mit dem Vorstand zusammen tagt, über wiesen. Linienschneider. Die Firma J. G. Scheiter & Giesecke in Leipzig hat einen Linien schneider konstruirt, den wir nachstehend abbilden. Der uns zugesandten Beschreibung entnehmen wir Folgendes: Der Apparat ist in erster Linie zum Zerschneiden von Blei linien zu Spatien oder Regletten bestimmt. Stärkere Bleilinien, sowie Messinglinien lassen sich damit nicht gut zertheilen, dies geschieht besser mit einem Handsäge-Apparat (derselben Firma). Der sehr kräftig konstruirte Linienschneider besteht aus dem Gestell mit der Anlegschiene, dem Messer und zwei Anschlägen a und b. Die Schneidkante der Anlegschiene wird durch ein aus wechselbares Stahlplättchen gebildet. Das Gleiche ist mit dem Messer der Fall. Der Drehpunkt des Schneidhebels liegt in einiger Entfernung von dem Messer. Der Schnitt erfolgt nicht wie bei einer Scheere, verlaufend von einem Ende nach dem andern, vielmehr trifft das Messer im Augenblick des Schnittes mit seiner ganzen Schneide fast gleichmässig auf die abzuschneidende Linie auf. Der Anschlag schieber a ist auf der Gleitschiene verschiebbar und kann durch eine auf der Abbildung nicht sichtbare Schraube fest eingestellt, aber auch von der Schiene abgenommen werden. Anschlag b ist auf einem schmalen, unter der Gleitschiene hindurchgehenden Eisen stabe angeordnet und kann mittels dieses Eisenstabes, der durch eine Schraube festzustellen ist, auf genau bestimmte Längen ein gestellt werden. Durch das Anschlagstück b geht ein kleinerer, ebenfalls mittels Schraube feststellbarer runder Eisenstab, welcher die abzuschneidende Linie stützen soll, sodass sie waagrecht liegen bleibt und sich nicht im Bogen wölbt. Der kleine Stab kann bis an die Schneidkante vorgeschoben werden, da die Schiene, auf der der Anschlag b sitzt, nach unten beweglich ist und zugleich mit dem abgeschnittenen Linienstück abwärts gedrückt wird. Druck-Industrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika. Forts, zu Nr. 13. Reisebericht von E. Wentscher. Ich verlasse das interessante Kapitel der Herstellung des Satzes, um auf den nicht weniger interessanten Theil der amerikanischen Druck-Industrie, den Druck selbst, überzugehen. Accidenz-, Werk end Zeitungsdruckereien sind in Amerika schärfer von einander getrennt als bei uns. Die beiden ersteren Kategorieen findet man allerdings auch mit einander verbunden, doch nicht so häufig wie bei uns und nie in Verbindung mit grösseren Zeitungsdruckereien. Dass aber auch Werk- und Accidenzdruck gleich dem Zeitungs druck als Massenfabrikation betrieben wird, davon überzeugt man sich bald, wenn man die Maschinenräume von einigen Werk druckereien besucht hat. Zunächst ist die grosse Anzahl ganz gleichartiger Pressen auffällig. Ich habe viele derartige Druckereien gesehen, die aus schliesslich mit 15—20 Maschinen genau gleicher Konstruktion, natürlich auch gleicher Herkunft, arbeiteten, ferner andere, die zwei und allenfalls drei verschiedene Modelle, aber jedes in grösserer Zahl, benutzten. Eine grössere Anzahl verschiedener Schnellpressensysteme in einer Druckerei habe ich, ausgenommen in der Staatsdruckerei zu Washington, die alle nur möglichen Maschinen besitzt, in keiner Druckerei wahrgenommen. Die Rotationsmaschinen und Tiegeldruckpressen, die man vereinzelt in Werkdruckereien antrifft, bez. die in kombinirten Werk- und Accidenzdruckereien oft massenhaft vorhandenen Tiegeldruck pressen rechne ich hierbei nicht mit. In Amerika druckt man in weit grösserem Umfange als bei uns, auch auf Cylinderschnellpressen, von Stereotypplatten und Galvanos. Diese Platten werden indessen nicht, wie es bezüglich der Stereotypplatten bei uns die Regel ist, von den Druckereien, sondern von Schriftgiessereien oder galvanoplastischen Anstalten hergestellt. Auch die Farbwalzen bezieht man mit Vorliebe von Spezialfabriken, die diesen Artikel in Massenfabrikation herstellen. Diese Arbeitstheilung bietet sich sozusagen von selbst, da es mit zu den Eigenthümlichkeiten der grossen Städte Amerikas gehört, dass die zusammengehörigen Industriebetriebe auch örtlich zusammenliegen. So befinden sich die grossen Zeitungsdruckereien in New York und Chicago in nächster Nähe bei einander, ebenso das Gros der Druckereien überhaupt, vermischt mit Schriftgiessereien, Galvanoplastischen Anstalten, Zink- und Kupferätzereien. Zuweilen finden sich alle graphischen Gewerbe sogar unter einem Dache vereinigt, sodass man schon durch die Besichtigung eines einzigen Gebäudes einen guten Ueberblick über das ganze Gewerbe erlangt. Der dem Amerikaner eigenthümliche Trieb nach Arbeits theilung und Spezialisirung hat übrigens eine bei uns wohl noch unbekannte Spezies von Druckereien gezeitigt, nämlich die eigent liche Druckerei ohne Setzerei. Ich bin in New York, ohne danach zu suchen, mehrfach in solche Druckereien hineingerathen, woraus ich schliesse, dass die genannte Abart nicht ganz selten ist. Die amerikanischen Werkdruckereien sind ohne Ausnahme mit grossen Buchbindereien verbunden, in welchen Maschinenarbeit die Regel ist. Falzmaschinen, Papierschneidemaschinen mit Ein richtungen zum Beschneiden der Bücher, Heft- und Rückenrund maschinen sind überall anzutreffen. Obwohl alle diese Maschinen, bis auf die letztgenannten, namentlich aber die neueren Heft maschinen, ausserordentlich sinnreich konstruirt sind (und daher auch mit grosser Schnelligkeit arbeiten), wird man die Güte der Maschinenarbeit, im Vergleich mit der Handarbeit, doch nur als mittelmässig bezeichnen können. Eine gewisse oberflächliche Eleganz ist dem maschinenmässig hergestellten Einbande zwar nicht abzusprechen; doch fehlt die innere Solidität. Daran scheint mir hauptsächlich die Rückenrundmaschine Schuld zu sein, welche zweifellos roh und unbeholfen arbeitet, während doch gerade von einer sorgfältigen Behandlung des Rückens die Güte des Einbandes abhängt. Aber auch die neuesten amerikanischen Faden-Heft maschinen arbeiten noch nicht mit der erforderlichen Vollkommenheit, insofern als sie keine durchweg gleichmässige Fadenspannunggeben. Falz- und Heftmaschinen werden von Frauen und Mädchen bedient, Schneide- und Rückenrundmaschinen von Männern. Dass im übrigen Druckereibetrieb weibliche Personen nicht beschäftigt werden, habe ich bereits erwähnt. Was nun die Güte des amerikanischen Buchdrucks im Ver gleich zu dem unserigen anbetrifft, so sind darüber von Sach verständigen, welche die letzte Ausstellung besucht haben, die verschiedenartigsten Ansichten geäussert worden. Es scheint danach, dass die Frage, ob Deutschland qualitativ Besseres oder Schlechteres leistet als Amerika, allgemein gestellt, über haupt nicht beantwortet werden kann.