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426 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 14. stehen, dieselben äusser in Gruppe XVI auch unter Galanterie- Waaren auszustellen. Wäre es nicht auch empfehlenswerth, dass die Leitung einer Ausstellung in der Hauptstadt des Deutschen Reichs sich ein wenig bemühte, entbehrliche Fremdwörter durch bessere deutsche zu ersetzen? Wenn irgendwo, so liegt bei solchen Anlässen die Verpflichtung vor, das Deutschthum auch in der Sprache zur Geltung zu bringen, und den Gleichgiltigen den richtigen Weg zu zeigen. Wir empfehlen für: Conto-Bücher — Geschäftsbücher, Schreib-, Zeichen- und Mal-Utensilien — Schreib-, Zeichen- und Mal-Waaren, Galanterie-Waaren — Zier-Kurzwaaren, Cooptation — Zuwahl. »Geschäftsbücher« ist schon längst anstelle von Contobüchern getreten. Schreib- usw. »Waaren« wurde mit der ersten, Januar 1876 erschienenen Nummer der Papier-Zeitung anstelle von Schreib- Materialien eingeführt und wird jetzt schon ziemlich allgemein angewandt. Ob unser Vorschlag für Galanterie-Waaren das Richtige trifft, stellen wir der Beurtheilung der Sachverständigen anheim. D. Red. Papierfabrikation in Indien. Nachdr. verboten. Fortsetzung zu Nr. 10. Auf der Westküste Indiens, in der Bombay Präsidentschaft, gehen die Anfänge der Papier-Fabrikation auch bis in die sechziger Jahre zurück. Die üppige Vegetation mit ihrem Reichthum an anscheinend zur Erzeugung von Papier sehr geeigneten, wild wachsenden Pflanzen verlockte verschiedene Kaufleute, es mit der Papierfabrikation zu versuchen. Aber es wurden nicht die richtigen Maschinen, und wohl auch nicht die richtigen Leute herangezogen, sodass die Unternehmungen nicht über das Versuchs stadium hinaus kamen. Man schien zu glauben, dass das Papier machen gerade so einfach sei, wie das Baumwoll-Spinnen: kaufte eine kleine Einrichtung, liess einen Aufseher von England kommen und meinte, das Uebrige, nämlich der Nutzen, ergebe sich nun von selbst! Es fehlte jedenfalls am richtigen Verständniss, denn einer der Betheiligten erzählte mir z. B., dass ein gewisses Unter nehmen nur aus Wassermangel gescheitert sei, obschon die Gegend reichlich Fabrikations-Wasser für Dutzende von Papiermühlen hat. Die erste Papierfabrik, welche im westlichen Indien grössere Mengen Papier erzeugte, war die Deccan Paper Mill in Poona auf der Hochebene südlich von Bombay. Ich habe vergessen, wer die kleine Fabrik ursprünglich errichtete, aber vor etwa einem Dutzend Jahren war sie ganz in den Händen von Eingeborenen. An Intelligenz, Unternehmungslust und kaufmännischer Bildung fehlte es den Leuten nicht, aber sie schienen der Scheererei mit euro päischen Arbeitern überdrüssig zu sein und wagten es nicht, mehr Geld in ein Unternehmen zu stecken, für welches sie selbst nicht genug Fachkenntniss hatten. Es ist eine merkwürdige Erscheinung, dass viele der europäischen Arbeiter sich mit dem gewöhnlichen Indier auf ganz guten Fuss zu setzen wissen, aber mit den ge bildeten Eingebornen selten auskommen. Es scheint beiden Theilen das Verständniss für die Eigenheiten des Andern ganz abzugehen. Die Deccan Mill hatte mit der Regierung einen Vertrag für die dem künstlichen See bei Poona entnommene Wasserkraft ab geschlossen und that sich viel darauf zu gut. Aber mir schien es, dass die Gesellschaft zu viel bezahlte. Wenn ich mich recht erinnere, erhielten die Leute nur das Wasser und mussten die Turbinen usw. selber stellen, hatten aber dennoch 130 M. jährlich für die Pferdestärke zu bezahlen. Die indische Regierung über schätzt überhaupt durchweg den Werth ihrer Wasserkräfte (über schüssiges Wasser von Kanälen) gewaltig und hat daher, trotz ihres guten Willens, industrielle Unternehmen kräftig zu unter stützen, nur wenige Liebhaber dafür gefunden. Es sind im ganzen noch über 10 000 Pferdestärken zu vergeben, aber ich habe in den verschiedenen Listen keine einzige grössere Wasserkraft finden können, welche preiswerth erscheint, wenn alles, was drum und dran hängt, in Betracht gezogen wird. Viele von den Kräften wären der Lage wegen selbst geschenkt zu theuer. Das von der Deccan Mill hergestellte Papier war kräftig, hatte aber kein gutes Aussehen. Die Eigenthümer erzählten mir 1889, dass sie nun eine Baumwoll-Spinnerei aus der Papierfabrik machen wollten. Dies ist auch inzwischen geschehen. Vor ungefähr sechs Jahren wurde, ebenfalls in Poona, die Reay Paper Mills von einem angesehenen Parsee mit indischem Kapital gebaut. Die Parsees sind Feueranbeter und stammen ursprünglich aus Persien. Viele der angesehensten Kaufleute Bombays gehören zu dieser Rasse, die keine Million Seelen zählt aber dennoch sich rühmen kann, dass eines ihrer Mitglieder von einem englischen Wahlkreis ins britische Unterhaus gewählt wurde. Der erwähnte Parsee sandte einen seiner Söhne nach England, um die Papierfabrikation zu lernen, und bestellte die besten Maschinen. Die Bombay-Regierung unterstützt die Fabrik durch Zuweisung von bedeutenden Aufträgen. Ob die Privat- Gesellschaft finanzielle Erfolge aufzuweisen hat, konnte ich nicht erfahren. Jedenfalls fallen die Eisenbahnfrachten sehr ins Gewicht, und Kohlen sind in Poona vier Mal so theuer, als in Bengalen. Auf der andern Seite sind Preise für bessere Papiere höher in Bombay als in Kalkutta. Der schliessliche Erfolg der Gesellschaft wird wohl davon abhängen, ob sie es versteht, durch geeignete Fabrikationsweise mit möglichst geringem Kohlenverbrauch zu arbeiten. Die Papiere dieser Fabrik sind gut und stehen den jenigen der Bengal-Mühlen . wenig nach. Während des letzten Jahres wurde nur bei Tag gearbeitet und etwa 1000 Tonnen erzeugt. Äusser der Reay Mills besteht in der Bombay-Präsidentschaft, soviel ich weiss, nur noch eine ganz kleine Fabrik, und zwar in Bombay selbst. Sie ist ein Beispiel der Klugheit und Vorsicht der Indier in Geschäftssachen. Ich sah in einigen Webereien Bombays rohgemachtes, aber sehr kräftiges, augenscheinlich aus Tauen hergestelltes Packpapier, wie es die Leute dort für gewisse Zwecke brauchen. Sie bezahlen dafür willig 20 bis 30 pCt. mehr als für die viel besser aussehenden europäischen Holz papiere. Der Eigenthümer der kleinen Papierfabrik ist ein alter mohamedanischer Händler der alten Schule. Ich glaube, er ver steht kein Wort englisch und kümmert sich um europäische Kultur nur insoweit, als er Nutzen daraus ziehen kann. Er scheint sich einige alte Maschinen von in die Brüche gegangenen Unternehmungen um einen Spottpreis — wahr scheinlich als altes Eisen — zusammengekauft und einige Arbeiter, die unter europäischen Aufsehern gearbeitet hatten, angestellt zu haben. Als ich den alten Herrn fragte, warum er mit seinem guten Roh stoff nicht besseres Papier mache, erwiderte er: meine Leute sind ungebildet und verstehen eigentlich nichts vom Papier machen; ich weiss es auch nicht besser, und so bleiben wir halt bei dem, was wir herausgefunden haben. »Uebrigens«, schmunzelte er, »verdiene ich durch Gottes Gnade ein ganz klein bischen Geld dabei«. Er behält seinen Spatz in der Hand und lässt vergnügt zehn andere auf dem Dach pfeifen. Nun habe ich alle Papierfabriken Indiens aufgezählt, mit Aus nahme der Travancore Paper Mills. Um aber diese zu finden, muss der Leser in Gedanken eine weite Reise machen, nämlich von Bombay direkt südlich an der Malabar-Küste vorbei, gegen Cap Comorin zu, bis er zu dem etwa 40 Meilen nördlich von Trevandrum, der Hauptstadt Travancore’s, gelegenen Quilon kommt. Betrachten wir erst das Wunderland, wo die Fische singen und den Brahminen Milch und Honig fliesst, von Bord eines der Küste entlang gleitenden Dampfers. Von Goa an bleibt die Aussicht fast unver ändert. Am Ufer, hart am Meer, ein ununterbrochener dunkler Wald von Kokospalmen, überall gucken kleine braune Hütten her vor, alle paar Meilen glänzt eine schneeweisse katholische oder syrische Kirche aus dem dunkelgrünen Rahmen, den nur ein heller Sandstreifen gleich einer schmalen Goldleiste vom tiefblauen Meere trennt. Ueber den Kronen des Waldes sieht man im Vorder grund einzelne Hügel, dahinter langgestreckte niedere Bergketten und in duftiger Ferne das Gebirge der »Western Ghats«, die höhern Gipfel in den leichten Wolken versehwimmend. Anscheinend in den Palmenwald hineinsegelnde Fischerboote verrathen die Mündungen der Flüsse. Vor Anker liegende europäische Schiffe oder indische und arabische Dhaus (in Indien Pattimars genannt), sowie einige grössere Häuser und ein Leuchtthurm, ist alles, was man selbst von den grössern Städten Tellicherry, Calicut, Cochin, Alleppy sieht. Der röthliche Felsvorsprung gestern war das Fort von Cannanore. Alles Uebrige ist von dem unendlichen Grün verdeckt, oder, wie man nach längerem Aufenthalt an der Küste eher sagen würde, erdrückt. Wenn wir ans Land gehen — ob fünfzig Meilen weiter nördlich oder südlich, macht keinen Unter schied — so finden wir Folgendes: Erst einen 2—10 engl. Meilen breiten flachen Streifen von Kokospalmen, durchzogen von Wasser; bald sind es Kanäle, bald Flüsse und seeartige Lagunen (»back- water«). Dann kommen die sumpfigen Reisfelder und dahinter das schon erwähnte hügelige Land. Nahe der Küste besteht das selbe meistens aus knolligem, eisenschüssigem Thon, dem sog. latente, und ist nur mit Gestrüpp, Fruchtbäumen, vereinzelten Palmen und Bambus bewachsen. Aber gegen die Berge zu wird die Landschaft wilder, die Hügel werden höher und bilden Ketten, und das Gestrüpp weicht mehr und mehr dem eigentlichen Wald, welcher sich an den Fuss des Hochgebirges anschmiegt. Der