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362 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 12 das Leben schwer. Die Preise sind so gedrückt, dass nur solche Fabriken etwas verdienen, die mit grosser Sachkenntniss geleitet werden und günstige Verhältnisse haben. Sie wissen Alle, wie schwer unsere Industrie durch die Gesetzgebung der letzten Jahre gedrückt worden ist, die Abgaben sind so hoch, dass Viele schon keinen Nutzen mehr erzielen. Doch das ist nicht das Schlimmste, die Fabrikanten müssen auch halbe Juristen sein, um nur die Paragraphen alle zu kennen, welchen sie ent gehen müssen, um dem Staatsanwalt nicht in die Hände zu fallen. Jeder Unfall in der Fabrik kann sie mit diesem in Konflikt bringen, und ausserdem dürfen sie die Luft und Wasserläufe nicht ver unreinigen. In Schlesien sind im vorigen Jahre drei Cellulose- Fabriken polizeilich geschlossen worden, weil sie die Wasserläufe verunreinigten. Diese Fabriken beschäftigten mehrere Hundert Arbeiter, die jetzt ihr Brot anderswo suchen müssen. Ich erwähne dies nur, um die Schwierigkeiten zu kennzeichnen, unter denen die deutsche Papierfabrikation jetzt arbeitet. Unter diesen Umständen ist auch nicht zu erwarten, dass aus der Industrie selbst die Summen geschöpft werden können, um die Wasserkräfte in Ostpreussen nutzbar zu machen. Ausserdem wären die Schwierigkeiten des Ausbaues der Wasserkräfte für Private ausserordentlich, weil die Seen und deren Gelände grossentheils fiskalisch sind. Auch die Eigenthumsverhältnisse werden ziemlich verwickelt sein, und schon deshalb würde die Gewinnung der Wasserkräfte nur durch den Staat möglich sein, der sie fertigzustellen hätte und dann sehen müsste, wie er sie am besten bei der Industrie unterbringt. Ich wollte dies nur erwähnen, damit man sich über die Leistungsfähigkeit der Papier industrie keinen Illusionen hingiebt, und in Verbindung damit möchte ich auch noch einen Gedanken aussprechen, der mir dabei kam. Da es sich nämlich um Kolonisation der Ostprovinzen handelt, wäre es vielleicht möglich, dass aus dem Hundert-Millionen- Kolonisationsfonds, der für Posen und Westpreussen geschaffen ist, auch etwas für Ostpreussen ab fällt; Ostpreussen hat wohl dieselben Ansprüche wie die anderen Provinzen, und dort liesse sich das Geld durch Ausbau der Wasserkräfte nutzbarer anlegen. Gleichzeitig würde es in höherem Grade als durch Landwirthschaft zur Kolonisirung dienen. Geh. Rath Gamp glaubt versichern zu können, dass die Staats regierung mit allem Wohlwollen die Bestrebungen der Privat industrie unterstützen würde, um Wasserkräfte zu schaffen und für gewerbliche Zwecke nutzbar zu machen. Für die Papier industrie liegen die Verhältnisse in Ostpreussen wesentlich günstiger als in andern Gebieten, in denen sich jetzt diese Industrie befindet. Gerade die Frage der Abwässer hat im Königreich Sachsen und in Schlesien mit Rücksicht auf die dichte Bevölkerung dieser Gebiete eine andere Bedeutung als in Ostpreussen. In letzterer Provinz — die Verhältnisse dort sind Redner persönlich bekannt — giebt es zum Beispiel grosse Torfbrüche, die sehr wohl als Rezipienten für die Abwässer der Papierfabriken dienen und auf natürlichem Wege eine Klärung derselben herbeiführen könnten. Die Absatz verhältnisse scheinen in Ostpreussen nicht ungünstig zu liegen, da schon jetzt, nach Dr. Frank’s Ausführungen, der Rohstoff von Ostpreussen nach Mannheim gebracht wird, und das Fabrikat wieder nach Ostpreussen zurückgeht. Uebrigens käme bei einer Ausnutzung der Wasserkräfte insbesondere auch die Textil-Industrie in Betracht. Jetzt geht der russische Flachs durch Ostpreussen, um in Mitteldeutschland, ja sogar im äussersten Westen versponnen zu werden. Im Osten wäre schon ein Lohn von durchschnittlich 1 M. 50 Pf. bis 2 M. für die Arbeiter sehr günstig. Der Vorredner hat darin Recht, dass es für den Privat mann ohne Unterstützung der Behörden kaum möglich sein dürfte, die Schwierigkeiten, welche der Ausnutzung der Wasserkräfte im Osten entgegenstehen, zu überwinden. Es ist in der That für den Privatmann, selbst wenn er weiss, dass von dieser oder jener Stelle mit Vortheil 100 oder 200 Pferdekräfte zu gewinnen sind, kaum möglich, diese bei dem Misstrauen der Landwirthschaft den gewerblichen Betrieben gegenüber nutzbar zu machen, zumal die Behörden, und zwar nicht mit Unrecht, sich die Unterstützung der Landwirthschaft und derjenigen Interessenten mehr angelegen sein lassen, die durch die gewerblichen Betriebe unter Umständen gefährdet werden könnten. In dieser Beziehung sind die Unter suchungen des Herrn Prof. Intze von besonderem Werthe und vorzugsweise geeignet, das Misstrauen der Landwirthschaft gegen solche gewerblichen Anlagen und damit die Hindernisse, die der Ausnutzung der Wasserkräfte entgegenstehen, in erheblichem Maasse herabzumindern. Dr. Frank weist darauf hin, dass die Spinnerei-Industrie schon für die erste Anlage sehr bedeutender Kapitalien bedarf, während sie einen im Verhältniss dazu geringen Kraftbedarf hat. Daneben noch | erfordert gerade die Ausbildung der Spinnerei-Arbeiter eine viel jährige, durch Generationen fortgesetzte Schulung und Uebung, und endlich müsste der für den Betrieb nöthige Rohstoff, Baum wolle und theilweise selbst Flachs, von ausserhalb bezogen werden, während das Holz im Lande produzirt wird. Carl Hofmann bemerkt ergänzend, dass keine Papierfabrik bestehen kann ohne Eisenbahn, die aber in Ostpreussen noch schwach vertreten ist. An jeder Wasserkraft von einiger Be deutung müsste ein Schienenstrang entlang gehen, um vortheil haften Betrieb einer Papierfabrik möglich zu machen. Auch diese Nothwendigkeit weist darauf hin, dass Private nicht im Stande sind, die erforderlichen Anlagen zu schaffen. Herr Hadack kennt die Industrie Ostpreussens genau und sagt, dass der ostpreussische Arbeiter mit zu den besten gehört. Ober-Ingenieur Dihlmann (von der Firma Siemens & Halske): Die Hauptschwierigkeiten bei der Ausführung der grossen Projekte scheinen mir darin zu liegen, wie der erste Anfang zu machen sei. Klein anzufangen halte ich für ausgeschlossen, wenn man nicht eine rationelle Weiter-Entwicklung der zu schaffenden An lagen von vornherein in Frage stellen will; gross anzufangen bedingt aber vom ersten Moment an naturgemäss auch grosse Kapitalien, theils für die sehr beträchtlichen Wasserbauten, theils für die ausgedehnten Leitungsnetze, welche erforderlich sind, um die in elektrischen Strom umgesetzte Energie den weit über das Land zerstreut liegenden Interessenten zuzuführen. Wenn diese Kapitalien von der Privat-Industrie beschafft werden sollen, so muss von Anfang an auch eine angemessene Verzinsung derselben in Aussicht stehen. Ob die Verhältnisse des Landes derartig sind, dass sich, wie in den grossen Städten, sofort genug Abonnenten finden werden, um die Verzinsung mehrerer Millionen Aktien neben der Deckung des Betriebs und der sehr beträchtlichen Amortisations-Unkosten mit Sicherheit erwarten zu lassen, er scheint mir sehr fraglich. Ich glaube daher, dass es ausgeschlossen ist, dass die Privat industrie sich von vornherein mit der Angelegenheit beschäftigt, denn sie wird sich sagen, dass sie auf eine absehbare Reihe von Jahren, d. h. solange, bis die geschaffenen Anlagen der Industrie des ganzen Landes gehoben und neue Industriezweige ins Leben gerufen haben werden, dass sie so lange auf eine auch nur einigermaassen günstige Verzinsung ihres Kapitals nicht zu rechnen hat. Ich glaube daher nicht, dass es möglich sein wird, die Frage in Fluss zu bringen, ohne dass von Seiten des Staats recht erhebliche pekuniäre Unterstützung dem Unternehmen ent gegengebracht wird. Der Vorsitzende, Staatsminister Dr. von Delbrück, dankt im Namen des Vereins für die Mittheilungen der Herren Dr. Frank und Prof. Intze und schliesst die Sitzung. Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaaren - Faches, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. J. C. König & Ebhardt’s Buchhaltung für Geschäftsleute. Wenn man die Regeln kennt und befolgt, aus denen die Kunst der Buchhaltung besteht, dann ist das Bücherführen klar und einfach. Freilich muss man auch ein wenig Lateinisch und Italienisch gelernt haben, um zu wissen, was Debitoren und Creditoren, Folien, Fakturen, Rescontro, Saldo, Storno usw. usw. in ehrlichem Deutsch bedeutet. Die neuere Zeit hat mit manchem Zopf, der der Buchhaltung früher anhing und diese schwer fällig und unverständlich machte, gewaltig aufgeräumt; in gleichem Maasse wurden die Eintragungen gekürzt und verein facht. Dies geschah unter dem Zwange der veränderten Ge schäftsverhältnisse: In alten Zeiten hatten nur grosse Kaufleute eine förmliche Buchhaltung eingerichtet; heute führt jeder mittlere Gewerbetreibende, jeder noch so kleine Kaufmann, jeder Pfandleiher Geschäftsbücher. In dem Streben nach Vereinfachung der Buchführung bei Erhöhung ihrer Leistung waren die grossen Kontobuch-Fabriken allezeit die Führenden. Die Fürsorge dieser Anstalten geht neuerdings so weit, dass sie nicht allein die Formulare, so praktisch wie möglich eingerichtet, sondern auch eine ausführliche Anleitung zu ihrem Gebrauch liefern. Die Firma J. C. König & Ebhardt in Hannover legt uns eine einfache »Buchhaltung« vor, die aus folgenden 5 Büchern besteht: Cladde (Verkaufsbuch), Kassabuch, Debitoren-Hauptbuch, Creditoren- Hauptbuch, Bilanz- und Geheimbuch. Dazu giebt sie einen Schlüssel, der je ein probeweise ausgefülltes Formular nebst da zu gehörigen Erklärungen enthält. Diese Erläuterungen sind trotz aller Kürze hinreichend, um Jedermann, der die »Buchhaltung«