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Nr. 11 PAPIER-ZEITUNG. 327 Natron-Zellstoff. Eindicken von Soda-Laugen. Nr. 7 der Papier-Zeitung bringt unter vorstehender Ueber- schrift eine Konzessions-Verweigerung zur Anlage eines Kessels zum Abdampfen der Lauge und Benutzung der sich entwickelnden Dämpfe etwa im Mischer. Warum dafür die Konzession verweigert wird, ist absolut unbegreiflich für einen Fachmann. Die vielen Prozesse, welche solche Fabriken wegen Wasser- und Luft-Verunreinigung durchgemacht haben, sind wohl allgemein bekannt. Durch die erwähnte Anlage wird solche Verunreinigung wesentlich vermindert, da die Laugen in dem Kessel (siehe Jahr gang 1891, Nr. 50 und 1892 Nr. 92) 12—15° Beaum an Stärke gewinnen. Das in Dampf umgesetzte Wasser macht den Kreis lauf wieder durch die Fabrikation, verunreinigt weder Wasser noch Luft, würde aber ohne diesen Kessel durch den Schornstein ver dunsten und vielleicht die Luft der Umgegend meilenweit ver derben. Es wäre interessant zu erfahren, womit die Behörde die Konzessions-Ablehnung begründet. Dass Lauge anstatt Wasser zum Speisen genommen wird, kann doch der Grund nicht sein, da in Belgien, Norwegen und Schweden viele Fabriken schon seit Jahren ohne Gefahr in dieser Weise arbeiten. Reinigung der Kessel wie bei solchen, die mit Wasser gespeist werden, findet nicht statt, da Lauge nicht den geringsten Ansatz von Kessel stein duldet. H. Gewebe aus Holzzellstoff. Hallein, 31. Januar 1834. Im Anschluss an den in Nr. 7 vom 25. Januar 1894 auf Seite 199 gebrachten Artikel »Fälschung von Wolltuch durch Papierfäden« möchte ich mir das Folgende zu bemerken erlauben: Die Zeit, in welcher Papierstoff und namentlich Holzzellstoff für gewisse Zwecke in der Textil-Industrie Eingang finden wird, dürfte nach meinen Erfahrungen nicht mehr fern liegen. Ich habe mir schon vor einiger Zeit erlaubt, Ihre Aufmerksamkeit auf meine Arbeiten in dieser Richtung zu lenken — und gestatte mir dies abermals zu thun. Es ist mir schon vor 10 Jahren gelungen, in den Freiherrlich Ritter’schen Spinnereien in Hrazig bei Görz Gespinnste aus Zellstoff herzustellen — habe aber aus verschiedenen Gründen diesem Gegen stände meine Aufmerksamkeit entzogen. Ich habe damals auf einer Cylindersiebmaschine Faserfilzstreifen gebildet und diese durch Nitschelwerke zu Fäden gedreht, welche ich dann auf gewöhnlichen Spinnmaschinen versponnen habe. Durch eine von der Sächsischen Maschinenfabrik in Chemnitz angemeldete und bei der Auslegung mir zu Gesicht gekommene Patentbeschreibung, welche dieses Problem durch einen Flortheiler zu lösen strebt, wurde ich aus meinem passiven Zustande in dieser Sache wieder aufgerüttelt und habe die von mir damals angewendeten Verfahren zum Patente angemeldet. In ähnlicher Richtung hat auch Herr Gustav Türk damals in Lend- Gastein gearbeitet und sehr schöne Erfolge erzielt. Als Vorläufer des jetzt modern werdenden Koalitionssystems haben wir uns anfangs als Rivalen bekriegt und später gemeinsame Sache gemacht. Wir sind so im Besitze von Patenten, welche uns das weiteste Feld decken, und eben im Begriffe, eine grössere Spinnfabrik zu erstellen. Ich freue mich, Ihnen Muster von Geweben aus reinem Fichten holze zur Ansicht übersenden zu können, darunter einen Tischläufer, dessen Spitzen, ebenfalls aus Fichtenholz, von der Mutter des Herrn Türk eigenhändig geklöppelt wurden. Wenn man bedenkt, dass diese die ersten Anfänge einer neuen Gross-Industrie sind — und wenn man in Rechnung zieht, dass man durch Nitschein auf dem Siebe selbst imstande ist, ganz dünne Fäden herzustellen, welche dann nach der Theorie von Prof. Hoyer eine umso grössere Festigkeit haben werden, da die Drehungszahl, im Verhältniss zu ihrem Durchmesser, eine grössere sein wird, so glaube ich nicht ohne Berechtigung die Hoffnung aussprechen zu können, dass der Papier stoff hier nicht zur Erzeugung minderwerthiger, auf Täuschung be rechneter Waare dienen wird, sondern dass der Zellstoff als billigster, weisser Faserstoff in Verbindung mit einem neuen »nassen Spinn verfahren «, welches im Vergleiche zu dem jetzt angewendeten Spinn verfahren viel billiger kommt und einfacher ist — weniger Maschinen erfordert, berufen sein wird, eine nicht unbedeutende Rolle in der Textil-Industrie zu spielen. Dass wir aber jetzt Möbelstoffe von grosser Schönheit erzeugen können, mag das beiliegende Muster beweisen. Für: Dr. Karl Kellner: L. Ratzmann. Die uns vorliegenden Stoff-Proben sind überraschend schön. Einige sehen aus wie Hanfgespinnst, und um die Widerstands fähigkeit zu erproben, liessen wir ein Gewebe in heissem Seifen wasser brühen, reiben, auswaschen und trocknen, ohne dass es anscheinend von seiner Festigkeit einbüsste. Dies gilt jedoch nur für die Gewebe im Ganzen. Wenn man einen der sehr dicken Fäden ablöst und zerreisst, findet man denselben ebensowenig widerstandsfähig wie papiernen Bindfaden. Ob solche Fäden ge eignet sind, zuverlässige dauerhafte Gewebe zu liefern, bleibt zu nächst noch offene Frage. Es wird auch von der Art der Herstellung der Fäden ab hängen, ob sie billig genug sind, um mit den bewährten und — soweit wir es nach den vorliegenden Proben beurtheilen können — stärkeren Baumwoll-, Leinen-, Jute- usw. Fäden in erfolgreichen Wettbewerb zu treten. Wenn sie nur eine Verschlechterung der Gewebe bewirkten und deshalb zwischen gute Fäden eingemischt würden, so hätte die Menschheit keine Ursache, sich über diese neue Verwendung der Fichte zu freuen. D. Red. Invaliditäts-Quittungen. Einen Beweis, dass die ministeriellen Erlasse häufig fälsch verstanden werden, giebt das Verhalten des Reichs-Versicherungs-Amtes bei der Be gutachtung eingereichter Muster von Invaliditäts-Quittungskarten-Karton, wie aus folgendem Falle ersichtlich ist. Eine provinziale Invaliditäts- und Alters-Versicherungs-Anstalt forderte, ehe sie ihren Bedarf an Quittungskarten deckte, ein Attest der Königl. Versuchs-Anstalt nebst Musterbogen und sandte dieselben an das Reichs-Versicherungs-Amt nach Berlin zur Begutachtung. Das Attest genügte den Ansprüchen in allen Punkten, es fehlte nur die Attestirung der Schwere 277—283 g qm. Infolgedessen sandte das Reichs-Versicherungs-Amt Muster und Attest zurück mit dem Bemerken, dass die fehlenden Punkte zu ergänzen seien. Der nachträgliche Antrag bei der Königl. Versuchs-Anstalt um Ver vollständigung in Bezug auf Gramm-Gewicht ergab insofern ein un günstiges Resultat, als die seiner Zeit eingereichten Bogen 286 g, also 3 g pro qm mehr wogen. Dadurch war das Attest unbrauchbar, und es wurde nöthig, eine zweite Untersuchung machen zu lassen, welche wieder geringe Differenzen im Gewicht ergab und nicht brauchbar war. Abgesehen davon, dass die Vorschrift, vor der Lieferung eine Attestirung des Kartons von irgend welcher frühem Anfertigung zu verlangen, werthlos ist, und gewiss nicht im Sinne des Erlasses liegt, da es doch nur darauf ankommt, dass die wirklich gelieferte Waare den gestellten Ansprüchen genügt, sollte doch auf alle Fälle davon Abstand genommen werden, die Schwere des Papiers im Attest bescheinigt zu verlangen, denn die Königl. Versuchs-Anstalt ermittelt bekanntlich das Gewicht aus den ihr überlieferten Abschnitten bei einem Feuchtigkeits gehalt der Luft von 65 pCt. Da es in der Praxis in den meisten Fällen nicht möglich ist, diesen Gehalt herzustellen, so kann es leicht vor kommen, dass die eingesandten Bogen eine kleine Verschiedenheit auf weisen, welche ohne Belang ist, aber im vorligenden Falle eine Beanstandung zur Folge hatte. Der Sinn der amtlichen Vorschrift ist jedenfalls der, dass 500 bez. 1000 Bogen das erforderliche Gewicht zeigen sollen. Es wäre wünschenswerth, dass die Königl. Versuchs-Anstalt und maassgebende Kreise sich darüber äusserten, ob die hier vertretene Ansicht richtig ist, und die Praxis des Reichs-Versicherungs-Amtes sowie der Invaliditäts- und Alters-Versicherungs-Anstalt dem Sinne des Erlasses des Reichskanzlers vom 13. Juli 1893 über Quittungskarten-Karton entspricht. B. Wir schliessen uns diesem Ersuchen an und sind der Ueber- zeugung, dass es nur klarer Darlegung der Sachlage von maass- gebenden Seiten bedarf, um seitens des ebenso tüchtigen wie all seitig geschätzten Präsidenten des Versicherungs-Amtes Abhilfe zu bewirken. D. Red. Handel der Lehrer. Breslau, 4. März 1894. Der Vorstand des Schlesischen Pestalozzi-(Lehrer-)Vereins berichtete, dass der Ertrag des Schreib- und Zeichenhefte-Geschäfts des Vereins zu Liegnitz infolge Verfügung des Ministeriums, Verbot des Handels der Lehrer, ganz bedeutend zurückgegangen ist. Doch sei eine Petition um Zurücknahme der Verfügung, warm befürwortet von der Regierungsbehörde zu Liegnitz, an maass gebende Stelle abgegangen. Es wäre Sache der schlesischen Fachgenossen, diese Angelegenheit nicht aus dem Auge zu lassen und durch geeignete Schritte für Aufrechthaltung des Verbots zu sorgen. h. Papierprüfung. Die Papierprüfungs-Anstalt von Otto Winkler in Leipzig ver öffentlicht einen neuen Tarif, welchem die preussische Verordnung vom 17. November 1891 (Vorschriften bei Lieferung und Prüfung von Papier zu amtlichen Zwecken) und eine Besprechung der Prüfung verschiedener Papierarten beigedruckt ist. Der Tarif zur Kostenberechnung zerfällt in drei Theile, nämlich: 1) Gutachten über Zweckmässigkeit eines Papiers; 2) Gut achten über Lieferungs-Ausfall; 3) Prüfungen nach Spezial- Angaben. Ferner haben in dem Hefte auch die z. Zt. geltenden Vorschriften für Postkarten-Karton, Quittungskarten für Invaliditäts- und Altersversicherung, Frachtbriefpapier usw. Aufnahme gefunden.