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234 Sachliche Mitthellungen finden kostenfreie Aufnahme. • Nr. 8. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. Buchdruck ee ® e e Steindruck Buchbinderei ® ® ® ® ® Buchhandel Eingesandte Werke finden Besprechung. Berliner Typographische Gesellschaft. Sitzung am Mittwoch, 31. Januar 1894, im Vereinslokal, Alte Jacob- strasse 128, abends 9 Uhr. Tagesordnung: 1. Geschäftliche Mittheilungen. — 2. Entlastung des Kassirers. — 3. Wahl der technischen Kommission. — 4. Preis-Ausschreiben für die Mitgliedskarten. — 5. Technische Neuheiten. — 6. Fragekasten. Gäste sind willkommen! Von 8 Uhr ab liegen die neuesten Fachschriften im Vereinslokale aus. Um zahlreiches und pünktliches Erscheinen bittet Der Vorstand. Druck-Industrie der Vereinigten Staaten von Nordamerika. *) Reisebericht von E. Wentscher, Ingenieur im Kaiserlichen Patentamt. Denjenigen Lesern, welche Nordamerika bereits kennen, sage ich nichts Neues, wenn ich behaupte, dass eine technische Studien reise nach jenem Lande ebenso lohnend wie anregend ist und eine werthvolle Erinnerung für das ganze Leben bildet. Um so interessanter gestaltet sich eine solche Reise, wenn sie mit einem so denkwürdigen Ereigniss, wie die Columbische Ausstellung in Chicago, zusammenfallt und einem Industriezweige gilt, der zu den fortgeschrittensten des Landes gehört. Die amerikanische Druck-Industrie nimmt mit Recht das Verdienst in Anspruch, derjenigen aller übrigen Länder überlegen zu sein; kein vorurtheilsfreier Beobachter kann sich dieser Ueber- zeugung verschliessen. In der Qualität den Erzeugnissen Europas meist ebenbürtig, in gewisser Beziehung sogar überlegen, lässt sie in der Quantität und in der Anwendung geeigneter Maschinen die alte Welt weit hinter sich. Bezüglich der Qualität will ich, um Missverständnissen vorzubeugen und mich später gelegentlich darauf berufen zu können, hier gleich bemerken, nach welchem Maassstab meiner Meinung nach amerikanische Verhältnisse beurtheilt werden müssen. Jedes Volk hat seine eigene Art. Die Deutschen, als das Volk der Gründlichkeit, betrachten jedes Ding von zwei Gesichts punkten aus, einmal als »Ding an sich«, sodann mit Rücksicht auf das Ganze, dem es als Theil dient. Dabei wird dann gelegentlich und zum Schaden des Ganzen auf Einzelheiten und Nebensachen zu viel Gewicht gelegt. Anders der Amerikaner. Stets nur einen ganz bestimmten Hauptzweck im Auge, verschmäht er es grundsätzlich, auf Einzelheiten, d. h. die Mittel zum Zweck, auch nur im Geringsten mehr Sorgfalt zu verwenden, als für den Gesammtzweck durchaus erforderlich ist. Alles Ueberflüssige wird daher über Bord geworfen und das Nothwendige so einfach wie möglich gestaltet. Wenn auch bei dieser Behandlungsweise der ' Gesammtzweck nach unsern Begriffen zuweilen nur mangelhaft erreicht wird, so dürfen wir nicht vergessen, dass der amerikanische Produzent in erster Linie, in unserm Falle sogar ausschliesslich, für den amerikanischen Konsumenten arbeitet. So lange dem letztern, gleichviel aus welchem Grunde, das Produkt des erstern genügt, kann man vernünftigerweise dasselbe nicht mangelhaft nennen. In der Verkennung dieses Umstandes liegt meines Erachtens der Grund für die absprechenden Urtheile über Amerika, die man häufig genug von Deutschen hört, welche sich nur kurze Zeit dort aufgehalten haben. Auch ich habe zuerst alles von meinem deutschen Standpunkte aus beurtheilt, bin aber sehr bald, durch die Macht der Thatsachen gezwungen, zu der Einsicht , gelangt, dass jener andere Standpunkt der allein richtige ist. In , Folgendem einige charakteristische Beispiele zur Erläuterung des J eben Gesagten. j Die von den grossen amerikanischen Zeitungsdruckereien j verwandte Farbe erscheint im Druck etwas weniger schwarz als ] *) Wir geben hier einem auch auf dem Gebiete des Druckwesens * erfahrenen Berichterstatter das Wort, ohne uns mit den Urtheilen und 1 Ansichten zu identifiziren, die nicht immer unsere Meinung treffen. • Sachlich widersprechenden Einsendungen werden wir gern Raum geben. 1 D. Red. < bei uns üblich. Der Grund dafür ist in dem Umstande zu suchen, dass die enormen Auflagen dieser Zeitungen in kurzer Zeit - hergestellt sein, die Rotationsmaschinen also sehr schnell laufen müssen. Dicke konsistente Farbe würde sich dazu nicht eignen. Wollte man in dieser Einzelheit einen Mangel der amerikanischen Zeitungen erblicken, so würde man einseitig ‘ und ungerecht urtheilen. Denn abgesehen davon, dass dem Amerikaner seine Zeitungen genügend schwarz gedruckt sind, hat die Verwendung dünnerer Farbe bei schnellem Rotationsdruck den Vorzug, dass die Buchstaben klarer und schärfer erscheinen, dass Abschmutzen sowie Verschmieren durch die Band- und sonstigen Leitungen so gut wie ausgeschlossen ist, und dass der Druck weit weniger durch das Papier schlägt. Da ferner Antiqua an und für sich leichter lesbar ist, die amerikanischen Typen wegen der weitern Zurichtung eine klarere Schrift ergeben und im allgemeinen besseres Papier benutzt wird, so liest sich eine amerikanische Zeitung trotz der grauen Farbe ohne Schwierigkeit. Dass die amerikanischen Drucker und das amerikanische Publikum da, wo ästhetische Rücksichten in Frage kommen, den Werth einer tiefschwarzen Farbe sehr wohl zu schätzen wissen, und dass auch die amerikanischen Farben-Fabriken vorzügliche Farbe herstellen können, beweisen der bessere Werk-, Illustrations-und Accidenzdruck, der hinter unsern besten Leistungen auf diesem Gebiet nicht zurücksteht, bezüglich der Autotypie die selben sogar übertrifft. Eine grosse Zahl amerikanischer Zeitungen stellt ihren Satz mit der später zu besprechenden Linotype-Maschine her. Diese Giessmaschine liefert nicht einzelne Typen, sondern ganze Typen zeilen. Der danach hergestellte Druck zeigt an und für sich un bestreitbare Mängel, wie schadhafte Buchstaben, ungleichen Buch stabenabstand, ungleichen Aussatz, mangelhafte Linie, Uebelstände, die in den 12 Jahren des Bestehens der Maschine bisher nicht beseitigt werden konnten und die Einführung der Maschine äusser in Zeitungsdruckereien bisher unmöglich machten. Trotzdem handeln die Amerikaner meines Erachtens sehr vernünftig, wenn sie die Maschine mehr und mehr zur Herstellung von Zeitungs satz verwenden. Ihre Vorzüge für diesen Zweck sind so überwiegend, dass jene Mängel nicht in Betracht kommen. Auch wird die Lesbarkeit der Schrift dadurch nicht sonderlich beeinträchtigt Daraus aber herzuleiten, dass die Amerikaner überhaupt keinen Werth auf gute Schrift legen, wäre falsch. Thatsächlich ist die amerikanische Schriftgiesserei hoch entwickelt und erzeugt Lettern von grösster Feinheit und Genauigkeit. Bei unsern Druckmaschinen legen wir den grössten Werth auf tadelloses »Register« und benutzen fast ausschliesslich die jenige Schnellpressengattung, welche mit abwechselnd rotirendem und stillstehendem Druckcylinder arbeitet und sehr exaktes An legen ermöglicht. Dieses Faktum wird auch von amerikanischen Druckern nicht bestritten; es hindert sie aber nicht, neben der auch bei ihnen bekannten Stop Cylinder Machine, und zwar sehr viel allgemeiner als diese, die Maschine mit ständig rotirendem Cylinder (Two Revolution Machine') anzu wenden. Wenn letztere auch theoretisch kein ganz so genaues Register giebt, so genügt dasselbe doch nach Ansicht der amerikanischen Drucker für die weitaus meisten Fälle. Freilich darf nicht übersehen werden, dass der amerikanische Anleger (Anlegerinnen gehören zu den Seltenheiten), was Schnellig keit und Sicherheit betrifft, Meister in seinem Fache ist, wie schon daraus hervorgeht, dass bei einfachem Schwarzdruck weder punktirt wird, noch bewegliche Anlegemarken (Anlegeschieber) in Anwendung kommen. Die letztern kennt man in Amerika über haupt nicht, was gleichfalls zum Theil auf Rechnung des bessern Papiers zu setzen ist. Auch wirken mit Rücksicht hierauf ge legentlich vorkommende Ungenauigkeiten im Register nicht störend, da der Druck nicht durchschlägt. Trotz der an und für sich mangelhaftem Einrichtung der Anlegevorrichtung und der wesent lich grössern Leistung der in Amerika verbreitetsten Druck maschine lässt sich gegen das Register amerikanischer Druck erzeugnisse kaum etwas einwenden. Ebensowenig liegt ein Grund