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Nr. 7. PAPIER-ZEITUNG. 225 Verletzung des Patentes Workman. 69039] Tribunal Civil de la Seine. Dieser Gerichtshof hat am 16. Mai 1893 folgendes Urtheil gefällt: Workman, Buchbinder in Chicago, Patent-Inhaber eines in Frankreich und allen anderen Ländern am 6. Oktober 1891 patentirten verbesserten Buchbinder-Verfahrens verfolgt Dechamps, Geschäftsbücher-Fabrikanten in Paris, wegen Fälschung laut Strafantrages vom 14. November 1892. Die patentirte Erfindung ist eine Verbesserung der Buchbinderkunst, indem sie bewirkt, dass die Bücher, an welcher Stelle immer sie auf geschlagen werden, sich vollkommen flach auflegen. Um zu vermeiden, dass die Bogen am Rücken der Bücher eine krumme Fläche bilden, wenn das Buch aufgeschlagen ist, was beim alten System dadurch geschieht, dass der Leim zu weit in das Buch eindringt, und um den Einband solider und gleichmässiger auf der ganzen Rückenfläche des Buches zu machen, was bei Anwendung von transversalen, in Zwischen räumen angebrachten Bändern nicht möglich ist, näht Workman alle Lagen auf einen Stoff, welcher Klebstoff durchlässt, die Rücken der Lagen in ihrer ganzen Länge bedeckt und von innen und aussen an die Lagen geleimt wird, ohne dass der Klebstoff über die äussersten Kanten der Lagen in das Buch hineindringen kann. Dann treibt er mittels Klopfens mit einer Bürste Klebstoff und Stoff in die Zwischen räume der Lagen hinein, wodurch die Solidarität der einzelnen Lagen unter einander entsteht. Dieselben hängen an dem sie alle gemeinsam bedeckenden Stoff durch doppelte Leimung und doppeltes Nähen fest. Im Mai 1892 wurde von Ddchamps ein Licenzvertrag unterzeichnet, um das Recht zu erlangen, nach Workman gebundene Bücher verkaufen zu dürfen, die zur Kenntlichmachung, dass sie nach dem Patente gebunden sind, Licenzstempel zu tragen haben. Am 7. Oktober 1892 nahm Dechamps ein Patent in seinem eignen Namen, am 7. November fand auf Veranlassung Workman’s eine Konfiskation bei De'champs statt, am 14. November wurde die Strafanzeige gemacht und auf Schadenersatz und Insertionen des Urtheils in den Zeitungen geklagt. In seinem Patent bringt Dechamps besonders die Befestigung der Lagen an breiten Bändern aus einem Klebstoff durchlassenden Stoff in An wendung, so dass beim Leimen des Rückens der Klebstoff durch Klopfen und Reiben durch die Bänder dringt und den Zusammenhang der Lagen bewirkt, ohne dass der Klebstoff zu weit eindringe; ferner verwendet er die doppelte Heftung. De'champs’ System ist, äusser dass er an Stelle eines aus einem Stücke bestehenden Stoffes sehr breite, fast den ganzen Rücken bedeckende Bänder aus einem ähnlichen Stoffe nimmt, genau dasselbe wie Workman’s, welches Dechamps mitgetheilt wurde im Vertrauen auf den mit ihm geschlossenen Vertrag, und diese einzige Aenderung, deren Endzweck nur der ist, die Fälschung zu maskiren, zeigt Dechamps’ böse Absicht, der, als er sein Patent nahm, den Fach männern nicht glaubte, die er heute anruft. Der Gerichtshof hat genügende Beweise, um den verursachten Schaden auf 200 Francs festzusetzen und auf vier Insertionen in vier verschiedenen Zeitungen zu erkennen. Aus diesen Gründen erklärt das Gericht: 1) De'champs für einen Fälscher des Patentes Workman; 2) erklärt es das Patent, welches Dechamps genommen, für null und nichtig; 3) befiehlt die Konfiskation der gefälschten Gegenstände und Zustellung derselben an den Kläger; 4) erkennt die Fälschung als eine Verletzung des zwischen beiden Parteien geschlossenen Vertrages und verurtheilt Dechamps zu 200 Francs Schadenersatz; 5) autorisirt Workman, auf Kosten Dechamps’ vor stehendes Urtheil viermal in vier verschiedenen Zeitungen Frankreichs und des Auslandes zu veröffentlichen; 6) weist De'champs mit seinen Forderungen, Zielen und Anträgen ab; 7) verurtheilt De'champs zur Tragung aller Kosten. Die Geschäftsbücherfabrik Rudolph Strelez, Wien, I., Woll zeile Nr. 7, fertigt bereits Bücher nach dem Systeme Workman, und kann sich jeder Interessent bei obiger Firma selbst überzeugen, dass durch die Anwendung des Patentes Bücher hergestellt werden, welche jedem Ansprüche an die Dauerhaftigkeit und dabei an ein absolut flaches Aufschlagen im vollsten Maasse entsprechen. Ferner sind bei Nikolaus Jekel, Wien, VII., Siebensterngasse 7, Telephon Nr. 680, Normal-Contobücher mit Workman’s Patentheftung in grosser Auswahl vorräthig. Die Geschäftsbücherfabrik Gustav Feitzinger & Co., Wien V., Straussengasse Nr. 20/22, befasst sich mit Workman-Büchern als Specialität. Ihr Erzeugniss widersteht intensivstem Gebrauche, ohne im mindesten an Festigkeit einzubüssen. Das altrenommirte Etablissement Jg. v. Kleinmayr & Fed. Bam berg, Laibach, findet sich bestimmt, alle Geschäftsbücher nur nach Workman zu binden, und hat ein Alleinrecht darauf für das ganze Kron land Krain erworben. Bibliotheksbände nach Workman in höchster Vollendung liefert die k. k. Universitäts-Buchbinderei Georg Rautter’s Wwe. & Sohn, welche Folianten so gut wie Duodez-Bändchen, flach aufschlagbar, und an der aufgeschlagenen Stelle flach liegen bleibend, herstellt. Für Wörterbücher und Lexika ist Workman’s Heftung durchaus unent behrlich. Die k. k. Hof- und Staatsdruekerei schreibt: „Der gefertigten Direktion gereicht es zum Vergnügen, Ihnen mittheilen zu können, dass die nach Ihrem patentirten System Workman hier gebundenen Bücher unseren Erwartungen nach jeder Richtung entsprechen, und wir deshalb das Patent Workman als ein vorzügliches erklären können.“ Die k. k. Hof- und Staatsdruckerei hat das Verfahren Workman als erste Anstalt in Europa zugleich mit den grossen französischen Anstalten eingeführt. Das Verzeichniss der nach Patent Workman arbeitenden Anstalten wird fortgesetzt. Die Plenarversammlung der Buehbinder-Genossensehaft in Budapest beschloss einstimmig die Herausgabe folgenden Amtszeugnisses: „ . . . Die Versammlung erklärt auf Grund der stattgehabten Unter suchung, dass Workman’s Verfahren angesichts seiner festgestellten vor züglichen Eigenschaften die bisher übliche Methode an Zweckmässigkeit, Vortheilhaftigkeit und Festigkeit weitaus übertrifft und folglich allen Fachgenossen wärmstens empfohlen wird.“ . . . Workman’s Verfahren kann von jedem intelligenten Buchbinder ohne Neuanschaffung von Maschinen sofort ausgeübt werden. Licenzen vergeben die Besitzer des österreichisch-ungarischen Privilegiums und Vertreter für die übrigen europäischen Patente B. Traub & Co., Wien, L, Nibelungengasse 4. Jedes nach Workman gebundene Buch muss auf der Innenseite des Deckels einen Workman-Taxstempel tragen, wie solche von B. Traub & Co. käuflich zu erhalten sind. Nach Workman gebundene Bücher ohne Workman’s Taxstempel in Verkehr zu bringen, ist gesetzlich verboten; die Schuldigen werden strengstens verfolgt, und die gefälschten Bücher werden confiscirt. Es liegt also im Interesse aller Käufer, auf das Vor handensein des Workman-Taxstempels zu achten.