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Nr. 7. PAPIER-ZEITUNG. 201 Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaaren - Faches, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. Kalender-Biankette. Die von der Chromolithographischen Kunstanstalt Willner & Pick, Teplitz i. Böhmen, alljährlich heraus gegebenen Kalender-Biankette erheben sich weit über das Gewöhnliche, sie sind in Entwurf und Ausführung Sachen von wirklichem Kunstwerth. Die uns vorliegenden vier Muster ver treten zwei nachstehend abgebildete Arten. Bei einer sind 12 Monatsfelder rings um ein hübsches Bild (Knabe mit Hund, Mädchen mit Katze) angeordnet, bei der andern soll der Kalender in zwei Feldern untergebracht werden. Als Mittelstück dient hier ein Blumenstück oder Vögel auf Blumenzweigen. Die Verbindung der Felder zu einem Rahmen von einheitlicher Wirkung geschah durch naturalistische Pflanzengewinde oder durch gefällige Rokoko- Ornamente. Die farbige Ausführung dieser Kalender ist so meisterhaft, besonders die Blumenstücke sind so reizvoll behandelt, dass man bedauert, die schönen Bilder nicht hinter Glas und Rahmen bringen zu können. Velour-Malerei. Seit Nadelarbeit bei vielen Damen etwas äusser Geschmack gekommen ist, gilt allerhand Pinselwerk für fein und zum guten Ton gehörig. Man bemalt Holz- und Gips-Gegenstände, Metallsachen, Thonwaaren usw. Die bemalten Dinge sind meist sehr kostspielig, und den Damen nicht nur, die ihre Fertigkeit zeigen wollen, sondern auch den Händlern, die von allen Gegenständen Lager halten sollen, wurde die Sache mit der Zeit recht theuer. Denn auch auf diesem Gebiete führt Göttin Mode die Zügel, und was heute noch »reizend«, »süss« und »entzückend« ist, kann morgen »abscheulich«, »furchtbar hässlich« und so weiter sein. Das Malen ist übrigens ebenso eine Kunst wie das Musiziren; nicht Jede, die einen Pinsel in die Hand nimmt, hat sofort auch das Geschick, es mit Berufsmalern aufnehmen zu können. Viel näher liegt der weiblichen Natur die Beschäftigung mit Seide und Wolle, und die Firma Otto Bach mann in Saulgau (Württemberg), die unter dem Titel ^Velour- Malerei« ein neues Dekorations-Verfahren in den Handel bringt, hat den Damen ein Feld eröffnet, auf welchem sie mehr zu Hause sind. Die Velour-Malerei ist sehr einfach. Eine auf Karton in Strichen vorgezeichnete Blattgruppe z. B. wird mit Fixirfarbe an gelegt, und auf diesen klebrigen Grund wird farbiger Wollstaub mittels einer Federpose aufgetragen. Die verschiedenen Färbungen werden durch die entsprechende Sorte Wollstaub erzielt, und Mischfarben, z. B. gelbliches Roth, erzeugt man einfach dadurch, dass man Roth und etwas Gelb in die Federpose nimmt, schüttelt, und dann die Mischung auf den vorbereiteten Grund bringt. Auf diese Weise lässt sich jeder Farbton erzielen. Uns liegen aus geführte Velourmalereien vor, die sammetartigen Eindruck machen und dem Verfahren ein günstiges Prognostikon stellen. Besonders grössere Theile, wie grosse Blätter mit wechselnden Schattirungen, Blüthen usw., sind gut gelungen, während für kleinere Darstellungen das Verfahren weniger geeignet scheint. Die Velour-Malereien können auf jedem Grunde, Papier, Holz, Stoff usw., aus geführt werden, und man kann Dekorations-Gegenstände, Photo- graphie-Rahmen und dergleichen damit ansprechend verzieren. Auf diesem Wege lassen sich bisher unbekannte Wirkungen erzielen. Eine Photographie z. B. wird auf hellen oder dunklen Karton geklebt, der ringsum 10 cm oder mehr übersteht. Dieser Raum nun wird durch velour-gemalte dekorative Zweige und der gleichen zu einem hübschen Rahmen umgestaltet. Man kann sogar, indem man die Kante der Photographie mit einer dicken Velourlinie umzieht, den Eindruck des Aufgeklebtseins verwischen und eine ganz tadelfreie Verbindung von Bild und Hintergrund erzielen. — Der uns vorliegende Arbeitskasten ist 26,5 X 39,5 cm gross, ganz aus starkem, emaillirtem Blech hergestellt; er enthält 20 Büchsen mit verschiedenfarbigem Velourstaub, 1 Büchse weisse Fixirfarbe, 1 Flasche Verdünnungsmittel und in einem Nebenfach 5 Gläser mit farbigem Glimmer und Goldperlen, sowie mehrere gute Pinsel. In einer eleganten Mappe sind 12 grosse auf starken weissen oder farbigen Karton gedruckte Kunstblätter enthalten, die in Federzeichnung ausgeführt und zur Eintragung der Velour-Farben bestimmt sind. Bei einem dieser Blätter sind kleine Zahlen ein geschrieben, die angeben, in welcher Farbe die betreffenden Theile angelegt werden sollen. Das Verfahren ist in Deutschland und andern Staaten geschützt. Ein uns vom Verleger gewidmetes fertig gemaltes Blatt kann in der Redaktion eingesehen werden. Waaren-Etikett. Etiketten, die an Tuchen usw. angebracht werden sollen, musste man entweder annähen oder mit einer Nadel oder einer Heftklammer befestigen, die durch Etikett und Stoff getrieben werden musste, und deren Spitzen hinten umge bogen wurden. Die freiliegenden Nadelspitzen gaben häufig Anlass zu schmerzhaften Verwundungen, waren ferner beim Hin- und Herschieben der Waaren hinderlich, bogen sich auch wohl auf und gaben das Etikett frei. F. Tiedtke (in Firma D. Grimme & Co. Nachfolger) in Goslar hat nun nachstehend abgebildete und be schriebene Formung erfunden und sich schützen lassen: Fig. 2. Das Etikett (Fig. 1) besteht aus 3 Theilen, zwei vollen Blättern und einem spitz auslaufenden Lappen b, der, wie aus Fig. 2 her vorgeht, in einen Ausschnitt a der rückseitigen Klappe ge schoben werden kann. Bei e und d sind die beiden Klappen geschlitzt. Das Etikett wird so auf den Stoff gebracht, dass die Klappen diesen umfassen, dann wird von der Vorderseite her eine mit Kopf versehene, zwei kurze Nadeln tragende Klammer durchgesteckt, deren Spitzen d und c hinten umgebogen werden. Hierauf schlägt man den Lappen b in die Höhe, steckt ihn bei a in den Schlitz und hat dadurch die Nadelspitzen verdeckt und sie allen Fährlichkeiten entrückt.