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104 PAPIER-ZEITUNG. Nr. 4. oder vierten Finger durch senkrechte Stützen (d in Fig. 2), welche ihren obern Haltpunkt in dem überhängenden Theil des Press balkens haben. So gebaute Finger-Balken waren in Chicago zu sehen und machten den Eindruck durchaus solider Bauart. Es könnte nun die Frage aufgeworfen werden, ob ein Finger- Balken unbeschadet der Solidität nicht dadurch nachtheilig wirke, dass in der obern Schicht des Papierstosses unliebsame »Finger- Eindrücke« Zurückbleiben. Darauf wäre zu erwidern, dass beim Anziehen der Balkenschraube meist zu viel Kraft aufgewendet wird. Wird die Schraube des Finger-Balkens nicht stärker angezogen, als es zum Festhalten des Papierstosses nöthig ist, so bleiben keine irgendwie nachtheiligen Eindrücke zurück. Bei bauschigem Druck- und Seidenpapier kommt es vor, dass die oberste Schicht in die Aussparungen des Balkens gedrängt wird, jedoch nicht in dem Maasse, dass das unbedingte Flachliegen des Stosses beein trächtigt würde. Fig. 3 zeigt eine Carver-Schneidemaschine, mit dem Finger- Winkel bis hart an den Rücken des Finger-Balkens vorgeschoben; der letztere selbst ist aus der Zeichnung nicht ersichtlich. Bibliothekzeichen. Forts, zu Nr 3. Während in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts die weitaus grösste Mehrzahl der Bibliothekzeichen in dem kräftigen, energischen Holzschnitt hergestellt ist, überwiegen in der zweiten Hälfte dieses Jahrhunderts die mit der Radirnadel ausgeführten, deren Anfertigung zum grössten Theil durch die Nürnberger Künstler Virgil Solis, Jost Amman, Mathias Zündt, Hans Sibmacher geschah. Das Urwüchsige und Wuchtige, das echt Deutsche, was den Holzschnitt der Blüthezeit der deutschen Kunst aus zeichnet, muss auch auf dem Gebiete der Bibliothekzeichen dem Gezierten, Manierirten und Gekünstelten Platz machen; doch haben es die Nürnberger Radirer trotzdem noch verstanden, reizende Blättchen zu fertigen, die heute noch das Entzücken der Sammler bilden und als mustergiltige Vorbilder für heraldische Arbeiten dienen. Einige hübsche und charakteristische Vertreter dieser Gattung sind die unter Fig. 6 und 7 abgebildeten Bibliothekzeichen eines Wimpheling, radirt von Mathias Zündt im Jahre 1568, und das Fig. 3. Beiläufig bemerkt ist dieser Carver-Schmalschneider auch noch mit einer weitern hübschen Neuerung versehen. Das Kurbel rad der Schraube des Anstoss Winkels trägt in zifferblattförmiger Anordnung eine Theilung von 16 amerikanischen Zollen mit Halben- und Viertelzollen zum Vorausbestimmen des Abstandes des Winkels von der Schneidlinie. Fabrizirt wird diese Maschine von C. R. Carver in Philadelphia. G. Kraft. Kolportagehandel. Die Agitation des Buchhandels gegen den Antrag der Abgg. Gröber und Hitze auf Abänderung der Gewerbeordnung findet lebhafte Unterstützung von Seiten der Angehörigen der ver schiedenen Buchgewerbe. Aus den Kreisen der Buchdrucker liegen bereits Zustimmungserklärungen zu dem Proteste gegen den Antrag vor von Seiten folgender Korporationen: Bund der Buchdrutkereibesitzer (Berlin), Deutscher Buchdrucker-Verein (Vorsitzender Bruno Klinkhard in Leipzig), Innung Leipziger Buch druckereibesitzer (Leipzig), Deutscher Buchdrucker-Verein (KreisV Bayern) München, Verein Münchener Buchdruckereibesitzer (A. V.) München, Deutscher Buchdrucker-Verein Sektion HI (Main). Auch die Handelskammern haben zum Theil Veranlassung genommen, sich über den Antrag missbilligend auszusprechen. Die Leipziger Handelskammer hat u. a. Vertreter in das Leipziger Agitations-Komitee gesandt und die Handelskammer zu Bielefeld vor kurzem eine öffentliche Protestversammlung der Gewerbe treibenden einberufen. Kleine Mittheilungen. + Adolph Isermann, der Nestor der Papier-Stereotypie, ist am letzten Weihnachtsfest hoch betagt in Hamburg gestorben. Er war der Erste in dieser Kunst und war auch der Verfasser des ersten Lehrbuchs derselben. Sein blühendes Buchdruckerei- Geschäft hat er vor einigen Jahren einem tüchtigen Nachfolger übergeben. Fig. 6. Bibliothekzeichen eines Wimpheling, radirt von Mathias Zündt, 1568. etwas jüngere des Nürnberger Patriziers Julius Geuder zum Heroldsberg, welches den ausserordentlich fruchtbaren Künstler Jost Amman zum Urheber hat. Die Grössenmaasse der Bibliothekzeichen sind schon im 16. Jahrhundert sehr verschieden; es giebt solche, die nicht 10 cm hoch sind, während andere beinahe eine Höhe von einem halben Meter erreichten, z. B. das des Münchener Patriziers Ferdinand Barth von Harmating, das 42,5 cm hoch ist. Bibliothekbesitzer der damaligen Zeit liessen sich Zeichen von verschiedener Grösse machen, um sie für die verschiedenen Bücherformate zu verwenden. Ein interessantes Beispiel hierfür bietet die Bibliothek des schon erwähnten Juristen Christoph Scheuri, die heute noch im ger manischen Museum zu Nürnberg wie zu Lebzeiten des Besitzers aufgestellt ist — d. h. die Bücher liegen aufeinander, mit den Schnitten, auf denen die Titel geschrieben sind, nach vorn. In den Grossfoliobänden dieser Bibliothek ist ein Zeichen eingeklebt, das eine Höhe von 35 cm, bei einer Breite von 25 cm hat, eines