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No. 99. PAPIER-ZEITUNG. 3085 Beim Richtungswechsel des Karrens haben die Laufräder das Bestreben, in der einmal angenommenen, also entgegengesetzten Richtung weiter zu drehen, und werden hieran nur durch den Druck des Karrens und dadurch hervorgerufene Reibung ver hindert. Dieser Druck ist aber am Ende des Karrenschubes, namentlich wenn der Karren kippt oder etwas federt, was aller dings nicht vorkommen sollte, aber oft genug vorkommt, am geringsten, und es ist nicht zu verhindern, dass mit der Zeit die Laufräder an den Enden der Bewegung förmliche Rinnen in die Bahnen einschleifen. Um dieses Einschleifen der Karrenbahnen, mit welchem auch eine Abnutzung der Radkränze verbunden ist, möglichst zu verzögern, ist auch hier mässiges Schmieren am Platze. Unumgänglich nöthig ist aber das Schmieren der Seitenränder der Laufräder und Karrenbahnen. Diese Ränder haben den Zweck, den Karren seitlich zu führen, und hier findet beständiges Reiben statt, welches mit der Höhe dieser Ränder zunimmt. Wenn man hier nicht schmieren wollte, würde der Karren sich bald zu lose führen, er würde »schwänzeln«. Es ist aber kaum möglich, diese Seitenränder zu schmieren und das Del doch von dem Um fang der Karrenräder und Bahnen fern zu halten. Nach allem Vorhergesagten kann ich nach meinen Erfahrungen dem Maschinenmeister nur den Rath geben, die Karrenbahnen mässig ölfeucht zu halten, dies ist von zwei Uebeln das kleinere und für die Erhaltung der Maschine besser. Ich will diesen Aufsatz nicht schliessen, ohne die Mittheilung eines Monteurs, der die obern und untern Laufschienen einer Schnellpresse 2 mm abgemeisselt, abgerichtet und durch Auf- niethen von entsprechenden Unterlagen auf die ursprüngliche Höhe gebracht haben will, einer Kritik zu unterziehen. Diese Arbeit, sowie das Abdrehen der Laufräder und Aufziehen von schwachen Reifchen gehört geradezu zu den Unmöglichkeiten. Aber selbst wenn ein Monteur die Arbeit ausführen könnte, würden sehr bald die Auflagen wellig und die Reifchen auf den Rädern lose sein, weil das Material sich streckt. Die Arbeit wäre also ganz zwecklos gewesen. Derartige Reparaturen können nur in der Maschinenfabrik mit den entsprechenden Werkzeug maschinen sachgemäss ausgeführt werden. Berlin. Eduard Schöpp, Ingenieur. * * * Es wird vorstehend erwähnt, dass die Schienen-Seiten führungen, an denen fortgesetzt starke Reibung stattfindet, sich nicht schmieren lassen, ohne Del auf die Schienen-Oberkante zu bringen. Dieser Fehler würde sich vielleicht dadurch beseitigen lassen, dass neben den Schienen Oelrillen angebracht würden, in welche die Führungsringe der Laufrollen eintauchen und sich somit selbst schmieren. Weitere Aussprache über dieses Thema ist uns erwünscht. D. Red. Typographische Ausstellung im Berliner Rathhause. Schluss zu Nr. 98. Es ist wohl möglich, dass bei der grossen Fülle des Gebotenen Einiges übersehen wurde, im Ganzen aber wird, was bisher be sprochen wurde, ein getreues Bild der Typographischen Aus stellung bieten. / Äusser den bisher erwähnten Gruppen fand sich unter den ausgestellten Sachen aus den Schätzen der Typographischen Ge sellschaft manches schöne Stück und manch bekannter Name. Die Wiener Druckerei R. v. Waldheim, Spamer-Leipzig, Döring- Karlsruhe, Hoffmann-Stuttgart, Lichtwitz-Berlin hatten darunter bemerkenswerthe Arbeiten. Ferner waren die Blätter eines Bandes des Deutschen Muster-Austausches, sowie viele englische Arbeiten zur Auslegung gekommen. . An Zeichnungen und Skizzen lagen vor: Die auf das Preis- Ausschreiben der Gesellschaft eingelaufenen Entwürfe, eine Reihe sehr mühsam ausgeführter Skizzen von G. Domei, Magdeburg, Skizzen und Äetzzeichnungen auf Schabpapier von C. Kulbe, Berlin. Albert Hoffmann-Friedenau, der frühere Redakteur der Papier- Zeitung, hatte einen Rahmen mit Schrift- und Einfassungs-Zeich nungen ausgestellt, deren Schärfe und Schönheit allseitig Aner kennung fanden. Dicht daneben hatte R. Schnögula, Zeichner und Stempel schneider in Berlin, Proben seiner kunstfertigen Hand niedergelegt: ausserordentlich sauber geschnittene Stempel und Abschläge davon in polirtem Kupfer. Herr Schnögula ist einer von den tüchtigen Fachleuten, die nicht viel von sich reden, von deren Thätigkeit über die Kreise der Schriftgiesser hinaus kaum Jemand etwas erfährt. Aber wenn man gelegentlich etwas von ihren Arbeiten sieht, ist man erstaunt über die hohe Geschicklichkeit dieser Leute. Die ausgelegten Schriftzeichnungen, die aussahen, als wären sie gestochen, und die Abdrücke einer grossen Zahl ausgeführter Stempelschnitte, darunter der Reinhold’schen Rokoko-Einfassung, erregten verdiente Bewunderung. Höchst eigenartig und bei den Besuchern der Ausstellung grosses Interesse erweckend war das, was Herr A. Schulze in Weissensee von seinen Blindenschriften ausgelegt hatte. Von dieser Technik wird soviel bekannt sein, dass die Buchstaben aus erhöht geprägten Punkt-Zusammenstellungen bestehen, die von den Blinden mit den Fingerspitzen entziffert werden. Diese ärmsten aller Menschen erlangen im Lesen sehr bald grosse Fertigkeit, und es ist nur zu bedauern, dass das System soviel Platz fortnimmt und deshalb die geistige Nahrung ihnen nur theelöffelweise geboten werden kann. Da stehen z. B. 10 oder 12 dickleibige Quartbände, eine Weltgeschichte in Blindenschrift, deren gesammter Inhalt in gewöhnlicher Druckschrift etwa 3—400 Seiten Oktav beanspruchen würde. Die ganze in der Ausstellung aufgestapelte Bibliothek, alles, was Blinden überhaupt verfügbar ist, zum Theil infolge Abhandenkommens der Platten garnicht mehr geliefert werden kann, enthält nicht mehr Lesestoff, als ein Kind unter dem Arm bequem forttragen könnte. Die Herstellung der Drucke erfolgt mittels gepunzter Blech tafeln, von denen je zwei zusammen gehören und miteinander verbunden sind. Die erhöhten Punkte der einen Tafel fassen in Vertiefungen der andern. Das feuchte Papier wird zwischen die Tafeln gelegt, gepresst und ist dann auf beiden Seiten mit erhabenen Punktzeilen versehen. Der Raum zwischen je zwei Zeilen zeigt tief geprägte, auf der Rückseite lesbare Punktreihen. Eine solche Ausnutzung von Papier und Raum war nöthig, weil schon das System an sich vielleicht 20 Mal grössern Raum beansprucht, als gewöhnliche Druckschrift. hochgeprägte Punktzeile der Vorderseite. Tiefgeprägte Punkte, auf der Rückseite lesbar. den Blinden keine Schwierigkeit, weit voneinander abstehen, um von den Tastwarzen der Fingerspitzen durch Befühlen der Erhaben heiten als geschlossenes Bild erkannt zu werden. Schwieriger erschien es und wurde von den Blindenlehrern für unmöglich erklärt, Striche und Linienfiguren in Blindenschrift umzusetzen. Herr Schulze hat jedoch auch diese Aufgabe gelöst, und seitdem kann z. B. in Formenlehre und auch in Geographie mit Hilfe reliefirter Landkarten unterrichtet werden. Die Karten enthalten natürlich nicht zuviel Einzelheiten, sondern nur die Konturen der Länder, Flussläufe, Gebirgszüge und Punkte für die grössern Städte. Wenn noch erwähnt wird, dass auch Kapitalschrift für Blinde geschaffen ist, wovon Typen und Abdrücke vorlagen, dass Musik noten eigenartigen Systems erdacht und ausgeführt wurden und eine Monatsschrift für Blinde auf Grund dieses Relief-Punkt-Systems regelmässig erscheint, — wenn weiter in Betracht gezogen wird, dass die Auflagen (100—200) der Schriften und Bücher nur sehr geringen Unter nehmergewinn lassen, so kann man Denen, die sich solcher Thätigkeit beharrlich widmen, den Zoll der Achtung nicht versagen. Kurze Erwähnung sei nun noch den Vertretern der Hilfsfächer gewidmet, die, indem sie gute Hilfsmittel oder Werkzeuge liefern, zur Leistungsfähigkeit des Buchdruckers erheblich beitragen. Leider bot gerade dieser Theil kein vollständiges Bild der nicht unbedeutenden Berliner Utensilien-Fabrikation. Zuerst nämlich war beschlossen worden, die Ausstellung solle eine streng typo graphische sein, und erst in letzter Stunde hatte man die Hilfs fächer zugelassen. Die Berliner Fabrikanten wurden dann theils durch Telephon, theils persönlich aufgefordert, auszustellen, hatten aber nicht mehr Zeit, ihre Sachen ausstellungsfähig vorzubereiten. Die auswärtigen Aussteller müssen wohl eine Ahnung von der Aufhebung des ersten Entschlusses gehabt haben, sonst hätten sie so pünktlich nicht zur Stelle sein können. Mag die Aus stellungskommission nun in dieser Beziehung Sich zu spät ent schlossen oder gar Fehler gemacht haben, böse Absicht hat dabei wohl kaum vorgewaltet. Von den Farben-Fabriken hatten Berger & Wirth, Leipzig-Neu- schönefeld, den grössten Raum belegt. Gleich neben dem Treppen- Aufgang war ein grosses, hübsch gezeichnetes Tableau unter Glas und Rahmen aufgestellt, welches die verschiedenen Betriebszweige dieser Fabrik zeigte. Im Saale war ferner auf einer Staffelei ein grosses, für die Ausstellung in Chicago gefertigtes Plakat mit O O O O O O O verursacht O O O O O Das Punktlesen wenn die Punkte e