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8082 PAPIER-ZEITUNG. Berichte unserer Korrespondenten. Aus Schweden-Norwegen. 4. Dezember 1893. Die Aktiengesellschaft Akerselvens Papierfabriken in Christiania hat am 1. Dezember sämmtliche Aktien der Embretsfas Trasliberi im Aamot Modum für etwa 400 000 Kronen baar gekauft. Akerselvens Papierfabriken hat 5 Papiermaschinen. Embretsfas hat jetzt eine Produktion von etwa 50 000 Tonnen Holzstoff im Jahr und noch einen 55 Fuss hohen unbenutzten Wasserfall von etwa 3000 Pferdestärken. Die Direktion der beiden Gesellschaften besteht aus den Herren General - Konsul Ghr. Christophersen, Kandidat Heftye von der Firma Tho. Joh. Heftye & Sön und Ingenieur G. Hartmann. Das einer sächsischen Gesellschaft gehörende Modums Blau farbenwerk hat in diesen Tagen beschlossen, eine Holzschleiferei an einem bisher nicht benutzten Wasserfall von 35 m Höhe mit reichlichem Wasser anzulegen. Die Produktion soll vorläufig 3500 Tonnen nasse Masse betragen. Dem Vernehmen nach sollen acht deutsche Apparate angewendet werden, möglicherweise Flach schleifer mit geringer Beanspruchung, sodass gute Waare zu erwarten ist. X. Holy oke-W asserkraft. In Holyoke, Mass., erhalten einige zwanzig Papier- und andere Fabriken ihre Triebkraft von der dortigen Wasserkraft-Gesellschaft. Diese hat ein Wehr von etwa 1000 Fuss Länge durch den Connecticut gebaut und leitet das Wasser durch zwei Kanäle in die Fabriken. Die etwa 30 000 Pferdestärken, über welche sie verfügt, dürften jetzt gänzlich verpachtet sein. Da der Bestand der Gesellschaft und das Wohl der Stadt von dem Wehr abhängt, so wird dieses sorgsam beobachtet, und es zeigte sich, dass die Gefahr einer Zerstörung desselben nicht ausgeschlossen ist. Da man es aber nicht umbauen kann, ohne den Betrieb zu stören, so beschloss die Gesellschaft, oberhalb desselben bei günstigem Wasserstand ein zweites Wehr ganz aus Mauerwerk herzustellen, um jede Gefahr einer Unterbrechung der Wasser-Lieferung aus zuschliessen. Zur Ausführung dieses Planes ist der Gesellschaft vom Staat die Berechtigung ertheilt, ihr Aktienkapital von 600000 Dollar zu verdoppeln, d. h. für 600000 Dollar neue Aktien auszugeben. Vor kurzem vertheilte die Gesellschaft an ihre Aktionäre als Dividende für das vorige Jahr den vollen Betrag des ursprüng lichen Aktienkapitals, nämlich 100 Dollar für jede Aktie von 100 Dollar, und stellte ihnen gleichzeitig frei, ob sie für diesen Betrag neue Aktien annehmen wollten. Wie The Paper Mill berichtet, haben alle Aktionäre von dieser Befugniss Gebrauch gemacht. Die 600000 Dollar sind in die Kasse der Gesellschaft zurückgeflossen, und die Aktionäre besitzen jetzt statt der bis herigen einen Aktie von 100 Dollar zwei von gleicher Höhe. Dasselbe Blatt meldet auch, dass die infolge Aufhebung der Silber-Bill erwartete Aufbesserung der Geschäfte noch nicht ein getreten ist. Die Papierfabriken sind wohl etwas besser, aber doch noch schwach mit Aufträgen versehen, und müssen deshalb zum Theil weiter feiern. Indiens Papier-Industrie. Wie ich einem englischen offiziellen Bericht entnehme, giebt es in Indien neun Papierfabriken, von denen vier in der Präsident schaft von Bombay, drei in Bengalien, eine in Lucknow und eine in Gwalior bestehen. Zur Herstellung des Papiers verwendet man hauptsächlich Lumpen, Babui- und Moonjgras, Reisstroh, Jute- und Hanfabschnitte, alte Jutesäcke usw. Die Beschaffenheit des Papiers hat sich während der letzten Jahre bedeutend verbessert, und in folgedessen findet es immer grössern Absatz. Das meiste weisse und blaue Kanzlei- und ein grosser Theil Briefpapier und Umschläge, die in den indischen Regierungsbureaux gebraucht werden, ist jetzt einheimisches Erzeugniss. In 1892 wurden 261/2 Millionen Pfund hergestellt gegen 7/4 Millionen vor kaum 10 Jahren. Gutes Geschäft. The Badger Paper Co. in Kaukauna am Fox river kaufte, wie The Paper Trade Journal sagt, vor etwa 10 Jahren 1000 acres oder Morgen Land im nördlichen Theil des Staats Wisconsin für 1100 Dollar. Seitdem hat sie dort für 10000 Dollar Holz gefällt, den Rest des Holzes für 1000 Dollar und das abgeholzte Land für 5 Dollar den acre verkauft. Erfindungen. Wer viel mit Erfindern verkehrt, macht die Erfahrung, dass dieselben durchschnittlich eine allzu hohe Meinung von ihren Geistes-Erzeugnissen haben. Sie machen sich häufig die über schwänglichsten Vorstellungen von dem wahrscheinlichen Erfolg, ohne vorher gründlich zu ermitteln, ob der vermeintlich neue Gedanke nicht längst bekannt oder doch irgendwo in Druckschriften niedergelegt und deswegen nicht mehr schutzberechtigt ist. Nur dadurch lässt es sich erklären, dass Erfindungs-Gedanken, die längst nicht mehr neu und abgethan sind, immer wieder in andern Köpfen auftauchen und mit Beharrlichkeit verfolgt werden. So gehen z. B. beim Deutschen Patentamt seit seiner Gründung im Jahr 1877 alljährlich mehrere Anmeldungen ein, in welchen Schutz für einen Briefumschlag mit Oeffnungsfaden nachgesucht wird (s. Abb.). Die Erfinder wollen dem Empfänger des Briefes das Oeffnen erleichtern, indem sie in den innern Falz einer Klappe einen Faden legen, der an einem Ende festgeklebt ist und am andern herausragt. Man hat dann nur an dem losen bei c herausragenden Ende in der Richtung des Pfeils a zu ziehen, um damit den Umschlag im Falz b aufzuschneiden. Alle diese Anmeldungen müssen abgewiesen werden, weil die Erfindung schon vor 1877 nicht mehr neu war und z. B. in ältern amerikanischen Patentschriften beschrieben ist. Viele Anmelder begnügen sich jedoch nicht damit, die einmal auf gewandte Mühe und Kosten als verloren zu betrachten, sondern erschöpfen den Instanzenweg und glauben, dass ihnen mit der Abweisung Unrecht geschieht, weil sie ja die ältern Beschreibungen nicht kannten. Als Schreiber dieses vor einigen Jahren in der Sommerfrische weilte, erhielt er den telegraphisch angemeldeten Besuch zweier Herren, welche aus dem fernsten Winkel Deutsch lands kamen, um ihm die grosse Erfindung des Briefumschlags mit Faden-Oeffnung vorzutragen. Obwohl er den Herren vor stehende Daten mittheilte und sie von der Zwecklosigkeit ihres Vorgehens zu überzeugen suchte, erschöpften auch sie den Instanzen-Weg und wendeten viele hundert Mark Kosten für die Sache auf. Das Bemühen so vieler zum Theil sehr intelligenter Menschen in dieser Richtung ist umso auffallender, als es unmöglich wäre, mit der Erfindung, selbst wenn sie neu und patentirt wäre, ein grosses Geschäft zu machen. Durch das Einkleben von Fäden in die Briefumschläge werden diese vertheuert, und der Käufer soll nicht nur diese Mehrkosten, sondern auch den Erfindernutzen bezahlen. Der Käufer ist aber Absender der Briefe oder verkauft nur an solche, und der Absender hat gar kein Interesse daran, dem Empfänger die Mühe des Aufmachens zu erleichtern, jeden falls hat er aber keine Veranlassung, dafür Kosten aufzuwenden. Es wäre demnach sehr unwahrscheinlich, dass man für den ein gelegten Faden dauernd einen höhern Preis erzielen könnte. Laien machen sich über solche Dinge, die ihnen neu er scheinen, weil sie sie noch nicht gesehen haben, meist unrichtige Vorstellungen. So hielt in der Berliner Polytechnischen Gesell- schaft über diesen selben Fadenöffner unlängst Jemand einen Vortrag, und im »Polytechnischen Centralblatt« war vorstehende Abbildung, die wir auf zinkographischem Wege nachgebildet hüben, enthalten,