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3022 PAPIER-ZEITUNG. No. 97. Die Weite des Luftzuführungsrohrs richtet sich nach der Grösse des zu ventilirenden Raumes; man rechnet auf je 10 Kubik meter Raum 7 qem Querschnitt des Rohres. Dieser Luftzufuhr reiht sich ergänzend vorstehend skizzirte Abzugs-Vorrichtung an (Fig. 2). In Abständen von 11/2 bis 2 m werden an der Decke 4 cm weite Blechrohre hingeführt, welche von 10 zu 10 cm einen 3 cm langen Winkel - Einschnitt a haben, dessen Spitze b nach der Abzugsrichtung zeigt und stark nach innen gedrückt ist (Fig. 3). Sämmtliche Rohre Fig. 3. Ableitungsrohr mit Einschnitt und nach innen gedrückter Zunge. enden mittels runder Biegung in ein 10 cm weites Rohr und dieses mündet in den Schornstein. Sowohl Zufuhr- wie Ableitungsrohr können durch Einschaltung einer den Querschnitt füllenden runden drehbaren Blechscheibe, in Art der Absperrklappen an kleinen Oefen, so hergestellt werden, dass genaues Regeln der Luft bewegung möglich wird. Dabei verdient diese Einrichtung vor allen andern mit den Fenstern in Verbindung stehenden Ventilatoren deshalb den Vorzug, weil damit gerade die schlechtesten obern Luftschichten abgesaugt werden, diee mit den viel tiefer liegenden Fensterventilatoren nicht abgeleitet werden können; auch wird sogenannter »Zug« vollständig vermieden. Berlin. —m—n. Typographische Ausstellung im Berliner Rathhause. Fortsetzung zu Nr. 96. Friedrich Jasper, Wien. Farbendrucke von autotypischen Zink platten, für die Wiener Firma C. Angerer & Göschl ausgeführt. Diese Drucke wurden schon vor etwa zwei Jahren, als sie zuerst erschienen, mit Recht bewundert; sie gehören zu dem Besten, was die vereinigte Aetzkunst und die typographische Druckkunst her vorgebracht hat. Bemerkenswerth von den scheinbar einfarbigen Arbeiten war das grosse Blatt, Kopf eines alten Mannes mit Münze. Durch einen untergelegten glatten, braungrauen Ton, auf welchen der ausgesparte Kopf in gleicher Farbe, nur dunkler, gedruckt ist, bekommt das Ganze lichtdruckähnliche Weichheit. Diese Art der Wiedergabe autotypisch aufgenommener Bilder empfiehlt sich sehr, wo man gehaltvolle Wirkung erreichen will. Albin Watzulik, Altenburg, S.-A. Unter den Fachgenossen sind die Arbeiten dieses tüchtigen Accidenzsetzers sehr geschätzt. Die Drucksachen der Pierer’schen Hofbuchdruckerei in Altenburg tragen meist Watzuliks Gepräge, sie sind eigenartig, dabei kräftig und effektvoll angelegt, und oft finden sich Stellen darin, die entzücken, weil sie das Auffällige mit einfachsten Mitteln er zielen. Den Meisten freilich, die nur vor gelegentlichen Linien künsteleien dieses begabten Mannes den Hut abnehmen, entgeht, dass gerade darin seine Kraft nicht liegt. Was je an Schnitzeleien aus der Altenburger Werkstatt her vor gegangen, ist von vielen neuern Satzklempnern längst überboten. Der Unterschied ist nur der, dass in den Altenburger Arbeiten meist auch Sinn und Verstand lag, und dass manche der scheinbar schwierigsten Satzkunststücke bei näherm Hinsehen auf sehr einfache Weise erreicht waren. Watzulik giebt dem Maschinenmeister keine Räthsel auf. Wie mit einfachen Satzmitteln, so sucht er auch mit wenigen Farben das irgend Mögliche zu erreichen, eine Kunst, die leider mit jedem Tage mehr verloren geht. — Unter den ausgelegten Arbeiten Watzulik’s ragen verschiedene Buchhändler-Prospekte hervor, von denen jedoch die ältern entschieden die bessern sind. Die typo graphische Influenza der Freimanier scheint auch dieses Talent sich selbst entfremden zu wollen, denn ihr Merkzeichen, die Spirale, findet sich auf verschiedenen Blättern, allerdings in freierer Be handlung, mehr amerikanisirend, mit Knoten durchsetzt, die so wohl eine Geissel wie einen Bandwurm »mit Kopf« darstellen können. Der Beschauer freilich bleibt im Ungewissen über die Be deutung dieser sich krümmenden Linienfiguren, da der Schrifttext iigend eine harmlose Novelle ankündigt und keinen Schluss darauf zulässt, was der Erfinder dieser Dinge gewollt hat. Auf einem andern Blatte brodelt ein mächtiger Hexenkessel, rothe Flammen schlagen züngelnd empor, und man glaubt, dass irgend eine teuflische Sache angekündigt werden solle — es handelt sich aber nur um Grimm’s Märchen. Dies sind jedoch nur Auswüchse eines starken Talentes, denen viele in jeder Beziehung gelungene Arbeiten gegenüber stehen. Auf einem Buchhändler-Prospekt z. B., Hochformat, ziehen sich an beiden Seiten von oben nach unten Leisten, die aus rothen Viertelpetit halbfetten Linien in etwaNonparel-Abstand gebildet sind. Ueber diese Leisten ist rechts und links je ein rankenförmiges Schild in Schwarz mit eingeschnittener heller Schrift »Merlin« »Paul Heyse« gelegt. Die Wirkung dieses Prospektes ist bei aller Ein fachheit der Anlage kräftig, und die Hauptsache tritt schon von weitem daraus hervor. Ferdinand Schlotke, Hamburg, pflegt in seiner Accidenzdruckerei das, was wir unter »Altdeutsch« verstehen. Unter den aus gelegten Arbeiten fand sich manches Hübsche, z. B. ein sehr wirksamer Briefkopf des »Journal für Buchdruckerkunst«. Die zur Schau gelegten Mehrfarbendrucke von einer Platte können als Beweis dienen, dass auf solche Weise nichts Gutes erreich bar ist. Meisenbach, Riffarth & Go., Berlin und München, hatten eine sehr umfangreiche Auswahl vorzüglicher Autotypieen, Kupfer- Aetzungen und lithographischer Netzdrucke zur Schau gestellt. Dass es die Aetzkunst überraschend weit gebracht hat, wurde weitern Kreisen erst durch diese Vorführung greifbar bewiesen. Die Auto-Chromographieen waren von grosser Schönheit. Man sieht hier, dass das Netz im Steindruck breiter wird, infolgedessen heller in der Farbe gehalten werden kann und dann mehr ver schwindet. Bei Auto-Typographieen dagegen stehen die Striche scharf und dünn da und lassen das Netz mehr hervortreten, als aus künstlerischen Rücksichten erwünscht ist. Dass man durch zweckmässigen Druck Autotypieen in ihrem Eindruck wesentlich bessern kann, geht eigentlich schon hieraus hervor, und bei Besprechung der Jasper’schen Drucke wurde ein Fall, in dem dies geschehen, erwähnt. Auch unter den von Meisenbach, Riffarth & Co. ausgelegten Drucken finden sich Autotypieen, die an Kupfer-Aetzung erinnern und erst bei näherem Hinsehen als Er zeugnisse der Buchdruckpresse zu erkennen sind. Ein ganz vor züglicher Druck dieser Art, die berühmte französische Schönheit Julie Recamier darstellend, ist in röthlichem Braun auf gelb- tonigem Papier gedruckt, letzteres ist dicht am Rande beschnitten und auf weissen Grund geklebt. Gleiches lässt sich, wenn man das Aufkleben umgehen will, durch Unterdrück eines gelbbraunen Tones erreichen. Die Schellenberg'sehe Hofbuchdruckerei, Wiesbaden, erfreute durch hübsche, wirksame Arbeiten in moderner Art. Es waren Karten und Zirkulare ausgelegt, die in Anordnung, Farbenwahl und tech nischer Durchführung eine tüchtige Hand verriethen. Auch das, was von dieser Firma in freier Manier, nicht in Freimanier, ge leistet wird, berührt wohlthuend durch weise Beschränkung in den Motiven. Herr Theodor Goebel in Stuttgart hatte verschiedene Sachen hergeliehen, von denen die Titelblätter zu einem »Königsbuche« meisterhafte Druckleistungen der Stuttgarter Vereinsdruckerei waren. Der Stuttgarter Accidenzdruck hat von jeher durch Güte der Ausführung, durch reinen Druck und genaues Passen der auf- und nebeneinander gesetzten Farben sich hervorgethan. Man kann von einer Stuttgarter Richtung sprechen, die oft all zusehr ins Kleine stieg, die sehr schwierige Satzbauten und eine Art Farbendruck lieferte, der, wenn er fertig war, von der Mühe seiner Herstellung keinen Begriff liess. Niemals aber waren die bessern Stuttgarter Arbeiten regellos oder gar geschmackswidrig. Dies bezeugten auch verschiedene andere Drucke Stuttgarter Firmen, die unter den Beständen der Typographischen Gesell schaft mit ausgelegt waren. Die erwähnten Titelblätter können nur als vorzügliche Druckleistungen in Betracht kommen, die grossen Kopfleisten und Umrahmungen mit bildlichen Dar stellungen, die in Farben erschienen, waren in Holzschnitt aus geführt und jedenfalls von Galvanotypen gedruckt. Du-Mont-Schauberg, Köln, pflegt den höhern Buntdruck; die ausgelegten, theilweise sehr hübschen Erzeugnisse waren aber in den Farbenplatten wohl mit Hilfe der Lithographie hergestellt. J. P. Bachem, Köln, hatte eine Anzahl seiner Vordrucke und andere Accidenzen zur Auslage gebracht. In Bezug auf Zart heit und Vollendung des Druckes dürften diese Arbeiten kaum übertroffen werden. Von A. Wohlfeld, Magdeburg, waren einige Accidenzdrucke ausgelegt, die aber nicht annähernd ein Bild dessen boten, was diese Firma im Accidenzdruck leistet. Am besten noch ging ihr Können aus dem Katalog eines Eisenwerkes hervor, der, in typographischer Hinsicht ein Meisterstück, auch durch höchst geschmackvollen Einband sich auszeichnete. Von Berliner Druckfirmen war recht wenig ausgestellt, und wer erwartet hatte, im Berliner Rathhause einen Ueberblick über die typographischen Erzeugnisse der Reichshauptstadt zu finden, der wurde sehr enttäuscht. Wir lassen die Berliner Aussteller hier einzeln in bunter Reihe folgen.