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No. 93. PAPIER-ZEITUNG. 2887 Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreibwaaren - Faches, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. Neujahrskarten. Der uns vorliegende grosse Stoss von dies jährigen Neujahrskarten der Firma Hyll & Klein in Barmen be rechtigt zu hohem Lobe. Unter den einfachen Karten, die in feingestimmtem Schwarz auf weissem Karton hergestellt sind, ragen die in Lithographie ausgeführten durch Schönheit der Schrift und dezenten Druck hervor. Einige dieser Sorten sind von mittlerer Besuchskarten grosse, eine grosse Reihe verschiedener Muster aber zeigt kleines schmales Langformat, etwa wie es für Tischkarten benutzt wird. Spricht schon das eigenartige Format angenehm an, nachdem sich die glückwünschende Welt an dem ungewöhnlich lange herrschenden quartähnlichen Kartenmaassen mehr als satt gesehen hat, so ist die feine, meisterhaft gezeichnete Schrift ein andrer Grund, diese Karten beliebt zu machen. Besonders die in Schreib schrift ausgeführten Wunschtexte zeugen von aussergewöhnlicher Tüchtigkeit des Lithographen, der sie gezeichnet hat. Aber auch die Zierschrifttexte erinnern durch Schärfe der Striche und Gleich mässigkeit der Buchstabenformen an Stahlstich und Stempelschnitt. In einfarbiger Ausführung, Schwarz, Braun oder in gebrochenem Grün erscheinen grössere Karten in verschiedenen quartähnlichen oder mehr länglichen Formaten. Einige davon haben eine mit Zierformen durchsetzte Anordnung, theils auch sind Buchstaben des Textes zu Figuren umgearbeitet oder mit dem Ornamentwerk verschmolzen. Andere Karten beschränken sich auf Wiedergabe des flott in Schreibschrift gezeichneten Textes, der mit gefälligen Schnörkeln und markigen Schlusszügen belebt wird. Unter diesen Texten finden sich Muster von erstaunlicher Sicherheit in der Linienführung und solcher Schönheit der Erfindung, dass sie zu dem Besten gehören, was je auf diesem Gebiete geschaffen wurde. Wieder einfarbig, in gebrochenem Ton, treten Muster auf, die mit Strahlen- Figuren, durchgesteckten Zweigen oder sonstigen ornamentalen Mo tiven kombinirt sind. Ferner bemerken wir in freier Weise mit Pflanzen-Gruppirungen ausgestattete Muster und andre, auf denen links eine Vignette angebracht und rechts Raum für beliebigen Aufdruck frei blieb. Einige Karten haben Hochformat, sind mit. Stimmungs bildchen verziert, und der Text zieht sich oben und unten am Rande gefällig hin. Unter diesen Mustern befinden sich etliche reizende Formen, alle aber sind graziös, feinfühlig abgestimmt und technisch vorzüglich ausgeführt. Zweifarbig, in gebrochenem Grün und Braun, oder mit Gold, treten Sorten auf, die theils die frühem, nun in zwei Farben gestellten Muster zeigen, bei denen sich also z. B. ein grüngrauer Blüthenzweig schräg über eine längs gestellte braune Leiste legt, oder ein Stimmungsbild grün, das andre nebst Text braun gedruckt ist. Von Glückwunschkarten mit Prägung liegen ebenfalls viele schöne Muster vor. Da sind zunächst die, welche goldgeprägte Schrift auf weissem Grunde zeigen. Die Kartenkante ist entweder glatt, mit schrägem, oft verziertem Goldschnitt versehen, oder rauh gezackt. Nun be gegnen wir auch dem vorerwähnten schmalen Langformat wieder, das zu einer grossen Reihe allerliebster Karten die Unter lage gegeben hat. Während der Rand ringsum zackig ausge stanzt ist, oft in zweierlei Weise, was sehr hübsch aussieht, zeigt die freie Fläche geschmackvolle Gold- oder farbig-geprägte Schrift, am Rande ein geprägtes Kleeblatt oder blind geprägte Streu blumen. Weitere Muster sind in dieser Weise aus mattgekörntem Karton hergestellt, dessen rauhe Oberfläche von der Glätte und dem Glanz der Prägung angenehm absticht. Reizende Miniatur kärtchen sind dreitheilig ausgebildet und so gefaltet, dass die durchbrochen geprägte obere Klappe franzenartig auf Jglattem Grunde liegt. Auf der Oberseite zeigen die Kärtchen weiss und farbig geprägte Landschaften oder Blumensträusse. Durch Weiss- oder Blindprägung ist eine weitere Anzahl höchst geschmackvoller Karten- Muster erzielt. Einige davon tragen auf hervortretendem Mittel- feld den Wunschtext, und über den Rand ziehen sich weiss geprägte Blüthen und Zweige hin, die theilweise in das Schild hineinragen. Neu, eigenartig und hübsch ist ein Muster, bei welchem das Mittelfeld als aufgelegte Karte durch Blindprägung markirt ist, während links ein weissgeprägtes, vierblättriges Klee blatt mit aufgedrucktem Wunsch sich abhebt. Der innere Raum dieser Karte ist bestimmt, mit dem Namen des Gebers bedruckt zu werden. Wenn die bisherigen Ausdrücke des Lobes einer Steigerung noch fähig wären, so würden es die Muster verdienen, bei denen ein Rokokoschild mit kreisförmigem, rundgewölbtem Innenfeld und^jdurchgesteckten Zweigen auf der linken Karten seite ebenfalls durch Weiss- oder Blindprägung sich abhebt. Dieses Muster ist ausserordentlich reizvoll. Das Schildfeld trägt den hübsch verzierten Glückwunsch in Grau; die rechte Kartenhälfte erhält den Namendruck. Der Rand dieser Karten ist gezackt, und dadurch, dass der Grad der Stanzung etwas nach der Rückseite übertritt und die Zacken oben etwas ab gerundet erscheinen, gewinnt die Karte ungemein, weil sie dicker aussieht, als sie ist. Theils Blind-, theils Blind- und Goldprägung, auch Farben- und Goldprägung machen noch einige andere Muster anziehend. Bei einem derselben ist eine aufgelegt erscheinende Karte am äussern Rande mit geprägten Rosenzweigen geschmückt, und der Glückwunsch ist in einem kleinen heraldischen Schilde angebracht. Andere Muster sind aus zwei Theilen zusammengesetzt: ein glattes, scheinbar schräg abgerissenes Kartenstück, an der Reisskante mit hochgeprägten, von der Rück seite hervorwachsenden Blüthenzweigen verziert, ist auf eine grob gekörnte, sonst aber glatte untere Karte aufgeheftet. In grössern Formaten erscheinen lithographisch mit Vollbildern ausgestattete Karten, bei denen der Text in freigelassenen Feldern oder am Rande seinen Platz findet. Diese Karten sind theils in ein-, theils in mehrfarbigem Druck hergestellt und schliessen sich den übrigen vorbesprochenen Sorten würdig an. Zeichenprüfer für Freihandzeichner. In den Zeichenschulen fehlt es an einem verlässlichen Mittel, Freihandzeichnungen nach Vorlagen oder Wandtafel-Vorzeichnungen in allen Verhältnissen genau aufs Papier zu bringen und ohne Zirkel-Nachmessungen mit dem Original zu vergleichen. Für Zeichnungen entfernter Gegenstände, namentlich körperlicher Modelle, gebraucht man den Zeichenstift als Visirstab, um die Schnittpunkte der Winkel fest zulegen, und schätzt die sonstigen Maasse frei ab. Dies ist indess trügerisch und für den Lehrer, selbst wenn er die Zeichnung des Schülers verbessern kann, sehr lästig, weil die Korrekturen oft recht umfänglich sind. Der Zweck des Freihand zeichen-Unterricht ist auch nicht, Hefte einwandsfrei vollzeichnen zu lassen, sondern den Schüler selbst zu überzeugen und ihn dahin zu bringen, dass er richtig schätzt und wiedergiebt. Um dies zu bewirken, muss der Lehrer nicht nur korrigiren, sondern auch demonstriren, was beim Schul-Unterricht viel Zeit fortnimmt und dahin führt, dass Einzelne vernachlässigt werden oder begabte Schüler nicht vorwärts kommen. Der vom Lehrer Franz Grüber in Suhl erdachte Zeichenprüfer ist für den Gebrauch des Schülers bestimmt und soll diesen instandsetzen, Messungen und Vergleiche selbst vornehmen zu können, um so den Lehrer wesentlich zu entlasten. Der Apparat besteht aus einer glas klaren Gelatine- oder Celluloidplatte, auf welcher zwei Maassstäbe und verschiedene Viertelkreisbögen, ausserdem ein Quadrat mit Kreuztheilung und Winkeltheilung für das Zeichnen regelmässiger Vielecke in Golddruck (der in der Durchsicht dunkel erscheint) enthalten ist. Der Schüler zeichnet zunächst nach der Vorlage, prüft mit dem Auge und vergleicht dann durch Auflegen des Zeichenprüfers, ob Maass und Winkel stimmen. Inwieweit der in vielen Fällen zweifellos sehr praktische Zeichenprüfer auch für Modell-Zeichnen bez. Zeichnen nach entfernten Vorlagen brauchbar ist, kann nicht im allgemeinen ent schieden werden. Für Winkelmessungen ist er jedenfalls sehr nützlich, für Längen- und Lagenbestimmungen dagegen wird er sich in dieser Form kaum verwenden lassen, da durch geringe Unterschiede in der Entfernung vom Auge die Seh-Ebene näher oder ferner gerückt wird und die Maasse dadurch wachsen oder schwinden. Beim Modell- und Aktzeichnen sprechen die gleichen Gründe gegen den Gebrauch eines derartigen Zeichenmittels. Wenn nicht die Maassscheibe durch irgend eine Vorrichtung auf gleich bleibenden Abstand vom Auge und Modell und das prüfende Auge etwa durch ein Visirloch auf denselben Punkt fixirt werden kann, müssen solche Visirmessungen stets falsche Ergebnisse liefern. Der Lehrer wird deshalb gut thun, den Gebrauch des bei richtiger Anwendung recht nützlichen Zeichenprüfers nicht in das Belieben des Schülers zu stellen. Der Apparat ist beziehbar von Hans Ad/er's Buchhandlung in Schleusingen. Schreibstift nebst Halter. Für den Gebrauch in Elementar schulen hat Herr A. Moldenhauer, Lehrer in Schwedt a. 0., einen Griffel konstruirt, der zum Schreiben auf Schiefertafeln dienen soll und aus einem leichten Holzhalter mit eingesteckter kurzer Aluminium-Mine besteht. Der Halter erfüllt alle Anforderungen, die man an einen Schreibstift stellen kann; er ist einfach, leicht und liegt_bequem in der Hand — viel bequemer als ein dünner Schiefergriffel. Die Mine ist 2—3 mm stark, 30 mm lang und auf beiden Seiten schwach konisch angespitzt, sodass sie, wenn abgeschrieben, einfach umgesteckt werden kann und doch jeder zeit hinreichend fest {sitzt. Als empfehlend jwird vom Erfinder hervorgehoben, dass der Stift nicht gespitzt zu werden brauche, da er bei seiner geringen Stärke sich beim Schreiben selbst anspitze.