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2884 PAPIER-ZEITUNG. Ne. 93. hat nach der Kölnischen Zeitung der Bochumer Verein im abgelaufenen Geschäftsjahre an 900 000 M. Staatslasten und Gemeindelasten zahlen müssen, d. h. 41/3 pCt. des Aktien-Kapitals, während die Aktionäre nur 81/2 pCt. erhielten und davon wieder Einkommensteuern, Vermögens steuern und die darauf fallenden Zuschläge der Gemeindesteuern zu tragen haben. Was bleibt dann netto noch übrig? Nähert sich dies nicht bedenklich einer Vermögens-Konfiskation? Wir zahlen: 1. Grundsteuer von dem Grundstück der Fabrik. 2. Gebäudesteuer von den Gebäuden darauf. 3. Gewerbesteuer, um Grundstück und Gebäude nutzbar machen zu können (jetzt um 100 pCt. bis 400 pCt. erhöht). 4. Einkommensteuer, wenn Ertrag nach Mühen und Sorgen er zielt ist. 5. Vermögenssteuer. 6-9. Zuschläge zu diesen 4 Steuern für die Gemeindelasten. 10-13. Die vier sozialen Steuern, Krankheit, Unfall, Alter u. Invalidität. 14. Nun, wenn es durchgeht, den Erachtbriefstempel. 15. „ » » „ „ Quittungsstempel. 16. Im Laufe des Jahres noch eine Menge Revisionskosten. Von allen diesen Lasten bezahlt Amerika keinen rothen Heller. Wie im Kleinen von zwei Besitzern grosser Güter der Eine voran kommt, der seine ganze Thätigkeit auf die Verbesserung seines Gutes und die beste Kultivirung verwendet, der Andere aber unvermeidlich zu Grunde geht, der seine Zeit mit Sport, Jagd usw. vertreibt, seinen Rennstall hält und für sein Gut nichts thut, so trifft dasselbe im Grossen auch bei den Staaten zu. In Amerika müssen sich solche Reichthümer ansämmeln, dass allein dadurch nach 100 Jahren der Welthandel be herrscht wird, und der europäische Kontinent wird umgekehrt von allen unproduktiven Ausgaben erdrückt und konkurrenzunfähig gemacht! Die Kenntniss der alten todten Sprachen ist zum Erwerben nutzlos und mag für die Gelehrten reservirt bleiben. Die Kenntniss der wich tigsten lebenden Sprachen, der Natur-Wissenschaften, Chemie, Physik usw. fördert den Wohlstand und nützt der Nation mehr, als allzuviel Ge lehrsamkeit! Richtige, auf das Praktische gerichtete Erziehung ist für unsere Jugend um so nöthiger, als wir nur durch besseres Wissen und Können einigermaassen die Vortheile ausgleichen können, welche die wett- bewerbenden Länder voraushaben. Unklarheit in Zolltarifen. Aus Unteritalien. In Nr. 88 bringt die Papier-Zeitung eine Korrespondenz, überschrieben: »Folgen der Unklarheit in Zolltarifen.« — Mehr noch als unbestimmte Tarifirung fällt in dem mitgetheilten Briefwechsel das zurückhaltende Verfahren der Konsuln auf. Bei dieser Gelegenheit müssen wir über haupt offen unsere Unkenntniss gestehen und fragen, wozu denn eigent lich — äusser den wenigen behördlichen Beziehungen — alle diese Vice- Konsuln, Konsuln, Berufs- und General-Konsuln da sind? Aus unserer geschäftlichen Praxis und Erfahrungen im täglichen Verkehr glauben wir schliessen zu dürfen, dass deren Hauptaufgabe lediglich die Unter stützung der reisenden Handwerksburschen ist, denn so oft in Handels oder Privat-Angelegenheiten die Hilfe der K. Deutschen Konsulate an gerufen wird, verschanzen sich dieselben hinter Landesgesetzen, Gerichtsbarkeit, Unzuständigkeit und dergl. — womit einem Geschäfts mann wenig gedient ist. Hierzulande machen der amerikanische und englische Konsul in dieser Beziehung rühmliche Ausnahme. Bezüglich der reisen den Handwerksburschen müssen wir nun leider bestätigen, dass sich unter ihnen manche Papiermacher, oder mehr noch solche befinden, die sich dafür ausgeben und in allen Papierhandlungen in höchst frecher, aufdringlicher Art und Weise herumbetteln. Nach dieser Abschweifung kommen wir auf die Einleitung zurück und geben unserer Ueberzeugung Ausdruck, dass Herr Kommerzien-Rath Bestehorn mehr erfahren hätte, wenn er sich an einen einzigen Geschäfts mann gewandt hätte, als an ein Dutzend Konsulate. Wir haben den Zolltarif vor uns und finden unter Nr. 187 »Papier- und Kartonwaaren« mit 80 Lire die 100 kg verzollbar. — Artikel Nr. 183e kommt hier noch weniger in Betracht, da Beutel doch keine Briefcouverts sind. Zum Zolltarif gehörig ist das Repertorio delle voci (Benennungs-Repertorium), welches wahrscheinlich auf allen Konsulaten fehlt — unumgänglich noth wendig, und da findet sich bald, dass nach Seite 163 (Ausgabe 1887) »Düten und Säckchen aus grobem und ordinärem Papier für Drogen, Kaffee und dergl. nach Paragraph 187 zu rangiren sind. Selbst wenn solche als Couverts verzollbar wären, was bei Perga mentbeuteln ganz ausgeschlossen ist, da Pergamentpapier 45 Lire Zoll zahlt, so müssten solche als bedruckte Couverts mit 75 Lire die 100 kg verzollt werden. Leinen-Couverts rangiren auch unter Nr. 187. Der einzige mögliche Unterschied ist, ob die Beutel mit oder ohne Verzierung sind, und damit kommen wir auf eine weitere Frage. Es ist schon oft gesagt worden, die Italiener seien spitzfindig, und dies trifft theilweise wohl auch zu, aber dass in diesem Falle ein italienisches Zollamt ohne weiteres irgend einen beliebigen Tarif anbringen könne, ist ganz und gar ausgeschlossen. Zuvörderst müssen wir aber der Ansicht des deutschen Konsulates in Mailand entgegentreten, als ob überhaupt nicht zu erfahren wäre, wie gewisse zweifelhafte Positionen zu behandeln seien. Wir hatten in eigener Praxis schon öfters beim Zollamte anzufragen, welchen Tarif event. dieser oder jener Artikel zu zahlen habe worauf, wir immer bereitwilligst die gewünschte Auskunft erhielten. — Es ist wahr, dass eine schriftliche, bindende Erklärung seitens der ital. Zollbeamten nicht gegeben wird; es ist aber ihnen nicht untersagt, solche mündlich zu geben — nur sind sie dazu nicht verpflichtet. Anders aber ist es mit der Zolldirektion im kgl. Finanzministerium in Rom, welche irgend eine Entscheidung treffen muss. Es wäre vielleicht am Platze, eine streitige italienische Zoll-Operation hier zu verfolgen, es ergiebt sich von selbst, dass man nicht ganz und gar der Willkür der Zoll-Unterbeamten über liefert ist. Nach Ankunft der Kolli im Zollamte — sei es von der Bahn oder dem Schiffe — muss binnen 24 Stunden eine genaue Erklärung des Empfängers oder beauftragten, dazu bevollmächtigten Spediteurs über Anzahl, Inhalt, Gewicht, Nummer usw. bei der Zolldirektion hinterlegt werden, und zwar auf dazu bestimmten Formularen, nach den Tarif sätzen geordnet. Falsche Erklärungen führen zu Geldbussen. Von der Direktion wird ein Beamter X. zur Revision bestimmt, welcher die einzelnen Posten verifizirt und je nach dem Zollsatz die Netto-, Brutto- und Tara-Gewichte berechnet. Dabei wollen wir einschalten und wiederholen, dass die Handels-Verträge oft ohne alle Kenntniss der Sachlage abgeschlossen werden; so z. B. zahlten früher Geschäftsbücher aus Deutschland 40 Lire die 100 kg Eingangszoll — nach neuem Tarif nur 36 Lire. In Wirklichkeit aber zahlt man jetzt mehr als früher, da von 40 Lire ab das Nettogewicht am Zoll berechnet wurde und wird, während unter 40 Lire Bruttogewicht proportionirt zu verrechnen ist, sodass jetzt etwa 45 Lire zu zahlen sind. Tritt nun bei Verzollung eine Differenz irgend welcher Art zwischen X. und dem Empfänger ein, so wird der eigens dazu bestellte Kgl. Zoll-Kommissär zur Entscheidung angerufen; diesem Urtheil hat sich X. unbedingt zu unterwerfen. — Der Empfänger dagegen kann an die Oberbehörde appelliren oder, wenn auch da abschlägig beschieden, weiter beantragen, dass aus der streitigen Waare ein Muster entnommen und an die Zoll-Direktion nach Rom zur endgiltigen Entscheidung abgeliefert werde. Gleichzeitig kann auch die Gesandtschaft des betreffenden Landes zum Einschreiten ver anlasst werden, welche fast immer durchdringt. Dies ist der Vorgang in streitigen Fällen; von Willkür bei 3 oder 4 Instanzen, welche dem Empfänger zustehen, ist also keine Rede. Der deutsche Exporteur sollte aber in seinen Geschäften von seiner Regierung oder den zuständigen Behörden im Auslande vor unan genehmen Erfahrungen ausreichend geschützt werden, sei es durch geeignete Verträge oder kräftigen Beistand im Nothfalle, und dies geschieht leider nur selten. Schreiber Dieses sind gern bereit, deutschen Fabrikanten mit Rath und That an die Hand zu gehen, so oft es nöthig ist. Die Annahme der Redaktion der Papier-Zeitung, dass in Italien die Entscheidungen untergeordneter Organe nicht berichtigt würden, ist somit unbegründet; wir wissen sogar, dass seitens der italienischen Regierung monatliche Ergänzungshefte zu oben angeführtem Repertorium erscheinen, welche neue Auslegungen und Entscheidungen bringen und an alle Zollämter vertheilt werden. Sollte Herr Kommerzienrath Bestehorn sich durch den Zolltarif von 80 Lire die 100 kg beeinträchtigt fühlen, so kann er ja mit Mustern eine mildere Entscheidung und an Hand einer andern, frühern Benennung den Zoll für die Papierwaare je nach dem betreffenden Stoff beantragen. Neapel, 8. November 1893. R. Racioppi & Co. Lederpappen-V erzollung. Breslau, 16. November 1893. In der Nummer 92 wird unter Nr. 512 auf die Anfrage, wie hoch der Eingangszoll auf sog. Lederpappe, d. h. aus gedämpftem Holzstoff hergestellte Pappe, aus Oesterreich sei, die Auskunft ertheilt, dass der selbe nach 27 b des Zolltarifs 1 M. für 100 kg betrage. Ich erlaube mir, zu bemerken, dass dies thatsächlich nicht zutrifft. Während näm lich die betreffende Position in dem uns gewöhnlich zugänglichen Steuertarif nur von »Pappe mit Ausnahme der Glanz- und Lederpappe" spricht, enthält das amtliche Waaren-Verzeichniss ausdrücklich die Be stimmung, dass die erwähnte, aus gedämpftem Holzstoff hergestellte sogenannte Lederpappe mit 6 M. für 100 kg zu verzollen ist. Das betreffende Steueramt ist jedoch imUnrecht, wenn es diesen Zollsatz beansprucht. Das Schlussprotokoll des deutsch-österreichischen Handels vertrages enthält nämlich unter andern Nachtragsbestimmungen auch die, dass der Zoll für die erwähnte sogenannte Lederpappe nachträglich auf eine Mark für 100 kg herabgesetzt worden sei. Das ist den meisten expedirenden Beamten, die sich in der Regel nach ihrem Tarif richten, nicht bekannt, und der Fragesteller 512 wird daher gut thun, seine Steuerbehörde auf dieses Nachtragsprotokoll aufmerksam zu machen. Nicht unerwähnt möchte ich noch lassen, dass Pappen, deren Ge wicht unter 300 g auf das qm beträgt, als Papier deklarirt werden müssen und als solches mit 3 M. für 100 kg zu verzollen sind. P. Innentheile von Photographie-Albums unterliegen in Frankreich einem Zoll von 200 Franken für 100 kg, gleichviel, ob die Ver zierungen auf Papier gedruckt und demnächst auf Karton auf geleimt oder ob sie unmittelbar auf Karton gedruckt sind.