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9 2293 e Buchgewerbe Buchbinderei ® ® Buchdruck © 8 @ 6 6 6 Buchhandel 8 ® ® Steindruck Eingesandte Werke finden Besprechung. Mitarbeiter und Berichterstatter erhalten angemessene Bezahlung. No. 75. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme. Berliner Typographische Gesellschaft. Versammlwig vom 13. September. Zur Aufnahme haben sich gemeldet: Schriftsetzer Julius Supp (Berthold), Maschinenmeister W. Schönherr (Berthold), Obermaschinen meister Gustav Jahn (Büxenstein), Faktor Reinh. Wiek (Funcke & Näter). Der Vorsitzende macht vor Eintritt in die Tagesordnung die Mit- theilung, dass er—wie sich kundgiebt,mit Einverständniss der Gesellschaft — Herrn Theodor Q-oebel zu seinem 50jährigen Buchdrucker-Jubiläum (s. Nr. 67, S. 2042 der Papier-Zeitung) im Namen der Gesellschaft beglückwünscht habe. Herr Goebel hat darauf in einem längern Schreiben geantwortet (das zur Verlesung kommt), in welchem er für die ihm bewiesene Aufmerksamkeit in bewegten Worten dankt und die ihm zugeschriebenen Verdienste bescheiden ablehnt, da er nichts als seine Schuldigkeit gethan habe, die er auch weiter zu thun gedenke. Der Vorsitzende erwähnt ferner einen gegen die Thätigkeit der B. T. G. gerichteten Vorwurf des Kempe’schen »Stereotypeur« und theilt mit, dass s. Z. er sowohl wie andere Mitglieder der Gesellschaft sich vergeblich bemüht hätten, Herrn Sommer zur Mittheilung über das von ihm geheim gehaltene Verfahren zu bewegen. Aus den Aeusse- rungen eines Mitgliedes geht hervor, dass das gedachte Verfahren mit dem Husnik'schen, auf mechanischer Thätigkeit des Lichtes beruhen den Gelatine - Relief - Verfahren garnichts gemein hat und also bei Besprechung des letztem garnicht erwähnt werden konnte. Sodann wird mitgetheilt, dass die in der vorigen Sitzung be schlossene Ausstellung typographischer Erzeugnisse vom 22. bis 26. November d. J. im Bürgersaale des Berliner Rathhauses stattfinden werde, der durch dankenswerthes Entgegenkommen des Magistrats für diesen Zweck kostenlos zur Verfügung gestellt sei. Auf Antrag des Vorstandes wird der technische Ausschuss für die Vorarbeiten zur Aus stellung um 6 Mitglieder verstärkt. Der Vorstand schlägt vor, und die Gesellschaft genehmigt nach längerer Erörterung, für Herstellung des Entwurfes zu einer Einlass karte ein Preis-Ausschreiben zu Veranstalten (s. unten), und es werden hierzu zwei Preise von 30 und 20 M. ausgesetzt. Arisstellungs-Angelegenheit. Vorstand und der verstärkte technische Ausschuss kommen bis zur Ausstellung jeden Sonntag 1/210 Uhr im Vereinslokal, Alte Jakobstr. 128, zusammen. Rechtzeitiges Erscheinen ist erwünscht. Berliner Typographische Ausstellung. Vom 22.—26. November findet im grossen Bürgersaale des Berliner Rathhauses eine Ausstellung typographischer Erzeugnisse statt. Soweit sich bis jetzt übersehen lässt, wird dieselbe stark beschickt werden und Alles hinter sich lassen, was an ähnlichen Veranstaltungen in Berlin bisher geschehen ist. Alle Firmen von Ruf in Deutschland werden ersucht, eine Auswahl ihrer besten Drucksachen für diesen Zweck an den Vorsitzenden der Gesell schaft, Ph. Messenzehl, Neuenburgerstr. 2a, rechtzeitig einzusenden, und zu bemerken, ob die Sachen im Besitz der Berliner Typo graphischen Gesellschaft verbleiben können oder zurückverlangt werden. Kosten entstehen den Ausstellern nicht. Die eingesandten Druckmuster werden, jede Firma für sich, gewissenhaft und geschmackvoll geordnet zur Schau gebracht. Die Ausstellung zu beschicken ist Ehrensache für jeden Buchdrucker, der in der Lage hierzu ist, damit an jenen Tagen die Typographie Deutschlands in der Reichshauptstadt mit ihrem Besten vertreten sei und ein würdiges Bild der Kunst Gutenberg's biete. Preis-Ausschreiben. Die Berliner Typographische Gesellschaft hat für den Entwurf einer Einlasskarte zur Ausstellung vom 22.—26. November 1893 folgen des Preis-Ausschreiben für ihre Mitglieder erlassen: 1. Grösse der Karte: 101/2:18 cm einschl. Coupon zum Abtrennen. 2. Es sind höchstens 4 Farben (einschl. Töne) anzuwenden. 3. Die Karte muss enthalten die Worte: Berliner Typographische Gesellschaft. Einlass-Karte (zur) Ausstellung von Erzeugnissen der Buchdruckerkunst und verwandter Fächer im Bürgersaale des Berlinischen Rathhauses vom 22.—26. November 1893. Täglich geöffnet von 10—5 Uhr. 4. Die Entwürfe müssen ohne Namen, aber mit einem Motto ver sehen sein; in einem beigegebenen verschlossenen Umschlag, der aussen dasselbe Motto trägt, muss der Name des Einreichers angegeben werden. 5. Es werden 2 Preise von 30 und 20 M. ausgesetzt und ehrende Erwähnungen nach Ermessen des Vorstandes zuerkannt. Die prämiirten Entwürfe bleiben Eigenthum der Gesellschaft. Die Entwürfe müssen bis zum 30. September, abends 6 Uhr, an den Vorsitzenden, Herrn Ph. Messenzehl, Neuenburgerstrasse 2a, eingereicht werden. Verkehrte Richtungen. Es ist eine bekannte und vollkommen erklärliche Erscheinung, dass der freie Trieb leicht in Wildheit ausartet, wenn er nicht beizeiten unter die Scheere genommen wird. Das Bäumchen wird angebunden und veredelt, damit es nicht verkrüppelt und saure Früchte trägt, der Mensch, in diesem Falle der Kunst gewerbler, wird erzogen. Beides kommt auf Eins heraus, und in beiden Fällen ist es Ziel der Veredelungsbestrebungen, die zu erwartenden Leistungen dem herrschenden Geschmack angenehm zu machen. Zwar ist auch die wilde Heckenrose ein unter gewissen Bedingungen sehr erfreuliches Gewächs, und die Tanne wächst unter allen Umständen kerzengerade, aber es muss doch anerkannt werden, dass etwas Veredelung und verständige Pflege jede Pflanze nach unsern Begriffen zu bessern, zu verschönern, sie ergiebiger zu machen geeignet ist. In diesem Sinne kann das Kunstgewerbe als grosser fruchtbarer Ziergarten angesehen werden, aus welchem bei geordneter Bewirthschaftung sehr gute Ergebnisse zu erzielen sind, der aber bei nachlässiger, nicht sachgemässer Pflege leicht in eine unfruchtbare Wildniss ausarten kann. Vom Kunstgewerbe zum Accidenz-Buchdruck ist ein weiter Schritt. Ist jenes als Ziergarten anzusehen, so kann dieser als Nutzgarten bezeichnet werden. Der Buchdruck ist so sehr dem trocknen, aller Ideale baren Geschäftsleben dienstbar, dass es ganz verfehlt wäre, ihn in eine selbständige Kunst verwandeln zu wollen. Man bestellt oder kauft — von Ausnahmen abgesehen — Drucksachen nicht, um sie zu bewundern, um sie als Schmuck an die Wand zu hängen oder sie auf den Kaminrand zu stellen, sondern hauptsächlich oder lediglich zu dem Zwecke, das Geschäft dadurch zu heben. Die Führer im Kunstgewerbe wollen dies leider nicht einsehen, ein richtiger Künstler versteht meist so wenig von den täglichen Bedürfnissen, von den Interessen eines Fabri kanten oder Gewerbtreibenden, dass es ihm schwer wird, sich in dessen Ansprüche hineinzufinden. Dass er ihnen vorwiegend Rechnung trüge, ist nur ganz vereinzelt, eigentlich garnicht der Fall. In der Regel wird der Künstler, wenn man ihm bei der Werthbestimmung des Entwurfes zu einer Druchsache Einwen dungen vom geschäftlichen Standpunkte macht, die Achseln zucken und bedauernd sagen: »Es thut mir leid, als Künstler kann ich nicht anders!« Es ist für den Buchdruck als »Kunst« nicht günstig, dass er der künstlerischen Führung unter diesen Umständen entbehren muss. Aber wenn ihm nur die Wahl bleibt, entweder die Künstler oder aber seine Auftraggeber zu befriedigen, danu kann er nur das letztere thun. Nun wird ja, wer verständig ist und Geschmack hat, sich nicht auf das »Entweder — Oder« steifen, sondern eine beiden Seiten annehmbare Mittellinie einzuhalten suchen. Da aber viele Leute, die Drucksachen herzustellen haben, das feine Gefühl für die Grenze des Zulässigen und den Anfang des Lächer lichen nicht zu erkennen vermögen, so wird an künstlerischem Unsinn — wenn man so sagen kann — auf dem Gebiete des Accidenzdrucks mehr geleistet, als selbst bei einiger Nachsicht erträglich ist. Es wäre gut, wenn dem Buchdruck, da er auf rein künst lerische Leitung nicht rechnen kann, aus seinen eigenen Reihen geschmackbegabte Meister erständen, welche eine Art Ehren gericht über die verschiedenen Geschmacksrichtungen bildeten. Wenn, wie es jetzt thatsächlich der Fall ist, Jeder macht, was er will, wenn jeder Krautkopf Rosen tragen und jeder Rosenstamm bis in den Mond wachsen will, so geht das, was an Kraft und guten Säften vorhanden ist, in eitel Unkraut auf. Dem Accidenzdruck fehlt — um es kurz zu sagen — Selbst zucht. Statt erreichbare Ziele zu verfolgen, will heute Jeder Alles