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1612 PAPI EK-ZEITUNG. No. 54. Bedienung von Gasmotoren. Besonders bei kleinen Gasmotoren wird die Wartung und Pflege im allgemeinen viel zu leicht genommen. Da die Explosions gefahr der Dampfmaschine hierbei fortfällt, so bedient den Motor, wer eben Zeit hat, wenn er auch nicht mehr von der Maschine versteht, als zum Anlassen nöthig ist. Man möge doch bedenken, dass eine Gaskraftmaschine geeignete Pflege mit gutem Gang, geringem Oel- und Gasverbrauch, hoher Leistung und geringer Abnutzung lohnt. Viele aus schleichendem Siechthum herrührende Schäden mancher Gaskraftmaschinen wären bei liebevoller Be handlung vermieden worden. Das vortreffliche, jedem Besitzer einer solchen Maschine warm zu empfehlende kleine Werk »Aus der Gasmotoren-Praxis«, Verlag von R. Oldenbourg in München, spricht sich über die Bedienung von Gasmotoren in folgender Weise aus: Zu den Haupttugenden eines guten Gasmotors gehört die ein fache, leichtverständliche Bedienung. Fortgesetzt ist man bemüht, in dieser Beziehung die Gasmotoren zu vereinfachen und zu ver bessern. In der That giebt es denn heute auch schon Motoren, deren eigentliche Wartung sich darauf beschränkt, die Schmier behälter gefüllt zu erhalten. Das Anlassen und Anhalten vollzieht sich ohne nennenswerthe Mühe, und nur alle 3—4, Wochen ist eine gründliche, längere Zeit in Anspruch nehmende Reinigung des Kolbens, Auslassventils und event. des Schiebers vorzunehmen. Werden die wenigen Bedienungsvorschriften bei solchen Mo toren gewissenhaft befolgt, so sind Betriebsstörungen nicht zu befürchten. Hauptbedingung für lange dauernde gute Instandhaltung des Gasmotors ist die Verwendung eines wirklich guten, geeigneten Oeles zum Schmieren des Cylinders und Schiebers. Bei den hohen Temperaturen, welche die Cylinderwand und namentlich der Kolben eines vollbelasteten Gasmotors trotz der Wasserkühlung annehmen, sind nur solche Gele zulässig, die ihre Schmierfähigkeit bei hoher Temperatur behalten; sie dürfen bei dieser Erwärmung weder schnell verdampfen, noch zu dünnflüssig werden oder zu stark Oelkohle bilden. Gasmotorenöl besteht aus gutem Mineralöl, dem ein geeig netes anderes Oel, animalischen oder vegetabilischen Ursprungs, zugesetzt ist. Animalische Oele machen das Oelgemisch dünnflüssig, be halten ihre Schmierfähigkeit bei hoher Temperatur und setzen wenig, aber feste, harte Oelkohle ab. Durch Zusatz von vege tabilischem Oel wird das Oelgemisch dickflüssiger, es erhält den Vorzug, das Dichthalten des Kolbens zu befördern, indem es die Fuge zwischen Kolben und Cylinderwand ausgefüllt hält; da es in hoher Temperatur aber leichter verkohlt, als animalisches Oel, so setzt es mehr Oelkohle von poröser, schwammiger Struktur ab. Da die spezifischen Gewichte der zu dem Gasmotorenöl ver wendeten Oel-Arten oft nicht gleich sind, so tritt bei längerem Lagern eine Entmischung ein, und es ist dringend zu empfehlen, vor jedem Abzapfen den ganzen Oelvorrath umzurühren. Bei Verwendung ungeeigneten Schmieröls überziehen sich Cylinder- und Kolbenwandung mit einer rostbraunen Schicht. Zieht man den Kolben eines mit solchem Oel geschmierten Motors heraus, so findet man ihn mit einer Rostschicht überzogen, oben hat sich der Rost mit dem Oel zu einer dickflüssigen, streichbaren Masse vereint, weiter nach unten wird der Ueberzug trocken und hart, die Ringfugen sind vollständig damit ausgefüllt, und die Ringe selbst sitzen fest. Wird der Kolben mit diesem Oel auch nur eine Woche lang weiter geschmiert, so kann man mit Sicherheit erwarten, dass der Motor infolge starker Abnutzung der Cylinderbohrung fortan den Dienst versagen wird. Gutes Gasmotorenöl überzieht Cylinder und Kolbenwand mit einem grauweissen Ueberzug, der beim Warmwerden des Motors wieder verschwindet, sodass dann die blanke, blaugraue metallische Färbung von Cylinder und Kolben wieder sichtbar wird. Sämmt- liche Kolbenringe, auch die untersten, sollen jederzeit leicht be weglich vorgefunden werden, wenn man den Kolben behufs Rei nigung herausnimmt. Die Schwierigkeit, mit welcher die Erlangung guten Gas- motoren-Schmieröles verknüpft ist, hat dazu geführt, dass einzelne Gasmotorenfabriken die Herstellung und den Verkauf des Oels selbst in die Hand genommen haben. Oelschöpfwerke und noch mehr die Oeltropf-Apparate be fördern bei gesunkenem Oelstand im Vorrathsbehälter weniger Oel als zu Anfang, wenn derselbe gefüllt ist; man thut daher gut, das Nachfüllen in nicht zu langen Pausen vorzunehmen. Bei Frostwetter muss man das Oel in der Kanne vor dem Füllen der Oelbehälter erwärmen. Zum eigentlichen Anlassen des Motors empfiehlt es sich, alle Handgriffe, welche dazu nöthig sind, in genau derselben Reihen folge vorzunehmen. Der Wärter gewöhnt sich dann so an diese Eintheilung, dass Versäumnisse vollständig ausgeschlossen sind. Es dürfte wohl am Platze sein, hier in kurzen Worten eine Vorschrift für die Reihenfolge der verschiedenen Handgriffe zu geben: Für das Anlassen des Motors. 1. Oeffnen des Hahnes am Gummibeutel. — 2. Schmieren in stets derselben Reihenfolge. — 3. Netzen der Auslassventil-Spindel mit Petroleum. — 4. Anstecken der Zündflamme. — 5. Anstellen der Hilfsvorrichtung für das Andrehen. — 6. Oeffnen des Gas hahns am Motor bis zu der für das Anlassen günstigen Marke. — 7. Wirken im Rade, bis Ingangsetzung erfolgt. — 8. Gashahn ganz auf. — 9. Abstellen der Hilfsvorrichtung für das Anlassen. — 10. Kühlwasser anstellen bezw. Kontrolle des Wasserstandes in der Kühlvorrichtung. — 11. Einrücken des Betriebsriemens. Für das Anhalten des Motors. 1. Riemen ausrücken. — 2. Schluss des Hahnes am Gummi beutel. — 3. Abfangen des Schmieröls für den Schieber durch ein untergelegtes Putzwollbäuschchen. — 4. Abschluss des Kühl wassers. — 5. Stillstand des Motors. — 6. Schluss des Gashahns am Motor und der Zündflamme. — 7. Einstellen des Kolbens in den vordem bezw. obern todten Punkt. — 8. Ablassen des Wassers aus dem Auslasstopf. Von Zeit zu Zeit Ablassen des übergegangenen Wassers aus der Gasuhr und Nachfüllen frischen Wassers. Bei Frostwetter jeden Abend Entleerung des Wassermantels am Cylinder, und des Rippenkühlers, event. Einhüllen der Gasuhr in Stroh oder Decken. Die Reinigung des Motors, welche je nach der Bauart und je nach der Qualität des verwendeten Schmieröles in sehr ver schiedenen Zeitabschnitten vorzunehmen sein wird, bildet für den Wärter meistentheils den schwierigsten Theil seiner Obliegenheiten. Bei gut durchkonstruirten Gasmotoren vollzieht sich das Aus einandernehmen der zu reinigenden Theile, die Reinigung selbst und die spätere Zusammenstellung ohne Schwierigkeiten. Jeder einigermaassen verständige Arbeiter wird die nöthigen Hand habungen schnell begreifen und zuverlässig ausführen können. Der regelmässigen Reinigung von festhaftender Oelkohle bedarf das Auslassventil, der Kolben, das Auspuffrohr und von Zeit zu Zeit auch das Innere des Cylinders. Der Schieber bezw. Zünder muss von verdicktem Oel, Russ und Staub gereinigt werden. Zum Abstossen und Abkratzen der Oelkohle aus dem Innern des Auslassventilgehäuses, aus den Ring-Nuthen des Kolbens und von den Kolbenringen, benutzt man Instrumente aus Messing oder Kupfer, zur Reinigung der Mulden und Kanäle im Schieber Stäbchen aus hartem Holz, die in Petroleum getaucht werden. Auslassventil-Kegel, Kolben, Kolbenringe, Schieber und Cy linderbohrung werden zum Schluss mit einem Petroleumlappen sauber abgerieben. Die zur Reinigung abgenommenen Theile dürfen nicht auf den sandigen Fussboden gestellt oder gegen eine mit Kalkmörtel geputzte Wand gelehnt werden, ein haftenbleibendes Sandkorn ist oft hinreichend, Schieber oder Kolben zu ruiniren. Festgebrannte Muttern sollen nicht mit Gewalt entfernt werden, durch längeres Einwirkenlassen von Petroleum sind solche Muttern schliesslich ganz leicht zu entfernen. Reibt man die Stiftschrauben vor dem Aufschrauben der Muttern mit Graphit (noch besser ist eine Salbe aus Vaseline und Graphit) ein, so ist ein Festbrennen überhaupt nicht zu befürchten. Wird beim Reinigen des Auslassventilgehäuses eine Verengung des Abzweiges nach dem Auslasstopf gefunden, so muss auch das Verbindungsrohr zwischen Ventil und Topf gelöst und von Oel kohle gereinigt werden. Nach erfolgter Reinigung und sorgsamer Zusammensetzung des Motors lässt man ihn jedesmal sofort laufen. Mit einem Hebebaum muss alsdann das Schwungrad ge bremst werden, bis Vollgang eintritt und schliesslich volle Be triebswärme erreicht ist. Erst damit ist Gewissheit erlangt, dass der Motor bei nächster Benutzung während der Arbeitszeit seinen Dienst ohne Störung versehen wird. Die Reinigung darf nie wenige Stunden vor Beginn der Arbeitszeit vorgenommen werden, da nicht vorauszusehen ist, wie viel Zeit sie beanspruchen wird, und welch’ sonstige Zufälligkeiten dazwischen treten können.