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PAPIER-ZEITUNG. 1989 Sulfitverfahren. Forts, zu Nr. 65. Mit den bisherigen Feststellungen glaubte ich mich jedoch noch nicht beruhigen zu können. Ich liess mir die Liste der im Kocherhaus beschäftigten 22 Arbeiter geben (ich entnahm die Namen selbst aus der gesammten Lohnliste) und rief 13 derselben, d. h. soviel überhaupt anwesend waren, einzeln zu mir heran, um sie einer Inspektion und einem kurzen medizinischen Verhör zu unterziehen.* **) ) Der Eindruck war ein überraschend günstiger. Einen grossen Prozentsatz der Leute kann man geradezu als eine Elite-Arbeiter truppe in Beziehung auf blühendes, gesundes Aussehen und Kraft bezeichnen. Allgemein wurde das Bestehen jeder Art von Magen störung, jeden Augenkatarrhs verneint und nur ganz vereinzelt das Auftreten gelegentlicher Katarrhe zugegeben, die nie auf die schweflige Säure bezogen wurden. Folgendes waren im Einzelnen die Resultate: Name z mit S0 2 beschäftigt Aussehen und Klagen Sauer, Jakob . . a 37 Arbeiter 7 Jahre des Kocherhauses: gut Kölber, Val. . . 35 7 „ sehr gut, nie krank Stein, Adam. . . 32 7 „ sehr gut, nie krank Wombacher, Al. . 40 16 Monat mittel Junker, Heinrich . 33 4 Jahre kräftig, etwas mager Schultheiss, Vinz. . 34 7 „ kräftig, etwas mager. Einmal vor Sauer, Sebastian . 33 4 » 3 Jahren eine Pneumonie mittel Heeg, Adam. . . 25 41/2 » sehr gut Sauer, Isidor . . 37 7 .. Aussehen unter mittel. Hat nur die Rady, Josef . . . 23 4 „ Influenza, sonst keine Krankheit durchgemacht sehr gut Fuchs, Seb. . . . 26 3 » sehr gut Bachmann, Otto . Rady, Peter . . . 24 2 . nicht gesehen, liegt krank zu Hause, geschwollene Füsse sehr gut Völker, Josef . . 20 13 Monat sehr gut; hat sich leicht angewöhnt. Haas, Benedikt. . 31 26 , Hustete viel in der Gewöhnungszeit gut Fuchs, Johann . . 38 1 Jahr sehr gut Sauer, Peter Alois 28 21/2 » gut; fühlt sich ganz behaglich, trotz- Kunkel, Georg . . 39 1 „ dem er ab und zu Husten hat sehr gut Hugo, Josef . . . 26 2 » sehr gut Böll (Werkführer). ? 8 » gut; nie krank Nr. 37 »93 »67 » 488 Schlot 27 Arbeiter 3 Jahre am Kiesofen: 1 Nicht gesehen, sollen 4 frische junge ( Männer sein kräftig, nie krank Disch, Michael . . 28 5 » sehr gut, kräftig Sauer, Alois. . . 26 3 » etwas mager, sehr kräftig Hollerzaber, G.. . 20 11/2 » ausgezeichnet Wenzel, Konrad . 24 Arbeiter am Thurm: 71/, Jahr j sehr kräftig Riedinger, Ant.. . 21 2 » sehr kräftig Sauer, Bened. . . 51 71/2 » mager, ganz gesund nicht gesehen, da beim Militär ein gerückt ausgezeichnet Nr. 406 .... Sell, Michael . . 20 21/, » Sepp, Anton. . . 20 1‘/2 » ausgezeichnet (früher 41/2 Jahre bei den Kochern) Mittleres Aussehen. War vor etwa Fischer, Wend.. . 43 21/2 - Weigand, Bernh. . 34 1/, » 3/4 Jahren 11 Tage krank gewesen, hatte bei einer Reparatur stark schweflige Säure geathmet. Hatte Appetitlosigkeit, starken Husten, aber keinen blutigen Auswurf ge habt. Etwas mager, aber kräftig. Nie krank. Trotz dieser auffallend günstigen Resultate*") meiner Inspektion möchte ich einer planmässigen künstlichen Ventilation des Kocher *) Am 21. Januar wurden die Listen ergänzt, indem die das letzte Mal Abwesenden auch besichtigt wurden, ausserdem inspizirte ich auch die Kiesöfen- und Thurm-Arbeiter. **) Ich konnte diese Resultate inzwischen durch Einsichtnahme der Krankenlisten der letzten 4 Jahre kontrolliren und bestätigen, und werde über diesen Theil meiner Arbeit im Archiv für Hygiene demnächst eingehender berichten. raumes mit Exhaustoren das Wort reden. In die obern und untere Etage soll durch einen kräftigen Schrauben-Ventilator Luft eingepresst werden; der Durchmesser dieses Ventilators soll gross (etwa 0,8—1 m) sein. Es wird sich so, auch mit mässigen Kosten, die Luft in dem Kocherraum sehr wesentlich verbessern lassen. Ich muss dieser Ventilation, die stets sicher funktionirt, einen bedeutenden Vorrang vor der Ventilation durch Kamine, Luken und Klappen einräumen. II. lieber den Einfluss der Abwässer der jetzigen und der pro- jektirten Sulfitcellulosefabrik auf die Aschaff, die dadurch hervor gebrachten Schäden und die Mittel zur Abhilfe. Der sehr umfangreiche Stoff gliedert sich am besten nach folgenden drei Hauptgesichtspunkten: I. Bestehen Schädigungen durch die jetzige Ableitung der Abwässer der Sulfitcellulosefabrik, bezw. sind dieselben im Gut achten des Herrn Dr. X. richtig beurtheilt? II. Erscheinen die von Herrn Dr. X. als Bedingungen für die Konzession einer neuen Fabrik vorgeschlagenen Maassregeln geeignet, für jetzt und in Zukunft berechtigte Klagen gegen die Fabrik zu verhüten, indem sie die Uebelstände auf ein Minimum reduziren? III. Eigene Vorschläge zur möglichsten Beseitigung der Aschaff verunreinigung durch die alte Fabrik und zur tadelfreien Einrich tung der neuen. Frage I. Bestehen Schädigungen durch die jetzige Ableitung der Abwässer der Suljitcellulosefabrik, bezw. sind dieselben im Gutachten des Herrn Dr. X. richtig beurtheilt? Die schlechte Jahreszeit, in die meine Untersuchung fiel, machte es mir leider unmöglich, mich so gründlich, wie ich es gewünscht, mit dem gegenwärtigen Zustande der Aschaff vertraut zu machen, ich lege deshalb meist die von Herrn Dr. X. hierüber angestellten Beobachtungen zu Grunde. A priori ist klar, dass durch Einführung von etwa 110 cbm konzentrirter Ablauge aus den Kochern (Kocherlauge) und von 6500 cbm Waschwässern ein kleines Flüsschen, das bei höchster Trockenheit nur 500 Sekunden-Liter Wasser führt, wesentlich verunreinigt werden muss. Offenbar richtig schildert denn auch Herr Dr. X.: 1. die dunkle Färbung des Aschaffwassers, an welcher Kocher lauge, daneben aber auch gelegentlich die Anwendung von Farbe in der Weisspapierfabrik schuld ist; 2. die bald leichtere, bald stärkere Trübung, bedingt durch Ausscheidung organischer Stoffe aus den Kocherlaugen, wenn sie in starker Verdünnung mit Luft in reichliche Berührung kommen. Zum Theil ist diese Trübung bedingt durch leicht trübe Wässer der Weisspapierfabrik, zum Theil auch durch mitgerissene Cellu lose. Hierüber unten mehr. 3. Den Geruch nach schwefliger Säure und den Gehalt an diesem Gase im Aschaffwasser. Es sind hierüber von mir keine Untersuchungen angestellt, ich möchte aber aus verschiedenen Anzeichen schliessen, dass während meiner Besuche in Aschaffen burg der Schwefligsäuregehalt der Aschaff ein geringerer gewesen sei, als ihn Dr. X. im Sommer fand*). Einen Hauptgrund dafür stellt die Thatsache dar, dass durch das seit diesem Winter in der Fabrik eingeführte sorgfältige Abgasen der Kocherlauge per Liter Kocherlauge nicht mehr 15—16gSO 2 vorhanden ist, sondern nur 6—7 g. Soweit bin ich ganz mit Herrn Dr. X. einverstanden. Wie er, schliesse ich, dass die Aschaff in erheblicher Weise durch die bisherige Fabrik verunreinigt worden sei — dagegen kann ich ihm auf Grund sehr zahlreicher ausgeführter Untersuchungen nicht allgemein Recht geben, wenn er behauptet, dass grosse Cellulose mengen mit den Abwässern in die Aschaff gehen. Herr Dr. X. hat am 2. September 1892 160 mg, am 24. Sep tember 208 mg Cellulose im Liter (geklärten) Abwassers gefunden, wie solches das Klärbassin verlässt, und daraus berechnet, dass damit die Fabrik täglich 21—26 Centner Cellulose der Aschaff übergebe. Diese Zahl schien mir kaum glaublich; wäre mir aber im Interesse meines Auftraggebers sehr erwünscht gewesen, indem diese Cellulose, täglich gewonnen, einen sehr bedeutenden Werth repräsentirt hätte. *) Herr Dr. X. fand 111, 84, 275, 315, 259, 195 mg schweflige Säure; nach meinen Berechnungen war der Gehalt im Januar und Februar etwa 120 unter der Annahme einer minimalen Wassermenge der Aschaff; am 4. März wurde in der That bei mittlerem Wasserstand der Aschaff 41,6 mg schweflige Säure gefunden.