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Na. 65. PAPIER-ZEITUNG. 1057 nach oben zog. Im mittlern Raum findet kein Entweichen der schwefligen Säure statt, wenn nicht zufällig einmal ein Kessel updicht ist. — Bei der niedern Aussentemperatur war einmal eine besonders grosse Differenz im Gehalt der Luft unten und oben zu erwarten, dann aber auch ein besonders gutes Wirken aller Ventilations-Einrichtungen, also ein niedrigerer Gehalt als zur Sommerzeit. Da bei der zweiten (am Abend) vorgenommenen Untersuchung ein Kocher in seiner untern Partie etwas undicht geworden war und Ströme von SO 2 entsandte, so mag vielleicht diese zweite Untersuchung eine Vorstellung von dem SO 2 -Gehalt unter besonders ungünstigen Verhältnissen geben. Die gefundenen Werthe waren: in 1 Liter 0,033 mg SO, 0,040 mg SO 2 a. untere Etage 3 Uhr 6 Uhr b. obere Etage 3 Uhr 6 Uhr in 1 Liter 0,087 mg SO, 0,105 mg SO 2 Volum pro mille 0,0115 0,0142 Volum pro Mille 0,0304 0,0367 Die Bestimmungen zeigen deutlich, wie abends durch das Leckwerden eines Kessels der Gehalt stieg, wie mittags und abends der Gehalt oben etwa 21/2 mal so gross war wie unten. Die Untersuchung am 21. Januar ergab folgende Resultate: Aussentemperatur 0° Temperatur im Kocherraum - a. untere Etage 7,5,0 b. mittlere Etage 25—28° c. obere Etage 13,5 a. untere Etage vormittags 11 Uhr in 1 Liter 0,09 mg Volum pro mille 0,0315 nachmittags 4 Uhr 0,042 mg 0,0147 » 6 » 0,018 » 0,0063 b. obere Etage vormittags 11 Uhr 0,063 mg 0,022 nachmittags 4 Uhr 0,042 » 0,0147 » 6 » 0,019 „ 0,0065 Vormittags 11 Uhr wurde gerade ein Kocher entleert und die Luft dadurch sehr stark verunreinigt. Oben waren alle Ventile — wie dies von Zeit zu Zeit geschieht - kürzlich durch neue dichtschliessende ersetzt. Da die Luft oben wärmer war als unten, so war kein ergie biger Luftwechsel vorhanden, und es erklärt sich, dass oben die Luft morgens sogar reiner, mittags und abends gleich schwach verunreinigt war wie unten. Es fragt sich nun: Sind in der Literatur Angaben vorhanden, die an sich ein Urtheil darüber gestatten, ob dieser Schweflig säuregehalt schädlich ist oder-nicht? Von der grossen Mehrzahl der technisch wichtigen Gase liegen jetzt genaue Angaben darüber vor, welche Gehalte der Mensch von denselben für kürzere oder längere Zeit zu ertragen imstande ist. Ich selbst habe mit meinen Schülern diese Zahlen zum grossen Theil ermittelt. Zufälliger Weise fehlen gerade für die schweflige Säure solche Ermittelungen für den Menschen bisher noch, doch ist durch Dr. Ogata im hygienischen Institut in München ermittelt, dass SO, noch bei einem Gehalte von 0,4 pro mille (Volumen pro mille) von Kaninchen, Meerschweinchen und Mäusen vier Stunden lang vertragen wird, ohne dass bedrohliche Symptome auftreten oder ein bleibender Nachtheil erfolgt. Allerdings vermochte Dr. Ogata selbst nicht einen einzigen Athemzug in einer Luft mit 0,5 pro mille zu thun. Genaueres wissen wir durch die Untersuchungen von mir und meinem Schüler Dr. Matt über die Wirkung des Salzsäuregases, das qualitativ bei stark verdünnten Dosen ausserordentlich ähnlich wie Schwefligsäuregas auf Menschen und Thiere einwirkt. Wir ermittelten: 0,01 Volum pro mille: Geringe Belästigung. 0,05 » » » Unangenehme Reiz-Symptome. Nach 1/2 Stunde so unangenehme Empfindungen auf der Brust (Stechen), dass der Versuch abgebrochen wird. 0,07 Volum pro mille: Wird 1/4 Stunde unter starken Reiz-Symp tomen von Seite der Nase, des Rachens und Kehlkopfes aus gehalten. 0,1 Volum pro mille: wirkt noch stärker als im vorigen Ver such, sodass nach 1/4 Stunde der Raum verlassen werden muss. Aus diesen Versuchen, zu deren Ergänzung zahlreiche Thier versuche angestellt sind, folgerten wir: Von Salzsäuregas lassen Dosen von 0,01 pro mille: noch ein ganz ungestörtes Arbeiten zu; » » 0,01—0,05 pro mille: sind nach längerer Zeit, aber nur unter unangenehmen bez. sehr unangenehmen Empfindungen auszuhalten; bei 0,1 pro mille: ist jede Arbeit vollkommen unmöglich. Aehnliche Werthe dürften auch für die schweflige Säure Geltung haben. Wenigstens stimmten die Beobachtungen, die mein Assistent und ich während unseres Aufenthalts im Kocher raum machten, sehr gut damit. Wir empfanden nämlich beide den Gehalt von 0,0063 und 0,0115 Volum pro mille als wenig lästig, erst nach etwa 10—15 Minuten ganz leichte unbedeutende Unbequemlich keit machend (Reiz in der Nase); 0,0140 und 0,0147 war schon merklich unangenehmer, aber wir blieben doch Beide 1/2 Stunde in dieser Luft ohne besondere Beschwerde; 0,022 wirkte deutlich noch stärker; 0,0304 verursachte uns Beiden sehr bald in wenigen Minuten heftiges Nasenbeissen, Niesen und leichten Hustenreiz. Aller dings war auffällig, dass nach etwa 10 Minuten die Belästigung im Abnehmen war, und dass die letzten 5 Minuten eigentlich die wenigst unangenehmen waren; 0,0367 wirkten ähnlich, nicht merklich stärker. Niemals wurde Augenbeissen beobachtet. Wir mussten also urtheilen: Ein SOa- Gehalt der Luft bis etwa 0,020/00 ist selbst dem Ungewohnten noch leidlich erträglich, Dosen von 0,03—0,04 sind dagegen für den Ungewohnten sehr unangenehm. War uns auffallend gewesen, dass an uns die heftigen Reiz- Symptome bei längerem Verweilen nicht zu, sondern eher abnahmen, und dass sie nach 1/4—1/2 stündigem Aufenthalt in der SO 2 -Atmo sphäre alsbald beim Heraustreten in die frische Luft schwanden, so war mir noch auffallender und interessanter die vollkommene Gleichgiltigkeit, welche die Arbeiter des Kesselhauses gegen die Atmosphäre, die sie umgab, zeigten. Nicht nur, dass man kein Niesen oder Husten an ihnen bemerkte, nein, sie hatten es offen bar auch nicht besonders eilig, aus den stärker SO,-haltigen Räumen zu entkommen und reinere Luft zu suchen. Auch die Herren Inspektor Küderling, Chemiker Brüggemann und Betriebs leiter Glöckner, die uns führten und mit uns gleichzeitig die Räume betraten, zeigten eine auffallende Gleichgiltigkeit gegen die Dose von 0,03—0,04°/09. Dieselben schienen diese Herren jedenfalls nicht mehr zu belästigen als uns 0,01—0,020/00, und sie erzählten uns, dass es auch bei ihnen, die ihr Beruf ebenfalls zu gelegentlichem längerem Aufenthalt in sehr stark SOa-haltigen Räumen zwingt (besonders wenn irgend eine Undichtigkeit und dergl. die Luft besonders reich an SO 2 macht) anfangs zu sehr starker Belästigung ge kommen sei. Ich kann nach diesen Resultaten nicht umhin, auszusprechen: Die beobachteten SO 2 -Gehalte im Kesselhause sind für den Ungewohnten sehr lästig, bei längerer Einwirkung wohl auch vorübergehend schädlich, an den daran gewohnten Personen war aber nicht die Spur einer Störung zu erkennen. (Fortsetzung folgt.) Nimm so wenig Veränderungen vor wie möglich; Bäume, die oft umgepflanzt werden, tragen wenig Frucht. Wenn man an einem Orte Schwierigkeiten hat, so wird man sie an einem andern auch haben; wenn man das Thal verlässt, weil es feucht ist, so mag man auf dem Berge finden, dass es kalt ist. Wo giebt’s einen Ort für den Esel, an dem er nicht zu arbeiten haben wird? Wo kann eine Kuh leben, ohne gemolken zu werden? Wo giebt’s ein Land ohne Steine, oder Fleisch ohne Knochen? Ueberall auf Erden muss man im Schweiss seines Angesichts sein Brod essen. Zuweilen ist’s recht, eine Veränderung vorzunehmen, und dann heisst’s tüchtig die Arme rühren. Eine Henne, die sitzen bleibt, bekommt nichts vom Futter ab; aber laufe nicht ewig hin und her, denn an einem rollenden Stein bleibt nicht viel Moos hängen. Erst dies und dann das, und dann etwas anderes, und alles und jedes macht Summa Summarum nichts; wer aber auf einem Pferde sitzen bleibt, kommt mit der Zeit auch zum Ziel. Spurgeon.