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1570 PAPIER-ZEITUNG. Wo. 78. Brüsseler Wettstreit. Der »Grand Concours international des Sciences et de ['Industrie, Bruxelles 1888« entpuppt sich, wie wir schon in No. 52, Seite 1035 andeuteten, mehr und mehr als mangelhaft organisirtes, mit geringem Geschick geleitetes und in seinen Erfolgen verfehltes Unternehmen. Ueber die Geschäftsführung des Vorstandes der deutschen Abtheilung, Herrn Corneli, werden vielfach bittere Klagen laut, und es scheint, als würde . das mit grossem Reklamelärm in Scene gesetzte Unter nehmen verschiedene Nachspiele vor den belgischen Gerichten haben. Der Ausschuss für den VI. Wettbewerb, Buchhandel und ver wandte Gewerbe umfassend, hatte den Vorstand des deutschen Buch händler-Börsenvereins um Zuweisung geeigneter Persönlichkeiten gebeten, welche sich an der Urtheilsfällung betheiligen sollten. Der Börsen verein bestimmte hierzu den alten kenntnissreichen Vertreter buchhändlerischer Wissenschaft, Herrn Konsul Carl B. Lorck in Leipzig, und seinen damaligen zweiten Vorsitzenden, Herrn Paul Parey in Berlin. Als der letztere zunächst allein in Brüssel ankam und sich beim Gruppen-Ausschuss meldete, fand er, dass derselbe seine Arbeiten nahezu beendet hatte. Eine Besichtigung der deutschen Buchhändler- Ausstellung selbst ergab, dass das deutsche Buchhändler-Gewerbe kläglich vertreten war. »Eine kleine Verstaubte Koje mit einem Brockhaus’schen und einem Meyer'schen Konversations-Lexikon, Münchener Bilderbogen, einigen jugendschriften und Prachtwerken stellte sich dar als: „Collectivite de la librairie allemande", wie das ausgehängte Schild besagte, und nur eine grössere Musikalien-Verlags firma, welche in Brüssel Lager hält, hatte umfangreicher ausgestellt.« Angesichts dieser Sachlage hielt es Herr Parey für angezeigt, auf sein Preisrichteramt zu verzichten und theilte diesen Entschluss dem Gruppen-Ausschuss unter Angabe der erwähnten Gründe brieflich mit. Herr Lorck hatte seine Reise noch nicht angetreten und blieb auf Grund der Mittheilungen seines Fachgenossen zu Haus. Büchertisch. Neue Monatshefte des Daheim, Leipzig, V elhagen & Kiasing. 1. Heft. Jedes Heft 1 Mark. Die Neuen Monatshefte des Daheim sind im beliebten Kleinfolioformat der sogenannten »Salon-Ausgaben« ausgeführt und zeichnen sich gleich andern Verlagswerken der ge nannten Firma durch saubere und künstlerische Ausführung der zahl reichen Bilder-Beigaben aus. Das vorliegende 1. Heft des Jahrgangs 1888/89 enthält Lesestoff von überraschender Reichhaltigkeit und Mannigfaltigkeit. Den Anfang macht eine kunstgeschichtliche Ab handlung über Rembrandt. Eine grosse Zahl der wichtigeren und seine Sonderrichtung kennzeichnenden Radirungen und Gemälde sind in trefflichen Nachbildungen veranschaulicht, unter welchen selbst die autotypischen Halbton-Aetzungen vermöge sorgfältigster Zurichtung gut zur Geltung kommen. Der urbildgetreue Eindruck der einzelnen Radirungs-Wiedergaben wird durch graugelben Ton-Unterdruck er höht, welcher der Farbe leicht angegilbten alten Papiers nahe kommt. Die 48 Seiten umfassende Abhandlung, welche noch fortgesetzt werden soll, bietet sehr werthvollen Lehrstoff. Den ferneren Inhalt des Heftes bilden zwei Novellen »Kein Glück« von E. von Wellnitz und »Aus den Erinnerungen eines Arztes« von Hans von Spielberg, reich illustrirte biographische Skizzen über Friedrich Wilhelm I von Preussen und den unglücklichen Herzog von Reichstadt, Mittheilungen aus der Geschichte der letzten Zeit, eine ziemlich schwache Humoreske »Der vertauschte Rekrut« und zahlreiche kleine Notizen, Spiel-Auf gaben und Räthsel. Äusser den verschwenderisch beigegebenen, dem Text eingefügten Abbildungen ist noch eine ansehnliche Zahl von Vollbildern und Doppel-Vollbildern auf stärkerem Papier eingehängt, darunter als Titelbild eine treffliche Lichtdruckwiedergabe des Oel- gemäldes »Heitere Klänge« von Emil Rau. Zu dieser auffallenden Menge des Gebotenen kommen noch 4 angehängte Bogen eines Romans in klein Oktav. Der Vortheil der Verlagshandlung an einem so reich ausgestatteten Band kann auch bei hoher Auflage nicht gross sein, und es bleibt nur zu hoffen, dass die späteren Hefte auf derselben Höhe der Ausstattung stehen möchten wie das vorliegende. Die zur buchhändlerischen Gewohnheit gewordene Ausgabe künstlich aufgepuffter Probenummern, welchen dann viel bescheidnere regel mässige Lieferungen folgen, bietet für diese Hoffnung leider wenig Grundlage. Der Ornamentenschatz. Ein Musterbuch stilvoller Ornamente aus allen Kunstepochen. 85 Tafeln mit erläuterndem Text von H. Dolmetsch. Stuttgart, Verlag von Julius Hoffmann. Jedes Heft 1 Mark. Die neue Auflage des bekannten Sammelwerks, welche zum Unterschied von der ersten gelb gehefteten grüne Umschläge auf weist, liegt von Heft 7 bis 14 vor. Die in denselben enthaltenen 32 Tafeln bringen Darstellungen im arabischen, maurischen, byzan tinischen und romanischen Stil und gehen im 11. Heft zur Renaissance über, welcher, ihrer Bedeutung für die Gegenwart entsprechend, besonders breiter Raum gewidmet ist. Die zahlreichen farbigen Dar stellungen sind mit Sorgfalt und Geschick ausgeführt, so dass sie auch als Vorlagen für gute und wirksame Farbenzusammenstellungen dienen können. Das schöne Werk ist vermöge seines billigen Anschaffungs preises in weite Kreise, auch der kleineren Kunsthandwerker, gedrungen, hat zur Hebung des Kunstverständnisses und zur Schärfung des Auges für Stilunterschiede sicher viel beigetragen und dürfte diese Aufgabe auch künftig erfüllen. Vielseitig. Am Schaufenster einer kleinen, mit Verkaufsladen verbundenen Druckerei in Cuxhaven sind, nach »Journ. f. Buchdrk.«, folgende Ankündigungen angebracht: »Hier wird für 1 Mark per Tag geflaggt.« »Wer sofort eine Hypothek von Tausend Mark in das Eckhaus des A . . . . H in Cuxhaven (Seebadeort) giebt, kann dafür alljährlich fünf Wochen ein gutes Zimmer für zwei Personen gratis beanspruchen mit Frühstück und Aufwartung. Kleiner Garten beim Eckhause, 4 Bäume.« »Unterzeichneter (und mit ihm gewiss verschiedene Andere) er klärt hiermit öffentlich, dass er herzlich gern bereit ist, bei Beerdigungen als Träger zu helfen, und zwar wie bisher, so auch fürder: entweder ein ganz einfaches Vesper, 2 Cigarren und eine Citrone — kein Wein — oder, wo dieses der Raum des Sterbehauses oder die Krankheit, nicht gestattet, für 1 Mark, falls die Beerdigung in Cux haven stattfindet, Mk. 1.50, wenn die Leiche nach Groden, Döse oder Altenwalde kommt, stets per pedes apostulorum (zu Fuss wie die Apostel) 1. Petri 4. 10. A . . . . H « Bücherdiebstahl. Der Buchhändler Carl Boeckei in Strassburg verkaufte im Jahre 1882 sein Geschäft an den Buchhändler Lutz, be hielt sich aber vor, noch eine Zeitlang mit thätig zu sein. Ihm gehörte das Haus, er hatte noch eine dicht an das Bücherlager an stossende Kammer in Benutzung und besass einen Schlüssel zu der Thür, welche von dort nach der Buchhandlung führte. Das Geschäft des Herrn Lutz ging nicht nach Wunsch. Seine hierdurch herabgedrückte Stimmung wurde noch trüber, als mehrmals hintereinander werthvolle Bücher verschwanden, über deren Verbleib nichts zu ermitteln war. Im Jahre 1885 starb Herr Lutz, und seine thatkräftige Frau führte das Geschäft weiter. Aber auch jetzt noch verschwanden mit einer gewissen Regelmässigkeit werthvolle Bücher. Das Schloss der zum Bücherlager führenden Kammerthür war längst abgeändert worden, als eine Streitigkeit mit dem Vorbesitzer entstand und dieser den Schlüssel nicht abgeben wollte. Im Juni gegenwärtigen Jahres ging Frau Lutz über den »Eisernen Mannplatz« und trat an den Stand des Altbuchhändlers Beguin. Hier fand sie eine grosse Anzahl ungebrauchter, erst kürzlich er schienener Bücher, deren rascher Uebergang in die Hände eines »Antiquars« ihr auffiel. Bei näherer Untersuchung erkannte sie die Auszeichnung ihrer Handlung, und auf Befragen erzählte der Händler ohne weiteres, dass er alle diese Bücher von Fräulein Boeckei gekauft habe, mit der er schon seit Jahren in angenehmer Geschäftsver bindung stehe. Jetzt war das geheimnissvolle Verschwinden der Bücher erklärt. Herr Boeckei hatte auch nach der Schlossveränderung sich für be- rechtigt gehalten, einen passenden Schlüssel zu besitzen, hatte sich einen solchen ohne weiteres anfertigen lassen, und diesen Schlüssel hatte seine Tochter benutzt, um die Bücherdiebstähle auszuführen. Der Staatsanwalt schätzte die Zahl der entwendeten Bücher aut 5,600, und die Strafkammer verurtheilte Fräulein Boeckei zu 9 Monaten Gefängniss.