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Vorstandes den Behörden, der Presse, den Ausstellern und Besuchern Dank für ihre fortgesetzte rege Theilnahme abstattete. Mit Hinweis auf die Eröffnungsrede betonte er, wie die Fachmesse ihre Aufgabe erfüllt und den Beweis geliefert habe, dass solche Sonder-Ausstellungen bei angemessener Betheiligung der Interessenten erfolgreich sind. Nicht die Schaulust sollte befriedigt werden, sondern die Fabrikanten wollten den Gross- und Kleinhändlern Gelegenheit bieten, an einer Zentralstelle die Neuheiten der Jahreszeit kennen zu lernen und ihren Bedarf in geordneter Weise mit wenig Nebenkosten zu decken. Das gesteckte Ziel sei nach allgemeiner Ansicht mit dieser Fachmesse erreicht worden, und das Ergebniss für die Aussteller könne als zufriedenstellend bezeichnet werden. Bedeutende Abschlüsse seien nach den skandinavischen Staaten, Russland, Südamerika, insbesondere aber mit deutschen Firmen gemacht worden, und mehrfach wurden Verbindungen angeknüpft, die sich als dauernd und lohnend erweisen dürften. Wenngleich die Fachmesse allseitig als gelungen bezeichnet wurde, sei der Vorstand doch der Ansicht, dass immer wieder Verbesserungen gemacht werden können. Er werde daher, um die Ansicht der Be theiligten festzustellen und ihre Wünsche kennen zu lernen, an die Aussteller Fragebogen versenden, deren Ergebniss für die Zukunft verwerthet werden soll. Herr Tetzer schloss seine Rede mit dem Hinweis auf Kaiser Wilhelm II. als Hort des Friedens, unter dessen Szepter Plandel und Wandel gedeihen mögen, damit auch ferner solche Werke des Friedens zum Nutzen des Faches ausgeführt werden könnten. In das 3malige Hoch auf den Kaiser, sowie in die Volkshymne ,.Heil Dir im Siegerkranz“, stimmten die zahlreichen Aussteller und Besucher begeistert ein. Hierauf schloss Herr Tetzer die Ausstellung. Nach dem Schluss versammelten sich Aussteller und Mitglieder des Vorstandes mit Damen, etwa 60 Personen, im »Spaten«, Kaiser- Wilhelmstrasse, zum gemeinschaftlichen Abendessen, wobei in launigen Reden das Ergebniss der Fachmesse besprochen und dem Ausschuss der Dank der Aussteller abgestattet wurde. (Fortsetzung zu No. 77.) Von Erzeugnissen der Papierverarbeitungs-Industrie war verhält- nissmässig wenig geboten. Es fehlten mehrere Luxuspapier- und Papier-Ausstattungsfabriken ersten Ranges, und auch von sonstigen in den Rahmen der Ausstellung passenden Berliner Gewerbszweigen waren einzelne garnicht, andere nur spärlich vertreten. Die einfachste Art der Papier-Verarbeitung ist diejenige, welche den Grundstoff in seiner Form nicht verändert, aber bestrebt ist, ihm bestimmte neue Eigenschaften zu verleihen. Hierher gehören z. B. die Paus- und Oelpapiere, welche Emil Holtzmann in Speyer ausstellte, die gummirten Papiere von Herm. Köhler, Hagen i. W., die Durchschreibepapiere von E. Lorbeer und Wilh. Haber, Berlin, die Lichtpauspapiere von Gustav Werner, Berlin SO., die Buntpapiere von Herrmann Gmeiner in Goldbach, und theilweise auch die »Affichen-,« Seiden- und Klosetpapiere von Adolf Fiegel, Berlin, sowie die farbigen Affichenpapiere von Arno Anhalt, Berlin. Letztgenannte Firma brachte ihre Erzeugnisse in sehr wirksamer Weise dadurch zur Geltung, dass dieselben mit Ankündigungen be druckt und an eine geschickt aus Pappe nachgebildete »Litfasssäule« geklebt wurden. Den Uebergang von denjenigen Erzeugnissen, bei welchen der Rohstoff selbst Hauptsache bleibt, zu den künstlerischen Arbeiten des Farbendrucks, bei welchen das Bild Hauptsache wird und das Papier nur als Träger desselben auftritt, bilden die sogenannten Papier- Ausstattungen. Bei ihnen bleibt das Papier wesentlicher Bestand- theil, aber es wird häufig mit bildlichen Darstellungen in Verbindung gebracht, auf deren Ausführung die Luxuspapierfabriken viel Fleiss und Sorgfalt verwenden. Wenige Schritte rechts vom Eingang hatte die Osnabrücker Papierwaarenfabrik in Berlin SW. eine Auswahl ihrer neueren und neuesten Muster ausgestellt. Die Erzeugnisse dieser Firma stellen sich fast sämmtlich in den Dienst der wechselnden Mode. Sie suchen oft selbst Mode zu schaffen und theils durch zarte und vornehme Ausführung, theils durch Wahl eigenartiger und auffallender Stoffe und Formen den Blick zu fesseln. Neben den früher von uns besprochenen Mustern dieser Firma finden sich als diesjährige Neuheiten u. a. Papier-Ausstattungen in Form eines kleinen Wäschekorbes, zier liche Schachteln mit zartvioletten Briefbogen und -Umschlägen, welche ausschliesslich Stiefmütterchen als Verzierung tragen, Briefbogen mit reizend ausgeführten Feldblumensträusschen, mit Karrikaturen nach Jan van Beers, Tisch-, Tanz- und Wunsch karten und vieles Andere. Lüben & Co., Berlin SO., zeigten sehr ansprechende Luxus Briefbogen, welche theilweise auf der Prägpresse auch ihre Färbung er hielten. Die in solcher Technik ausgeführten Blumen und Sträusschen sehen theilweise aus wie gepresst und aufgelegt. Äusser verzierten Briefbogen und -Umschlägen fanden sich auch Wunschkarten, Tisch- und Speisenkarten. Bei den Arbeiten von E. Spangenberg, Berlin SW., ist der beliebte farbige Glimmerstaub reichlich verwendet. Solche Ausführung zeigte auch eine besonders gangbare Neuheit dieser Jahreszeit, die »Bismarck-Briefschachtel«. Dieselbe enthält Briefbogen mit Eichen laubzweigen, theils in grüner Bronze, theils mit Glimmer-Auflage, und trägt die bekannte stolze Aufschrift: »Wir Deutsche fürchten Gott, sonst aber nichts in der Welt.« Erwähnenswerth ist auch das Kaiser-Album mit den Brustbildern der drei Kaiser, welche im Jahre 1888 regierten. Die zahlreichen, hübsch aufgebauten Papier-Ausstattungsschachteln von Rudolf Kafka in Wien enthalten verzierte Briefbogen und Umschläge feinerer Art, welche dem verwöhnten neuzeitlichen Ge schmack Rechnung tragen. AuchWunschkarten mit gepressten Ver zierungen und schrägem Goldschnitt waren dort ausgestellt. Die Luxuspapierfabrik von Carl Schulz in Steglitz bei Berlin war mit Briefschachteln vertreten, deren Deckel durch verglaste Oeff- nungen das Innere erkennen lassen. Auf den verzierten Briefbogen und Umschlägen lagen Sträusschen aus Stoffblumen. Carl Krause & Co. in Berlin SW. pflegt als Sonder-Erzeugung namentlich Papier-Ausstattung für Kinder und hatte eine hübsche Auswahl dieser Erzeugnisse auf die Ausstellung geschickt Martin Schlesinger, Berlin N., war mit Wunschkarten und ähnlichen Erzeugnissen seiner Luxuspapierfabrik gut vertreten. Die Firma zeigte ausserdem Blockkalender und Pathenbriefe. Pathenbriefe und Taufbücher sind Sonder - Erzeugnisse von Gustav Schröder, Dresden-A. Die wirklichen »Briefe« von ehemals haben sich allerdings in zierliche Karten verwandelt, bei deren Aus stattung zartes Spitzengewebe eine grosse, Rolle spielt. Die Tauf bücher stellen eine von der Firma eingeführte Neuerung dar. Sie sind bestimmt, Angaben über Familien-Verhältnisse und Entwickelung des Kindes aufzunehmen und dasselbe als Familien - Chronik durchs Leben zu begleiten. Die Aufzeichnungen beginnen somit nicht wie bei anderen Chroniken mit der Ehe, sondern schon mit der Geburt bezw. der Taufe. Berliner Vertreter der Firma ist Wilh. Froebe, Möckernstrasse 66. Willner & Pick, Luxuspapierfabrik in Teplitz, Böhmen, hatten durch ihren Berliner Vertreter, Herrn P. Wiesike, eine Auswahl hübsch ausgeführter Farbendruckbilder ausgestellt. Bei einzelnen derselben ist ersichtlich, dass sie von tüchtigen Künstlern entworfen und von gut geschulten technischen Kräften fertiggestellt sind. Die in Plattstickerei ausgefühlten Wunschkarten von Emil Gnoerich in Tempelhof bei Berlin erregten auf der Ausstellung namentlich das Interesse der besuchenden Damen. Wir hatten schon mehrfach Gelegenheit, diese höchst eigenartigen und meist mit eben soviel Kunstverständniss wie technischer Geschicklichkeit ausgeführten Erzeugnisse lobend zu erwähnen. Die Firma liefert neuerdings auch Kulissen für Photographie-Albums mit aufgestickten Verzierungen und selbständige, mit elliptischem Ausschnitt für Photographieen versehene Kartons zum Einnahmen. Die Firma G. W. Lüder in Berlin S. überlässt die Vervoll ständigung ihrer Waaren durch Näh- und Stickarbeit den Käufern. Ihre Sonder-Erzeugnisse sind „Haussegen“, Lampenschirme u. dgl. aus Stramin, Kanevas und Kalblederpapier. Ausserdem liefert die Firma Reklamekarten mit farbigen Bildchen. Jener blühende Zweig der Farbendruck-Industrie, welcher sich mit Herstellung von Kinder- und Gesellschaftsspielen befasst, war durch zwei sehr leistungsfähige Berliner Firmen glänzend vertreten: Adolf Engel und A. Sala. Adolf Engel hatte gleich beim Eingang einen hübschen Aufbau von Spielschachteln und -Kästen, Bilderbüchern und Jugendschriften veranstaltet, dessen freundliche- farbige Ausstattung einen sehr günstigen Eindruck machte. Wir haben einen grossen Theil der zahl reichen Spiele dieser Firma bereits beschrieben und hoffen bald Ge legenheit zu haben, unsern Lesern auch einen Theil der diesjährigen Neuheiten in Bild und Beschreibung' vorzuführen. Eine Auswahl grosser farbiger Schaubilder war auf der Galerie ausgestellt und be kundete die Leistungsfähigkeit der Anstalt auch auf diesem Gebiet. Die Ausstellung von A. Sala nahm zwei Tische von der Längs wand des Saales nebst zugehörigen Wandflächen ein und zeichnete sich durch geschmackvolle Gruppirung und hübsche dekorative Ein fügung in das Gesammtbild der Halle aus. Auch Sala’s Spiele sind unsern Lesern aus früheren Beschreibungen bekannt und erfreuen sich bei der sachverständigen Kinderwelt grosser Beliebtheit. (Fortsetzung folgt)