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anwälte, Stadtbehörden usw. durch Aufruf veranlasste, im Interesse der Sicherheit unserer Akten nur Papiere mit solchem Aufdruck an zukaufen und zu verwenden, so wäre ein weiterer erheblicher Schritt zur allgemeinen Aufbesserung gethan. Sie wissen, dass ich diesen Weg schon bei Einführung der Normalien eingeschlagen und grosse Opfer dafür gebracht habe, ich habe u. A. etwa 50 000 Exemplare einer Druckschrift zur Aufklärung verschickt. Ein Einzelner vermag aber nichts gegen den langjährigen Miss brauch und Schlendrian, wenn die Regierung nicht den nothwendigen Druck ausübt. Einen anderen Vorschlag, jeden Bogen mit der Marke oder Firma und der Papierklasse, sei es durch Wasserzeichen, Trocken stempel oder Schwarzdruckstempel zu versehen, habe auch ich früher bereits in Erwägung gezogen, doch erschien er mir bedenklich. Erreichen derartig behandelte Papiere zufällig nicht die vorgeschriebenen Erfordernisse, oder gehen sie mit der Zeit etwas zurück, dann sind sie entweder werthlos, oder es kann damit Missbrauch durch Unterschiebung getrieben werden. Die Regierung geht beim Nahrungsmittelgesetz auf das Schärfste vor, um Täuschungen zu verhüten. Bei dem so wichtigen »Papier« ist noch nichts geschehen, um dem Einzelkäufer zu verbürgen, dass er die zweckentsprechende Papiersorte auch wirklich bekommt. Nur wenn das von mir vorgeschlagene System des verantwortungsvollen Aufdrucks auf den Papierumschlägen zu allgemeiner Einführung gelangt, ist Hoffnung vorhanden, dass die Normalien ihren Zweck: »die Gesundung der Akten« erfüllen. Die gegenwärtigen Bestimmungen sind unzureichend für die allgemeine Einführung und Verwendung zweckentsprechender Papiere. Der Vorsitzende dankt dem Redner für seine gediegenen Aus führungen und theilt der Versammlung mit, dass Herr Martens, der Vorsteher der mechanisch-technischen Versuchsanstaltin Cha rlottenburg, die Versammlung auf Einladung mit seinem Besuch beehrt hat. Martens: Ich bin nur auf eigene Veranlassung, nicht im amtlichen Auftrage gekommen, und das, was ich sage, kann deshalb lediglich als meine persönliche Meinung aufgefasst werden. Der Vortrag des Herrn Abel zerfällt in zwei Theile. Der eine richtet sich gegen die Möglichkeit, die Versuche unfehlbar auszuführen; aber das ist jedenfalls, wie ich ihn verstanden habe, nicht der Schwer punkt der Ausführungen. Da ich Ihre Zeit lange in Anspruch nehmen müsste, wenn ich die einzelnen Fälle widerlegen wollte, will ich zunächst nicht darauf eingehen, sondern vorab den zweiten Theil besprechen, auf den es praktisch ankommt. Nach dem Vorschlag des Herrn Abel soll die Regierung veranlasst werden, Vorschriften dahin zu erlassen, dass die kleinen Behörden, die Papier nur in geringen Mengen kaufen, dieses Papier in solchen Umschlägen beziehen, auf denen der Lieferant ver sichert, dass der Inhalt dem Normalpapier einer bestimmten Klasse entspricht. Die Sache ist an und für sich gut und würde auch dem Sinne entsprechen, in dem diese Normalien entstanden sind. Der Staat hat ein verbürgt besseres Papier haben wollen, als es ihm seiner Zeit verkauft wurde, und das würde man ja vielleicht auf diese Weise erreichen können. Ich glaube aber, cass es praktische Schwierigkeiten machen würde, diese Vorschläge in der beregten Weise durch zuführen, selbst wenn der Herr Minister sie erlassen wollte. Man hat nachher kein praktisches Mittel, um festzustellen, ob die kleinen Be hörden auch wirklich das Papier verwenden. Ich weiss nicht, wie dies gemacht werden soll. Wenn irgend eine amtliche Stelle mir einen Bogen vorlegt, so kann ich demselben nicht ansehen, ob er aus einem Paket kommt, welches den von Herrn Abel empfohlenen Umschlag hatte. Ich meine also, Herr Abel müsste weiter gehen in der Weise, wie es praktisch von einer grossen Fabrik in Oesterreich gehandhabt wird. Diese versieht jeden Bogen mit ihrem Namen und dem Stempel über die Normalienklasse, der das Papier angehört. Dann hat man wenigstens eine Handhabe, da eine Urkunde immer soviel Papier hat, dass man sich schon durch den Augenschein, in Zweifelsfällen aber auch wohl etwas sicherer, überzeugen kann, ob es den Anforderungen jener Klasse entspricht. Ich möchte nun noch ganz kurz auf den ersten Theil des Vortrages zurückgreifen. Es ist nicht so schwer, ein Papier einigermaassen zutreffend zu klassifiziren. Die Fehler, die Herr Abel anführte, be treffen Ausnahmsfälle. Unfehlbar ist keine Materialprüfung, wie es ja auch einer Fabrik unmöglich ist, immer genau dasselbe Erzeugniss zu liefern. Es ist also nur mit Fehlergrenzen möglich Prüfungen zu machen. Aber die Fehlergrenzen sind nicht so weit, wie Herr Abel sie hingestellt hat. Die Untersuchungen von Professor Hartig sind vor 6 bis 7 Jahren gemacht worden, als Sulfitstoff noch anders war als heute, wo die Fabrikation schon bedeutend verbessert ist. Ich sage auch heute noch: ich weiss nicht sicher, was aus dem Zellstoff wird. Ich kann mir denken, dass er mit der Zeit in seiner Festig keit nachlässt, wenn er chemisch nicht richtig behandelt ist. Ich kann aber auf der andern Seite nicht einsehen, wie ein Stoff, der chemisch derselbe ist, wie er im Leinen, in der Baumwolle, im Hanf vorkommt, wenn er rein geliefert wird, und wenn die be nutzten Chemikalien völlig unschädlich gemacht sind, in der Holzfaser anders wirken soll als im Leinen, im Flachs usw. Nur die Er fahrung kann uns zu einem abschliessenden Urtheil bringen, und wahrscheinlich werden wir 8—10 Jahre warten müssen, ehe wir klar darüber werden. Nun würde ja Herr Abel Recht haben, den Zell stoff zu verwerfen, wenn wir sicher wüssten, dass er zurückgehen muss. Dann hätte der Staat das grösste Interesse zu sagen: Ihr dürft keinen Cellulose zu Papier verwenden! Das ist aber auch zwei schneidig. Auf der einen Seite wissen wir nichts Sicheres; auf der andern Seite würden wir die Industrie schädigen, insoweit sie Cellulose erzeugt. Wir haben uns nun gegen die etwaige schädliche Ein wirkung der Cellulose zu schützen gesucht, indem wir unter allen Umständen vorschreiben, dass das Papier die und die Festigkeit haben muss. Wenn uns also der Händler ein Papier mit Cellulose liefert, setzt er sich vielleicht der Gefahr aus, dass es nach einiger Zeit zurückgewiesen wird; aber auf der andern Seite schützt sich der Staat vor schädlichen Folgen. Der Fabrikant oder Händler ist nicht ge zwungen, Cellulose zu verwenden; es ist ihm nur gestattet. Wenn er also weiss, dass sie schlecht ist, dass er solche Cellulose hat, die zurückgeht, so wird er sie nicht verwenden. Ich glaube, dass der Vorschlag, welchen Herr Abel am Schluss macht, praktisch ist, aber nur dann, wenn auf jedem einzelnen Bogen das Wesen des Papiers gekennzeichnet ist. Vorsitzender: Wir sind Herrn Martens ausserordentlich dankbar für diese werthvollen Mittheilungen. In Bezug auf die Stempelung möchte ich nur bemerken, dass ja auch die Möglichkeit vorläge, dass der Stempel nachgemacht wird. Martens: Das wäre Urkundenfälschung. Abel: Ich beabsichtigte ursprünglich ein Wasserzeichen in das Papier zu drucken, und Ress es auch machen. Die Preussische Regierung hat aber Papiere mit Wasserzeichen verboten, und des halb habe ich es wieder einstellen müssen. Betreffs Rückganges von Cellulosepapier möchte ich bemerken, dass in neuester Zeit von Dr. Frank Untersuchungen gemacht sind, wonach Cellulosepapier in 9 Monaten um 40 pCt. zurückgegangen ist. Martens: So hohe Achtung ich vor Dr. Frank habe, so möchte ich doch hier sein Urtheil nicht gelten lassen. Ich zweifle nicht an der Richtigkeit seiner Ergebnisse, wohl aber daran, dass diese Er gebnisse so vollwichtig sind, um als Beweis betrachtet werden zu können. Er hat nur an wenigen Papieren Untersuchungen gemacht, und dies ist nicht maassgebend. Wenn wir nicht an Hunderten und Tausenden von Papieren Untersuchungen gemacht haben, besitzen wir nicht die Unterlage dafür, die Cellulose zu verdammen. Hofmann: Dann ist auch zu bedenken, dass es verschiedene Zellstoffe, gute und schlechte, wie auch verschiedene Lumpen giebt. Martens: Die Firmenbezeichnung wird von der erwähnten öster reichischen Fabrik ganz unten am Rande mit kleiner Schrift eingeprägt. Ich glaube, wenn bei uns eine Verfügung gegen die Benutzung von Papieren mit Wasserzeichen besteht, wird es kaum schwer sein, sie rückgängig zu machen. Das Wasserzeichen des Herrn Abel ist ziemlich gross, und das wird die Behörde nicht haben wollen. Wenn sich aber das Zeichen unten am Rande befindet, so dass die Schrift nicht gestört wird, dann würde das Papier voraussichtlich zugelassen werden. Hofmann: Ein derartiges Verbot der Wasserzeichen kann nur damit begründet sein, dass das Wasserzeichen, namentlich wenn es sehr gross ist, Ungleichheiten im Papier hervorbringt und dieses zum Schreiben weniger angenehm macht. Krause: Die preussischen Stempelpapiere müssen mit Wasser zeichen versehen sein. Martens: Damit ist nicht gesagt, dass es nicht anderwärts verboten wäre. Aber es scheint mir kein allgemeines Verbot zu sein. Abel: Die praktische Folge dürfte sein, dass wir der Regierung den Vorschlag machen, Papier mit Wasserzeichen zu erlauben. Die Versammlung beschliesst, eine Denkschrift an die Behörde zu richten und Herrn Abel um die Abfassung derselben zu bitten. Der nächste Gegenstand der Tagesordnung: 7. Vortrag des Herrn Herzberg, Assistent der mechan.- techn. Versuchs-Anstalt, Papierprüfung, fällt aus, da Herr Martens mittheilt, dass Herr Herzberg verhindert sei. Der Vorsitzende bittet die Herren Beamten, auch spätere Generalversammlungen mit ihrem Besuche zu erfreuen, da das Zu sammenwirken der Fachkreise mit den Regierungsorganen, wie es auch jetzt schon vielfach geübt wird, sehr erwünscht erscheint. Martens: Ich persönlich erkläre gern meine Bereitwilligkeit dazu und glaube auch, dass ich von der vorgesetzten Behörde die Zustimmung bekommen werde. Auch meine Ueberzeugung ist es,