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1626 PAPIER-ZEITUNG. No. 76. Photokopie. Verkleinerungen und Vergrösserungen nach lithographischen Steinzeichnungen werden gewöhnlich durch Gummihaut-Pantographen, von welchen verschiedene Formungen in Gebrauch sind, ausgeführt. Die sicherste und genaueste Art der Form Wiedergabe durch photo graphische Uebertragung ist von der genannten mechanischen Aus führungsartziemlich in den Hintergrund gedrängt worden. Dies mag daher kommen, dass dasUebertragverfahren mittels chromirten Gelatine papiers eine photographische Einrichtung verlangt, daher kostspielig ist und bisher in den Ergebnissen nicht immer ganz sicher war. Die graphische Reproduktionsanstalt von Zahn & Schwarz, Berlin C, Neue Rossstrasse 6, hat der photographischen Uebertragung auf Stein ihre Aufmerksamkeit zugewendet und glaubt das bekannte Verfahren jetzt so weit vervollkommnet zu haben, dass die Abzüge auf Uebertrag- Papier sich nicht verziehen, die von verschiedenen Platten-Abzügen für Farbensteindruck genommenen Aufnahmen daher tadellos ineinander passen und ohne Schwierigkeit von jedem Drucker auf den Stein übertragen werden können. Die Firma nennt dies vervollkommnete Verfahren der Photolithographie »Photokopie« und rühmt als besondre Vorzüge desselben die scharfe Wiedergabe, auch bei starker Ver kleinerung, das sichere »Stehen« der Umdruckfarbe, und die Möglich keit, von blossen Abzügen neue Platten herzustellen, auch wenn der Originalstem abgeschliffen ist. Die Uebertragungen sollen sich auch gut drucken. Zur Ausführung der übertragbaren Umdrucke ist nur die Einsendung eines guten Abzugs, nicht, wie bei pantographischer Wiedergabe, der beiden Steine selbst, von und nach welchen übertragen werden soll, erforderlich. Die uns vorgelegten Proben zeigen grosse Schärfe auch in den feinsten Punkt- und Linienlagen. Farbenbuchdruck. Eine hervorragend schöne Leistung des Farbenbuchdrucks ist die neue Geschäftskarte der Buch- und Stein druck-Farbenfabrik Frey & Sening in Leipzig. Das Format der Karte steht zwischen Klassikerformat und klein Quart; Ornament und Text sind in Höhenrichtung angeordnet, so dass das ganze Blatt auch als Titel einer Druckmustersammlung dienen kann. Als Haupt figur ist jenes dekorative Zierbild gewählt, an welchem, nach dem Vorgang von Earhard in Columbus, Farbenbuchdrucker mit Vorliebe ihr Können zeigten: ein farbenprächtiger Schmetterling. Es würde vielleicht etwas schwer sein, Art und Gattung desselben zu bestimmen, und selbst unter den Tropen dürften nur wenige Arten solche ver schwenderische Farbenpracht aufweisen; der Phantasie-Schmetterling erfüllt aber hier wie auf den vorbildlichen amerikanischen Druck sachen vortrefflich die Aufgabe, Glanz und Leuchtkraft der verwen deten Farben zu zeigen. Er breitet seine Flügel über einen goldnen, rothgesäumten Ring, welcher die Anschlussstelle einer senkrechten Seitenleiste und einer mässig schräg ansteigenden Querleiste verdeckt. Die Seitenleiste zeigt auf einem reizvollen Untergrundmuster zierlich geschwungene Blüthenranken mit einer Phantasieblüthe oder -Frucht, die zwischen Maiglöckchen und Schneeballfrucht die Mitte hält. In der schrägen Querleiste flattern mit völlig gleich gerichteten Flügeln sechs stilisirte gelbe, braungetupfte kleinere Schmetterlinge. Farbige Leisten von verschiedener Stärke vervollständigen das Gesammtbild zum wirksamen Rahmen, dessen Innenraum den Text der Geschäfts empfehlung trägt. Der Druck dieses kleinen Meisterwerks, welches trotz der verschiedenen und lebhaften Farben volle Harmonie zeigt, erfolgte in einer kleinen Stadt im Salzkammergut, in Hailein. Dort, in einem Eckhaus am Markt, hat Anton Halauska, ein aus gezeichneter Farbendrucker, seine räumlich beschränkte Kunstwerkstatt. Ein mässig grosses Zimmer ist Laden, Setzerei und Druckerei zugleich, und in diesem kleinen, mit nur einer Handpresse, einer älteren Tiegeldruckpresse und dem nöthigen Setzgeräth ausgestatteten Raum weiss der geniale Halauska Kunstarbeiten zu schaffen, wie hoch angesehene und grosse Anstalten unserer Hauptstädte sie kaum in gleicher Vollendung zu liefern vermögen. Der Schreiber dieser Zeilen hat die merkwürdige, in einen prächtigen, aber Verkehrs- und industriearmen Erdenwinkel verbannte Kunstwerkstatt im Sommer dieses Jahres von Berchtesgaden aus besucht und war erstaunt über die Fülle neuer Gedanken und tüchtiger Leistungen, die dort zur Ent wickelung gelangten. Er gewann dabei die Ueberzeugung, dass dem bescheidenen österreichischen Provinzdrucker eine grosse Zukunft bevorstehen kann, und wir ihn wahrscheinlich noch einmal auf einem grösseren, freieren und dankbareren Arbeitsfelde sehen werden. Büchertisch. Der Etikettenschatz. Eine Sammlung moderner Etiketten, ent worfen und ausgeführt von Heinrich Meyer. Heft 1. Wien, Verlag von Josef Heim. Die äussere Kennzeichnung von Waaren aller Art durch farbige, an Gefässen, Schachteln und Paketen ange brachte Zettel ist so allgemein üblich geworden, dass die Anfertigung solcher »Etiketten« zu einer besonderen Industrie geworden ist und die Kunst des Etiketten-Entwerfens zu einem wichtigen Zweige kunst gewerblicher Technik. Nicht jeder tüchtige Maler oder Lithograph ist ohne weiteres imstande, ein gutes, allen Anforderungen ent sprechendes Etikett zu entwerfen. Die Herstellung eines solchen fordert vielmehr neben allgemeiner künstlerischer und ornamentaler Formbeherrschung eingehende Rücksichtnahme auf die eigenartige Bestimmung eines Empfehlungsschildes. Es soll die Aufmerksamkeit auf sich lenken, kräftige, aber nicht schreiende Farbenzusammen stellungen zeigen und in seiner Gesammtheit einen gefälligen Eindruck machen. Dazu gehört ein geschärfter Blick für das Wesentliche, welches in Schrift und bildlicher Darstellung klar und gross vortreten soll und von nebensächlichen Formen nicht zurückgedrängt werden darf. Die Farbengebung muss aus praktischen Gründen meist ein fach sein und mit möglichst wenig Platten auskommen, aber zugleich grösstmögliche Wirkung erzielen. Ausserdem wird von einem guten Etikett noch möglichst originelle Anordnung und frische flotte Aus führung verlangt. Um diesen hohen Anforderungen genügen zu können, ist gleichmässige Beherrschung von Figuraldarstellung, Or nament, Schrift und lithographischer Technik erforderlich, Eigenschaften, welche bekanntlich nur selten in einer Person vereinigt sind. Wenn man daher einem Sammelwerk nachrühmen kann, dass es diesen Forderungen entspricht, so ist dies das höchste Lob, welches man ihm ertheilen kann. Die Meyer’schen Etiketten sind in der That Meisterwerke in ihrer Art, und es ist erstaunlich, wie der entwerfende Künstler auf den 12 vorliegenden Tafeln, von welchen jede 4 bis 6 Entwürfe enthält, immer neue, zierliche und ansprechende Anordnungen zu erfinden verstand. Bemerkenswerth ist besonders auch die Be herrschung der Farbe. Die reizvollsten Wirkungen sind meist nur mit 3 bis 4 Platten erzielt und auch »gefährliche« Farbenzusammen stellungen, wie z. B. Orange und Grün, mit grosser Sicherheit zu harmonischer Wirkung gebracht. Die Technik ist flott und frei, wie es einem Schaubild zukommt, und verfällt nirgends ins Geleckte und Zimperliche. Auch die Schrift ist mit grosser Sicherheit behandelt. Sie zeigt meist die flotten, gefälligen Formen verzierter Renaissance- und Rundschrift und ist durch Falbenkontraste überall kräftig hervor gehoben. Die Sammlung zeigt Gross - Quartformat und ist von farbigem Karton-Umschlag umschlossen, welcher eine sehr gefällige Titelzeichnung trägt: Ein kleiner Lithograph, mit riesigem Zeichen stift bewaffnet, reitet auf dem Rücken einer dachförmig geöffneten Mappe, aus welcher Etiketten der verschiedensten Art herausquellen und in die Lüfte flattern, über eine goldige, wolkenumgebene Mondsichel. Die interessante Veröffentlichung wird sich wahrscheinlich gleich andern Vorlagewerken desselben Verlags in lithographischen Werk stätten bald Heimathsrecht erwerben. Schriften-Atlas von Ludwig Petzendorfer. Stuttgart, Verlag von Julius Hoffmann. Hefte 7 bis 12. Jedes Heft 1 Mark. Die vorliegenden sechs Hefte bringen vorwiegend neuzeitliche, den Buchdruckern wohlbekannte Schriften in hübscher Anordnung und sauberem Druck. Ausserdem ist in jedem Heft mindestens eine Tafel enthalten, welche mustergiltige oder interessante alte Schriftformen aufweist. So finden sich z. B. farbige byzantinische Initialen in Heft 7, prächtige spätgothische Initialen in Heften 8 und 11, einzelne Bei spiele der bekannten hochgothischen Initialen des Wiener Missale romanum, die jetzt im Besitz der Dr. Huttler’schen Druckerei in München sind, in Heft 9, schöne Renaissance-Initialen in Heften 9, 10 und 12. Die Auswahl ist mit Verständniss getroffen, so dass im allgemeinen schöne und brauchbare Formen vertreten sind; nur die stillosen, schlecht gezeichneten »Pflanzen - Initialen« auf Blatt 96 F gehören nicht in eine Sammlung mustergiltiger Schriftformen. Der Anklang, welchen das Sammelwerk bei Lithographen, Schriftmalern, Graveuren usw. bereits gefunden hat, beweist, wie dankbar der über aus naheliegende und doch hier zum ersten Mal verwirklichte Ge danke, die in Buchdruckschriften ruhenden Schätze der Allgemeinheit zugänglich zu machen, aufgenommen wird. Nach seiner Vollendung dürfte der Schriften-Atlas das brauchbarste Schriften-Sammelwerk für praktischen Bedarf darstellen. Der Gesellschafter. Volkskalender für Norddeutschland. 1889. Oldenburg, Verlag von Gerhard Stalling. 50 Pf. Äusser dem gewöhnlichen, fast allen Kalendern gemeinsamen Inhalt von Datum- zeiger, Postbestimmungen, Marktverzeichnissen usw. enthält das Buch eine Darstellung der wichtigsten politischen Ereignisse des Jahres 1888, soweit die immer eilfertiger werdende Kalenderherstellung dieselben noch abwarten und einreihen konnte. Den weiteren Inhalt bilden kleine Erzählungen und Gedichte, theilweise in plattdeutscher Mund art, und oft mit flott gezeichneten Bildern ausgestattet. Dazwischen verstreut finden sich kurze Scherze, gemeinnützige Mittel und Rath- Schläge, die der Hausfrau und dem Landwirth gelegentlich nützlich sein können.