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PAPIER-ZEITUNG. Wo. 75. Papierfabrik Schlöglmühl. Die Aktiengesellschaft der k. k. priv. Papierfabrik Schlöglmühl hat zur Erinnerung an ihre Theilnahme an der Ausstellung des Niederösterreichischen Gewerbevereins eine Denkschrift erscheinen lassen, in welcher die allmälige Entwickelung dieser bedeutenden Anstalt von dem Mitglied des Verwaltungsraths Dr. Arenstein ge schildert wird. Das 24 Textseiten, eine Abbildung des bekannten in Nr. 53 er wähnten Papierthurmes und 8 autotypische Ansichten von Fabrik gebäuden umfassende Oktavheft ist auf vorzügliches Hadernpapier gedruckt, welches wahrscheinlich auf der von Max Sembritzki erfun denen Schöpfmaschine hergestellt und thierisch geleimt wurde. Rothe Ränder aus fettschraffirten Linien umgeben die Seiten, welche sämmt- lich am oberen Ende eine braungedruckte, aus einer Flinsch’schen Einfassung gesetzte Kopfleiste aufweisen. Die angefügten Autotypieen, welche nach Aquarellen des Hofmalers Kautsky in Wien hergestellt wurden, und von welchen wir zwei zum Abdrk bringen, sind in ihrer Art ausgezeichnet geätzt und leidlich gedruckt, wären aber auf Kupferdruck- oder Barytpapier besser zur Geltung gekommen als auf dem verwendeten harten, geleimten Schreibpapier. Dass autotypische Aetzung statt des in allen Fällen wirksameren Holzschnitts gewählt wurde, lässt auf die Nothwendigkeit rascher Herstellung schliessen. während Pumpen, Spindelpressen, Rohrleitungen, „Trockenöfen“ und sonstige Einrichtungen von inländischen Firmen hergestellt wurden. Mit seltener Raschheit wurde gebaut und montirt, denn schon im Juli 1852 wurde die Papierfabrik unter der Leitung des ersten Direktors, Eugne Laroche, in Betrieb gesetzt und entsprach in ihren Leistungen allen an sie gestellten Forderungen. Hofrath Alois Ritter von Auer, Direktor der Staatsdruckerei, erhielt die Oberaufsicht über die Fabrik und begann, ähnlich wie in der Wiener Staatsdruckerei, eine Reihe weitausschauender, oft abenteuerlicher Versuche, die, wie die Denkschrift sagt, „bald mehr, bald weniger Erfolg hatten“. Er suchte z. B. das in Ungarn reichlich vorkommende Maisstroh zu ver- werthen und aus den Kolbenumhüllungen Papier, aus dem Kolbenmark einen Nahrungsstoff und aus den Blattnerven verspinnbare Faser zu ge winnen. Die letztgenannten Pläne schlugen völlig fehl, und das eine Zeit lang hergestellte Maispapier war für Buchdruck zu hart, für Schreib zwecke zu durchsichtig, so dass die Herstellung desselben bald wieder aufgegeben wurde, zumal Holzschliff, Strohstoff und Zellstoff bald bessere Ersatzmittel boten. „Als Staatsanstalt war die Papierfabrik Schlöglmühl nicht dazu an- gethan, bedeutende Gewinne abzu werfen,“ sagt der Bericht; sie wurde daher 1869 an die Aktiengesellschaft der k. k. priv. Papierfabrik Schlögl mühl verkauft. Eine Aktien-Gesellschaft muss Zinsen verdienen; sie begann daher damit, Geld hinein zu stecken. Uebernommen wurden 3 Papiermaschinen Papierfabrik Den Mittheilungen über die Entwickelung der Anstalt entnehmen wir Folgendes: Im Jahre 1851 wurde die Umwandlung der ärarischen Spiegel- und Smaltefabrik zu Schlöglmühl in eine Papierfabrik genehmigt, mit einer in Aussicht genommenen Jahres-Erzeugung von etwa einer Million kg Papier. Jetzt liefert Schlöglmühl etwa 61/, Millionen, d. h. täglich etwa 18 000 kg Papier. Die Umwandlung der Schlöglmühl in eine Papierfabrik sollte nicht allein die unlohnend gewordene Spiegelfabrikation beseitigen, sondern auch die österreichische Staatsdruckerei von ausländischen Papierlieferanten un abhängig machen. Dies gelang sehr rasch, und das Gedeihen der jungen Anstalt wurde namentlich durch die Anlage der Semmeringbahn, welche über das Gelände der Schlöglmühl führte, begünstigt. Mit Anfertigung der Pläne wurde der nachmalige Ministerialrath im Ministerium des Innern, Moritz Ritter v. Löhr, ein Schüler Sprenger’s, betraut, demselben jedoch hierbei die schwierige Aufgabe gestellt, die vor handenen Fabrikgebäude in sein Projekt einzubeziehen. Dieser aus Sparsamkeits-Rücksichten entsprungene beengende Auftrag, dem Löhr als Staatsbeamter gehorsam nachzukommen bestrebt war, verfehlte aber seinen Zweck, da nach Ingangsetzung der Fabrik mehrere hierdurch bewirkte üebelstände zu Tage traten, denen nur durch kostspielige Umgestaltungen gesteuert werden konnte. Die Lieferung der beiden Papiermaschinen, der Schneide- und Satinir- maschinen, der hydraulischen Pressen, der Dampfmaschinen, Hadern kocher usw. wurde der damals nahezu unausweichlichen und bewährten Maschinenfabrik von Desir Gilain zu Tirlemont in Belgien übertragen, Schlöglmühl. mit 3 Dampfmaschinen, 6 Bütten und eine von zwei Wasserrädern erzeugte Betriebskraft von etwa 120 Pferdekraft. Die Jahreserzeugung war: Im Jahre 1867: 1 051 456 Kilo Papier „ „ 1868: 1256 808 „ „ „ 1886: 5 836 324 „ „ „ 1887: 6 327 162 „ Um dieses Ergebniss zu erreichen, wurde in rascher Folge eine vierte Papiermaschine von grösster Breite aufgestellt, durch Grundankauf der ünterkanal verlängert und dadurch das Gefälle derart vergrössert, dass es möglich wurde, die übernommenen 2 Wasserräder durch 3 Turbinen von zusammen 380 Pferdekraft zu ersetzen. Zur Paralysirung des veränder lichen Wasserstandes wurde eine grosse Dampfmaschine von 360 Pferde kraft von England bezogen, die seither durch eine noch wirksamere, von der Brünner Aktiengesellschaft ausgeführte, doppeltwirkende Maschine, System Collmann, abgelöst wurde. Diesen Erweiterungen entsprechend mussten auch die Baulichkeiten und Nebenmaschinen verändert werden. 1881 wurde in Payerbach eine Holzschleiferei mit 6 Steinen errichtet, 1887 eine ebensolche in Schmitzdorf. Die grösste Erweiterung erfuhr Schlöglmühl 1882 durch den Ankauf der vormals fürstl. Lichtenstein’schen Werke in Stuppach, bestehend aus 2 Holzschleifereien, einer Zellstofffabrik und einer neugebauten Papierfabrik mit 2 Papiermaschinen, Werkstätten und Arbeiterhäusern. Die neueste Erwerbung Schlöglmühls besteht im Ankauf eines nahe gelegenen Waldgebietes von 3812 Joch in Prein, Grossau und Rax, welches der Prinzessin Arnulf von Bayern, geb. Prinzessin Lichtenstein, zu dem Zwecke abgekauft wurde, um eigenes Schleifholz zur Hand zu haben.