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werden wir vielleicht in einigen Jahren, wo unsere Kräfte noch mehr geschwächt sind, in noch ungünstigerer Lage doch auf die Sache eingehen müssen. Vorsitzender: Vor einer Reihe von Jahren hat eine Anzahl von Fabrikanten, die dem Verein angehören, einen solchen Versuch bei einer Sorte gemacht, die noch am besten dazu geeignet sein dürfte, bei Glacepapier, und zwar nicht, um unsere Kundschaft zu benachtheiligen, sondern nur um in der Lage zu sein, Waare von der richtigen Güte zu liefern. Aber selbst da liess sich keine Ver einbarung erzielen. Gegen die Festsetzung bestimmter Preise sprechen nicht nur die allgemeinen Gründe, die ich wiederholt angeführt habe, sondern vornehmlich auch die Beschaffenheit der von uns erzeugten Waare. Die Erzeugung ist zu verschieden. Die Papiersorten, die Farben, die sonstigen Stoffe, welche angewandt werden, weichen zu sehr von einander ab, so dass je nach den verwandten Stoffen, nach den Bezugsquellen, nach dem technischen Können der Eine imstande ist, billiger zu liefern als der Andere. Bei Chagrinpapier z. B. ver steht der Eine mit weniger theuren Rohstoffen etwas sehr Brauch bares, Schönes herzustellen, während der Andere dies nicht vermag. Wiskott: In der vom Vorsitzenden selbst betonten Verringe- rang der Güte liegt die Gefahr, dass der Verbrauch von Buntpapier künftig noch mehr abnimmt, und insofern scheint mir doch eine gewisse Nothwendigkeit vorzuliegen, irgend eine Maassregel zu er greifen, vielleicht eine Einschränkung der Erzeugung. Hof mann-Berlin: Beim Weisspapier liegt die Sache genau wie beim Buntpapier. Es giebt so unendlich viele Sorten, die auch in der Güte so von einander abweichen, dass ein normaler Satz nicht aufgestellt werden kann. Trotzdem haben es die Papierfabri kanten versucht, indem die Mitglieder, welche ein gleichartiges Fabrikat herstellen, unter sich — nicht von Vereins wegen — zusammen traten und Preise vereinbarten. Solche lose Verabredungen werden aber nie streng eingehalten. Auch hier ist bis jetzt ein Erfolg nur für Strohpapier und Pappen erzielt worden, die gleichartig sind, und für die bindende Abreden getroffen wurden. Vorsitzender: Auf der vorigen Generalversammlung sagte ich: „Es giebt im Papierfach Richtungen, bei denen allerdings eine Ver einbarung der Preise von Werth sein kann, wie z. B. bei Stroh- und Holzpappen, deren Herstellung ziemlich gleichmässig ist.“ Bei uns aber, wo eine unendliche Verschiedenheit der Arten herrscht, ist es unmöglich, eine wirkliche Entscheidung zu treffen, ob man mit dem Preis mancher Sorten bis zu einer gewissen Grenze herantergehen will. Das ist nur einer von den vielen Gründen, die dagegen sprechen, Vereinbarungen von Preisen zu machen. Thatsache ist allerdings, dass mehrfach unter den Erzeugungskosten verkauft wird. Krause-Berlin: Ich gehöre einem andern Industriezweig an; kann aber versichern, dass bei uns genau derselbe Zustand herrscht. Ich gebe mir die erdenklichste Mühe, eine Waare schön und billig herzustellen und bilde mir ein, dass mich Keiner überflügeln kann; aber binnen vier Wochen wird eine Nachahmung von anderer Seite um 10—15 pCt. billiger angeboten. Ich glaube, dass es in allen Industrie zweigen ebenso ist. Dies liegt daran, dass es eine Menge von Menschen giebt, die produziren müssen, um zu leben, während anderseits die Nachfrage nicht mit der Erzeugung Schritt hält. Ich hoffe aber, dass sich durch die Zunahme des Verbrauchs dies regeln wird. Mit Gewalt wird man nichts ausrichten. Weinberg-Berlin: Wenn wir solange warten wollen, bis der Verbrauch sich soweit vergrössert hat, dass wir für unsre Er zeugung durch stärkere Nachfrage bessere Preise erzielen, dann können unterdessen viele Gewerbe zu Grunde gehen. Ich glaube, dass die Stockung durch unsere Zoll Verhältnisse verschuldet ist, durch die uns ein Land nach dem andern verschlossen wird. Deutschland ist in erster Reihe auf die Ausfuhr angewiesen. Im Jahre 1873 nahm die Industrie einen grossen Aufschwung. Seitdem aber bei uns die neue Wirthschaftspolitik eingeführt wurde, ist uns Russland ganz verschlossen und bei Italien und Oesterreich liegt es fast ebenso. Wir müssen daher unser ganzes Augenmerk darauf richten, soweit es in unsern schwachen Kräften steht, die Zollverhältnisse, die Wirth schaftspolitik zu ändern. Vorsitzender: Bei der grossen Zollerhöhung, die vor einer Reihe von Jahren stattfand, hat sich der Vorstand vergeblich bemüht, durchzusetzen, dass der Eingangszoll auf Buntpapier nicht erhöht werde. Wir sagten: wir brauchen keine Erhöhung, unsere Bunt papierindustrie ist derartig entwickelt, dass sie das Ausland nicht zu fürchten hat. Trotzdem wurde der Zoll erhöht, und diese Er höhung war mit Ursache, dass das Ausland auch seine Zölle auf Buntpapier erhöht hat. Wenn die Herren damit einverstanden sind, wollen wir im Vorstand alle diese Mittheilungen in Betracht ziehen und sehen, was wir Ihnen bei der nächsten Generalversammlung weiter über die Sache berichten können. Goldschmidt-Berlin: Ich bin von der Ueberzeugung durch drangen, dass eine Vereinbarung, wie sie Herr Wiskott vorgeschlagen hat, oder eine Verminderung der Erzeugung nicht durchführbar ist, und dass wir auch in Bezug auf die Wirthschaftspolitik ohnmächtig sind. Aber eines liesse sich vielleicht einführen, nämlich ein Rechen kursus (Beifall). Wenn alle Buntpapierfabrikanten richtig rechnen lernten, könnte ein Aufschwung eintreten. Vorsitzender: Ich schliesse mich vollständig dieser Ansicht an. Wiskott: Dieser Vorschlag beleuchtet recht grell, was wir eben besprochen haben. Es ist eigentlich recht demüthigend für unsern ganzen Stand. Thatsächlich bemerke ich jedoch, dass ich weder eine Koalition noch etwas ähnliches beantragte. Ich habe lediglich darauf aufmerksam gemacht, dass wir mit der akademischen Erörterung der Sache nicht weiter kommen, sondern überlegen müssen, wie wir praktisch der Frage näher treten können. Ich stelle anheim, eine Kom mission zu ernennen, die sich eingehend mit der Angelegenheit beschäftigt. Vorsitzender: Da die Sache allgemeiner Natur ist, möchte ich bitten, sie dem heute neu zu wählenden Vorstand zur Erwägung zu unterbreiten. Die Versammlung schliesst sich diesem Vorschlag an. 2. Rechnungslegung durch den stellvertretenden Vor sitzenden und Kassirer. Fried. Wilh. Abel-Magdeburg: Der Stand der Kasse ist durchaus befriedigend. Augenblicklich sind 2217 M. vorräthig, und wenn wir die noch zu leistenden Ausgaben abrechnen, bleibt ein Bestand von etwa 2000 M. übrig. Der Kassenabschluss zeigt folgende Posten: Debet. Credit. 1887 12.Sept Bestand „ „ 84Mitglieder-Beiträge 1888 zu 10 M 5. Sept Zinsen aus Papieren Sparkassenzinsen. . . 1888 5. Sept. Der Saldovortrag, also das Vermögen ist angelegt in: M. 1000 3% sächs. Rente JI. 500 31/2 % Magde burger Stadtanleihe und baar (auf der Sparkasse niedergel.) Mk. 1669 840 47 11 Pf. 77 50 80 1887 12. Sept bisl888 5 Sept. 2569/07 862 40 500 — 855 54 2217 94 256907 Mk. Pf. Bestellgeld für Post anweisungen 4 15 Porto für Schreiben an die Mitglieder. 2 73 Kosten bei vorjähriger Versammlung .... 12 50 Für das Stenograph Protokoll 20 — Für 50 Mitglieder an Herrn C. Hofmann zu 5 M 250 Antheil a d. Diplomen 55 — „ ,, Drucksachen 3 75 Briefporto für 1888 . 3 — Saldo 2217 94 Im Rückstände sind für 1888 8 Beiträge zu 10 M. Der Verein zählt 50 Mitglieder. Weinberg fragt an, was mit den aufgehäuften Geldern ge schehen soll. Der Vorsitzende erwidert, dass noch heute über die Ver wendung eines Theils dieser Mittel Beschluss zu fassen sein wird, dass es ausserdem wünschenswerth sei, einen gewissen Rückhalt für etwaige neue Unternehmungen zu besitzen. Zustimmung.) Dem Kassirer wird Entlastung ertheilt. 3. Die Verwendung giftfreier Farben auf Grund des am 1. Mai 1888 in Kraft getretenen Reichsgesetzes. Ueber diesen Punkt erstattet der Vorsitzende folgenden Bericht: Weisse Farben. Das früher für bessere Zwecke verwendete Cremser-Weiss (blei haltig) ist durch Blanc fixe ersetzt, und wird nur noch ganz wenig verarbeitet. Blanc fixe ist giftfrei im Sinne des Reichsgesetzes, ebenso auch wie China-Clay und die sonstigen Thonerdesorten. Grüne Farben: Das stark arsenikhaltige Schweinfurter-Grün und Neugrün wird nur noch da angewendet, wo der nur damit zu erzielende rein apfel grüne Ton unbedingt verlangt wird. Selbstverständlich dürfen diese arsenikhaltigen Grüntöne nicht bei Ausstattung von Nahrungs- und Genussmitteln in Anwendung kommen. Der Schweinfurter-Grün-Ersatz, »das giftfrei Grün« wird in recht