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1424 PAPIER-ZEITUNG. No. 71. Schicht, Wahl der Farben und Behandlung der Bogen vor wie nach dem Druck fordern viel Erfahrung und Aufmerksamkeit. Das Grundirmittel, wie es in der Po eher'sehen Fabrik ange wendet wird, ist gewöhnlicher Stärkekleister, dem allerdings noch einige, die spätere Lösung der Schicht fördernde Stoffe in bestimmtem Verhältniss beigemengt werden, z. B. Glycerin und Gelatine. Das Papier ist ungeleimt, damit das schichtlösende Wasser leicht durchdringen kann, und hat Aehnlichkeit mit Kupferdruckpapier. Es muss im Stoff sorgfältig zusammengesetzt sein und wird für den vor liegenden Zweck besonders gearbeitet. Die Pocher’sche Anstalt hat eigne Lieferungsverträge mit Papierfabriken, und verarbeitet jahraus jahrein dieselbe erprobte Sorte. Das Streichen der Bogen wird mit der Hand ausgeführt, da noch keine Maschine einen Aufstrich von gleich guter Beschaffenheit lieferte. An langen Tischen stehen Frauen, von welchen jede einen grossen, weichen Schwamm in der rechten Hand und eine mächtige Schüssel mit Kleister neben sich hat. Mit grosser Geschicklichkeit und Schnelligkeit fahren die Arbeiterinnen mit dem in den Kleister getauchten Schwamm über den Bogen, enge Bahnen ziehend, einmal längs und einmal quer. Der Schwamm hat sich, wie der freundliche Führer, Herr Heymann, uns mittheilte, für diese Arbeit besser bewährt als Pinsel oder Bürste. Die gestrichenen Bogen werden einzeln auf netzartig mit Bind faden bezogene Rahmen gelegt und in hohen Regalen zum Trocknen aufgeschichtet. Nachdem sie gründlich getrocknet sind, erhalten sie auf besondern Maschinen einen zweiten Anstrich mit Gummilösung, und nach abermaligem Trocknen werden sie geglättet. Jetzt sind die Bogen druckfertig und kommen je nach Bedarf zur Steindruckerei. In den Arbeitsstuben der Lithographen werden die verschieden artigsten Muster, theils für eignen Verlag, theils auf Bestellung ge fertigt. Von den kleinen Bildchen, welche Schulkinder noch immer gern bei Schreibheft-Einkäufen als Zugabe entgegennehmen, bis zu auffallend grossen Bildnissen von Personen des Kaiserhauses finden sich Tausende von Darstellungen auf den Steinen. Nachdem der Druck der Farbenplatten in der oben geschilderten umgekehrten Reihenfolge ausgeführt ist, kommt in vielen Fällen der Auf druck einer deckenden Schicht an die Reihe. Dieselbe hat den Zweck, die Darstellungen, welche auf dunklen Grund übertragen werden sollen, kräftiger herauszuheben, die Farben frischer erscheinen und zur vollen Geltung kommen zu lassen. Zu diesem Zweck wird Deck weiss aufgedruckt und behufs Verstärkung der Schicht mit weisser Puderfarbe (Lythopon) eingestäubt. Die Pocher’sche Anstalt besitzt hierfür eigne Maschinen. Die meisten Bilder werden auch mit Blattgold belegt. Abziehbilder für Blech-Schautafeln bilden einen wichtigen Sonder zweig. Die Bilder werden auf weiss gestrichne und lackirte Blech tafeln übertragen und dann nochmals mit Lack-Anstrich versehen. Durch Uebertragung von Gold-Inschriften auf Glastafeln und Auflegen derselben auf dunklen Stoff- oder Sammet-Hintergrund werden die bekannten hübschen Firmen- und Aushängeschilder ge fertigt, welche Goldschrift auf schwarzem Grunde zeigen. Auch die Herstellung durchscheinender Fimissbilder wird in der Pocher’schen Anstalt geübt. Wir sahen dort z. B. Darstellungen der Ludwigsschlösser in Helldunkel-Manier mit blauem Grundton, die als Fensterbilder sehr ansprechend wirken. (Siehe No. 68, Seite 1359.) Die Arbeiten der Pocher’schen Fabrik sind nicht nur in Deutsch land verbreitet, sondern gehen auch viel ins Ausland. Der Verbrauch an Kupferdruck-Papier beträgt im Jahr etwa 500 000 Doppelbogen, ausserdem noch etwa 200000 Bogen Chromopapier zur Anfertigung von Chromobildern, welche Fabrikation neben dem oben beschriebenen Fabrikzweige mit Eifer gepflegt wird. Die Pocher’sche Fabrik hat gegenwärtig 16 Steindruckschnell pressen und 20 Handpressen im Betrieb. Als äusseres Zeichen für den Aufschwung des Geschäfts kann das prächtige Wohnhaus gelten, welches der Inhaber der Firma in der Nähe der Fabrik aufführen lässt. Dasselbe zeigt edle Renaissance- Architektur und verspricht eine Zierde Nürnbergs zu werden. Schweiz. Handelsbericht für 1887. Die Papierfabrikation wird in der Schweiz von den bestehenden neun Fabriken sehr wirksam unter Benutzung aller neuesten Erfindungen betrieben und giebt meistens guten Gewinn. Die Ausfuhr von Papier überstieg die Einfuhr um rund 1 800 000 Franken, wovon auf Deutschland 300 000 Franken entfallen. Der Handel mit literarischen und wissenschaftlichen Buch- Erzeugnissen nimmt beständig zu. Im Handelstande und im Grossgewerbe klagt man viel über Inanspruch nahme aussergewöhnlich langer Zahlungszeiten seitens deutscher Abnehmer. Es würde dem Handel und dem Gewerbe Deutschlands nur von Nutzen sein, wenn kurze und feste Zahlungsfristen eingeführt würden. Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen des Papier- und Schreib waaren-Gewerbes, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. Anfeuchter zum Kopiren. Ein ähnliches Werkzeug zum Feuchten der Kopirbuchblätter, wie das in Nr. 29, Seite 573, be schriebene wird jetzt auch von der Firma F. Soennecken in Bonn gefertigt. In die lange und schmale Oeffnung eines Blechbehälters von nachstehend gezeigter Form ist ein Filzstreifen eingeklemmt. Wenn man den seitlich sichtbaren napfförmigen Verschluss abschraubt, den Behälter mit Wasser füllt und wieder verschliesst, saugt sich der dicke Filzstreifen in kurzer Zeit voll Wasser. Führt man nun das Werk zeug, dessen oberer Theil sich bequem in die Hand einfügt, so über das Papier, wie die Abbildung zeigt, so giebt der durchtränkte Filz, eine sehr gleichmässige Menge Wasser ab, welche gerade hinreicht um dem Blatt die zum Abnehmen der Kopie erforderliche Feuchtig keit mitzutheilen. Wenn man den Anfeuchter nicht mehr braucht, stellt man ihn so auf, dass der Filzstreifen nach oben gekehrt ist. Der breite Rücken, dessen Flä che dann nach unten gewendet ist, und die Schwere des einge- fülltenWas- sers sichern diese Stellung selbst dann, wenn man zufällig gegen den aufgestellten Anfeuchter stösst. Das Gefäss richtet sich fast mit derselben Sicher heit auf, wie ein »Stehaufmännchen«. Die Zweckmässigkeit dieser Einrichtung leuchtet ohne weiteres ein und scheint rasche Einführung des hübschen, braun lackirten und mit Gold - Inschrift versehenen Geräths zu gewährleisten. Tuschnapf mit selbstthätigem Tuscheheber. Um kleine Mengen flüssiger chinesischer Tusche aus dem Behälter, in welchem sie angerieben wurde, in die Ziehfeder zu übertragen, benutzt man gewöhnlich eine Schreibfeder. Dieselbe wird wie ein Löffel flach in den seichten Tuschvorrath des Napfes eingeführt und dann mit der aufgenommenen Tusche so zwischen die beiden Spitzen der Ziehfeder gesteckt, dass die Tuschflüssigkeit an den Innenseiten der Ziehfeder hängen bleibt. Diese umständliche Maassregel muss gewöhnlich er griffen werden, damit die Aussenseiten der Ziehfederspitzen nicht durch Tusche befleckt werden. Beim unmittelbaren Eintauchen würde dies geschehen. Um die Zuführung der Tusche aus dem Napf in die Ziehfeder zu vereinfachen, hat die Firma F. Soennecken in Bonn das neben ¬ stehend abgebil dete klei ne Geräth anferti gen las sen. Ein gewöhn licher Tusch napf ist in eine Büchse aus hübsch vernickeltem Eisenblech eingefügt, an deren Deckel ein haken- oder klammer förmig gebogener Blechstreifen angebracht ist. Derselbe taucht, wenn der Deckel geschlossen ist, in die Tusche ein und hält, wenn man den Deckel autklappt, in den an seinem unteren Ende eingeschlagenen Löchern so viel von derselben fest, als zur Füllung der Ziehfeder erforderlich ist. Nun führt man die Zieh feder an den Heber heran, so dass dessen Zunge zwischen den Ziehfederspitzen liegt, und nimmt den zurückgehaltenen Tropfen auf. Nach Aufnahme der Tusche klappt man den Deckel wieder herunter, so dass derselbe zugleich Schutz gegen Staub gewährt, und hebt ihn erst wieder, wenn die Ziehfeder neuer Füllung bedarf.