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No. 68. PAPIER-ZEITUNG. 1363 Photographische Abziehbilder. Die neueren, mit Chlorsilber - Gelatine - Emulsion überzogenen photographischen Papiere gestatten gleich den älteren Kohle-Papieren meist die Uebertragung des photographischen Bildes, welches auf oder in die dünne Gelatinehaut kopirt und dort fixirt wurde, auf be liebige glatte Flächen. Für technische Zwecke ist indess von dieser Eigenschaft noch wenig Gebrauch gemacht worden, vielleicht deshalb, weil sich das Papier, welches für gewöhnliche Zwecke möglichst fest mit der Gelatineschicht verbunden sein soll, nicht immer ohne Schwierigkeiten davon ablösen lässt. Die Eastman Dry Plate Company in London fertigt seit kurzem ein lichtempfindliches Papier, dessen Schicht sich nach Fertig stellung des Bildes leicht ablösen lässt, und gab demselben den Namen »Transferrotyp-Papier.« Die Gelatineschicht auf diesem Papier ist ausserordentlich dünn und eignet sich daher auch zur Uebertragung auf Buxholz, wo sie die Arbeit des Stichels in keiner Weise behindert. Das Transferrotyp-Papier, welches von jedem gewerblichen oder Lieb haber-Photographen leicht gehandhabt werden kann, dürfte sich daher besonders dort bewähren, wo eine Sonder-Einrichtung zum Photo- graphiren auf Holz nicht vorhanden ist. Das Transferrotyp-Papier trägt eine Bromsilber-Gelatineschicht von hoher Empfindlichkeit, und da es sich vom gewöhnlichen Bromsilber- Positivpapier nur durch die eigenthümliche lösliche Schicht zwischen Papier und Gelatinehaut unterscheidet, wird es genau so gehandhabt wie das letztere, dessen Behandlung im Jahrgang 1887, Seite 987, beschrieben wurde. Man erzeugt ein zunächst verborgenes Bild im Kopirrahmen durch Belichtung in der Nähe einer gewöhnlichen Lampe innerhalb 25 bis 30 Sekunden. Dieses Bild wird in gewöhnlicher Weise ent wickelt, fixirt und tüchtig gewaschen. Es zeigt die werthvolle Eigenthümlichkeit aller Bromsilberbilder: feine graue bis schwarze Töne und ähnelt somit einer Tuschzeichnung. Aus dem letzten Bade heraus wird das noch feuchte Bild, von dem man das Wasser mässig abtropfen liess, mit der Schichtseite auf den Gegenstand gelegt, auf Welchen man es übertragen will: also z. B. auf die grundirte Oberfläche des Holzstocks. Mittels eines so genannten Gummiquetschers bringt man die Bildschicht mit der Holz fläche in enge Berührung, legt einige Bogen Löschpapier auf, be schwert das Ganze und lässt es etwa eine halbe Stunde stehen. Dann taucht man den Stock vorsichtig, damit er sich nicht verzieht, mit dem aufgequetschten Papierbild in warmes Wasser. Die Ein richtung muss so getroffen werden, dass die Bildseite nach unten gerichtet ist, und der Stock nur etwa 1 mm tief eintaucht. Wenn das durchfeuchtete Papier anfängt, sich blasig abzuheben, fasst man es an einer Ecke und zieht es vorsichtig ab. Das feine, auf der Holzfläche zurückgebliebene Häutchen wird an den Stellen, wo es Runzeln zeigen sollte, mittels eines gefeuchteten, weichen Pinsels glatt gestrichen, und der Stock an einem staubfreien Ort zum Trocknen aufgestellt. Ist dies erfolgt, so zeigt sich das Bild kräftiger und klarer, als bei irgend einem andern Uebertrag-Verfahren. Das Bild im Brom silber-Gelatinehäutchen besitzt saftige Tiefen und feine Uebergänge, braucht daher auch nur mässig mit dem Bleistift überarbeitet zu werden, während photographische Holzschnittbilder nach andern Ver fahren oft bedeutende Nachhilfe fordern. Das Bild steht auf dem Transferrotyp-Papier richtig, auf dem Holzstock verkehrt, — also im Abdruck wieder richtig. Man braucht daher das Negativ nicht »um zukehren« wie in den Fällen, wo man vom Negativ unmittelbar auf die lichtempfindlich gemachte Holzfläche kopirt. In gleich einfacher Weise kann das photographische Bild auch auf Leinwand, Glas oder Metall übertragen werden. Nachdem es auf gequetscht und beschwert worden, wird es in diesem Fall ohne be sondere Vorsichtsmaassregeln in warmes Wasser gelegt. Die Wärme des Wassers hängt davon ab, wie lange das Papier beschwert war. Ist es ganz trocken, so muss das Wasser 55—65° R haben, fühlt es sich noch feucht an, so beginne man mit 40° R und erhöhe langsam die Wärme durch Zugiessen von warmem Wasser. Eastman’s Transferrotyp-Papier ist in Berlin bei Romain Talbot, Brüderstrasse 10, vorräthig. Arbeiterfest. Die Buchdruckerei und Buchbinderei R.Oldenbourg in München giebt seit dem Bestehen des eignen grossen Fabrikgebäudes ihren Arbeitern alljährlich ein Fest, in Gestalt eines Ausflugs aufs Land. Am 22. Juli wurde das 14. Jahresfest in Neuhofen gefeiert. Bei dieser Gelegenheit kam ein Erinnerungsalbum von so kostbarer und gediegener Ausstattung zur Vertheilung, wie es selten bei solchen Gelegenheiten ausgegeben werden dürfte. Das Buch umfasst 80 Seiten, ist in Schwabacher-Schrift auf schönes starkes Papier gedruckt, mit rother Randeinfassung versehen und in eine rostbraune Kalikodecke mit schwarzem und Iris-Aufdruck gehängt. Ein autotypisches Bild Gutenbergs nach der einzigen vertrauenswürdigen Darstellung in der Mainzer Gemäldesammlung, sowie eine hübsch entworfene und ge schickt in Farben gestellte Titel-Kartusche gereichen dem Buch zur besondern Zierde. Der Inhalt ist durch Zusammenarbeit verschiedener Mitglieder des Hauses entstanden. Jeder gab, was er im Geiste der Erinnerungsschrift bieten konnte: Kleine Aufsätze, Verse, Citate und Anekdoten. Auf diese Weise ist ein interessantes Sammelwerk ent standen, das besonders durch zahlreiche Anspielungen auf einzelne Persönlichkeiten und geschäftliche Vorgänge den Betheiligten viel Spass gemacht haben mag. Während Bier- und Festzeitungen der gewöhnlichen Art meist schon am Festabend selbst unansehnlich werden und oft verloren gehen, wird dieses hübsch ausgestattete Buch sicher von allen Betheiligten sorgsam aufbewahrt werden. Mit Bezug auf den Verlauf des Festes erfahren wir daraus, dass dasselbe mittags um 1 Uhr begann, zahlreiche Musik- und Gesangs- Vorträge, Preisspiele, scherzhafte Aufführungen und endlich die stets willkommene Gelegenheit zum Tanz bot. In einer Pause erfolgten mehrere Freisprechungen und die Vertheilung der vom Deutschen Papier-Verein gewidmeten drei Diplome für Arbeiter, die seit 10 Jahren ununterbrochen im Hause thätig sind. Wie uns mitgetheilt wird, verlief das Fest trotz des in jenen Tagen landesüblichen Regens in zwanglos-angenehmer Weise, und alle Betheiligten nahmen die freundlichste Erinnerung mit nach Haus. Die Einführung des Jahresfestes und die Art, in welcher das Erinnerungsbuch ausgestattet ist, bekunden, dass Herr Oldenbourg hier bei bestimmte, durchaus billigenswerthe Ziele verfolgt. Durch solche Ver anstaltungen wird der Geist der Zusammengehörigkeit gestärkt, und ein gewisses stolzes Standesbewusstsein im Geiste der alten Innungen erzogen, welches der Leistungsfähigkeit der Einzelnen und des ganzen Geschäfts nur förderlich sein kann. Solches Beispiel ist nachahmenswerth. Büchertisch. Kompass fiir den jungen Arbeiter. Herausgegeben vom Ver band »Arbeiterwohl.« Köln, J. P. Bachem. Preis 40 Pf. Ein volksthümlich geschriebenes, ehrlich und gut gemeintes Buch, welches jungen Leuten Lebensregeln und Mahnrufe für verschiedenste Gelegen heiten ertheilt. Der Verband »Arbeiterwohl« ist eine katholisch-reli giöse Vereinigung, und daraus erklären sich die hier und da auf tauchenden Anklänge an den Traktätleinstil. Immerhin kann das Buch manche gute Anregung geben und dazu beitragen, dass unser Volk sich leiblich und geistig gesund zu erhalten trachtet. Kompass fiir den verheiratheten Arbeiter. Herausgegeben vom Verband »Arbeiterwohl«. Köln, Verlag von J. P. Bachem. 40 Pf. Wie das vorbesprochene Buch dem unverheiratheten jungen Mann Führer und Leiter sein will, so giebt das vorliegende dem Familien vater Anleitung, wie er seinen Pflichten gegen die Familie, die Obrig keit, seine Nebenmenschen und sich selbst am besten nachkommt. Besonders die Kapitel über Kindererziehung, Ordnung im Haushalt und Sparmaasregeln sind verständig und hübsch geschrieben. An anderer Stelle sind die Farben, mit welchen der Verfasser Dinge malt, vor welchen er warnen will, unnatürlich dick aufgetragen. So sind z. B. Vorgänge bei einem Streik, wie sie auf Seite 60 geschil dert werden, glücklicherweise recht selten. Auch dieses Werk ist vermöge seiner schlichten, eindringlichen Darstellungen geeignet, vernunftgemässe Anschauungen in Arbeiterkreisen zu verbreiten und kann daher zur Aufnahme in Arbeiterbibliotheken und zur Vertheilung in Fabriken empfohlen werden. Die lange geplante Lehrwerkstätte fiir Buchbinderlehrlinge in Berlin ist am 15. August in dem von der Stadtverwaltung hergegebenen Raum, Wasserthorstrasse 31, eröffnet worden. Anmeldungen nimmt Herr Obermeister Löchner, Schönebergerstrasse 33, noch entgegen. Die jungen Leute sollen in der Lehrwerkstatt alles dasjenige lernen, wozu sie in der Werkstatt ihres Lehrherrn keine Gelegenheit haben. Da in der Lehrwerkstatt nicht die grösstmögliche Zahl fertig gestellter Arbeiten, sondern das Lernen Hauptsache ist, kann der Lehrling unter fortwährender Aufsicht bei einigem Fleiss die Lücken seiner Ausbildung ausfüllen. Es ist beabsichtigt, wöchentlich zwei Mal in den Abendstunden von 6 bis 8 Uhr je nach der Zahl der Theilnehmer in ein oder zwei Kursen zu unterrichten, und zwar, wenn sich die genügende Anzahl findet, an einem Abend praktische Buch binderei, an dem andern Vergolden, Marmoriren usw. Als Beitrag hat jeder Theilnehmer für 6 Monate 5 M. zu zahlen. Ausserhalb der Innung Stehende oder Gesellen haben einen höheren Beitrag zu entrichten.