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Ausfuhr. Um unsere Waaren an fremde Völker zu verkaufen, müssen wir wissen, welche Sorten und Arten dieselben bevorzugen und vor allem deren Sprachen kennen. Das Deutsche Reich hat in richtiger Er- kenntniss dieses Umstandes bei der Berliner Universität ein Seminar für Orientalische Sprachen errichtet, welches seine Thätigkeit mit dem Winterhalbjahr 1888/89 wieder eröffnet. Aus nachstehendem an den Vor sitzenden der Papiermacher-Berufsgenossenschaft, Herm Carl Drewsen- Lachendorf, gerichteten Schreiben geht erfreulicher Weise hervor, dass die Leiter der neuen Anstalt nur praktische Zwecke verfolgen, dass dieselbe vor allem dem Handel und der Industrie nützen soll. Es wäre deshalb auch sehr zu wünschen, dass' von nachstehendem Erbieten baldigst Gebrauch gemacht wird. An unternehmenden jungen Leuten wird es wohl unter den Papiermachern nicht fehlen! Seminar für Orientalische Sprachen an der Königl Friedrich Wilhelms- Berlin, den 8 August 1888. Universität zu Berlin. Ew. Hochwohlgeboren beehre ich mich in der Einlage eine Publikation des Seminars für Orientalische Sprachen sammt dem Studienplan für den Winter 1888/89 zu gefälliger Kenntnissnahme ergebenst zu übersenden. Ew. Hochwohlgeboren mögen daraus entnehmen, dass die Thätigkeit der Anstalt ausschliesslich und allein praktische Zwecke verfolgt. Sie will junge Geschäftsleute, Techniker, Aspiranten des Konsulatdienstes u. a. die lebenden Hauptverkehrssprachen Asiens und Afrikas sprechen und schreiben lehren, in möglichst kurzer Zeit und auf möglichst direkte Weise, unter gänzlichem Ausschluss doktrinärer Weitläufigkeiten. Als mittlere Dauer eines Kursus muss die Zeit von 2 Jahren gelten, von denen das erste auf die Einführung in die Konversation, das zweite auf die Einführung in die geschäftliche Korrespondenz und die Kenntniss der verkehrsmässigen Schriftstücke verwendet wird. Unter Umständen würde für denjenigen, der nur die Elemente der Konversation zu erlernen wünscht, ein einziges Jahr ausreichen. Ich beehre mich Ew. Hochwohlgeboren zu geeigneter Erwägung anheim zu geben, ob es sich mit Rücksicht auf die wichtigen kommerziellen Inter essen, welche Sie vertreten, empfiehlt, einen oder mehrere nach Charakter, Anlagen und Vorbildung geeignete junge Geschäftsleute in das Seminar zu entsenden und ihnen einen Studienaufenthalt von einem bis zwei Jahren daselbst zu ermöglichen, um auf diese Weise einen Stamm vertrauenswerther junger Männer heranzubilden, welche, durch aussergewöhnliche Sprach kenntnisse die Vertreter anderer Nationen überragend, als Pionire der deutschen Geschäftswelt für die Erweiterung unserer Absatzgebiete in China, Japan, Ostindien, in der Türkei, Persien, Syrien, Aegypten, Nord- und Ostafrika erfolgreich zu wirken vermögen. Indem ich mir erlaube hinzuzufügen, dass für einen von Ihnen em pfohlenen jungen Mann es zum Zweck der Aufnahme in das Seminar nur einer schriftlichen Anmeldung bedarf, und zu jeder weiteren Auskunft in der beregten Angelegenheit gern bereit, habe ich die Ehre zu zeichnen mit dem Ausdruck der vollkommensten H< chachtung Ew- Hochwohlgeboren ergebenster Prof. Dr. Ed. Sachau, Kommissar. Direktor. An den Vorsitzenden Herrn Carl Drewsen Hochwohlgeboren. . Indem ich obiges Schreiben zur Kenntniss der Herren Vereinsmitglieder und Fachgenossen bringe, bin ich gern bereit, etwaige Anträge auf Auf nahme in das Seminar entgegenzunehmen und geeigneten Falls zu empfehlen. Hochachtungsvoll Lachendorf, 13. August 1888. Carl Drewsen. Aus den obigem Schreiben beigefügten Druckschriften ist ersicht lich, dass der Eintretende sich zu entscheiden hat, ob er den beson deren Kursus für Chinesisch, Japanisch, Hindustani, Neuarabisch, Persisch, Türkisch oder Suaheli -durchmachen will, und zu welchem Zweck. Mehr als 12 Lernende sollen in der Regel an keinem Kursus theilnehmen. Das Reich zahlt dem Staat Preussen die Hälfte der Kosten, bis zu 36 000 M. jährlich. Für unbemittelte Seminaristen sind Stipendien bis zu 9000 M. jährlich ausgesetzt, von denen aber ein Einzelner nur 300 M. per Semester erhalten kann. Der Unterricht ist unentgeltlich, nur muss jeder Aspirant sich immatrikuliren lassen oder den Hospitanten-Schein erwerben und für jede Reihe von belegten Vorlesungen, z. B. für Chinesisch oder für Landeskunde von China, je eine Mark für das Semester, sowie 20 M. Beitrag zur Seminarbibliothek bezahlen. Jede weitere Auskunft ertheilt der Direktor Professor Dr. Sachau, Berlin W., Wormser-Strasse 2. Da Herr Drewsen geeigneten jungen Leuten vorstehend freundlichst seipe Empfehlung zusichert, so wird die Aufnahme keine Schwierigkeiten bieten. Rechenstab. Ein Freund unsres Blattes schreibt: • Alles schon dagewesen! No. 58 der Papier-Zeitung enthält Beschreibung und Ankündigung eines vor nicht langer Zeit patentirten Rechenstabs. Den hier beifolgenden jedenfalls noch viel ausführlicheren besitze ich bereits seit 18 Jahren, und war gewiss nicht der Erste, der ihn besass. Wie Sie sich überzeugen werden, lässt sich von diesem Stabe Alles, sogar Logarithmen ablesen, nur muss man die nöthige Uebung haben und behalten. Das Ablesen ist eine Kleinigkeit, wenn man es stündlich thun muss und somit in Uebung bleibt. So lange ich nur gebaut habe, war ich nicht eine Stunde ohne diesen Rechenstab oder Rechenknecht; so lange ich aber nur fabrizire, brauche ich ihn wenig und bin daher auch mit dem Ablesen so aus der Uebung gekommen, dass ich ihn kaum mehr zu handhaben verstehe W. Die Aehnlichkeit des eingesandten alten Rechenstabs mit dem patentirten Post’schen ist allerdings in hohem Grade überraschend. Gesammtlänge, Eintheilungsart, Form und Führung des Schiebers, Form und Führung der Ablesemarke stimmen genau überein. Sogar die schräge Fläche an der Oberseite des Lineals mit Centimetertheilung und die gegenüberstehende gerade Fläche mit ebensolcher Theilung ist hier wie dort vorhanden. Der einzige Unterschied besteht darin, dass bei dem alten Rechenstab die Eintheilung unmittelbar auf dem gelb polirten Holz eingetragen ist, während sie beim Post’schen auf Celluloidplatten steht, und dass die Verhältnisstabellen auf der Rück seite andere Angaben enthalten. Der alte Rechenstab ist Pariser Erzeugniss. Auf seiner Oberseite steht links oben: »Gravet Lenoir«, in der Nähe der Mitte oben: »39, Rue de Babylone«; unten »Tavernier-Gravet succ r « (successeur). Wasserkraft-Gesellschaft. Die Holyoke Water Power Company, welche die Wasserkraft des Connecticut nutzbar machte und dadurch die Stadt Holyoke mit ihren vielen Fabriken schuf, hat nur ein Aktien-Kapital von 600000 Doll. Ihre Ländereien und Wasserkraft stehen mit 351 595 Doll., Gebäude mit 598 886 Doll, zu Buch, die mit 536 188 Doll. Kasse und Aussen stände usw. 1 502 454 Doll, ergeben. Etwa 500 000 Doll, sind für Erneuerung und Abnutzung in Reserve gestellt, und der vertheilbare Nutzen für das abgelaufene Jahr beträgt etwa 400 000 Doll. d.h. 66*/3 pCt Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Beziehern der Papier-Zeitung eingesandten Muster von Erzeugnissen der Papier- und Schreib waaren-Industrie, welche Neues oder Bemerkens- werthes bieten, kostenfrei besprochen. Jüdische Neujahrskarten. Die Firma J. Muszkat in Köln hat ihre Sammlung von Wunschkarten für das jüdische Neujahr um mehrere Muster vermehrt. In dem umfangreichen Musterbuch finden sich neben älteren, theilweise zopfigen Darstellungen jetzt auch Karten, welche dem neuzeitlichen Geschmack Rechnung trägen. Schräger Goldschnitt, Goldglanzpressung, farbiger Glimmerstaub, Atlas-Auflage und andere Mittel der neueren Luxuskarten-Technik sind reichlich angewendet. Jüdische Neujahrskarten. Die bekannten in Plattstichstickerei aus geführten Wunschkarten der Firma E. Gnoerich in Tempelhof bei Berlin werden jetzt auch mit hebräischen Inschriften als Neujahrskarten geliefert. Die Buchstaben in hebräischer Quadratschrift sind durch Auf nähen feiner Goldspiraldrähte hergestellt und werden von Blüthen- zweigen, die in bekannter vorzüglicher Technik dargestellt sind, umschlungen und durchkreuzt. Als Träger der hübschen Darstellungen ist theils zartfarbiger Naturkarton, theils Eiskarton verwendet. Schräger Goldschnitt verstärkt den freundlichen Eindruck der Karten, die schon wegen der eigenartigen, sehr wirksamen Technik Anklang finden dürften. Kaiserbild. Die Verlagshandlung Max Pasch in Berlin SW. hat ein grosses Brustbild Kaiser Wilhelms II. in lithographischer Kreidezeichnung mit hell-lederfarbigem Ton-Unterdruck fertigen lassen. Der Kartonbogen, auf welchem das Bild abgedruckt ist, misst 47 zu 63 cm, der elliptische Ton-Unter druck 35 zu 45 cm. Die Kreide zeichentechnik spielte im lithographischen Kunstgewerbe während der dreissiger und vierziger Jahre eine grosse Rolle. Wer damals Freunden und Verwandten sein eignes Bildniss überreichen wollte, konnte dies nur unter Benutzung der Lithographie, und die starke Nachfrage nach solchen Bildern hatte die Ausbildung einer Anzahl tüchtiger Künstler zur Folge, welche die lithographische Kreidezeichnung als Sonderrichtung pflegten. Mit der allgemeinem Einführung der Photo graphie nahm die Zahl solcher Aufträge immer mehr ab, und gegen wärtig ist der interessante Kunstzweig dem Absterben nahe. Der Zeichner des vorliegenden Blattes, P. Bülow, ist einer der wenigen Künstler, welche heute noch die lithographische Kreidezeichnung wirksam zu behandeln verstehen, und auch sein Kaiserbild erhebt sich hoch über die landläufigen Bildnissdarstellungen in photo- graphirten Graumalereien und Farbendrucken. Kaiser Wilhelm ist im Helm dargestellt, jugendlicher, als er jetzt aussieht. Das Gesicht zeigt noch eine gewisse sorglose Glätte, die jetzt verschwunden ist und einem ernsten, entschlossenen Ausdruck Platz gemacht hat. Unter dem Bilde ist der bekannte energische Namenszug des Kaisers angebracht.