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No. 63. PAPIER-ZEITUNG. 1259 Schnittandeuter-Patentstreit. Karl Krause in Leipzig ist Inhaber des vom 2. August 1883 gütigen Patents No. 26 409 auf einen »mechanischen Schnittandeuter bei Beschneidemaschinen«. Der Schnittandeuter findet Anwendung, wenn Papier nach bestimmten, auf dem obersten Blatt angegebenen Linien oder Marken zerschnitten werden soll. Während in einem solchen Fall ohne Benutzung eines Schnittandeuters ein vorläufiges, vielleicht wiederholtes, Herabdrehen des Pressbalkens bis auf den Papierstoss nöthig ist, genügt beim Schnittandeuter das Bewegen eines Fusstritts, um eine genau das Einschlagen des Messers bezeichnende Leiste auf denStoss herabzulassen und wieder zu heben. Diese in nebenstehen der Abbildung er sichtliche Leiste B ist am Pressbalken A mittels Bolzen C genau senkrecht verschiebbar befestigt. In Aus sparungen dieser Bol zen C greifen Hebel D, welche durch Stahl bänder F mit dem Fusstritt in Verbin dung stehen und beim Niederdrücken des Fusstritts so gedreht werden, dass die Leiste B gesenkt wird. Um die Drehzapfen der Hebel D sind Spiralfedern G gelegt, welche die Hebel D und damit die Leiste B nach Loslassen des Fusstritts sofort in die ursprüngliche Lage zurückführen. Wird nunmehr der Pressbalken niedergeschraubt, so legt sich die Leiste B in eine Aussparung desselben und hindert das Einspannen des Stosses nicht. Die Patent-Ansprüche lauten: 1. Mechanischer Schnittan deuter, welcher mit dem Pressbalken beweglich verbunden ist und aus der mit Bolzen geführten Platte B besteht, die mittels Fusstrittes von dem Pressbalken abwärts bewegt und durch Federn an letzteren angedrückt wird. 2. Ein mechanischer Schnittandeuter, bestehend aus der beweglichen Platte B, welche durch Federn von dem Pressbalken abwärts gedrückt wird, sobald die durch vorhergegangene Pressung mittels Klinken und Knaggen erfolgte Verbindung der Platte B mit dem Pressbalken durch Zusammendrücken eines Griffes gelöst ist. W. F. Heim in Offenbach a. M. hatte, wie er uns mittheilt, be antragt, den Patent-Anspruch 1 für nichtig zu erklären oder erheblich einzuschränken, weil die durch diesen Anspruch geschützte Einrichtung zur Zeit der Patentanmeldung nicht mehr neu gewesen sei. Solche Schnittandeuter seien bereits an verschiedenen der auf der Agriculture Hall-Ausstellung in London vom Jahre 1880 ausgestellten Papier- Schneidemaschinen angebracht gewesen und in mehreren englischen Druckschriften, nämlich dem offiziellen Ausstellungsbericht von 1880, ferner auf den Titelblättern der englischen Fachzeitschrift »The Paper Printing Trades Journal« vom März und Juni 1880 und anderweitig dargestellt und beschrieben worden. Ferner habe der Maschinen fabrikant Peter Hooker in London seine Papier-Schneidemaschinen schon 1881 mit einem gleichen Schnittandeuter versehen und diese Maschinen seit 1882 in gedruckten Prospekten bekannt gemacht. Der Beklagte Krause hat anerkannt, dass der Anspruch 1 zu weit gehe und folgende beschränktere Fassung für denselben vor geschlagen : »Mechanischer Schnittandeuter, bestehend aus der mit Bolzen CC im Pressbalken A geführten Leiste B, welche durch Vermittlung der über Rollen laufenden Stahlbänder FF vom Fusstritthebel abwärts und durch die auf die Hebel BD drückenden Federn GG aufwärts bewegt wird, in Verbindung mit ein- und ausklinkenden Zahnstücken (in obenstehender Abbildung nicht sichtbar)«. Der Kläger Heim hat sich mit dieser Fassung einverstanden er klärt und seinen Antrag auf gänzliche Vernichtung des Anspruchs zurückgezogen. Infolgedessen hat das Kais er 1 ich e Paten tarnt ohne Ladung und Anhörung der Parteien den Patent-Anspruch 1 unter Nichtigerklärung seines weitergehenden Inhalts auf die oben angeführte Fassung be schränkt. Die gerichtlichen Kosten sind beiden Parteien zur Hälfte auferlegt, die aussergerichtlichen kompensirt worden. Papiergewerbe in Nürnberg. Die kunstreiche Stadt Nürnberg darf sich rühmen, die erste Stadt in Deutschland zu sein, in welcher Papier verfertigt wurde, ein Ruhm, der ihr zwar von mancher Seite streitig gemacht wird, der ihr aber doch wohl nicht genommen werden kann, so lange nicht ein urkundlicher Nachweis gebracht wird, dass schon vor der von Ulmann Stromer 1390 errichteten Papiermühle anderwärts im Reiche Papier hergestellt wurde. In der Mitte des 16. Jahrhunderts ist diese älteste deutsche Papiermühle, die östlich vor der Stadt am linken Einfluss der Pegnitz lag, nicht mehr im Betrieb gewesen, denn in einem Rathsdekret vom 9. November 1566, das unten mitgetheilt wird, ist nur von einem Papierer auf der Weidenmühle und einem Papierer auf der Tulnau die Rede. Die Tulnau liegt etwa 10 Minuten oberhalb der Stromer’schen Gleissenmühle, später Papier- und heute noch Hadermühle genannt, an einem Teiche. Die Weidenmühle, bestehend aus einer Reihe von Wasserwerken, in deren einem heute auch die Bleistiftfabrik von Fröscheis untergebracht ist, liegt auf der entgegengesetzten Seite vor der Stadt, unterhalb des Ausflusses der Pegnitz, am Ende der Hallerwiese, die schon im 15. Jahrhundert mit Linden bepflanzt war und Jungen und Alten seit vielen Jahrhunderten zum Erholungsplatz dient. Im Jahre 1558 starb der Besitzer der Papiermühle auf der Weidenmühle, Endres Volckamer, nachdem ihm 1551 seine Frau Elisabeth bereits vorangegangen war. Vielleicht gleich nach dem Ab leben Endres Volckamers, vielleicht auch erst 1566, ging diese Papier mühle in den Besitz des Eberhard Pecht, Papierers auf der Tulnau, über. Ihm ertheilte der Rath der Reichsstadt Nürnberg am 9. November 1566 nachstehendes Privilegium, durch welches er und die Seinen allein zum Sammeln und Kaufen von reinen Lumpen in Nürnberg und den Vorstädten Wöhrd und Gostenhof berechtigt wurde. Dasselbe lautet: „Ein sonders Gesetz, Eberhard Pechten Papierern uf der Weidenmühle und dessen nachkommen betreffend. — Bei einem Edlen Ehrnvesten fürsichtigen und Hochweisen Rath, unsern günstigen Herrn ist ertheilet und verlassen, dass man durch ein sonders gemeines Gesetz im Handwerks Buch, Fürsehung thun soll, da einiger Papierer oder andere ausserhalb Eberhard Pechten Papierers uf der Tulnau, hinfüro in dieser Statt Nürnberg, Weerdt (Wöhrd) und Gostenhof, von reinen Hadern im wenigsten etwas bestellen, abkaufen oder samlen lassen, oder wer sonsten ausserhalb des Rechtens und der seinen, dieselben samlen, ufkaufen und bestellen wird, der oder dieselben sollen zehen Gulden Rheinisch zu Poen und Straff verfallen sein. Und soll gedachter Pecht Macht haben, damit Er bei solcher Befreiung mag gehandhabt werden, die Verbrecher bei den Ruegsherrn selbst zu rüegen und fürzubringen, welche Herrn dann sondern Befelch haben sollen, mit der Straf gegen den Verprechern zu verfahren.“ Innerhalb der Mauern der Stadt hat sich also damals wohl keine Papiermühle befunden. Oskar v. Hase ist in seinem verdienstvollen Werke »Die Koburger« (2. Aufl. 1885) geneigt, anzunehmen, es sei zu Beginn des 16. Jahrhunderts in der Stadt selbst Papier bereitet worden, da der bekannte Humanist Joh. Lochläus, der mit dem ersten deutschen Verleger jener Zeit, Antoni Koburger, befreundet war, »Mahl-, Papier-, Säg- und Schleifmühlen« als dort befindlich anführt. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass die knapp vor den Mauern der Stadt liegenden Werke als zu derselben gehörig be trachtet wurden, und in der That in der Stadt selbst keine Papier mühlen vorhanden waren, da bisher noch jeder weitere Anhaltspunkt für die gegentheilige Annahme fehlt. Nach Hase scheint auch Koburger, obwohl er selbst Eigenthümer zweier Mühlwerke war, eine Papier mühle nicht gehabt zu haben. Soweit wir unterrichtet sind, kaufte er sein Papier von Händlern. Von Eberhard Pecht vererbte sich die Papiermühle der Weiden mühle auf seinen Sohn, und von diesem durch desselben Wittwe an ihren zweiten Mann, Cyriacus Kleber. Diesem wurde durch das nachstehende Dekret das im Jahre 1566 dem Eberhard Pecht er theilte Privilegium 1601 bestätigt: „Auf Ciriaci Klebers Papierers uf der Weidenmühl Supplication umb Erneuerung seiner alten Freyheit, dass er allein die reinen Lumpen in der Statt allhier samlen lassen möge etc. Dieweil sich im Handwerksbuch eben ein solches Verpot, mit darauf gesetzter Straf Zehen Gulden befindet, dass ausserhalb Eberhard Pechten Papierers, der damals uf der Tulnau gesessen, hernacher aber erst uf die Weidenmühl gezogen ist, Sonsten Niemand keine reine Hadern zum Papier gehörig, weder hinnen in der Statt, noch zu Weerdt und Gostenhof samlen noch ufkaufen soll, und solches Anno 1566 bei einem Ernvesten Rath also dem Pechten zu guetem Decretirt und so lang Er und sein Sohn gelebet, auch darob gehalten worden etc. Weil'n dann der Supplicirende Kleber, itzt des jungen Pechten hinderlassene Wittibin zur Ehe, und die Papiermühl uf der Weideninühl darbey hat, darzu auch nit weniger als sein Vorfahrer und desselben Vater eines Ernvesten Raths Canzley und Aempter durchs Jar mit Papier versiebet. Also ist verlassen, solche Freiheit und Vergunst mit den reinen Lumpen, auch ihme zu thun, damit er desto besser Papier machen, und im Fall er damit unfleissig wäre, desto weniger Entschuldigungen fürwenden könne. Actum Freitags den 4. Septemb. Anno etc. 1601.“ Der letztere Grund- für die Erneuerung des Privilegiums er scheint besonders beachtenswerth, da er vielleicht die Veranlassung ist, dass nur von der Papiermühle auf der Weidenmühle und nicht auch von derjenigen auf der Tulnau die Rede ist. Möglicherweise ist dies ausschliessliche Privilegium der Weidenmühle, wenn es wirk lich bestanden hat, auch nur dadurch veranlasst worden, dass das