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auf das letztere Werk verwendet wird, bekunden die mitausgestellten, nach lebenden Pflanzen angefertigten Vorstudien und Photographieen für die auf den Tafeln selbst stilisirt gezeigten Pflanzenformen. In verschlossenem Glascylinder ist sogar ein Pflanzenpräparat in Spiritus gezeigt. Sehr lehrreich ist die Gegenüberstellung der farbigen, überaus saubergemalten Urbilderund der chromolithographischen Nachbildungen. Hervorhebenswerth sind auch die Blätter einer künstlerisch illustrirten, mit kernigen Sprüchen versehenen »Haus-Chronik.« Von Schriftgiessereien sind durch grössere Ausstellungs-Anordnungen äusser Klinkhardt nur noch Genzsch & Heyse in Hamburg, E. J. Genzsch in München und M. Jettei in München ver treten. Erstere, in einer Hand befindliche Giessereien, welche bekanntlich mit Vorliebe die »Münchener Richtung« pflegen, haben entsprechende Arbeiten in Stempeln, Matrizen und Abgüssen ausgestellt. Letztere Firma bringt ebenfalls eigne Erzeugnisse zur Anschauung, darunter eine eigenartige amerikanisirte Schreibschrift. Sehr bemerkenswerth sind die Arbeiten der Gravir-Anstalt von M. Brod in München. Hier finden sich grosse Prägplatten für Buchbinder in hoher technischer Vollkommenheit. Besonders geschickt sind die Hochprägplatten für Lederschnitt-Nachahmung ausgeführt, deren Wirkung an zwei prächtigen Faust-Bänden vorgeführt wird. Der eine dieser Bände zeigt Reliefs auf gemsfarbigem Leder mit Beschlägen von oxydirtem Silber, der andere kräftige blinde Pressung in rothbraun gebeiztem Leder. Hans Kohler & Co. in Kaufbeuren, deren Anstalt sich be sonders mit Plakat- und Etikettendruck befasst und darin bedeutenden Absatz, auch nach dem Auslande erzielt, sind mit Erzeugnissen der genannten Art würdig vertreten. Von den Münchener chromolithographischen Anstalten haben nur Gebr. Obpacher ausgestellt. Drei grosse Musterbücher mit farbigen Karten geben einen Begriff von der gewaltigen Menge eigner, meist sehr hübsch ausgeführter Muster, welche diese Firma besitzt. Gebrüder Obpacher haben auch das grosse Ankündigungsblatt der Kunst-Aus stellung nach dem Entwurf von Gysis ausgeführt. Die bedeutenderen Münchener Druckereien sind vollzählig und gut vertreten. Knorr & Hirth veranschaulichen in zahlreichen Druck arbeiten ihre Sonderrichtung, welche sich durch unveränderte Wider aufnahme alter Formen des XVI. bis XVIII. Jahrhunderts kennzeichnet. Die genannte Druckerei verwendet zur dekorativen Ausstattung ihrer Arbeiten fast ausschliesslich Abgüsse von den Zinkätzungen des be kannten, im Hirt’schen Verlage erscheinenden Lieferungswerks »Der Formenschatz«. Aus diesem allerdings sehr reichhaltigen Werk werden die für den gerade vorliegenden Zweck passend scheinenden Formen ausgewählt. Falls volle Umrahmungen und ganze Zierstücke für die betreffende Grösse nicht vorhanden sind, werden auch je nach Bedarf einzelne Stücke herausgeschnitten, bestossen, ausgestichelt und an einandergefügt, so dass aus Bestandtheilen verschiedener Herkunft Füllungen, Rahmen oder Schlussornamente von der gewünschten Grösse entstehen. Diese Zusammenstellungen von Zierformen ver schiedenen Ursprungs sind oft mit grossem Scharfblick und hohem technischem Geschick ausgeführt, aber es erregt doch Bedenken, wenn man z. B. bei einer Speisenkarten-Umrahmung Federzeichnungen von Dürer neben Holzschnitte von Burgkmair gestellt sieht. Nicht allein die Verschiedenheit von Ursprung und Technik kann auf solche Weise die Gesammtwirkung beeinträchtigen, sondern auch die Verschiedenheit des Maassstabs. Wenn z. B. die Putten der Randleiste eben so gross sind wie gewappnete Landsknechte in der Quer leiste, so geht die künstlerische Wirkung verloren. Hierin liegt die Gefahr bei der im allgemeinen annehmbaren Benutzung der Formen schatz-Ornamente. Eine Druckerei ersten Ranges, wie die Knorr & Hirt’sche, sollte sich überhaupt nicht stets mit der Benutzung und dem Zusammenflicken alter Klischees begnügen, sondern die in München so reichlich vorhandenen künstlerischen Kräfte häufiger zur Herstellung von Originalarbeiten im Geiste der alten Meister heranziehen. In neuerer Zeit hat die Druckerei von Knorr & Hirth mehrfach den verwendeten Figuren und Ornamenten Körpertöne gegeben. Diese wahrscheinlich durch Steindruck erzeugten stumpfen Farben sind mit Geschick gewählt und erhöhen den beabsichtigten Eindruck des Alterthümlichen. Auch die Druckerei von Dr. Huttler’s Literarischem Institut ist ihren Ueberlieferungen treu geblieben. Diese Anstalt bevorzugt bekanntlich Gothik, ohne sich von den kräftigen Uebergangs- formen der Frührenaissance abzuwenden. Wie bei Knorr & Hirth der Formenschatz den »eisernen Bestand« bildet, sind es bei Huttier die prächtigen, von Reiss in Wien übernommenen Initialen des Missale Romanum. Dieselben finden sich in verschiedensten Farben zusammenstellungen auf zahlreichen Druckarbeiten, wo nur immer ihre Verwendung zulässig erschien. Interessant ist der ebenfalls ausgestellte Abzug einer grossen in Holzschnitt ausgeführten Karte von Bayern, bei welcher alle Namen, vermuthlich in eingebohrte und ausgeschnittene Lücken der Holztafel, gesetzt sind. Dieses Kunststück wurde 1568 auf Befehl des Herzogs Albrecht von dem Mathematiker Philipp Appian ausgeführt. Unter den modernen Erzeugnissen der Huttler'schen Druckerei finden sich namentlich kirchliche Drucke und Aktien. Die Buchdruckerei von Carl Juda, deren Leistungen dem Bericht erstatter bisher unbekannt waren, scheint sich Knorr & Hirth zum Vorbild genommen zu haben. Auch hier finden sich Reproduktionen alter Holz- schnitte und Stiche zur Verzierung moderner Druckarbeiten verwendet. Die Dr. Wild'sehe Druckerei (Gebr. Parcus) pflegt als Sonder richtung den Druck von Werthpapieren und hat zahlreiche Erzeugnisse dieser Art, namentlich Aktien, in guter Ausführung ausgestellt. Die Druckerei von Datterer in Freising, welche ihren Ursprung bis auf das Jahr 1495 zurückführt, beweist durch gut ausgeführte Accidenzien, in welchen Zierstücke von Scheiter & Giesecke in Leipzig vorherrschen, dass sie mit der Zeit fortgeschritten ist und modernen Anforderungen gerecht zu werden versteht. Die hervorragende Stellung, welche die verschiedenen Münchener Anstalten für photochemische Wiedergabe unter den deutschen Re produktionsanstalten einnehmen, ist bekannt, und ihre Ausstellung darf daher besonderes Interesse beanspruchen. Die Jos. Albert’sche Kunstanstalt pflegt ausschliesslich die von ihrem Begründer ausgearbeitete Albertotypie, ein Verfahren, welches von dem allgemein geübten Lichtdruck wenig abweichen dürfte. Unter den zahlreichen künstlerisch bedeutsamen Arbeiten, ist besonders ein grosses Bild, »Iphigenia« nach Keller bemerkenswerth. Zwei andere hervorragende Kunstblätter stellen einen Christuskopf und das Schweiss tuch der heiligen Veronica von Gabriel Max mit dem bekannten Gesichtsabdruck des Heilandes dar. Sie sind durch Aufeinanderdruck mehrerer Platten hergestellt und wirken wie Sepiamalereien. Unter den ausgestellten Verlagswerken befinden sich solche, die in weiteren Kreisen wegen ihrer Kostbarkeit nur wenig bekannt sind. Da ist z. B. die prachtvolle Mappe mit Aufnahmen aus den bayerischen Königs schlössern. Diese Einzel-Ansichten wirken vermöge ihrer einfarbigen Darstellung vielleicht künstlerischer und ruhiger als die mit Glanzgold meist überladenen Urbilder. Hier liegt auch das Prachtwerk »Parcival« mit Lichtdruckbildern nach denParcival-Darstellungen aufNeu-Schwanstein. Nicht zu verwechseln mit vorstehender Firma ist die Photographische Kunstanstalt von Dr. Albert, welche sich hauptsächlich mit der vornehmen Technik der Heliogravüre befasst und darin Hervorragendes leistet. Die ausgestellten Arbeiten gehören zu den besten ihrer Art und stehen den berühmten französischen Arbeiten von Goupils Nach folgern: Boussod, Valadon & Co. in Paris, nicht nach. Die Bruckmann’sche Kunstanstalt hat eine Anzahl ihrer be deutenderen Verlagswerke aufgelegt, darunter den Kreling’schen Faust in Prachtausgabe und das Werk des Grafen Stillfried-Alcantara »Die Hohenzollern und das deutsche Vaterland« in der Fürsten-Ausgabe. Die letztere ist mit prächtigem, reich mit Silber beschlagenem Leder- Einband versehen. Oscar Consee’s Hofkunstanstalt bietet in einem grossen Proben buch Abzüge von Aetzungen in Phototypie und Autotypie. Namentlich die grösseren Blätter darin zeigen, dass Autotypie sehr ansprechende Bilder liefern kann, wenn nur die stets etwas seichten Platten auf geeignetes Papier mit guter Farbe und sorgfältiger Zurichtung gedruckt werden. Von besonders reizvoller Wirkung sind die zahlreichen Helldunkel-Bilder. Dieser von uns schon im Jahrgang 1886, Seite 1628, besprochenen und empfohlenen Manier sollten die deutschen Pracht werk- und Zeitschriften-Verleger besondere Aufmerksamkeit zuwenden. Mit wenigen Mitteln lässt sich dabei eine feine, künstlerisch befriedigende Wirkung erzielen. Die Autotypie-Compagnie ist durch Platten, Abdrücke und ein grosses Musterbuch gut vertreten. Auch bei diesen Arbeiten zeigt sich wieder, wie ausserordentlich viel bei autotypischen Platten auf den Druck ankommt. Wenn dieselben immer so gedruckt würden wie die Abzüge im Musterbuch, so würde sich Jeder diesen Holz schnitt-Ersatz gern gefallen lassen. Recht anerkennenswerth sind auch die Leistungen der Anstalt in Platten für autotypischen Farbendruck. Bei dem Eifer, mit welchem diese Technik jetzt gepflegt wird, darf man für die Zukunft weitere Vervollkommnung erhoffen, wenn nur erst die Chromotypographen dieselbe reife Erfahrung gewonnen haben werden, über welche die Chromolithographen vermöge langjähriger Schulung bereits verfügen. In dem kleinen Ausstellungsraum, in welchem die Arbeiten der Münchener Reproduktionsanstalten vereinigt sind, liegt noch ein interessanter Abdruck von einer Zinkplatte auf Kalbleder, bei welchem aber nicht genau ersichtlich ist, von welcher Firma er herrührt. Die Platte wurde zum Druck wahrscheinlich stark erhitzt und die Zeichnung auf diese Weise eingebrannt. Bewundernswerth ist dabei die Klarheit und Schärfe der Linien, welche der interessanten Technik eine Zu kunft zu versprechen scheint. (Fortsetzung folgt.)