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1178 PAPIER-ZEITUNG. No. 59. Fach-Messe zu Berlin. 13.—23. September 1888. Veranstaltet vom Papierverein Berlin und Provinz Brandenburg für Erzeugnisse des Papier-, Schreib- u. Lederwaarenfaches, der Buchbinderei und Druckindustrie, sowie für Maschinen zu den angeführten Industriezweigen im Wintergarten des Grand Hötel Alexanderplatz zu Berlin. Der Ausstellungs-Vorstand versendet eine Aufforderung zur Betheiligung an die Fabrikanten des Papier- und Schreibwaarenfachs und betont darin, dass keine Schaustellung für das grosse Publikum damit beabsichtigt wird, welche den Ausstellern nur Opfer auferlegt und keinen geschäftlichen Nutzen bringt, sondern es soll den Einkäufern des Fachs Gelegenheit ge boten werden, die Neuheiten kennen zu lernen und ihren Bedarf zu decken. Die im Jahre 1886 vom gleichen Verein veranstaltete Ausstellung in der Waarenbörse hat sowohl die Aussteller als auch die kaufenden Besucher befriedigt, und schon der Beschluss des Vereins, diese Ausstellung zu ver anstalten, soll eine Anzahl zustimmender Erklärungen der früheren Aus steller gebracht haben. Die Ausstellung findet zu einer Zeit statt, in welcher die meisten Einkäufer des Papierfachs Berlin besuchen. Der geräumige Wintergarten des Grand Hötel am Bahnhof Alexanderplatz, im Centrum und der besten Geschäftsgegend gelegen, Knotenpunkt verschiedener Pferdebahnen, erscheint sehr geeignet und bietet Raum für grössere Betheiligung. Zugelassen werden alle Erzeugnisse und Maschinen des Papier-, Schreib-, wie Lederwaarenfachs, der Buchbinderei und Druckindustrie. Die Anmeldung muss bis 25. August d. J. an Herrn AlbertBehrendt, Berlin S., Prinzenstr. 14, erfolgen, welcher auf Wunsch Anmelde scheine liefert. Heber die Zulassung entscheidet der Ausstellungs-Vorstand. Die Anweisung der Plätze erfolgt durch die Bevollmächtigten des Ausstellungs-Vorstandes. Sollte mehr Raum angemeldet werden, als zur Verfügung steht, so wird den Ausstellern schriftlich von der Grösse des zugetheilten Raumes Mittheilung gemacht werden. Für den Raum wird berechnet: 10 Mark für ein Quadratmeter Tisch- oder Bodenfläche, 15 Mark für ein Quadratmeter Tisch- und Wandfläche zu sammen, einschl. Versicherung der Gegenstände und Aufstellen der Tische. Der Betrag der Platzmiethe ist sofort bei der Anmeldung an Herrn Alb. Behrendt, Berlin S., Prinzenstr. 14, einzusenden; bei Nichtzahlung wird die Anmeldung nicht berücksichtigt. Aussteller, welche bis zum 12. September d. J. mittags die auszu stellenden Gegenstände nicht eingeliefert haben, verlieren dadurch alle Ansprüche auf den bestellten Platz, und der gezahlte Betrag verbleibt der Ausstellungskasse; jedoch dürfen auch die Ausstellungsgegenstände nicht früher als 2 Tage vorher eingeliefert werden. Die Ausstellung ist vom 13. bis 23. September 1888, vormittags 10 bis nachmittags 5 Uhr, geöffnet. Der Ausstellungs-Vorstand giebt einen Katalog heraus, der kostenfrei zur Vertheilung gelangt. Der Ausstellungs-Vorstand besteht aus folgenden Herren: Reinh. Tetzer, I. Vorsitzender, Wrangelstrasse 111. Hermann Engel, i. F.: Adolph Engel, II. Vorsitzender, Tempelhoferberg 5a. Albert Behrendt, Schriftführer, Prinzenstrasse 14. J. Blankenstein, i. F.: Cahn & Co., Beuthstrasse 5. F. Bogula, Cottbus- P. Demuth, i. F.; F. W. Hoppenworth, Mohrenstrasse 55. L. Gronau, i. F.: Julius Rosenthal, Alexandrinenstrasse 97. Ernst Kuhn, i. F.: W. Reimer Nachfl., Bellealliancestrasse 94. S. Loewenhain, Friedrichstrasse 171. Julins Mann, Potsdam. Paul Reichpietsch, Obermeister der Berl. Buchb.-Innung, Poststrasse 15. A. Sala, Schützenstr. 60. Rud. Stein, Eberswalde. Aug. Träger, Ifflandstrasse 5. Verlag der Papier-Zeitung, Carl Hofmann. Armand M. Lamm, Halleschestrasse 12. Papier-Prüfung. Der Justizminister hat in einem neuerlichen Erlass die ihm unter stellten Behörden auf die Bestimmungen des Staatsministeriums vom Jahre 1886 bezüglich der Haltbarkeit des für die Akten in Gebrauch zu nehmenden Papieres aufmerksam gemacht. In demselben ist angeordnet, dass den Behörden das Recht Vorbehalten ist, bei der in Verbindung mit der technischen Hochschule zu Charlottenburg stehenden Papierprüfungsanstalt das Papier nach erfolgter Lieferung auf Kosten des Lieferanten mindestens in einer für jede Sorte zu ziehenden Durchschnittsprobe nach der Festig keit und dem Stoff prüfen zu lassen. Solche Prüfungen haben sich namentlich für das Papier der gerichtlichen Akten als unumgänglich noth wendig herausgestellt. Zahlungsweise mancher Kunden. 16. Juli 1888. Dem Artikel in No. 57 „Zahlungsweise mancher Kunden“ muss ich leider vollauf zustimmen, und zwar ist meiner Erfahrung nach die Reichs hauptstadt in dieser Beziehung am ärgsten. Gut angeschriebene Firmen scheuen sich nicht, 2 Monat nach Lieferung in Wechseln auf Nebenplätze mit 2—3 Monaten Fälligkeitsfrist zu reguliren und dann noch ruhig 2pCt. abzuziehen. Reklamirt man dagegen, so heisst es, andere Fabrikanten sind mit dieser Zahlungsweise zufrieden, und die Herren Agenten rathen davon ab, zu schroff vorzugehen. Was würden diese Firmen sagen, wenn der Fabrikant ihnen 2 pCt. Untergewicht lieferte. Dass ein Lieferungs abschluss ein Vertrag ist, der von beiden Seiten eingehalten werden muss, scheint vielen solcher Abnehmer nicht klar zu sein. W. Berlin, 16. Juli 1888. Bezugnehmend auf die Aeusserungen über unkulante Zahlungsweise gewisser Kunden kann ich dem Herrn Einsender nur in jeder Weise bei pflichten. Auch ich habe in dieser Beziehung zahlreiche Erfahrungen gemacht und zwar hauptsächlich bei grösseren renommirten Firmen, trotzdem diese Art der Bereicherung eine sehr schmutzige ist. Es ist hier vielleicht am Platz, dass einmal die Städte genannt werden, in denen solche Firmen hauptsächlich wohnen, damit die betr. Herren beim Lesen der Artikel merken, dass sie gemeint sind. Ich möchte daher zunächst die Städte Dresden und Nürnberg, sowie Nördlingen nennen, in denen einige der erwähnten Grossistenfirmen ansässig sind, welche glauben, dass sie sich auf diese Weise bereichern können, weil der Fabrikant, um des lieben Friedens und der Geschäftsverbindung willen, sich dies gefallen lassen muss, und wenn er sich auch noch so sehr darüber ärgert. Fabrikant der Papier-Verarbeitung. Reissen eines Zellstoff-Kochers. Eingesandt. Der auf S. 1100 in No. 55 enthaltene Bericht über „Reissen eines Zellstoffkochers“ veranlasst mich zu diesem bisher noch nicht vorgekommenen Fall Einiges zu bemerken: Wenn, wie in dem Bericht hervorgehoben ist, das Material, aus dem der Kocher gefertigt war, zufolge der Untersuchung der eidgenössischen Festigkeitsprüfungsanstalt sich als hierzu durchaus geeignet erwies und ebenso gegen die Blechdimensionen nichts einzuwenden war, so ist es von umso grösserer Bedeutung zu erforschen, was eigentlich die Ursache dieses höchst merkwürdigen Ereignisses gewesen ist. Es ist zunächst fraglich, ob seitens der Fabriksleitung alle Vorsichts- maassregeln, die ein derartiger Betrieb erfordert, strengstens beobachtet wurden, und ob derselben genügend Erfahrungen behufs Ueberwachung der Kocher und deren Kontrolle vor und nach dem jeweiligen Kochprozess zu Gebote standen, und ob diese Kontrolle auch thatsäehlich geübt wurde. Weiter, welcher Art das zum Ausmauern des Kochers verwendete Material war, welche chemische Zusammensetzung dasselbe hatte, und wie dasselbe vor der verhängnissvollen Kochung beschaffen war; insbesondere ob vorher schon, wie dies vorausgesetzt werden muss, die Auskleidung des Kochers Veränderungen erfahren hatte. Alle diese Fragen sind zur Beurtheilung des vorliegenden Falles von Wichtigkeit, umsomehr, als es schwer fällt, sich der Ansicht anzuschliessen, dass als Ursache der Zerstörung des Kochers die ungleichmässige Ausdehnung der einzelnen Kocherbestand- theile anzusehen sei. Wenn, wie in dem Bericht angegeben, die Temperatur im Innern des Kochers nur 83° C. betrug, so liegt kein Grund vor anzu nehmen, dass bei dieser niederen Temperatur die Ausdehnungsdifferenz der einzelnen Kocherbestandtheile so erheblich gewesen sein soll, um das Vor kommniss zu erklären. Es wäre mithin sehr wünschenswerth, wenn die Fabrik, in welcher dieser sonderbare Fall vorkam, bereit wäre, einige Angaben zu machen über: a) die chemische Beschaffenheit des Stahls, aus dem der Kocher ge baut war, b) die Art und Beschaffenheit der zur Ausmauerung verwendeten Steine, c) die Beschaffenheit und Zusammensetzung des zur Verwendung ge kommenen Gementes, d) über die innere und äussere Beschaffenheit des Kochers vor der letzten Beschickung, e) über den Umstand, warum ein Sicherheitsventil am Kocher nicht angebracht war, um so Gelegenheit zu geben, dieses Vorkommniss aufzuklären. Es ist nicht bekannt, nach welchem System und von wem die be treffende Fabrik erbaut worden ist, ob dieselbe überhaupt nach einem er probten System arbeitet und mit gehöriger Sachkenntniss eingerichtet wurde. Wenn, wie es den Anschein hat, dies nicht der Fall ist, so dürfte dieses Vorkommniss beweisen, dass es denn doch nicht, wie vielfach ange nommen wird, so leicht ist, Sulfit-Cellulosefabriken ohne gehörige, auf lang jährige Erfahrungen beruhende Sachkenntnisse und ohne eingehende Studien dieser Industrie zu bauen, und dass es sich oft bitter rächt, den jetzt überall auftauchenden Tausendkünstlern in die Hände zu fallen, um ein paar tausend Mark Patentprämie scheinbar zu sparen. Die oft sehr unge schickt und mangelhaft eingerichteten Anlagen leisten nie, was von solchen Erbauern versprochen wurde, da diesen im günstigen Fall nur einige ein seitige Erfahrungen zur Seite stehen. Amerikanische Papierstadt. Vor 1848 war Holyoke noch offenes Land. Um diese Zeit wurde die Wasserkraft-Gesellschaft mit 4 000 000 Doll. Kapital gebildet, welche den Connecticut durch ein 1018' breites Wehr abdämmte, Baustellen verkaufte und dazu die Wasserkraft, die Pferdestärke für etwa 4.62 Doll. (20 M.) jährlich, verpachtete. Neben vielen Fabriken anderer Art hat Holyoke mit dem gegenüberliegenden Hadley Falls jetzt 22 Firmen, die sich dort mit Papiererzeugung befassen, und die vom 1. Juli 1888 ab etwa 225 000 kg Papier täglich liefern sollen. Die Stadt hatte 1885 eine Einwohnerzahl von 29 000 und wird jetzt auf 32—35 000 Einwohner geschätzt.