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No. 49. PAPIER-ZEITUNG. 1531 Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Korrespondenten erhalten angemessenes Honorar. Eingesandte Werke finden Besprechung. Zweifarben - Rotationsdruck. Nummern 27 und 36 der »Papier-Ztg.« brachten über »Liniatur oder Druck« zwei lesenswerthe Aufsätze, welche die vortheilhaftesten Herstellungsarten von Geschäftsbücher-Liniaturen erörterten. Mit Recht wurde vom Verfasser des ersten Aufsatzes betont, dass die schwierigen Liniaturen bei hoher Auflage und in Verbindung mit Schrift durch Buchdruck vortheilhafter herzustellen seien als mittels Liniirmaschinen. Wenn aber weiter gesagt wurde, dass die Her stellung glatter Liniaturen sich auf Liniirmaschinen vortheilhafter stelle, so kann Schreiber dieser Zeilen nur dann zustimmen, wenn es sich um kleine Auflagen handelt, denn für den Druck grosser Auf lagen wird die Zweifarben-Rotationsschnellpresse am vor theilhaftesten arbeiten können. »Zweifarben- Rotationsschnellpresse ? « — dürfte Mancher verwundert fragen; wer in aller Welt druckt denn mit einer solchen Liniaturen und Geschäftsbücher? Seit etwa Jahresfrist arbeitet die Firma Ford. Asheim in Berlin in ihrem stattlichen Neubau, Neue Grünstrasse 32, mit einer solchen, für Massenerzeugung unter Verwendung sogenannten endlosen Papiers überaus geeigneten Maschine. Die fest gewickelte Papierrolle von etwa 80 cm Durchmesser und 88 cm grösster Breite ist an dem einen Ende der Maschine dicht über dem Fussboden gelagert. Auf der Abwickelwelle sitzt eine Brems- scheibe, deren Bremsband so angestellt wird, dass das Papier sich stets unter gehöriger Spannung, also glatt abwickelt. Der Papier streifen passirt zunächst die über der Rolle angebrachte Dampf feuchtvorrichtung, welche zwar sehr gut wirkt und für Werk- und Illustrationsdruck sehr nützlich sein kann, — für Liniaturdruck jedoch unbenutzt bleibt, da ein Feuchten hier überflüssig, ja unvortheilhaft ist, weil dadurch die Glätte des Schreibpapiers etwas beeinträchtigt wird. Alsdann läuft das Papier a, über heizbare Leitwalzen nach dem — - - - sm von den benachbarten Plattencylindern P und Pi mit dem sog. Schöndruck versehen zu werden. Vom Schöndruckcylinder wendet sich das Papier in • -förmigem Lauf zum zweiten Druckcylinder D2, um hier von den Platten cylindern P-i und welchen es die noch unbedruckte Rückseite zuwendet, den Widerdruck zu erhalten. Der auf beiden Seiten mit je zwei, (meist verschieden eingefärbten) Formen bedruckte Papierstreifen wandert endlich nach den unterhalb ge lagerten Schneidcylindern, um hier in einzelne Bogen von je 70 cm Länge zerlegt zu werden. Sollen diese Bogen auch noch ihrer Mittel linie nach längsgeschnitten werden, so lässt man auch das hier an geordnete Kreismesser wirken, wodurch jeder Bogen in Hälften zerlegt wird. Die dicht aufeinander folgenden Bogen werden mittels eines eigenartigen Vertheilers wechselseitig nach zwei Tischen geleitet und hier ohne menschliche Beihilfe durch Tupfer zu regelrechten Paketen aufgestapelt. Eine hier befindliche Zählvorrichtung lässt jederzeit die Anzahl der fertiggestellten Druckbogen erkennen. Damit der Schöndruck auf dem Widerdruckcylinder nicht abfärbe und dieser durch wiederholte Farbeablagerung nicht mit Farbe über sättigt werde und den Schöndruck der Gefahr des Schmierens aus setze, läuft gleichzeitig mit dem zu bedruckenden Papier a a 2 un mittelbar auf dem Widerdruckcylinder das durch eine punktirte Linie b b 2 dargestellte Papier einer anderen Rolle als »Schmutz bogen.» Zu diesem Schmutzpapier, auch wohl „Mitläufer“ genannt, welches jede Berührung des Widerdruckcylinders D2 mit dem frischen Schöndruck verhütet, kann Löchpapier, Schreibpapier oder besser festes graues Hanfpapier verwendet werden. Die Schmutzpapierrolle wird auf ihrer Abwickelwelle gebremst, während die Aufbäumwelle stets mit solcher Geschwindigkeit angetrieben wird, dass die Umfangs geschwindigkeit der stetig wachsenden Rolle genau mit der Ge schwindigkeit des Druckpapiers übereinstimmt. Der betreffende, sehr einfache Rollmechanismus arbeitet überraschend sicher und wickelt glatte feste Rollen ohne menschliche Hilfe. Ist das Schmutzpapier der ganzen Länge nach einmal benutzt, so wird die aufgewickelte Papierrolle wieder in die Abwickelständer geklappt, während nunmehr die leere Abwickelhülse als Aufwickelhülse dient. So kann ein- und dieselbe Papierrolle etwa hundertmal als Schmutzpapier benutzt werden. Hat man nur einseitig zu drucken, z. B. Abreisskalender, Rechnungsvordrucke, Anschläge u. dergl., so ist. natürlich die An wendung des Schmutzpapiers überflüssig. Die Druckcylinder sind mit einem Papieraufzug und Schmutztuch bekleidet. Da sie gehörig zugängig sind, kann man auf ihnen bequem zurichten. Die Plattencylinder haben halb so grosse Durchmesser wie die Druckcylinder. Jeder von ihnen trägt vier halbcylindrische Stereotyp- Platten und wird von einem besonderen Farbwerk eingewalzt. Die Farbwerke haben kräftige Verreibung und gestatten die Anwendung von 2 bis 3 Auftragwalzen, so dass man auch illustrirte Arbeiten damit drucken kann. Hat man nur einfarbig zu drucken, etwa Schulschreibhefte, so können je nach Bequemlichkeit die Platten cylinder P und Pa bloss die Längs-, und P 2 und Pa die Querlinien drucken; man hat also keineswegs immer nöthig beide Liniensorten in einer Form zu setzen. Die Platten sind gewöhnliche Stereotypplatten oder Galvanos. Bei Zweifarbendruck fertigt man gewöhnlich einen doppelten Satz von Platten an, deren jeder die Linien beider ineinander zu druckenden Farben enthält. Mittels einer Fräsemaschine werden dann aus jeder Platte die überflüssigen Linien, die also in der betreffenden Farbe nicht kommen sollen, in fördersamer Weise entfernt. Man erhält in dieser, auf Seite 715 unter „Stereotypie beim Farbendruck“ bereits besprochenen Weise sehr leicht genaue Passformen (Farbeplatten). Die Rotationsmaschine giebt ein tadelloses Register. Faltenwerfen und Schmitzen ist hier nicht so zu fürchten, wie bei einfachen Schnell pressen. Man kann die Linien so zart und fein drucken, als man nur immer wünschen mag. Die Platten halten grosse Auflagen aus; Galvanos überdauern ein paar Hunderttausend Druck. Es ist nicht schwer ohne Schattirung d. h. ohne störenden Aussatz zu drucken. Die von der Berliner Maschinenfabrik C. Hummel gebaute Maschine arbeitet ruhig und sicher mit einer Geschwindigkeit von 7 bis 8000 Bogen zu 70 X 88 cm. Die Breite der Bogen kann auch beliebig kleiner als 88 cm gewählt werden, da die Maschine für wechselnde Papierbreiten eingerichtet ist. Zur Bedienung genügt ein Maschinenmeister und ein Bursche. Wenn man nun bedenkt, dass die in Rede stehende Maschine bei 7500 Bogen in der Stunde 15 000 zweifarbige Drucke liefert, während eine gewöhnliche Zweifarbenschnellpresse kaum den zehnten Theil, und eine einfache Schnellpresse kaum den zwanzigsten Theil in derselben Zeit zu leisten vermag, so lässt sich ermessen, wie gross bei Massenherstellung die Ersparniss an Bedienung, Raum und Be- triebskraft bei Anwendung einer solchen Rotationsmaschine sein kann. Allerdings ist die Verwendbarkeit einer derartigen Maschine dadurch beschränkt, dass die Bogenlänge 70 cm bleibt und nicht wie die Breite beliebig geändert werden kann. Indess kann man durch geschickte Zusammenstellung verschiedenen Satzes das Arbeitsgebiet ausserordentlich erweitern. Wollte man die Arbeitsweise der für den Druck wechselnder Formate befähigten Rotationsmaschinen, die im Ausland seit etwa einem Jahrzehnt schon hier und da zum Zeitungsdruck benutzt werden, auch auf Zweifarbendruck übertragen, so würde man saubere Arbeiten damit nicht gut herstellen können. Denn diese Rotations maschinen müssen vor dem Druck das Rollenpapier in einzelne Bogen gewünschter Länge zerschneiden, also auch zur Führung der letzteren zwischen den Druckcylindern Führungsbänder, Greifer oder Luftsaugevorrichtungen besitzen. Zahlreiche Führungsbänder auf den Druckcylindern würden jedoch der Bedienung der Maschinen zu hinderlich sein, während die Anwendung von Greifern oder Luft saugevorrichtungen, welche, die Zahl der Bänder vermindern liesse, unthunlich ist, weil man dann kein endloses Schmutzpapier um den Widerdruckcylinder laufen lassen könnte. Ueberdies sind die Rotationsmaschinen für wechselnde Bogenlängen theurer, unzuver lässiger und schwieriger zu bedienen als diejenigen für feststehende Bogenlängen. Bei der jetzt allgemein herrschenden Vorliebe für Farbendruck ist zu erwarten, dass noch eine ganze Reihe von Zweifarben- Rotationsmaschinen vollauf Beschäftigung finden wird, selbst wenn dieselben an ihr unabänderliches Längenformat gebunden sind. Z. Werkzeichnungen werden durch folgendes Verfahren unempfindlich gegen Fett und Schmutz: Man legt die Zeichnung auf ein Brett oder eine Glasplatte und übergiesst sie mit Kollodium, welchem 2% Stearin zuge setzt sind. Nach etwa 20 Minuten ist die Zeichnung trocken. Sie ist dann vollständig weiss, hat einen matten Glanz und ist so gut geschützt, dass man sie abwaschen kann, ohne befürchten zu müssen, sie zu verderben.