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Handvergolde - Einrichtung. Zum Handvergolden ist neben der Kenntniss der verschiedenen Grundir- mittel und Wärmegrade der erhitzten Schrift besonders lange Uebung nöthig, die der Hand die erforderliche Sicherheit giebt. Es ist desshalb erklärlich, dass es nicht viel gute Handvergolder giebt, und dass selbst ein grosser Theil älterer, selbständiger Buchbinder noch mit den Schwierig keiten dieser Arbeit zu kämpfen hat. Besonders schwer fällt es den Meisten, den Golddruck vollständig gleichmässig und waagrecht auf den runden Buchrücken zu drucken- Trotz Vorzeichnen und Abzirkeln laufen die Goldlinien doch immer wieder schief oder gar wellenförmig über den Rücken, da die unsichere Hand den vorgezeichneten Linien nicht zu folgen vermag. schrauben. Die untere Vorrichtung allein lässt sich dann als gewöhnliche, leicht zu handhabende Vergoldepresse benutzen, so dass der geübtere Ver golder die gewöhnlichen Arbeiten freihändig drucken kann und die Führung vielleicht nur ausnahmsweise zu Hilfe nimmt. Das Ganze lässt sich am Tisch festschrauben, wie aus der Abbildung ersichtlich ist. Die unmittelbar über der Tischplatte liegende Drehscheibe ermöglicht, dass die Einrichtung nach links und rechts beliebig gedreht werden kann, so dass der Arbeiter es in der Gewalt hat, das Gestell mit dem ein gepressten Buch nach Wunsch so herum zu drehen, dass er einen Ueber- blick über den erzeugten Druck gewinnt. Durch eine hinten angebrachte Schraube kann die Drehscheibe festgestellt werden. Rechts seitlich ist ein beinahe auf dem Tisch liegender Hebel sichtbar, mit welchem man durch Heben oder Niederdrücken das Buch ein- und auspressen kann. Die das Buch festhaltenden Backen a a, sowie auch die Führung derselben, sind aus Holz gearbeitet. Die hintere Backe a steht fest, während die dem Ar beiter zugekehrte in Schlittenführung mit dem Boden der Presse, auf welchem das Buch steht, durch den Hebel hin und her bewegt wird. An diese Pressvorrichtung ist der Halter b des Schriftkastens mit einer hinter der Pressbacke a liegenden Flügelmutter angeschraubt. Die Schraube mit der Flügelmutter greift durch einen langen Schlitz des Halters b, wodurch ein Hoch- und Niedrigstellen dieses Theiles mit dem Schriftkasten ermöglicht wird. Auf gleiche Art ist der zu b im rechten Winkel stehende Träger d an b befestigt, so dass er sich je nach der Stärke des Buches mit Hilfe der auf b sichtbaren Schraube mehr oder weniger herausstellen lässt. Die Verstellbarkeit dieser zwei Theile ge stattet, den Schriftkasten in die entsprechende Höhe zum Buchrücken zu bringen, und durch Vor- oder Rückwärtsstellen des Theiles d die durch eine Zunge bezeichnete Mitte des Schriftkastens genau auf die Mitte des Buchrückens zu stellen. Das Einstellen des Trägers d ist beim Titel druck nur einmal nöthig, da jedes Wort, ob lang oder kurz, stets an die bestimmte Stelle des Rückens treffen muss. Der Schriftkasten oder die Filete selbst muss mit einem runden Loch versehen sein, damit er auf den in unserer Zeichnung am Schriftkasten c sichtbaren Bolzen gesteckt werden kann. Um diesen Bolzen dreht sich der Schriftkasten, wird durch denselben stets in gleicher Richtung erhalten und läuft in dieser Führung im rechten Winkel über den Buchrücken. Durch angebrachte Federn ist die der Rundung des Buchrückens ent sprechende Hebung und Senkung des Schriftkastens ermöglicht. Beim Arbeiten öffnet man die Presse mit Hilfe des Hebels, setzt das Buch ein und drückt den Hebel nieder, wodurch sich die Presse schliesst. Dann stellt man die Höhe des Schriftkastens durch Verschieben von b, und die Breite durch Vor- oder Zurückschieben von d. Da der Schrift kasten in der Länge des Buches nicht verschiebbar ist, sondern immer an einer Stelle druckt, so muss das Buch nach jedem Druck verstellt werden. Man zeichnet zu diesem Zweck vor, auf welcher Stelle der Druck er folgen soll und rückt das Buch so, dass sich die vorgezeichnete Stelle genau unter der Schrift befindet. Die weitere Arbeit ist die des gewöhnlichen Handvergoldens: Der Diesem Uebelstande sucht die von dem Buchbindermeister J. P. Sann und dem Mechaniker Herm. Kraft in Giessen er fundene und zum Patent an gemeldete Handvergolde - Ein richtung mit gutem Erfolg ab zuhelfen Dieselbe war auf dem Buchbinder - Verbandstag zu Hannover ausgestellt und fand günstige Beurtheilung; sie er füllte die an sie gestellten Forderungen: leichte Hand habung, schnell zu ermöglichen des Verstellen und sichere, geradlinige Führung der Fileten oder des Schriftkastens, aufs beste. Nebenstehende Abbildung zeigt die Einrichtung von der dem Arbeiter zugekehrten Seite. Zwei Bretterbacken a a dienen zum Einpressen des Buches und ein über diesen ange brachter eiserner Träger d be sorgt die Führung des Schrift kastens, lässt sich aber ab erwärmte Schriftkasten wird auf den Eisenbolzen gesteckt, am Griff ge fasst und mit kräftigem Druck über das aufgetragene Gold und den Buch rücken geführt. Äusser diesen reinen Fachausdrücken könnten auch manche Rohstoff namen verdeutscht werden; z. B.: Chagrinpapier — gepresstes Papier, Calico — Press-Leinwand, u. s. w. Die Einführung wird allerdings nicht mit einem Schlag zu erreichen sein und überhaupt nur bei ernstem Willen der Betheiligten. Wenn sich die Hersteller der Waaren oft nur entschliessen wollten, ihre Muster künftig ins Inland nur noch mit deutschen Benennungen zu versenden, so dürfte schon in kurzer Zeit ein Fortschritt bemerkbar werden, da der Käufer die Waare natürlich unter der Bezeich nung bestellt, unter der sie ihm angeboten wird. Indem wir diese Wünsche aussprechen, bedauern wir, zufügen zu müssen, dass wir an deren baldige Erfüllung durch Erfahrung begründete Zweifel haben. Wie oft haben wir schon eindringlichst zum Ersatz des Wortes „Branche“, welches kaum ein Deutscher richtig ausspricht, durch die viel besseren und schöneren „Fach“ oder „Zweig“ ermahnt? Die An zeigenspalten dieses Blattes beweisen aber, dass unsere Vorschläge wenn sie auch vielleicht Beifall gefunden haben, wirkungslos an der Gewohnheit abprallen. Buchbinder-Deutsch. Der Ursprung der Buchbinderei ist in mittelalterlichen Klöstern zu suchen; die Erfinder und ersten Ausüber der Buchbinderkunst waren Mönche, denen die lateinische Sprache vielfach zur zweiten Muttersprache geworden war. Desshalb findet man in alten Lehrbüchern der Buchbinderei eine Unzahl lateinischer Fachausdrücke, die sich theilweise bis in die Gegen wart erhalten haben. Ausserdem hat sich die deutsche Buchbinderei vielfach unter franzö sischem und italienischem Einfluss entwickelt und überhaupt von fremden Völkern viel gelernt und angenommen, wobei die fremden Bezeichnungen beibehalten wurden und in das deutsche Gewerbe übergingen. Da wir jetzt in unserer Sprache das Deutschthum wieder zu Ehren bringen wollen, so wird es angebracht sein, auch auf diesem Gebiet Vor schläge zum Ersatz der Fremdwörter zu machen. Nachstehende Auswahl ist einem neueren Lehrbuch der Buchbinderei entnommen, und wir setzen die deutsche Bezeichnung daneben zum Gedächtniss und zur Benutzung seitens der Fachgenossen: Fremde Fach ausdrücke. Deutsche Bezeichnungen. Collationiren Vergleichen. Satiniren Glätten oder Walzen. Planiren Leimen. Cartonniren Steifheften. Brochur Heft. Carton (im Buche) Ersatz-Blatt. Complettiren Vervollständigen. Maculatur Schmutzpapier. Cachiren Zusammenkleben. Ciseliren Verzierungen eindrücken. Reliefarbeit Treibarbeit. Ledermosaik Ledereinlage. Cartonage -Arbeit Papparbeit. Carton Kasten oder Schachtel. Cartonfabrik Pappwaarenfabrik. Bordüre Einfassung, Streifen. Portefeuiller Lederarbeiter. Material Rohstoff. Matrize Unterlage. Imitations-Bände Nachgebildete Bände. Cordeliren Stopfen. Bogensignatur Bogenzeichen. Doubliren Doppelt drucken Heftkordel Heftbindfaden. Pagina Seitenzahl Paginiren Seitenzahlen drucken. Poliren Glätten. Poliment Goldschnittgrund (Bolus). Punziren Verzierungen einscblagen. Perforiren Löchern. Attrapen Nachbildungen. Ledersurrogat Lederersatz. Bonbonniere Zuckerschachtel oder Süssschachtel. Brevetü Schliessbügel (an Geldtaschen). Portemonnaie Geldtasche. Cachets Feine Papparbeiten. Mattirpunze Grundstempel. Farbig illustrirte Bibel-Aus gaben. Gustav W. Seitz, Chromo lithographische Anstalt, Wandsbeck und die Deutsche Verlaganstalt (vorm. Ed Hallberger) in Stuttgart kündigen an. dass demnächst in ihren Verlagen die Bibel mit bunten Bildern erscheinen wird. Die Herstellung der Bilder für die Deutsche Verlagsanstalt hat die Hof-Kunstanstalt von Otto Troitzsch, Berlin, übernommen. Auch eine Berliner Verlagsanstalt bereitet ein ähnliches Unternehmen vor, bei welchem das Hauptgewicht auf ornamentale Ausstattung des Bibeltextes durch farbige Ränder, Leisten und Initialen gelegt werden soll.