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1294 PAPIER-ZEITUNG. No. 38. Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Abonnenten eingesandten Muster von Erzeugnissen der Papier- und Schreibwaaren-Industrie, welche Neues oder Bemerkenswerthes bieten, kostenfrei besprochen. Papier-Ausstattung von Theyer & Hardtmuth in Wien. Die Auswahl neuer Muster, welche die unablässig schaffende, leitende Wiener Firma für das Wintergeschäft auf den Markt bringt, ist diesmal ungewöhn lich reich. Jede einzelne Schachtel erscheint als etwas Besondres, für sich Dastehendes, und wenn man die Arbeit des Beschreibens durch Schaffung von Abtheilungen vereinfachen will, kann man die verwirrende Menge von Zusammenstellungen nur eintheilen in Schachteln mit verziertem und solche mit unverziertem Inhalt. Unter den bildergeschmückten Briefbogen und -Umschlägen findet sich viel Sinniges und Anmuthiges. Schachtel 1126 „Künstlerlaunen“ enthält 25 Briefbogen in jenem kurzen Oktav, welches man bei Büchern als „Klassikerformat“ bezeichnet. In der äusse ren Form der Verzierung ist die landläufige Ueberlieferung, welche die Briefbogen- Vignette mit Vorliebe in der linken oberen Ecke anbringt, verlassen, und statt dessen tragen Briefbogen wie Umschlag - Deckel klappen friesförmige, an Kopfleisten er innernde Darstellungen. Die drolligen, farbig angetuschten und hochgepressten Bildchen sind zunächst mit kräftiger Linie eingefasst und diese ist wieder in mässigem Abstand von einem fein wirkenden ver zierten Rahmen in Blindpressung umgeben- Die Umschlag - Klappen erhielten der besseren Anpassung wegen nicht die übliche dreieckige, sondern viereckige Grundform mit gerundeten Ecken. Gegenstände der Darstellung sind: Amoretten als Schützen, Die sieben Schwaben, Schneckenpost und ähnliche harmlos-lustige Seenen. Der Deckel trägt in hübschem Farben druck die vorstehend wiedergegebene Zeichnung. Aehnlicher Art sind die Briefbogen-Verzierungen in Schachtel 1117. Die Zeichnungen des vorigen Musters wurden benutzt, aber nicht ausgemalt, sondern nur mit farbigen Hintergrundtönen versehen, welche der wechselnden Papierfarbe angepasst und stets um einige Schattirungen dunkler aus- _ geführt sind als diese. Die Verzierungen der zugehörigen Umschläge sind als Dreieck füllungen behandelt und zeigen in dieser Aus führung einen recht glücklichen Versuch stilistisch strenger Anpassung der Vignette an die gebräuchliche Klappenform. In diesem wie im vorigen Kästchen spenden kleine Riech- Kissen zarten Wohlgeruch. Nebenstehende Ab bildung veranschaulicht die Deckelverzierung. „Blumen und Vögel“ sind die Schmuck- formen der Schachtel 1116. Die zarten, oft ineinanderfliessenden Farben sind gut ge wählt und mit Geschick aufgetragen. In der bekannten, von Theyer & Hardtmuth mit Vorliebe gepflegten Weise wurden die Um risse in festen Linien vorgedruckt, die Töne mit dem Pinsel aufgetragen und die Figuren hochgepresst. Deckel und Seitenwände dieser Schachtel deuten durch grössere Blumen und Vogelgruppen den Inhalt an. Bogen und Umschläge der „Othello-Schachtel“ No. 1318 tragen farbige, hochgepresste Figuren aus der neuen Verdi’schen Oper „Othello“ in feiner Ausführung. Der kleine Karton, auf dessen Deckel neben der bekannten Mordscene auch das lorbeerumrankte Brustbild des Komponisten angebracht ist, enthält nur 10 Briefbogen und 10 -Umschläge. Schachtel 1138 „Jugendbilder“ soll augenscheinlich dem Briefwechsel der Kinder dienen, denn die Briefbogen erreichen noch nicht Postkarten format. Die hübschen Bildchen darauf stellen Seenen aus dem Kinderleben dar, ebenso das farbige Deckelbild, welches die flotte dekorative Malweise Wol demar Friedrich’s nachahmt. Ein flacher Karton in Gross-Quartformat mit Auf schrift „Heloise" enthält Briefbogen und Umschläge mit Blumensträussen in drei farbigem Prägedruck. Oie Blüthenstengel sind durch farbige Schleifen zusammen gehalten und von der Ecke des Briefbogens aus nach innen gerichtet. Bei den Umschlägen fallen die Blüthen nach der Spitze der Deckelklappe herab. Die Ausstattungen mit unverzierten Einlagen fesseln den Blick durch eigenartige Schachtel- und Kastenformen. Besonders die vorstehende No. 834, „Eden-Kassette“ zeigt nach Form und Inhalt Ungewöhnliches. Eine glatt gehobelte feste Holzkiste ist mit Firniss überzogen und im japanischen Geschmack bemalt, richtiger gesagt: im Umdruck- oder Abzieh-Verfahren bedruckt. Bambuszweige legen sich quer über die Flächen und sind schein bar auch um die Kanten herumgeführt. Der Deckel wird durch Schnapp verschluss festgehalten. Im Innern befinden sich 25 Briefbogen, 25 -Karten und 50 -Umschläge von jener unbestimmten grünen olivenähnlichen Farbe, welche die letzte Mode jfür Bänder zu Damenkleidern und Hüten brachte. Mit dieser Kassette kommt die Wiener Firma dem Bedürfniss des Absonder lichen entgegen, welches in manchen Kreisen herrscht. Der milde Ton der olivenfarbigen Papiere sorgt indess dafür, dass sie den Augen nicht unangenehm werden, wie dies bei anderen mit schreienderen Farben der Fall sein mag. Wer die Erfüllung eines Wunsches erstrebt und demselben auch durch Farbe Ausdruck geben will, wird sich vielleicht dieser „hoffnungs grünen“ Sorte gern bedienen. Auch der Duft, welcher diesem Papier mit- getheilt wurde, ist aussergewöhnlich, und es gelang dem Schreiber Dieses nicht, seine Natur festzustellen. Die einzelnen Lagen von Bogen und Umschlägen werden von breiten Streifen gepressten, metallglänzenden Papieres zusammengehalten. Die Form der „ Titipu-Kassette“ No. 843 wird durch nachstehende Abbildung veranschaulicht. Es ist ein geschweiftes Holzkästchen, welches durch einen Ueber- zug von Binsenpapier den feinen röthlichen Ton des Polisander holzes und zugleich eine sehr eigenartige Musterung erhielt. Der Deckel ist ge polstert, mit einem J apanmuster inGold- pressung versehen und durch ein Schnappschloss mit dem Haupttheil ver bunden. Augenscheinlich erhielten alle Aussenflächen nach der Fertig stellung noch einen leichten, gegen Feuchtigkeit schützenden, aber auch leicht verletzlichen Firniss-Anstrich. Der Inhalt besteht aus 50 Brief bogen und -Umschlägen von zartem Elfenbeinpapier in Kleinpostformat mit Goldschnitt und Goldrändern. Die Innenseite des Deckels ist mit hübschem Brokatpapier überzogen, so dass das Ganze einen recht vornehmen Ein druck macht. Feines Elfenbeinpapier ist auch in zwei Schachteln enthalten, welche auf einem indischen Blumenmuster die Bezeichnung „Ivory“ tragen. Die Seitenflächen sind mit puffbrettartigen Dreispitzreihungen verziert. Der Gedankengang bei dieser Aus stattung war vermuthlich: Elfenbeinpapier — Elefant — Indien — Indische Ornamentik. Der kleinere Kasten enthält in schlichter, aber übersichtlicher Schichtung eine Fünfziger- Ausstattung von Briefbogen und Briefkarten, während im grösseren Kasten No. 833 noch weitere 25 Karten nebst Umschlägen kleinen Formats, sowie 50 Bogen und Um schläge grössern Formats zu gefügt sind. Der sahnfarbige gut satinirte Stoff ist schön und ungewöhnlich kräftig. „Ivory“ ist auch die Aufschrift einer grösseren Schachtel, welche mit demselben Binsenmuster überzogen ist wie Kasten 843. 25 Briefbogen, 25 Karten und 50 Umschläge in gewähltem Stoff und Kleinpostformat bilden den einfach-gediegenen Inhalt. An No. 817, Rokoko - Kassette, ist das Aeussere besonders be- achtenswerth. Alle dem Auge zu gänglichen Flächen sind mit zier lichen, leicht karrikirten Rokoko-Dar stellungen bedeckt, von welchen unser Bildchen eine Anschauung giebt. Der Inhalt besteht aus halbweissem Brief papier, doch wird nach Angabe der Wiener Firma dieselbe Schachtel auch mit farbigen Briefbogen und Um schlägen unter No. 818 geliefert. No. 820, „Elfen-Kassette" ent hält eine Fünfziger-Füllung in mode farbigen Briefen, Karten und Um schlägen. Briefe und Karten sind mit Goldschnitt, die Umschläge mit goldenen Rändchen versehen, — eine sehr fein wirkende Ausstattungsart, welche neuerdings viel Beifall zu finden scheint. Die Aussenflächen tragen zierliche farbige Darstellungen phantastisch gekleideter und verschiedenartig gruppirter Kinderfiguren. Die erste der beiden umstehenden Abbildungen giebt eine Anschauung der Schachtel. 1135, „Gentry-Paper“, enthält 25 Briefbogen mit schrägem Gold schnitt und die gleiche Zahl goldrandiger -Umschläge- Der Stoff ist Elfenbeinpapier, das Format Klein-Quart. Die Brief-Umschläge zeigen nicht die üblichen Dreispitzklappen, sondern brieftaschenähnlichen Ver-