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No. 26. PAPIER-ZEITUNG. 507 und diese an einen Spediteur schickt, der sie dann den einzelnen Empfängern zugehen lässt, doch erfordert dies auch wieder Korrespondenzen und Kosten. Die Ausführung einzelner Aufträge muss dadurch oft verzögert werden, weil Spediteure für Sammelgutladungen nach diesen Provinzen an Orten der ostfriesischen Pappenfabriken nicht sind. Somit haben die ostfriesischen Fabrikanten bei einem Verkauf an die kleinere Kundschaft gegen einen Verkauf an wenige solide Grossisten, die sofort nach Empfang bezahlen und grosse Posten nehmen, mindestens 15 bis 20 pCt. Unkosten mehr. Um einen Theil dieser Differenz muss der solide Grossist, der beim Verkauf an die kleine Kundschaft diese Unkosten grösstentheils ja auch hat, bevorzugt werden, wenn er sich zur Abnahme grosser Quantitäten fest verpflichtet und prompt bezahlt. Lässt der Fabrikant durch eigene Reisende direkt an die kleinere Kundschaft verkaufen, hat er alle die damit verknüpften Unkosten, Reise spesen, Salaire u. s. w. und die unvermeidlichen Verluste zu tragen, so kommt er nicht billiger weg, als wenn er durch Agenten verkauft, denn die Reisespesen sind heute fast doppelt so hoch, wie vor 40 Jahren. Diese Unkosten hat der Fabrikant also mit in Berechnung zu ziehen, wenn er selbst Kaufmann spielen will. Er kann diese Unkosten zum grossen Theil nachlassen, wenn er seine ganze Erzeugung an 8 oder 10 Grossisten gegen sofortige prompte Bezahlung absetzen kann, wie dies in England stets Brauch gewesen ist. Auf diese Weise war der englische Fabrikant dem deutschen gegenüber auch früher beim Verkauf seiner Erzeugnisse sehr im Vortheil. Man kann also nicht sagen: wenn der Fabrikant an den Grossisten 5 pCt. oder 6 pCt. billiger verkauft als an die kleine Kundschaft, so ist dies ein Beweis, dass derselbe enorm verdienen muss, sondern umgekehrt: er hat diese 5 pCt. oder 6 pCt. (oft sogar noch mehr) bei seiner Kalkulation als baare Auslage dem Preise zuzufügen, den er bei mässigem Verdienst für den Grossisten berechnet. Dabei sind weder Verluste noch die sonstigen vorstehend genannten Auslagen in Rechnung gezogen. Ein Papierfabrikant, der auch früher die gewöhnlichen Strohpappen fabrizirte. Strohpapier. Schrenzpapier. Mit Vergnügen habe ich in der Papier-Zeitung vom 22. März gelesen, dass auch die Strohpapierfabrikanten auf eine Besserung ihrer Lage bedacht sind, und am 3. n. M. in Hamm eine Konvention abzuscbliessen beab sichtigen. Dieses Vorgehen drängt mir die Frage auf, wann endlich die Fabrikanten von s. g. Schrenz- und Halblumpenpapier aufhören werden, sich gegenseitig durch Unterbieten zu ruiniren? Es ist kaum glaublich, aber dennoch wahr, dass viele Fabrikanten geleimtes gutes Schrenzpapier heute unter Strohpapierpreis verkaufen- dt. Gedenkblätter an Kaiser Wilhelm. Die graphische Industrie hat sich mit Eifer der Aufgabe unter zogen, dem Verlangen des deutschen Volkes nach Erinnerungszeichen an den ruhmreichen verstorbenen Kaiser Wilhelm zu genügen. Schon wenige Tage nach dem Tode desselben wurde auf den Strassen Berlins ein mässig gelungenes Blatt verkauft, welches den Kaiser auf dem Todtenbett darstellte. Es war in Autotypie angefertigt, angeb lich nach einer Skizze, welche ein junger Künstler im Sterbezimmer aufgenommen, bald nachdem An ton von Werner seine Zeichnung, die er bekanntlich auf Wunsch der Kaiserin-Wittwe fertigte, be endet hatte. Fliegende Verkäufer, welche das Blatt auf der Friedrichstrasse und Unter den Linden ausboten, forderten dafür eine Mark. Später wurden sie bescheidener in ihren Ansprüchen, und als das Berliner Tageblatt dasselbe Bild als Beilage des »Ulk« gebracht hatte, fand es auf der Strasse kaum noch für 10 Pfennige Abnehmer. Einzelne hausirende Händler hatten die Kühnheit, das Blatt als »neueste Kaiser-Aufnahme von Anton von Werner« auszurufen, und nöthigten den Künstler zu der öffentlichen Erklärung, dass er dieses Bild nicht gezeichnet habe. Wenige Stunden nach dem Beginn der Aufbahrung im Dom erschienen bereits Photographieen der kaiserlichen Leichen - Schau stellung. Sie waren natürlich nicht nach der Natur aufgenommen, sondern in bekannter Manier der Photographie-Verleger nach einer Tuschzeichnung in Lichtdruck angefertigt, vielleicht schon seit längerer Zeit vorbereitet. Da das grosse Publikum solche »gepfuschte« Bilder von Natur-Aufnahmen nicht unterscheiden kann, und die Bilder die ersten waren, welche auf den Markt kamen, so gingen dieselben einige Tage lang in den Kunstläden reissend ab. Echte photographische Aufnahmen liessen indess auch nicht lange auf sich warten. Einige Hofphotographen hatten die werth- volle Erlaubniss erhalten, im Dom zu photographiren und machten davon gleich am ersten Tage der Schaustellung, am 12. März, Gebrauch. Namentlich der Hofphotograph W. Höffert, Berlin W., Leipzigerplatz 12, erzielte dabei trotz der ungünstigen Beleuchtungs verhältnisse recht hübsche und stimmungsvolle Aufnahmen, von welchen zwei inzwischen weite Verbreitung gefunden haben. Sie zeigen den Kaiser im Paradesarg, in Uebereckstellung, einmal von links, einmal von rechts gefasst, umgeben von Kränzen, Blumen, Palmenzweigen und den auf Kissen niedergelegten Hoheitszeichen. Die Bilder sind vormittags gegen 10 Uhr aufgenommen und forderten, wie Herr Höffert uns mittheilt, bei dem matten Licht im Dom eine Belichtungszeit von 8/4 Stunden. Die besser beleuchteten Stellen, z. B. die Altarstufen, weissseidene Bänder u. s. w. sind dabei natürlich bedeutend „überexponirt“ und ohne Einzelheiten; dagegen sind die Schattenstellen gut durchgearbeitet. Diese Bilder sind in verschiedenen Grössen, in Kabinetformat und in Grösse 13,5 : 21 cm, im Handel. Eine dieser Aufnahmen ist von der Firma Heinrich Riffarth in Photogravüre ausgeführt worden und wirkt in dieser Technik be sonders vortheilhaft. Die sauber geätzte Kupferplatte ist in schwarz grünem Ton gedruckt, wodurch eine recht angemessene Allgemein stimmung erzeugt wird. Auf diesem Blatt hat das Bild Hochformat. Es misst 12,3 :16,7 cm, während das Blatt selbst im Format 28,5 : 33,5 beschnitten ist. Ein anderes, ebenfalls in Photogravüre hergestelltes Kunstblatt wurde in Querformat ausgeführt, indem man vom vor stehend beschriebenen Bilde den oberen und unteren Theil fortliess. Den Handelsvertrieb von Kabinet-Lichtdruckbildern nach dieser Aufnahme hat der Kunstverlag von C. Schwager in Dresden übernommen. Fast Tag für Tag kommen jetzt neue, in photographischem Druck nach Tuschzeichnungen gefertigte Gedenkblätter an Kaiser Wilhelm heraus. Einzelne davon sind nicht übel. So ist z. B. eine allegorische Darstellung: »Engel tragen den todten Kaiser gen Himmel« von Wilh. Kray ganz hübsch komponirt. Eine andere Ausführung desselben Gedankens dagegen mit Königin Louise, dem grossen Kurfürsten und Friedrich dem Grossen, welche in himmlischen Höhen den Kaiser empfangen, verräth die ungeübte Hand eines Dilettanten. Zu den besseren Darstellungen gehört noch das Bild von C. Rinkelt, welches den Kaiser darstellt, wie ihn der Todesengel auf die Stirne küsst. Auch die letzten Ausgaben unsrer grossen illustrirten Zeitungen, unter welchen die »Leipziger Illustrirte« und Schorers Familienblatt besonders Anerkennenswerthes leisteten, ferner die zahlreichen Moment aufnahmen vom Trauerzug, können zu den Gedenkblättern gerechnet werden. Die erwähnten Momentaufnahmen, welche je nach Ge schicklichkeit und Erfahrung der betreffenden Photographen sehr verschieden ausgefallen sind, wurden mehrfach auf Platin- und Bromsilberpapier kopirt. Diese Kopirverfahren, welche wir auf Seite 987, Jahrg. 1887, beschrieben, geben mit ihren neutralen, schwarz-grauen Tönen grade diesen Bildern den Ausdruck hoher Naturwahrheit. Der weisse Schnee und die dunklen Trauerdeko rationen kommen dabei ihrem Tonwerth angemessener zur Geltung, als auf Albumin- oder Lichtdruck-Abzügen, wo der Schnee hellrosa, die Trauerfahnen dunkelbraun violett erscheinen. Auch jene fragwürdige Kunstrichtung, welche sich an den Namen »Neu-Ruppin« knüpft, war auf dem Platze. Unter den Linden und in der Friedrichstrasse wurden Bilderbogen mit grellfarbiger Dar stellung der Todesscene für 10 Pf. das Stück angeboten, aber, Dank der zunehmenden Geschmacksverbesserung des Grossstadtpublikums, wenig gekauft. Unübersehbare Mengen von Huldigungs- und Erinnerungszeichen aller Art sind noch in Arbeit. Wir erinnern nur an die Wiedergabe der Aufnahme des todten Kaisers durch Anton von Werner, welche im Kunstverlag von Paul Bette in Berlin in photographischem Kupfer druck erscheinen wird. Alle diese Blätter, hervorragende Kunstblätter wie einfache Klischee-Abdrücke, sind beredte Zeugen der Liebe und Verehrung, welche das deutsche Volk seinem ersten Kaiser auch über das Grab hinaus bewahrt hat. Verlobungs- und Hochzeitskarten. Mit Bezug auf die Notiz auf Seite 474 sendet uns ein Abonnent eine Vermählungskarte, auf welcher die Bildnisse des jungen Paares nebst entsprechender Inschrift angebracht sind, und bestätigt damit unsere Bemerkung, dass solche Ausstattung nicht neu sei. Die vor liegende Karte stammt aus dem Jahre 1869 und zeigt die beiden Bilder in elliptischen, von Blumenranken umgebenen Schildern. Eine im oberen Zwickelfeld zwischen den Bildern angebrachte photo graphische Kamera nebst Palette weist darauf hin, dass wir es mit der Vermählungsanzeige eines Photographen zu thun haben. Das Blatt wurde in der Weise angefertigt, dass zwei im gleichem Maass- stab ausgeführte Visitbilder hinter Oeffnungen des vorher mit Ver zierungen versehenen Kartons angebracht wurden Diese Verzierungen wurden wahrscheinlich in blasser Tusche oder mit Bleistift ausgeführt, so dass sie sich gegenüber den kräftigen Tönen der Bildnisse nicht vordrängen. Durch photographische Aufnahme wurde dann das Ganze auf Besuchskartenformat verkleinert. Die so gewonnene Karte sieht zierlich und ansprechend aus.