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Ifo. 22. PAPIER-ZEITUNG. 429 Buchhandel in Italien. In No. 45 von 1887 brachten wir eine Beschreibung der Zu stände des italienischen Buchhandels aus der Feder eines sonst gut unterrichteten Korrespondenten. Derselbe schilderte den italienischen Buchhandel als sehr zerfahren und überhaupt npch in den Windeln liegend. Das Londoner „Paper and Printing Tiades Journal“ gab unsern Artikel in englischer Sprache wieder, und das seit Anfang dieses Jahres zu Mailand erscheinende „Giornale della Libreria“ wieder- legt in seiner Nummer vom 4. März diese Mittheilungen mit folgenden Sätzen: Die Behauptung, dass es in Italien keine Verlagsgeschäfte wie in Deutschland, Frankreich und England gäbe, ist unrichtig. Italien hat ein kleineres Publikum und keine Kolonieen, die italienische Sprache ist nicht über die Landesgrenze hinaus verbreitet wie die französische, englische und deutsche, und doch giebt es keinen Zweig der Literatur und Wissenschaft, der bei uns nicht seine Verleger hätte. Wir haben viele Verlagshäuser, die durch ihre grosse Erzeugung europäischen Ruf erlangt haben, wie: Le Monnier, Barbera, Pomba, Sonzogno, Treves i Vallardi, Loescher, Hoepli, Morano, Bocca u. s. w. Viele dieser Häuser haben nicht nur eigene Druckereien, sondern sind auch mit Allem versehen, was die typographische Kunst, die Illustration der Zeitungen, die Stereotypie u. s- w. braucht Die Behauptung, dass man in Florenz nicht Werke verkaufen könne, die in Neapel verfasst sind, und dass man in Mailand nicht kenne was in Genua gedruckt wird, ist ungerecht. Wer an den Buchläden der grossen Städte vorübergeht, mag sich allerdings wundern, dass er dort mehr fran zösische als italienische Bücher ausgelegt findet — dies ist nur zu wahr — aber unter den italienischen wird er Bücher aus allen italienischen Städten finden. Buchhändler, die gleichzeitig Verleger sind, legen sogar die Bücher anderer Verleger aus und verkaufen sie. Dass die Bücher zu Rabattpreisen verkauft werden, ist ein Missstand, über den man auch anderswo klagt, so hat sich z. B. in Deutschland eine Vereinigung gegen die Preisdrücker gebildet, und in Paris bieten einige Boulevardverkäufer ihre Bücher zu 3 und zu 3,20 Fres, aus, die an dem selben Tag neu zu 3,50 Fres, erschienen sind, und haben die Unverschämt heit, dies noch öffentlich mitzatheilen. Der deutsche Artikelschreiber hatte offenbar von den Verhandlungen des Associazione tipografica libraria gelesen und angenommen, dass dies eine neu gebildete Gesellschaft sei. Dieselbe besteht jedoch seit 18 Jahren, und wir haben erst vor kurzem deren Geschichte erzählt. Seit diesen 18 Jahren wird auch die „Bibliografia italiana" herausgegeben, in welcher alle Werke und Zeitungen aufgeführt sind, die in Italien erscheinen, und zu welcher unser Blatt nur einen Anhang bildet. Es ist nicht wahr, dass die Verleger sich gegenseitig nicht kennen, keine Geschäftsverbindungen hahen und wie Zigeuner leben. (In unserem Artikel in No. 45 war dies auch garnicht gesagt, sondern es war nur davon die Rede, dass die Bücher in Italien ein wunderliches Zigeunerleben führen. Die Red.) Noch weniger berechtigt sind die Bemerkungen über die Be ziehungen zwischen Verfassern und Verlegern. Es ist nicht richtig, dass alle Verfasser gezwungen sind, auf eigene Kosten zu drucken, und dass sie keine Entschädigung für ihre Arbeit erhalten. Dies kommt wohl in seltenen Fällen vor, ist aber auch in anderen Ländern der Fall. Der deutsche Artikelschreiber giebt zu, dass die deutschen Schrift steller im allgemeinen schlecht oder ungenügend bezahlt werden, aber ihre Lage sei glänzend im Vergleich zu den mittelalterlichen Verhältnissen italienischer Literaten. Dies war vor 30 Jahren allerdings richtig, heute aber ist es anders. Frankreich ist das einzige Land, wo die Schriftstellerei zu Reichthum führen kann, viel seltener ist dies in England der Fall. Die meisten Klagen der Schriftsteller kommen aus Deutschland und Amerika, und dort sind viele derselben nebenbei Professoren, Anwälte, Journalisten, oder haben andere öffentliche Aemter. Ebenso ist es in Italien, wo übrigens heute jede Arbeit von einigem Werth einen Verleger und Bezahlung findet. Auf Kosten der Verfasser werden nur sehr gelehrte Werke und Erzeugnisse der Eitelkeit gedruckt. Die Bezahlung für literarische Arbeiten ist bis jetzt fortwährend gestiegen, und wir könnten eine Menge Bücher nennen, die ihren Verfassern viele tausend Lire eingetragen haben, während diese ausserdem 10, 15—25 pCt. des Bruttopreises erhalten. Ebenso kennen wir viele italienische Schriftsteller, die durch ihre Arbeit zu Wohlstand ge kommen sind. Es macht uns Vergnügen, aus vorstehenden Bemerkungen des G. D. L. zu ersehen, dass unser Korrespondent zu schwarz geschildert hat, und dass Italien seit seiner Einigung auf diesem wie allen andern Gebieten grosse Fortschritte gemacht hat und noch macht. Kunst und Literatur haben in Italien von jeher einen hervor ragenden Platz eingenommen, und das begabte italienische Volk wird zweifellos nach und nach auch den Vertrieb seiner Geisteserzeugnisse derart ordnen, dass sein Buchhandel und Verlag die gleiche Höhe wie in den Nachbarländern erreicht. Schriftgiesserei-Neuheiten. Die Schriftgiesserei J. M. Huck & Co. in Offenbach a. M. hat in letzter Zeit mehrere interessante Neuheiten herausgegeben. Die „Altdeutsche Kanzlei“, von der wir nachstehend einige Proben zeigen, ist eine charaktervolle und dekorativ wirkende Zier- und Titel schrift, welche ‘[an die besten Muster aus der Zeit der Spätrenaissance anknüpft: Tertia. @smanen Syunengrab reue Euzern erlin gantet Text. Soburg Bamberg ermania Sevekia Doppelcicero. Siegfried Seiemil EEfried Eel Kleine Kanon. MA • eukonia @rakel E.osmos 3) r e9 Grobe Kanon. Die Schrift zeigt eine kleine Neigung zur Verdickung der diagonalen Züge und erhält damit Eigenschaften, welche der sogenannten „Italienne" innewohnen und dieselbe zu einer beliebten Auszeichnungsschrift machen. Mit grossem Geschick und Feingefühl sind die Verzierungen der Gross buchstaben so geführt, dass sie die Hauptzüge begleiten und auf diese Weise das Bild des Buchstabens nicht verwirren, sondern deutlich vor treten lassen. agner ukenberg Die saubere kalligraphische Ausführung der Züge zeichnet diese Kanzlei vor andern Schriften aus, welche in ähnlicher Weise echte alte Formn wiederbeleben wollten, und macht sie zur Anwendung bei modern ausge statteten Drucksachen geeignet. Die andere uns vorliegende Neuheit wird von der genannten Firma unter dem Namen „Fette Schreibschrift“ in den Graden Cicero bis 4 Cicero geliefert. Cicero. Clu.'f/iui ^etniatiia Die sauber geschnittene Schrift zeigt Anlehnung an die sehr beliebte und weit verbreitete Mediaeval - Schreibschrift und kann bei gemeinsamer Verwendung mit derselben als Auszeichnungsschrift dienen. Büchertisch. Der kaufmännische Korrespondent. Praktisches Handbuch der gesammten Handelskorrespondenz in fünf Sprachen. Herausgegeben von Carl Foerster und Honore Mancher. Verlag von H. Brückner in Friedenau-Berlin. Jede Lieferung 50 Pf. Von diesem nützlichen kaufmännischen Hilfsbuch sind jetzt Lieferungen 8 bis 20 erschienen. Die 4 Sprachwörterbücher — englisch, französisch, italienisch und spanisch — welche das Gesammtwerk bilden werden, sind somit jedes bis zur 5 Liefe rung vorgeschritten. Die Eigenartigkeit des Werkes besteht darin, dass jedes Stichwort stets in mehreren Verbindungen und als Glied solcher Sätze gezeigt wird, wie sie im kaufmännischen Briefwechsel vorkommen. Damit wird dem Briefschreiber eine grosse Zahl gut gebildeter Sätze zur Ver fügung gestellt, die er bei Beherrschung der Sprach-Grundlage ohne Mühe verändern und der gerade vorliegenden Aufgabe anpassen kann. Junge Kaufleute, welchen der Ausland-Briefwechsel anvertraut ist, oder welche sich für denselben ausbilden wollen, dürften aus der Anwendung dieses Werkes manchen Nutzen ziehen.