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No. 18. PAPIER-ZEITUNG. 347 zumachen, und dies geschieht thatsächlich, wenn man für die exportirten Waaren, wie hier bei dieser Aufstellung geschehen, Werthe ansetzt, welche bei fast allen Gattungen um 40% bis weit über 100° 0 zu hoch ange nommen sind Damit täuscht man sich selbst, verleitet zu neuen Anlagen und verstärkter Zuvielerzeugung. Carl Eichhorn. Die in No. 16, Seite 318, gegebenen Zahlen unserer Aus- und Einfuhr sind amtlichen Quellen entnommen. Wie an betr. Stelle an gegeben, sind die zu vorläufiger Berechnung benutzten Einheits preise die von amtlicher Seite für 1886 benutzten. Dies hat den Vortheil, dass wenigstens eine vorläufige Vergleichung des Ausland verkehrs beider Jahre dadurch möglich wird. Die amtliche Schätzung des Werthes der Aus- und Einfuhr von 1887 ist bis jetzt, wie Seite 318 gesagt, noch nicht erfolgt, und hierbei wäre also noch Ein setzung der richtigen Zahlen möglich. Es scheint, dass man seither die Einheits-Werthe ohne Be fragung wirklicher Sachverständiger am grünen Tisch eingesetzt hatte, da solch grobe Fehler wie die vorstehend gekennzeichneten sonst nicht hätten vorkommen können. Die Behörden haben in den Vor ständen der Berufsgenossenschaften die zu solchen- Auskünften ge eigneten und berufenen Organe zur Verfügung, und sie sollten sich für alle auf Fach- und Sachkenntniss beruhenden Zahlen (nicht nur bei Papier) an diese wenden, im vorliegenden Fall an die Vorstände der Papiermacher- und Papierverarbeitungs-Berufsgenossenschaft. Wir ■hoffen, dass die Eichhorn’schen Aeusserungen zu einer Aenderung der bisherigen Verfahren Veranlassung geben werden. Gestrichene Pappe. Bei Massenerzeugung billiger Pappschachteln ist es vortheilhaft, wenn man Bilder, Verzierungen und Inschriften nicht aufzukleben braucht, sondern dieselben unmittelbar auf den Grundstoff, Karton oder Pappe, aufdrucken kann. Da jedoch zu solchen Arbeiten nur geringwerthiger Stoff verwendet wird, und dieser weder die erforder liche Weisse besitzt, noch so gleichmässig und knotenfrei geliefert werden kann, wie Buch- oder Steindruck es fordern, so können ihm die erforderlichen Eigenschaften nur durch Auftrag eines kreidigen Anstrichs verliehen werden. Ein solcher Anstrich ist z. B. auf den'Pappschachteln angebracht, in welchen die Erzeugnisse der Hoffmann’schen Stärkefabriken in Salzuflen in den Handel kommen. Derselbe ist satinirlähig, billig, gut bedruckbar und wurde dem Erfinder, Herrn A. Bauer in Salzuflen, Alleestrasse 2, unter No. 14 964 D. R. P. patentirt. Der Anstrich wird* in folgender Weise zubereitet. Man setzt zu 100 Liter kochendem Wasser unter stetem Umrühren etwa 50 g feines Ultramarinblau, 11/2 kg unterschwefligsaures Natron, 150 kg gebrannten und feucht gemahlenen Gips (Annalin) und 120 Liter aus 10 kg feinster Weizen stärke hergestellten Kleister hinzu. Nachdem eine innige Verbindung eingetreten ist, schlägt man die Masse durch ein feines Drahtsieb oder noch besser, mahlt sie auf einer Farbmühle. Anstatt dieser weissen Farbe kann man auch unter Fortlassung des Ultramarinblau mittels anderer Farbstoffe die verschiedensten Anstriche erzielen. Soll die Farbe elastischer und weichei werden, so kann man Glycerin zusetzen, und soll sie durch Satiniren zwischen Zinkplatten schönen Glanz bekommen, so setzt man auf obige Mengen bis 11/2 kg Stearin oder Wachs (Bienen- oder Japanwachs) hinzu, indem man diese Stoffe zerkleinert, in zwölf Theile getheilt, je einen Theil zu einem Theil heissen Kleister giebt und tüchtig durchrührt; dann verbinden sich beide Theile innig mit einander. Soll die Farbe für Papieranstrich dienen oder zum Bedrucken von Tapeten, so müssen die festen Ingredienzien noch einmal recht fein auf einer Mühle mit,zwei Mahlsteinen vorgemahlen werden, worauf erst der Kleister zugesetzt wird. Schliesslich wird die Masse noch durch- gemahlen, und in jedem Fall ist ein Zusatz von Glycerin anzurathen. Nach Angabe des Erfinders kosten 100 Pfund dieses Anstrichs, — trocken gedacht, — nur etwa 3 M. 50 Pf., während 100 Pfund Anstrichfarbe aus China-Clay oder schwefelsauerm Kalk (Annaline) je nach Beschaffenheit der verwendeten Rohstoffe etwa 8 bis 10 M. kosten. Der Gesammtpreis von 100 Pfund mit Bauer’scher Anstrich farbe versehener Pappe stellt sich auf rund 7 M. 50 Pf. Die ge- strichnen Pappen sind also billiger als ungestrichne Pappen von gleichem Gewicht. Die Anstrichfarbe soll ausserdem die Pappe fester und widerstandsfähiger machen, so dass man geringere Sorten ver wenden kann als es sonst möglich wäre. Für bessere Arbeiten benutzt die genannte Stärkefabrik, welche bekanntlich eigene Druckerei und Schachtelfabrikation besitzt, einen zweiten Anstrich von gefälltem schwefelsaurem Kalk. 100 Pfund dieser Farbe kosten, trocken gedacht, 5 M. 50 Pf. Da man aber nur dünn zu streichen braucht, so sind die Mehrkosten des zweiten Anstrichs nur unerheblich. Die uns vorgelegten, mit Aufdruck versehenen Muster einfach und doppelt gestrichener Pappen liefern den Beweis, dass der kreidige Grund alle Unebenheiten der Pappenoberfläche ausgleicht und Buch druck wie Steindruck gleich gut annimmt. Die einmal gestrichene Sorte hat eine matte, die doppelt gestrichene eine mässig speckglänzende Ober fläche. Letztere ist sogar zum vielfarbigen Chromodruck geeignet. Auf dem uns vorliegenden Beispiel, welches kleine Zierbilder enthält, decken die Farben vorzüglich, und die 8 verwendeten Töne sind mittels durchgebohrter Punkturlöcher tadellos auf- und ineinandergedruckt. Die uns vorgelegten Schachteln aus einmal gestrichener Pappe sind für Halbpfundpackungen von „Hoffmann’s Stärke“ bestimmt. Sie sind in bekannter Art durch Umbiegen der an den Kanten vor geritzten Seitentheile hergestellt und an den 4 senkrechten Kanten durch Scherbel'sche gezackte Blechstreifen gesteift. Obschon an den 4 Oberkanten entblösste Pappe zu Tage tritt, sehen die Schachteln sehr zierlich aus, und ihre Herstellung dürfte bei weitem einfacher sein als die beklebter Schachteln. Eine andere Eigenschaft des Bauer’schen Anstrichs, auf die wir zufällig aufmerksam wurden, dürfte das Interesse der Schreibwaaren- Industrie erregen. Die gestrichenen Pappstücke besitzen nämlich bedeutendere Saugkraft als bestes Löschpapier. Mit solchem Anstrich versehene Papierblätter dürften daher vermuthlich einen geeigneten Ueberzugstoff für die bekannten Tintenlöscher abgeben. Neuheiten. Unter dieser Ueberschrift werden alle von Abonnenten eingesandten Muster von Erzeugnissen der Papier- und Schreibwaaren-Industrie, welche Neues oder Bemerkenswerthes bieten, kostenfrei besprochen. „Mikado - Lampenschirm" nennt die kgl. Hofsteindruckerei von Adolph Engel in Berlin SW., Tempelhofer Berg 5a, einen soeben von ihr herausgegebenen, in japanischem Geschmack ausgestatteten Lampen ¬ schirm. Derselbe ist ungewöhnlich gross und verdeckt und umschliesst, wie unsere Abbildung zeigt, den lichtspenden den Theil der Lampe vollständig, so dass nur oben ein Theil des Cy- linders, unten das Pe troleumbecken nebstdem Lampenfuss zum Vor schein kommt. Die Hauptfelder des acht eckigen , pagodenähn lichen Gehäuses sind mit komisch-phantasti schen Gestalten bedruckt und durchscheinend ge macht. Von den Spitzen des ausgezackten drei stufigen Daches hängen gestanzte Glöckchen her ab, und die elliptischen Felder des bekrönenden Thurmes enthalten wie derum durchscheinende Darstellungen von Fi guren, Vögeln und Blumen. Das Ganze ist in kräftigen bunten Farben ausgeführt und macht einen sehr eigenartigen, phantastisch festlichen Eindruck. Wunschkarten mit Handstickerei Die Firma E. Gnörich in Tempelhof bei Berlin hat die Zahl ihrer mit Plattstich- und Goldstickerei versehenen Karten, die wir auf Seite 1767, Jahrg. 1887, besprachen, um mehrere sehr ansprechende Muster vermehrt In der etwa 40 Nummern zählenden Sammlung finden sich neben einer grossen Zahl vielseitig ver wendbarer allgemeiner Wunschkarten auch solche, welche durch sinnbildliche Darstellungen auf das Osterfest und die erstmalige Kommunion hindeuten. Eine derartige Karte zeigt ein schräggelegtes, aus feinen Goldspiralen hergestelltes Kreuz, umschlungen von Blumenranken und halb bedeckt von einer prächtig ausgeführten Passionsblume. Ein andres Muster zeigt Kreuz, Herz und Anker, die bekannten Sinnbilder für Glaube, Liebe und Hoffnung. Passionsblumen kehren auch auf andern Mustern noch mehrfach wieder, und daneben entwickelt sich eine unerschöpflich scheinende Blüthenpracht in immer neuen, mit vortrefflicher Technik wiedergegebenen Formen und in den leuchten den Farben verschieden getönter Seide. Alle Karten zeigen schrägen Gold schnitt, eine Anzahl davon ausserdem noch zierliche Randborten. Als Grund stoff ist entweder gemsfarbiger Naturkarton, oder der vornehm wirkende Eiskarton, bei einigen Mustern auch schwarzer und chokoladefarbener Karton verwendet. , Äusser den gebräuchlichen rechteckigen Kartenformen verschiedener Grösse sind auch gestanzte Phantasiekarten mit schrägem Goldrand vertreten, welche Herz-, Schild- und Palettenformen darstellen. Die feinfühlige Art, wie die Blumenranken entworfen und um die Schrift zeilen herumgelegt sind, bekundet unzweifelhaftes zeichnerisches Talent, kunstgewerbliche Schulung und eine bei gewerblichen Arbeiten selten zu findende liebevolle und innige Hingabe an die gestellte Aufgabe. In Anbetracht der mühsamen und sorgfältigen Handarbeit, welche jede einzelne Karte zu einem kleinen Kunstwerk machte, erscheinen die aus der Anzeige auf Seite 368 zu ersehenden Preise nicht zu hoch gegriffen.