Volltext Seite (XML)
302 PAPIER-ZEITUNG. Ho. 16. Papierpreise. Der fortgesetzte Rückgang der Preise für Druck-, Pack- und Kanzleipapier veranlasste den Verein der Oesterreichisch-Ungarischen Papierfabrikanten, eine allgemeine Versammlung der interessirten Fabrikanten einzuberufen. Dieselbe fand am 30. Januar in Wien statt und war von Vertretern der bedeutendsten Firmen besucht. Die Versammlung beschloss, zunächst Erhebungen über Umsatz und Preise der genannten Papiersorten im Jahre 1887 anzustellen, soweit diese Sorten im Inlande verkauft wurden. Um nähere Bestimmung zu ermöglichen, in welchen Qualitäts gruppen der Umsatz stattfand, wurden folgende 4 Abtheilungen geschaffen. 1. Papiere im Verkaufspreis bis einschliessl. 16 Gulden die 1000 kg 2. „ „ „ „ „ 25 „ „ 1000 „ 3. „ „ „ „ „ 40 „ „ 1000 „ 4. „ „ „ höher als 40 „ „ 1000 „ Nach diesen Gruppen sollen die Angaben über den Umsatz in 1887 und den zu erwartenden Umsatz in 1888 in die zu diesem Zweck versandten Fragebogen eingetragen werden. Das Rundschreiben, welches infolge dieser Beschlüsse an sämmtliche Papierfabriken Oesterreich-Ungarns erlassen wurde, ist von den Herren C. Ellissen, Julius Ritter von Kink, F. Hauschka und J. Markowich unterzeichnet. Es lautet nach »Centralblatt für die Oest.-Ung. Papierindustrie« wie folgt: Die in der Versammlung vom 30. Januar 1. J. in Wien anwesenden österr.-Ungar. Papierfabrikanten sprachen einstimmig die Ueberzeugung aus, dass die Anbahnung einer Besserung der gegenwärtigen Verhältnisse unseres inländischen Papiermarktes vor allem von der Beschränkung des Angebotes abhängig ist. In der Erkenntniss, dass nur die genaue Feststellung der Konsum ziffer des Inlandes die Möglichkeit bietet, gegen eine steigende Ueber- Produktion für den inländischen Bedarf geeignete Maassregeln zu treffen, verpflichteten sich die versammelten Papierfabrikanten, dem Verein der Oesterr.-Ungar. Papierfabrikanten ihre Produktion für den inländischen Bedarf im Jahre 1887. sowie die Gesammtproduktion dieses Jahres und ihre voraussichtliche Erzeugung, beziehungsweise Leistungsfähigkeit für das Jahr 1888, bekanntzugeben und beschlossen, wie Sie aus beiliegendem Protokoll ersehen werden, die geehrten Kollegen zur Beantwortung der von der Versammlung aufgestellten Fragen auf dem angeschlossenen Fragebogen einzuladen, den Sie bis längstens Ende Februar 1. J. an das Komitee des Vereins der Oesterr.-Üngar. Papierfabrikanten, Wien, I, Tuch lauben 6, welches die statistische Zusammenstellung als Grundlage weiterer Beschlüsse zu veranlassen haben wird, einsenden wollen. Indem sich die versammelten Papierfabrikanten die Ehre geben, auf Ihre werkthätige Mithilfe an dem schwierigen Werk der Sanirung unseres Papiermarktes zu zählen, zeichnen u. s. w. Englisches Markenschutzgesetz. In den letzten zwei Nummern der Papier-Zeitung erschienen Mit- theilungen über das neue englische Markenschutzgesetz. Jeder rechtlich denkende Geschäftsmann wird damit einverstanden sein, dass es nicht mehr gestattet ist, ausländisches Fabrikat als englisches zu verkaufen. Um das zu verhindern, wurde das neue Gesetz geschaffen, welches seit Anfang Januar in Kraft getreten ist. Es unterliegt aber keinem Zweifel, dass sehr viel österreichisches und deutsches Papier mit den Wasserzeichen von in England wohnenden Papier händlern, oder mit den fiktiven Namen englischer Papierfabriken seinen Weg nach England fand, um als englische Waare verkauft zu werden, nachdem es in England in Umschläge von wirklichem englischem Papier verpackt und mit hier gedruckten englischen Etiquetten versehen wurde. Häufig kann man in hiesigen Zeitungen gehässige Auslassungen über ausländische Konkurrenz lesen. Aus jeder Zeile spricht der Neid, und ins besondere richtet sich der Hass gegen die Deutschen, denen nichts heilig sei, welche alles nachmachen, und deren Handel grösstentheils unter falscher Flagge segle. Unverblümt wird mit Schadenfreude geschrieben und gedruckt, dass dieses neue Gesetz zum Theil infolge der deutschen Imitation eng lischer Artikel ins Leben gerufen wurde. Das grosse Publikum liest diese Hetzereien, glaubt denselben und sieht in den Deutschen Leute, welche darauf ausgehen, den englischen Handel auf unsaubere Weise zu schädigen. Demnach sollte man glauben, dass dieser mit Recht als Betrug ver schrieene Verkauf von deutschem Papier als englisches Erzeugniss von deutschen Papierhändlern und -Agenten, welche in England wohnen, betrieben wird. Nichts ist aber unwahrscheinlicher, denn es wird keinem Menschen hier zu Lande einfallen, zu einem hiesigen deutschen Papierhändler oder Agenten zu gehen, um von ihm englisches Papier zu kaufen. Jedermann weiss, dass diese Leute in der Regel bloss ausländisches Erzeugniss ver kaufen. Die Schuldigen sind einzig und allein die englischen Papierhändler selbst, welche ihre eigenen Landsleute über die Ohren hauen. Dieselben beuten zu ihrem Nutzen die Schwäche des Engländers aus, welcher alle englischen Waaren für besser als ausländische hält. Mancher grosse englische Papier händler, der deutsches Papier seinen Kunden gegenüber als Schund erklärt und davon mit Verachtung spricht, verkauft ruhig grosse Posten deutsches Papier als englisches; seine Abnehmer erhalten es mit einem englischen Etikett und sind befriedigt. Ein so grosser Schund kann das deutsche Papier also doch nicht sein. Da die Hetzereien gegen deutsches Erzeugniss und gegen angebliche Nachahmung der englischen Waare durch deutsche mit so grosser Beharr lichkeit fortgesetzt werden, so glaube ich, dass obige Mittheilungen ganz am Platze sind. 26 Gt St. Helens, London E. C. Febr. 17. 1888 Ernst Koerber. Wir Deutschen können das britische Gesetz nur mit Freude be- grüssen, weil es voraussichtlich dem englischen Publikum über die viel geschmähte deutsche Waare die Augen öffnen wird. Die Eng länder und andere Ausländer werden erkennen, dass unsere Er zeugnisse den ihrigen nicht nachstehen, sogar vielfach überlegen sind, und der Erfolg des Gesetzes wird hoffentlich und voraussichtlich der sein, dass in' einigen Jahrzehnten die Verbraucher im Ausland bei vielen Waarenarten deutsche Herkunft verlangen werden. Mikroskopische Papier-Untersuchung. Auf Seite 1456, Jahrgang 1886, veröffentlichten wir die Ergebnisse der Untersuchungen, welche Professor Wiesner in Wien über Be schaffenheit der Urkundenfunde von El-Fajum, inbesondere deren Stoff-Zusammensetzung, Leimung und Füllung, angestellt hatte. Ein Werk desselben Verfassers über den gleichen Gegenstand ist jetzt im Verlag der Wiener Hof- und Staatsdruckerei erschienen. Dasselbe führt den Titel: »Die mikroskopische Untersuchung des Papiers, mit besonderer Berücksichtigung der ältesten orientalischen und europäischen Papiere, von Dr. Julius Wiesner. Wien, 1887. Verlag der Kaiserl. Hof- und Staatsdruckerei.« Gegenüber der früheren Veröffentlichung enthält das Werk erhebliche Erweiterungen und Ergänzungen. Es giebt einen Ueber- blick über die bisherigen auf Prüfung alter Papiere Bezug nehmenden Forschungen, zeigt die Entwickelung und den gegenwärtigen Stand der mikroskopischen Prüfung der Papierfaser, sowie der chemischen Prüfung der Leimung und geht dann über zur Schilderung des Befundes an den Papieren von El-Fajum und einigen andern orientalischen und europäischen Papieren vom IX. bis XIX. Jahrhundert. Die wesentlichsten Ergebnisse der Wiesner’schen Arbeit sind folgende: Mikroskopische Untersuchungen zahlreicher Papiere lieferten den Beweis, dass weder bei den Fajumer noch bei andern etwa gleich altrigen Papieren rohe Baumwolle verwendet worden ist. Wenn sich Baumwollfasern vorfinden, so rühren sie regelmässig von Gespinnsten her, welche durch mechanische Gewalt wieder zerfasert wurden. Der Verfasser gelangt somit zu ähnlichen Ergebnissen, wie Briquet in Genf, (Hofmann’s Handbuch, Lieferung I), der das Vorkommen von Baumwollpapier ganz in Abrede stellt, und schliesst sich dem Gesammt- urtheil des letzteren vollständig an. Die Herstellung von Papier aus Hadern ist nach Prof. Wiesner’s Ansicht weder italienischen noch deutschen Ursprungs, sondern eine orientalische, vermuthlich arabische Erfindung. Durch chemische Prüfungen, zum Theil unter Beihilfe des Mikroskops, wurde festgestellt, dass die Araber zum Leimen ihres Papiers Stärkekleister benutzten. Die Stärke wurde dabei oft nur halb verkleistert. Ein Theil derselben blieb unverändert oder wurde absichtlich unverkleistert zugesetzt und trug zur Förderung des guten Allgemein-Aussehens der Papiere, insbesondere zu grösserer Weisse bei. Besonderes Interesse verdient der Anhang, in welchem der Ver fasser die Untersuchungsergebnisse derselben Papiere mittheilt, welche schon Briquet untersucht und beschrieben hatte. Es ist auffallend, dass fast bei keinem Papier die Befunde der beiden Forscher völlig übereinstimmen. Wo Briquet reinen Hanf gefunden hat (Briquet No. 69), findet Wiesner Leinen und Baumwolle, und wo Briquet (No. 62) thierische Leimung angiebt, stellt Wiesner Stärkeleimung fest. Man sieht hieraus, wie vorsichtig man mit Schlüssen sein muss, welche aus nur einem Präparat und den Beobachtungen einer Person gezogen sind Bei seinen Untersuchungen der auf den Fajum-Papieren ver wendeten Schreibflüssigkeit stellte der Verfasser fest, dass vorzugsweise zwei Arten von Tinte vorkamen. Die eine hatte gerbsaures Eisen zum Hauptbestandtheil, war also vermuthlich aus Galläpfeln bereitet, die andre enthielt feine Kohletheilchen und wies somit auf Zubereitung aus Russ oder ähnlichen Stoffen hin. Mit Bezug auf die Erfahrungen bei der mikroskopischen Papier- Untersuchung, welche der Verfasser mittheilt, folgen wir Herrn Prof. Hartig, der im 8. Heft, 33. Bandes des »Civil-Ingenieur« eine Besprechung des Wiesner’schen Werkes lieferte. Strohfasern sind im Papiere sicher und leicht nachzuweisen mittels der sie immer begleitenden wohlerhaltenen Oberhautzellen; selbst die Unter scheidung verschiedener Strohsorten, insbesondere Roggen-, Esparto-, Reis-, Hafer-, Weizen- und Gerstenstroh, macht keinerlei Schwierigkeiten. Holzfasern lassen sich durch das Mikroskop mit derselben Sicherheit erkennen, wie Strohfasern; auch ist die Unterscheidung der Fasern von Nadel- und Laubhölzern möglich, wenn man beachtet, dass das Holz der