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220 PAPIER-ZEITUNG. No. 12. Buchgewerbe. Druckindustrie, Buchbinderei, Buchhandel. Sachliche Mittheilungen finden kostenfreie Aufnahme, Mitarbeiter und Korrespondenten erhalten angemessenes Honorar. Eingesandte Werke finden Besprechung. Neuerungen an Rotationsmaschinen. Im Berliner Maschinenmeisterverein hielt Herr Ingenieur Pilz kürz lich einen durch Skizzen erläuterten Vortrag über neue Vorrichtungen an Rotationsmaschinen. Der Vortragende erklärte zunächst Einrichtung und Wirkungsweise der Hoe’schen stehenden Falzer, in Deutschland „Amerikanische Trichter falzer“ genannt, von welchen die „Papier-Zeitung“ Beschreibung und Ab bildung auf Seite 1855, Jahrgang 1885, gebracht hat. Diese Hoe’schen Falzer, die man auch „Rutschfalzer“ nennen könnte, weil das zu falzende, bereits bedruckte Papier über eine mehr oder minder keilartige, fest stehende Metallfläche hinwegrutscht und so in der von der Spitze des Keils bestrichenen Mittellinie einen Falz erhält, sind neuerdings auch vom deutschen Schnellpressenbau für Zeitungs-Rotationsmaschinen ange wendet worden. Während beim Zeitungsdruck diese Falzart den Vortheil bietet, dass man sehr schnell damit arbeiten kann, zeigen sie bei besseren Arbeiten den Nachtheil, dass der frische Druck beim Rutschen auf ausge dehnten Metallflächen Neigung hat zu verschmieren. Wie der Vortragende ausführte, gebührt den Amerikanern nicht nur das Verdienst uns ein Mittel zum schnellen Längsfalzen einzelner Bogen oder endloser Papierbahnen an die Hand gegeben, sondern auch gezeigt zu haben, dass man durch Anbringung eines Kreismessers in der Mittel linie der keiligen Fläche das Papier in zwei Bahnen schneiden kann, die, vom Keil zusammengelegt, ganz nach Belieben ein nachträgliches Zusammen falzen oder Einzelnfalzen bei Vorhandensein weiterer Falzapparate ermög lichen. Wie die Amerikaner ferner gezeigt haben, braucht das den Trichter falzer passirende Papier keineswegs bereits in einzelne Bogen zerlegt zu sein, sondern kann nach erhaltenem Druck endlos vom Trichter gefalzt werden; hierbei ist es zwar möglich, die vielen geschränkten Bänder zu entbehren, welche sonst das Papier über den Trichter leiten, doch wird bei Fortlassnng derselben das Einfuhren unbequem, besonders wenn, wie das häufig der Fall ist, der Trichter für die Bedienung unbequem hoch liegt. Beim Abreissen der Papierbahn schlägt dieselbe oft falsche Bahnen ein, verirrt sich z. B. ins Farbwerk und verursacht so empfindliche Störungen. Daher ist auch die Koenig & Bauer’sche neuere Rotations maschine des „General-Anzeigers“ in Leipzig bis nach Herstellung des ersten Falzes keineswegs bänderfrei. Während die Rutschfalzer das Papier immer nur längs, d. h. in der Richtung seines jeweiligen Laufes falzen, können die gewöhnlichen hin- und herschwingenden Falzer, deren Messer den Papierbogen mit seiner Falzlinie zwischen zwei rotirende Walzen hineinschlägt, auch querfalzen. Bei Anwendung dieser Falzer empfiehlt es sich jedoch, einem Falzapparat nicht mehr als etwa 12 000 Falzungen in der Stunde zuzumuthen und bei grösserem Bedarf lieber die Bogen abwechselnd an zwei solche Falzer zu vertheilen. Cylinderfalzer, wie überhaupt die rotirenden Falzer können erheblich schneller arbeiten, zumal wenn sie nur quer zu falzen haben. Da man in dem Messercylinder eines Cylinderfalzers überdies zwei oder mehrere Messer und im Gegencylinder ebensoviele Falznuthen anbringen kann, so ist man beim Cylinderfalzer in der angenehmen Lage, leicht die Anzahl der Falzungen für gegebene Zeit steigern zu können. Aehnliches ist der Fall bei rotirenden Falztrommeln; hier kann man beispielsweise zwei rotirende (sich Überschlagende) Falzmesser in eine rotirende Trommel ein bauen und damit die Bogen schnellstens in ein rotirendes Falzwalzenpaar hineinschlagen. M. Tucker hat bereits vor einem Jahrzehnt gute Konstruktionen rotirender Falztrommeln veröffentlicht. Auf der Welt-Ausstellung zu Phila delphia arbeitete an einer Hoe’schen Rotationsmaschine ein Tucker'scher Trommelfalzer mit periodisch sich überschlagendem Messer, während an einer Campbell’schen Rotationsmaschine Tucker’sche Cykloidenfalzer sehr schnell fnnktionirten. Obgleich die Firma Koenig & Bauer sich im Jahre 1886 ein D. R. P. (Nr. 37 684) auf einen Trommelfalzer ertheilen liess, so hat sie denselben doch alsbald aufgegeben und auf den Tucker’schen Epicykel- Falzer zurückgegriffen, dessen Falzmesser eine ständige, doppeltrotirende Bewegung besitzt, indem es sich nicht nur um seine eigene Axe dreht, sondern gleichzeitig auch um eine entfernt liegende Axe. Dabei beschreibt die Falzmesserspitze spitzbogenartige Bahnen, welche geeignete Falz bewegungen abgeben, um das Papier in ein Falzwalzenpaar, oder ab wechselnd in zwei Walzenpaare hineinzuschlagen. Der Umstand, dass man an Koenig & Bauer’schen Rotationsmaschinen, welche mit dem Tucker’schen Epicykel-Falzer ausgerüstet sind, ein Schild mit der Auf schrift „D. R. P. No. 37 684“ findet, hat wohl Anlass gegeben, dass in weiten Kreisen eben jener amerikanische Tucker’sche Falzer fälschlich als Koenig & Bauer’sche Erfindung angesehen wird, während er doch Gemein gut ist. Ein Nachtheil des Tucker’schen Epicykel - Falzers besteht übrigens darin, dass derselbe keineswegs so glattläufig ist, wie der Cylinderfalzer, sondern im Gegentheil mit der weit im Raum umherschwirrenden Falz messerwelle für das Bedienungspersonal gefahrbringend werden kann. Schliesslich erörterte Herr Pilz auch die von den Amerikanern neuer dings vielfach zur Winkelleitung und Umwendung von Papierbahnen be ¬ liebten „Wendestangen“. Letztere sind feststehende, cylindrische Stangen’ welche um 45° gegen den Papierlauf geneigt stehen und die Ebene des letztem tangiren. Obenstehende Skizze zeigt beispielsweise eine Papier bahn X, welche, nachdem sie in ihrer Mittellinie durch ein Kreismesser zerschnitten worden ist, auf die beiden Wendestäbe C, und C, gelangt, so dass die halb um den Stab C, herumlaufende halbe Papierbahn X, nach links, und die andere halbe Bahn X, nach rechts, also genau nach ent gegengesetzter Richtung abgelenkt wird. Würde man den Stab C, parallel zu C t gelegt haben, so würde auch die Papierbahn X, nach rechts abgelenkt worden sein. Der Vortragende wies nun nach, wie man durch wiederholte Winkel leitung imstande sei, eine endlose Papierbahn mit nur einem Typen- cylinder auf beiden Seiten bedrucken zu können. Beim Nachtbetrieb von Zeitungsdruckereien pflegt sich das Geräusch der Maschinen leicht bis zur Nachbarschaft fortzupflanzen. Letztere klagt dann über nächtliche Ruhestörungen und verwickelt mitunter, wie dies z. B. in Berlin vorkam, den Buchdruckereibesitzer in einen Prozess, der oft damit endet, dass derselbe entweder den Betrieb einstellen oder aber, um die Sache todt zu machen, dem klägerischen Nachbar sein Grundstück, meist recht theuer, abkaufen muss. Der Vortragende theilte mit, dass die Maschinenfabrik C. Hummel, Berlin, in der Druckerei von Hempel & Co., sowie in derjenigen des Dr. Salomon neuerdings Rotationsmaschinen durch Gummiunterlagen so isolirt hat, dass die Schallschwingungen sich nicht mehr in lästiger Weise durch Wände oder Fussböden zur unmittelbaren Nachbarschaft fortpflanzen. Wie Sachverständige sich durch nächtliche Beobachtungen überzeugt haben, verursachen die in der Salomon sehen Druckerei der „National-Zeitung" arbeitenden, isolirten Rotationsmaschinen im Nachbarhause keinen störenden Lärm mehr, wohl aber die zum Be triebe dienenden sog. geräuschlosen Gasmotoren, deren bekanntes Ex plosionsgeräusch nicht wohl beseitigt werden kann. Nachdem die zahlreiche Versammlung dem Vortragenden lebhaften Bei fall gespendet, kam ein interessanter Meinungsaustausch über die neueren Anlegeapparate in Fluss, wobei man betonte, dass namentlich bei grossem Format und dünnem Papier das Punktiren sich nicht durch Anlegen er setzen lasse. Buchdruckereien in Buenos Ayres. Die betriebsame Hauptstadt von Argentinien besitzt gegen 50 Drucke reien, darunter einige von bedeutendem Umfang und grosser Leistungs fähigkeit. Die grösste davon ist die von Stiller & Laass, San Martin 160 und Calle Lavalle 241. Dann kommen J. H. Kidd & Co., Guiellermo Kraft, J. N. Klingelfuss und Jacobo Peuser. Schon aus diesen Namen geht hervor, dass das Deutschthum in Buenos Ayres stark vertreten ist. Alle Druckereien zusammen beschäftigen etwa 1500 Setzer, Drucker, Lithographen und Hilfsarbeiter. Einige dieser Anstalten arbeiten 48 Stunden in der Woche, andre 59, die Mehrzahl 56 Stunden. Das mittlere Gehalt für Werksetzer ist 65 Dollar (etwa 276 Mark) im Monat. Der gesundheitliche Zustand der Arbeitsräume ist im allgemeinen gut, besonders in den Druckereien des Courrier de la Plata und von Kidd. 7 grosse Firmen verbinden Buch- und. Steindruck, und etwa 12 Litho graphen arbeiten selbständig. Die Buchdruck-Schnellpressen und sonstigen Maschinen stammen meist aus Frankreich. Etwa die Hälfte aller Maschinen trägt den Namen Marinoni. Dann kommen als Bezugsländer der Reihenfolge nach: Deutsch land, England, Belgien und Vereinigte Staaten. Steindruck-Schnellpressen sind meist von deutschen Firmen geliefert, ebenso Maschinen und Werk zeuge für Buchbinderei. Die Hälfte des gebrauchten Schriftmaterials kommt aus Frankreich, grössere Mengen auch aus Deutschland, England, und nur ein kleiner Theil aus den Vereinigten Staaten. Die letzteren liefern an Buchdruckerei bedarf überhaupt nur sehr wenig. Einige Abziehapparate und Tretmaschinen aus New-York, Halifax und Boston, wenige Dutzend Setzkästen aus Philadelphia und etwas Schrift aus Chicago sind Alles, was Nord-Amerika beisteuert. In Lieferung von Liniirmaschinen stehen die Vereinigten Staaten dagegen obenan. Von diesen Maschinen stammen etwa 20 aus Hickock, Pennsylvanien, und eine kleinere Zahl aus Frankreich. (Nach Inland Printer.)