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den 9 Mittelpfeilern 6 Stück und sämmtliche 12 Wandvorlagen fortlässt, so entstehen nach denselben Preis-Einheitssätzen nur 17 an Kosten. 1 qm Selbstverständlich ist der Raum durch diese Umänderung sehr viel brauchbarer geworden. Indessen sind ja immer noch einige Pfeiler in der Mitte, wie Abb. 3 zeigt, störend, und wenn man daher, unbeschadet der Haltbarkeit, auch diese, nach Abb. 4, beseitigen und obenein die Kosten dadurch noch etwas verringern kann, so wird gewiss jeder Bauherr, dem dies vorgestellt wird, damit einverstanden sein. Viel weniger Kosten und viel besserer Raum, das ist doch erfreulich! Wodurch ist dies erreicht? Zunächst durch die sachgemässe Benutzung und Auswahl der Stein stoffe mit Rücksicht auf ihre Druckfestigkeit. Dieselbe wird in vorliegendem 7—8 kg Fall nur mit etwa —j — beansprucht, und wir gelangen hiermit so ¬ gleich zu dem wesentlichen Unterschied, welcher für die Ausführung der Steinbauten am meisten ausschlaggebend ist. Dieser Unterschied besteht darin, dass bei den ältern Steinbauten die Steinstoffe fast ausschliesslich mit Rücksicht auf ihr Gewicht zur Verwendung gelangten, während sie bei den hier in Rede stehenden neueren Steinbauten mit Rücksicht auf eine viel hervorragendere Eigenschaft, ihre Druckfestigkeit, nach wohl begründeten Lehren der Statik verwendet wurden. Die bei den ältern, bez. bei den durch v. Tiedemann als Muster aufgestellten Steinbauten befolgten handwerksmässigen Regeln können aber vielfach nicht als ver nunftgemäss gelten. Man hat ihnen schon um die Mitte dieses Jahrhunderts den Rücken gekehrt, um verstandesgemässe Steinbauten auszuführen, von welchen die durch Abb. 5, 6, 7, 8, 9 veranschaulichten Grundrisse und Abb. 8. Lagerkeller Kahlbaum. Schnitte eines für die chemische Fabrik Kahlbaum in Adlershof mit dis- zen rischen Ziegelbogen ausgeführten Steinbaues ein zutreffendes Bei spiel geben. Der Gegensatz, in welchem dasselbe zu dem v. Tiedemann’schen Musterbau (Abb. 1) steht, und die Uebereinstimmung, in welcher es sich mit der durch Abb. 4 veranschaulichten, durch den Fortfall aller Pfeiler E11lI < 38,1 Abb. 11. Abb. 10. gesehen von der Kosten verringerung wird aber auch durch die nun erzielte ganz erhebliche Weit räumigkeit der Werth des Gebäudes erhöht. Dies dürfte noch mehr hervor treten bei Betrachtung des in Abb. 10 und 11 ver anschaulichten Gebäudes von 2128 qm Grundfläche. Bei diesem bereits 1864 errichteten Steinbau ent fallen auf jede Mittel ¬ stütze etwa 31—32 qm, und in ähnlicher Weise ist das Verhältniss selten oder nie bei Bauten mit erfolgten Verbesserung befindet, wird ohne weiteres einleuchten. Ab- Eisenträgern. Bei dem durch v. Tiedemann’s Handbuch als Muster auf gestellten Steinbau aber trägt jede Stütze nur 8—9 qm. Es bleibt noch zu erwähnen, dass die aufsteigende Reihenfolge für die Kosten der verschiedenen Decken nach den v. Tiedemann’schen Grund sätzen nunmehr folgende ist: 1. Holzbalken mit gestrecktem Winkelboden 4 M. 10 Pf. 2. » » rauhem Fussboden für Speicher ohne Zwischendecke (Langsambrenner der Amerikanischen Baumwollenspinnereien) 5 „ 60 „ 3. Diszentrisch gewölbte Ziegeldecke auf Gurtbogen . . 6,11, 4. Holzbalken, gerohrt und geputzt mit gehobelten und ge spundeten Dielen 9 „ 00 „ 5. Gewölbe auf Eisenträgern und Säulen 11 „ 70 » 6. Wellblechdecke und Säulen - . . . . 13 „ 00 „ Unter Umständen können die Kosten zu 3 noch erheblich geringer werden. Dies ist z. B. der Fall bei dem durch Abb. 12 veranschaulichten Arbeitergebäude, dessen hervorragend gesundheitliche Eigenschaften an maassgebender Stelle anerkannt wurden und den ausführlichen Zeichnungen desselben einen Platz im Hygiene-Museum, Berlin C., Klosterstrasse 36, verschafft haben. Die einfache Maassregel, welche bei den vorstehend aufgeführten Bei spielen grosse Materialersparniss und zugleich höchste Raumausnutzung er möglichte, ist die Anwendung so genannter diszentrischer Bogen. Im Gegensatz zu den gewöhnlichen kon zentrischen Bogenspannungen, deren Dicke an allen Stellen gleich ist, sind die diszentrischen Bogen in der Mitte am dünnsten und nehmen nach denSeitenhin, den Gesetzen der Statik entsprechend, allmälig an Stärke zu. Erreicht wird dies sehr bequem durch Anwendung von Trapezoidziegeln. Aber nicht nur der Grundriss und dessen Weiträumigkeit, sondern auch die thunlichst geringste Höhen- Abb. 12 ‘ entwickelung kann für Bau- und Be ¬ triebskosten vieler, insbesondere gewerblicher Bauten hochbedeutsam sein. Aeltere Steinbauten bedingen sehr erhebliche Höhen und damit unzweck mässige und massenhafte Gewölbe. Wie vortheilhaft dagegen neuere Steinbauten ausfallen, lehrt z. B. die Mühle (Fig. 13). Bei dieser Mühle war es als unerlässliche Bedingung gestellt, dass die Stockwerkhöhe diejenige der auf's Aeusserste eingeschränkten Holzkonstruktionen nicht übersteigen dürfe, weil schwere Lasten ohne Unterbrechung befördert werden sollten. Abb. 14 ist beachtenswerth als Wohnhausdurchschnitt für’s Land. Abb. 13. Ländliches Wohnhaus- Kl. Malsau. 1868. Abb. 14. Noch sprechendern Vergleich lässt ein für Herz in Wittenberge a. E. erbauter Saatspeicher insofern zu, als derselbe, ebenfalls sechsstöckig, wie der erwähnte Lagerhaus-Gesellschaftsspeicher vom Erdboden bis zur Traufe nur 14 m, bis zur First 16 m Höhe hat. Es könnten hier also sehr wohl bei einer mit dem um 4 m höheren Lagerhaus-Gesellschaftsspeicher gleichen Höhe statt 6 Stockwerke deren 7 ansgeführt werden. Das würde ungefähr gleichbedeutend sein mit einer sowohl für die Kosten des Neu baues als des Betriebes entstehenden, durch die Wahl des Steinbaues her vorgerufenen Minderausgabe von 16 bis 17 pCt., welche Minderausgabe jedoch anch auf 30, 40, 50 pCt. wachsen kann, wenn nicht nur die aus den verringerten Höhen entstehenden Vortheile, sondern die Preisunterschiede der unzuverlässigen Bauweisen mit Eisenträgern und der zuverlässigen Steinbauten in Betracht kommen. Es sind bisher Steinbauten der verschiedensten Bestimmung aus dem Gebiet des Hochbaues, und in äusserst verschiedenartigen Gegenden aus geführt, als Beispiele erwähnt worden, durch welche die Billigkeit neuerer, mit diszentrisch gewölbten Decken versehener Steinbauten veranschaulicht werden sollte. Man kann behaupten, dass zur billigen Ausführung von Steinbauten geeignete Steinstoffe sich überall finden. Der Stein ist der verbreitetste Baustoff auf Erden. Seine Arten sind zwar sehr verschieden und ungleich- werthig, aber schon sein häufiges Vorkommen, und der Umstand, dass seine Werthschätzung und Benutzung nach andern ungleich weiter begrenzten Gesichtspunkten bei verständig ausgeführten Steinbauten statt hat, bildet eine der Grundbedingungen, aus welchen die Billigkeit dieser Bauwerke her vorgeht. (Fortsetzung folgt.)